Veranstaltungsprogramm
Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht |
Datum: Montag, 15.09.2025 | |
10:00 - 12:00 | Informelle Arbeitsgruppe 01: Netzwerk Erwachsenenpädagogische Digitalisierungsforschung (NEDswerk) Ort: E 414 Chair der Sitzung: Franziska Bellinger, Universität zu Köln Chair der Sitzung: Ricarda Bolten-Bühler, Europäische Fernhochschule Hamburg |
11:30 - 13:00 | Informelle Arbeitsgruppe 02: Wissenschaftsforschung zur Erwachsenenbildung Chair der Sitzung: Malte Ebner v. Eschenbach, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Chair der Sitzung: Jörg Schwarz, Philipps-Universität Marburg |
11:30 - 13:00 | Informelle Arbeitsgruppe 03: Expertengruppe Programmforschung Chair der Sitzung: Steffi Robak, Leibniz Universität Hannover Chair der Sitzung: Aiga von Hippel, Humboldt-Universität |
11:30 - 13:30 | Informelle Arbeitsgruppe 04: Konstruktion und Adressierung von Erwachsenheit. Theoretische und empirische Perspektiven im Horizont erwachsenenpädagogischen Handelns Chair der Sitzung: Franziska Wyßuwa, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Chair der Sitzung: Jörg Dinkelaker, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg |
13:00 - 14:00 | Ankommen und Anmeldung |
14:15 - 14:45 | Gemeinsame Eröffnung mit verschiedenen Grußworten Ort: E 011 u.a. mit Prof. Dr. Claudia Quaiser-Pohl, Vizepräsidentin für Forschung und Transfer der Universität Koblenz |
14:45 - 15:45 | Keynote 1: Ines Langemeyer (KIT Karlsruher Institut für Technologie): Lern- und Handlungsfähigkeit als Interagilität – zur Entwicklungsfähigkeit im Erwachsenenalter angesichts der gegenwärtigen Krisen Ort: E 011 |
15:45 - 16:15 | Pause |
16:15 - 18:15 | Session 1a: Panel Ort: E 314 |
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Spielräume der Wissensaneignung und Erfahrungsraum Spiel Spielformen werden als Selbstverständlichkeit der Praxis organisierter Erwachsenenbildung beschrieben, bspw. als „Lernraumerweiterung“ (vgl. Winter et al. 2021) oder „als „konstruktive Unterbrecher“ (vgl. Rachow 2021) und damit in der pädagogisch-didaktischen Funktion diskutiert. Das Potenzial des Spiels wird einerseits im Unterhaltungswert und andererseits im Ertrag gesehen, Erfahrungen zu machen und Wissen anzueignen. Didaktischen Gestaltungsfragen gegenüber steht eine Perspektive, die organisationale und interaktionale Rahmungen als Spielräume und in ihrer Wechselseitigkeit der Interaktanten hervorhebt: „Statt davon zu sprechen, dass Menschen in Lehr-Lern-Settings Spielräume haben, liegt es näher anzunehmen, dass diese (und andere) Settings Spielräume des Selbst sind.“ (Wittpoth 2010, S. 370). Im hier vorgeschlagenen Panel greifen wir sowohl den weiteren Begriff des Spielraumes als auch den engeren Begriff des Spiels auf: Wir wenden uns im Panel unterschiedlichen Settings als spezifische Rahmungen zu, in denen spielerische Elemente Teil pädagogischer Gestaltung und der Aufmerksamkeitsstrukturierung der Vermittlung und Aneignung von Wissen dienen (Dinkelaker 2017). Während der erste Beitrag einen historischen Blick auf Varianten der spielerischen Erfahrung und Aneignung anhand von Experimentierapparaten (z. B. Mikroskope) richtet, wird im zweiten Beitrag die Lernstätte als Erfahrungsraum und im Hinblick auf spielerische Erkundungen analysiert. Der dritte Beitrag greift das Format Gamification auf und untersucht das Wechselverhältnis von subjektiv empfundener Autonomie und struktureller Aufmerksamkeitslenkung mittels spielerischer Gestaltungselemente (z. B. Points, Badges, Leaderboards) aus der Perspektive von Gamifizierern. Mithilfe unterschiedlicher Zugänge (Historischer Vergleich, Ethnographie, Interviews) verfolgen wir im Panel folgende Fragen: Welche Formen des Spielerischen lassen sich rekonstruieren? Welche (Spiel-)Räume werden wie gestaltet, um Erfahrungen zu inszenieren? Wie werden Aufmerksamkeitslenkung, Erfahrungsbildung und Wissensaneignung jeweils prozessiert? Der Vergleich der in den einzelnen Vorträgen aufgegriffenen Settings verspricht einerseits Einblicke in die Vielfalt der Gestaltung von Spielräumen und Spielformen des Lernens Erwachsener und andererseits die Analyse zugrunderliegender Fragen pädagogischer Steuerung und Inszenierung von Lernen. In einer übergreifenden Kommentierung werden alle Vorträge miteinander kontrastiert und hinsichtlich ihrer spielerischen Elemente diskutiert. Beiträge des Panels Mikroskop, Influenzmaschine, elektrische Eisenbahn – Spielerische Wissensaneignung im Volksbildungswesen Bei der popularisierenden Vermittlung wissenschaftlicher Wissensbestände im Volksbildungswesen in der Kaiserzeit spielt die Erhöhung von Anschaulichkeit eine wichtige Rolle (Stifter 2003; s. a. Daum 1998; Ebner von Eschenbach 2025). Vor allem Angebote zum eigenständigen, spielerischen Erproben, Experimentieren und Versuchen anhand von Experimentierapparaten lassen sich als Variante entdecken, die eine hohe Anschaulichkeit über Selbsterfahrung ermöglicht. Seitens der historischen Erwachsenenbildungsforschung sind derartige aneignungsorientierte Selbstbetätigungen bislang kaum eingehender untersucht worden (Filla 2001). An dieser Stelle wird im Vortrag angesetzt: auf Grundlage einer komparativen Betrachtung (Hoffmann-Ocon u.a. 2022) werden drei Einrichtungen im Volksbildungswesen der Kaiserzeit – das »Mikroskopische Aquarium« (1877), (ii) die »Urania Berlin« (1889) sowie (iii) das »Deutsche Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik« (1905) – hinsichtlich ihrer Angebote zur Selbsterfahrungsräume im Umgang mit Wissen verglichen (Dinkelaker 2018). Dabei wird im Vortrag der Fokus auf die sogenannten Experimentierapparate (z. B. Mikroskope, Influenzmaschine, elektrische Eisenbahn) – also auf Demonstrationsgeräte zur Veranschaulichung von z. B. Elektrizität, Schwer- oder Fliehkraft – gelegt und in einer »ludoéducatif« inspirierten Spur (van Beek 2009) den spielerischen Aspekten im Umgang mit diesen Apparaturen nachgegangen. Vor dem Hintergrund der These, dass der »spielerische« Umgang ein wichtiges Element bei der Wissensaneignung in der Volksbildung darstellt, wird sich der Frage gewidmet, welche Modi und Qualitäten bei der spielerischen Wissensaneignung differenziert können. Lernstätten als arrangierte Spielräume des Erlebens Während die pädagogische Bedeutung des Spiels in Bezug auf Kinder bereits theoretisch diskutiert wird, sind Formen und Formate des Spiels in der Erwachsenenbildung bisher wenig zum Reflexionsgegenstand geworden. Die Differenz Kindheit|Erwachsenenheit hingehen erfährt zunehmend sowohl in der Kindheits- als auch in der Erwachsenenbildungsforschung Relevanz (Fangmeyer/Mierendorff 2017, Dinkelaker 2021). Der Vortrag wendet sich dem Setting der Lernstätte als erfahrungsbezogenes Format des Lernens zu, welches sowohl Erwachsene als auch Kinder adressiert. Lernstätten werden als Orte Erlebnisräume verstanden: „Menschen besuchen diesen Ort eigens deswegen, weil sie dort etwas Besonderes erleben oder erfahren können, was an anderen Orten nicht möglich wäre“ (Dinkelaker 2018, S. 134). Aus interaktionstheoretischer Perspektive richtet sich das Erkenntnisinteresse auf die pädagogische Gestaltung (vermittlungsbezogenes Arrangieren) einerseits und auf das subjektive Erleben (arrangementbezogene Aneignung) anderseits. Anhand der ethnographischen Erkundung einer Lernstätte mit einen Dunkelparcour werden Formen des spielerischen Erkundens und der Prozessierung von Aufmerksamkeit rekonstruiert. Wie wird die „Lernbedeutsamkeit des Ortes“ (Dinkelaker 2018, S.142) mithilfe spielerischer Elemente gestaltet? Wie sind Vermittlungsperspektiven (Inszenierung) und Aneignungsperspektiven (Wahrnehmung und Erleben) aufeinander bezogen und welche Spielräume entstehen? Kontrastiv werden Beobachtungen einer an Kinder gerichteten Lernstätte im Hinblick auf Varianten der spielerischen Adressierung herangezogen. Gamification als Mittel zur Gestaltung von Erfahrungsräumen Gamification hat sich in den letzten Jahren zu einem etablierten Konzept in Lern- und Arbeitskontexten entwickelt. Durch spielerische Elemente sollen nicht nur Motivation und Engagement gesteigert, sondern auch Lernprozesse strukturiert werden (vgl. Raczkowski/Schrape 2018). In der (erziehungs-)wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Gamification steht überwiegend die damit verbundene steuernde Wirkung auf Verhalten im Mittelpunkt. Dabei dominiert nicht selten ein funktionalistisches Verständnis, das vor allem auf beobachtbares Verhalten zielt (vgl. Schrape 2014; Zulaica y Mugica 2024). Weniger Beachtung findet die Frage, wie sich durch Gamification Erfahrungsräume formen – und welche impliziten Konzepte von Lernen, Autonomie und Steuerung darin angelegt sind. Auch innerhalb der Gamification-Community bleibt die Rolle von Erfahrung uneindeutig: Sie bewegt sich zwischen dem Ideal spielerischer Offenheit und der strategischen Fokussierung von Aufmerksamkeit. In diesem Vortrag wird dargelegt, wie Gamifizierer den Begriff der Erfahrung in Bezug auf ihre Arbeit verhandeln. Auf Grundlage qualitativer Interviews wird analysiert, wie sie Erfahrungsräume konzipieren und in welchem Spannungsfeld sich deren Gestaltung bewegt: Einerseits soll Gamification ein Gefühl von Autonomie und spielerischer Erkundung ermöglichen, andererseits steuern algorithmische Mechanismen Lernverläufe subtil, etwa durch adaptive Lernpfade, Belohnungssysteme oder Fortschrittsanzeigen. Die Analyse richtet den Blick somit auf das Spannungsverhältnis zwischen Offenheit und Steuerung – und darauf, inwiefern Gamification als eine Praxis verstanden wird, die Erfahrung nicht nur begleiten, sondern gezielt formen soll. Kommentierung: Spiele als arrangierte Möglichkeiten des Tuns und Erleidens. Eine vergleichende Gegenüberstellung der vorgestellten Settings In einer übergreifenden Kommentierung werden alle Vorträge miteinander kontrastiert und hinsichtlich ihrer spielerischen Elemente diskutiert. |
16:15 - 18:15 | Session 1b: Einzelbeiträge aus Feldern der Grundbildung und zu Kompetenzvorstellungen Ort: E 313 |
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Interpretationsspielräume. Zur medialen Diskussion der PIAAC-Befunde in neun Ländern Universität Hamburg, Deutschland Spielräume in der Interpretation erhobener Daten sind in der Wissenschaft hinlänglich bekannt und werden mit großer methodischer Vorsicht eingehegt. Anders gestaltet sich der öffentliche Diskurs: Die Spielräume der Interpretation großer Kompetenzstudien werden vielfach genutzt. Mehrere Medienanalysen erfolgten im ersten Zyklus (Cort & Larson, 2015; Hamilton, 2018; Rasmussen et al., 2022; Yasukawa et al., 2016). Hamilton (2018) zeigt den starken Einfluss der OECD-Länderberichte auf nationale Diskurse. Rasmussen et al (2022) rekonstruieren Massenmedien als diskursbeherrschend. Yasukawa et al. (2016) zeigen den medial vermittelten globalen Einfluss auf lokale Politiken. Cort (2015) verwendet die poststrukturalistische Diskursanalyse „What's the problem represented to be (WPR)?“ nach Bacchi ( 2012) und kommt zum Ergebnis eines „Non-Shock“ der PIAAC-Befunde in Dänemark. Diese Analyse zeigt, dass auch eine andere Bewertung möglich gewesen wäre, sprich: Dass Interpretationsspielräume genutzt wurden. Die Befunde der Medienanalysen des ersten PIAAC-Zyklus und seiner drei Runden führt zur Forschungsfrage, welche Probleme mit der Veröffentlichung des zweiten Zyklus adressiert werden. In den sechs Wochen nach dem PIAAC-Launch 2024 erhoben die Verfasser:innen dieses Abstracts die Medienreaktionen aus Chile, Deutschland, England, Irland, Israel, Kanada, Portugal, Schweiz und den USA. Die Länderauswahl begründet sich durch die Vernetzung mit einschlägigen Forschenden vor Ort. Der Korpus umfasst die ersten Presseerklärungen der OECD und der Ministerien, Artikel in großen Zeitschriften, die Medienkommunikation der wichtigsten Institute sowie einen Teil der Social-Media-Einträge auf LinkedIn und Bluesky. Zur Anwendung kam die o.g. poststrukturalistische Diskursanalysemit ihren Leitfragen (Bacchi, 2012). Die ersten Ergebnisse der Datenerhebung zeigen, dass einige Länder auf ihre Stabilität in Bezug auf Kompetenzen verweisen, ohne die erhöhte Spreizung zu diskutieren. In pratkisch allen untersuchten Ländern dominiert die Besorgnis über niedrige Literalität, während Numeralität und Problemlösen keine Erwähnung finden. Bei gleichen Ergebnissen kommen Länder zu völlig verschiedenen Problemdefinitionen (etwa die OECD-Mitgliedschaft in Chile, die Demokratisierung in Portugal und der Nahostkonflikt in Israel). Insofern nutzen die Akteure ihre Interpretationsspielräume und setzen das „Problem“, dem sie sich zuwenden wollen. Finanzielle Praktiken von Erwachsenen in angespannten ökonomischen Situationen Universität Hamburg, Deutschland Im Rahmen der Ampelkoalition starteten das BMBF und das Bundesministerium der Finanzen eine Initiative für Finanzielle Bildung. Der Vortrag setzt sich zunächst mit den Ausgangspositionen dieser Initiative auseinander. Sie intendiert eine Finanzbildungsstrategie, wie sie durch die OECD angemahnt wurde (OECD, 2024b). Die Initiative geht aus Sicht von Kritiker:innen (Höhne, 2024) jedoch zu pauschal davon aus, dass in der Bevölkerung grundsätzlich finanzielle Spielräume bestünden, die es ermöglichten, die durch den aktivierenden Sozialstaat (Lessenich, 2012) geforderte eigenverantwortliche Lebens- und Altersplanung zu realisieren. Sie unterstelle damit finanzielle Spielräume auch dort, wo diese gar nicht vorhanden seien. Andere Kommentare weisen auf den letztlich schwach ausgebildeten Bildungskern der Initiative hin (Pauli, 2024). Die Forderung nach finanzieller Bildung drückt zumindest implizit die Annahme aus, dass sich finanzielle Notlagen durch entsprechende individuelle Kenntnisse vermeiden lassen. Im Umkehrschluss lässt das die Position zu, dass Personengruppen in angespannten finanziellen Lagen (z.B. Arbeitslose, Geringverdienende, Alleinerziehende) durch Passivität in finanziellen Belangen für ihre Lebenssituation selbst verantwortlich seien (blaming the victim). Auf Basis der Daten des ersten Cycles der PIAAC Studie (Rammstedt & Zabal, 2013) konnte jedoch gezeigt werden, dass gerade ökonomisch vulnerable Gruppen bei der alltäglichen Beschäftigung mit Finanzen überdurchschnittlich aktiv sind (Grotlüschen et al., 2019). Der vorgesehene Beitrag greift diese Frage aus Basis der aktuellen PIAAC Studie (31 teilnehmende Länder, OECD, 2024a) erneut auf und betrachtet das finanzielle Alltagshandeln verschiedener Bevölkerungsgruppen im Vergleich der in der Studie untersuchten deutschsprachigen Länder Deutschland, Österreich und Schweiz. Die Interpretation der Ergebnisse bezieht den Forschungsstand der Kompetenzdiskussion mit ein, demzufolge eine enge Verbindung zwischen domänenspezifischen Kompetenzen und entsprechenden alltags- und berufsbezogenen Praktiken vorliegt (Reder et al., 2020) und identifiziert so Adressat:innen für finanzielle Bildungs- und Beratungsangebote. Auf diese Weise werden Anregungen für tatsächliche Bildungsbedarfe gegeben, die aber den engeren Bereich der finanziellen Bildung überschreiten und auch Inhalte einer breiter angelegten kritischen Verbraucher:innen-Bildung oder ökonomischen Bildung (Remmele et al., 2013) umfassen. Grundbildungsnetzwerke - Spielräume der Weiterentwicklung regionaler Grundbildungsstrukturen 1Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V., Deutschland; 2Bergische Universität Wuppertal, Deutschland Die Einrichtung von Netzwerken stellt einen verbreiteten Regulationsmodus zur Stärkung regionaler Strukturen innerhalb der Erwachsenen- und Weiterbildung (Emminghaus & Tippelt, 2009) und zur Teilnehmendengewinnung (Martin et al., 2021) dar. Dies gilt auch für den Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung (Bickeböller, 2022). Im Rahmen des BMBF-Förderschwerpunkts „Grundbildungspfade“ arbeiten zehn Netzwerke daran, in Modellregionen Grundbildungspfade für spezifische Zielgruppen zu entwickeln und diese in vorhandene Bildungsstrukturen zu integrieren. Grundbildungspfade stellen Angebots-Nutzungs-Ketten dar, die sich an Menschen mit Grundbildungsbedarf richten, um deren Arbeitsmarktchancen und gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten zu verbessern. Die Netzwerke beziehen sich auf die regionale Bildungslandschaft, integrieren bisher getrennte Angebote oder ergänzen diese. Dabei nutzen sie spezifische institutionell organisationale Spielräume vor dem Hintergrund ihrer organisationalen Expertisen (Seitter, 2013) und balancieren diese im Idealfall in der gemeinsamen Netzwerkarbeit für die gemeinsam festgelegten Ziele aus. Das Metavorhaben “Kompetenzzentrum GrundbildungsPFADE: Service – Forschung – Transfer” begleitet die Arbeit der regionalen Grundbildungsnetzwerke, wobei u.a. Strukturen, Entwicklungen und Erfolgsbedingungen regionaler Netzwerkarbeit analysiert werden. Angesichts potenziell spannungsreicher Netzwerkarbeit aufgrund unterschiedlicher organisationaler Spielräume und Ansprüche (Dollhausen et al., 2013) geht der Beitrag folgenden Fragen nach: - In welchen Konstellationen arbeiten die Akteure innerhalb des jeweiligen Grundbildungsnetzwerks zusammen? - Welche Bedeutung wird der Netzwerkkoordination im Rahmen des Netzwerkmanagements beigemessen? Die empirische Basis des Beitrags bilden Ergebnisse einer standardisierten Onlinebefragung zur Netzwerkstruktur und Netzwerkarbeit. Die Daten werden einer quantitativen Netzwerkanalyse (Stegbauer & Häußling, 2024) unterzogen, um die Dichte und Struktur des Netzwerks sowie dessen wichtigsten Akteure zu identifizieren. Netzwerkkarten ermöglichen zudem einen Überblick über die jeweiligen Netzwerkstrukturen (Hollstein & Pfeffer, 2010). Auf diese Weise ist es möglich, die Beziehungen zwischen den Akteuren zu erfassen und darauf aufbauend zu untersuchen, inwiefern der Austausch zwischen den zentralen regionalen Akteuren aus Bildungspolitik, -administration und -praxis als gelungen eingeschätzt wird. Spielräume für die Grundbildungsarbeit: Pädagogische Selbstverständnisse und Handlungslogiken in der evangelischen Erwachsenen- und Familienbildung Universität Duisburg-Essen, Deutschland Im Bereich der Grundbildung und Alphabetisierung wurden im Zuge der Alphadekade vielfältige Qualifizierungsbedarfe erforscht und Professionalisierungskonzepte für unterschiedliche Akteure entwickelt. Sie setzen den Fokus zumeist auf die Gestaltung von Alphabetisierungsangeboten, Diagnose- und Förderkompetenz, aber auch Sensibilisierungsmöglichkeiten, etwa bezogen auf Erreichbarkeit der Zielgruppen und Wahrnehmung von Grundbildungsbedarfen im Berufsalltag (Löffler & Nagler 2023). In der evangelischen Erwachsenen- und Familienbildung sind Grundbildung und Alphabetisierung bislang nur punktuell in den Angebotsstrukturen verankert (Büchel 2025), das Thema erzeugt jedoch zunehmend Resonanz. Durch offene Angebotsformate und sozialräumlich aufsuchende Strategien zeigen sich zudem breite Zugänge zu unterschiedlichen Zielgruppen und somit Anschlüsse für eine lebensweltlich orientierte Grundbildungsarbeit (Bremer 2025). Das hauptamtlich pädagogische Personal sowie Kursleitende in der evangelischen Erwachsenen- und Familienbildung bringen vielfältige professionelle Hintergründe in ihre Tätigkeit mit ein, wobei davon ausgegangen wird, dass professionelles Handeln mit der Biografie und dem milieuspezifisch ausgebildeten Habitus zusammenhängt (Bremer, Pape & Schlitt 2020). Es soll nun der Frage nachgegangen werden, wie biografische Erfahrungen und Literalitätskonzepte der kirchlich im Alphabetisierungs- bzw. Grundbildungsbereich Tätigen die pädagogische Praxis mit beeinflussen und welche Verständnisse von Lernen, Bildung sowie Grundbildung dabei sichtbar werden. Dazu wurden im Kontext eines Forschungsprojekts 12 lebensgeschichtliche Interviews mit pädagogisch Tätigen aus besagtem Feld geführt, welche qualitativ in Anlehnung an die Habitushermeneutik (Bremer & Teiwes-Kügler 2013) ausgewertet wurden. Im vorgeschlagenen Beitrag soll diskutiert werden, welche Spielräume für die Grundbildungsarbeit biografisch bzw. habituell hervorgebracht werden, wenn bspw. Passungsverhältnisse (Ludwig 2023), aber auch Widerständigkeiten in Relation treten und diese unterschiedliche Handlungsspielräume eröffnen. |
16:15 - 18:15 | Session 1c: Einzelbeiträge zu verschiedenen institutionellen Herausforderungen Ort: E 413 |
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Spielräume von Volkshochschul-Verbandsstrukturen in der Fortbildungsarbeit zwischen Professionalisierung und Dienstleistung Justus-Liebig-Universität Gießen, Deutschland Auf Basis der Ergebnisse meiner unveröffentlichten Dissertation (Begutachtung durch Prof. Dr. Bernd Käpplinger und Prof. Dr. Henning Pätzold) möchte ich in meinem Beitrag darstellen, wie die Landesverbände der Volkshochschulen die postulierte Gleichzeitigkeit ihrer Funktionen bearbeiten und dabei sowohl vorhandene Spielräume nutzen als auch selbst bzw. in unter-schiedlichen Zusammenarbeitskonstellationen Spielräume schaffen. In den erhobenen Daten zeigt sich eine große Vielfalt von Interaktionsvarianten, etwa verbind-liche oder flüchtige bzw. anlassbezogene Spielarten der Zusammenarbeit zwischen unter-schiedlichen Akteuren in verschiedenen Hierarchien und Dynamiken. Weitere Spielräume entstehen in der Interaktion aufgrund fachlicher Expertisen der Geschäfts-stellen sowie Kontakten und Erfahrungen, die in kooperativen Programmplanungs- oder Inte-ressenvertretungsprozessen eingebracht werden. Als relevant wird hier auch kommunikatives Geschick ausgewiesen, um (neue) Spielräume zu vermessen und auszutarieren, ggf. gegen Widerstände zu erhalten und vorhandene Spielräume strategisch zu nutzen. Insbesondere in den ausgewiesenen Funktionen der Dienstleistung und Fortbildung werden Spielarten von Programmplanungsprozessen, aber auch von (Selbst-)bezeichnungen und Selbstverständnissen sichtbar. Diese werden im Beitrag fokussiert. Spielräume für Reflexion: Eine Interviewstudie zur institutionellen Verankerung reflexiver Prozesse in der Erwachsenenbildung Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Deutschland Die Fähigkeit zur (Selbst-)Reflexion ist zentral für Professionalität und Professionalisierung in der Erwachsenenbildung (Pachner, 2024; Schön, 1983). In Weiterbildungsorganisationen spielen Führungskräfte und Leitungspersonen eine wichtige Rolle, um Reflexionsprozesse zu ermöglichen, zu gestalten und zu verankern. Ihr Handeln zielt auf strategische Steuerung und Organisationsgestaltung, wodurch Voraussetzungen für Reflexionsstrukturen erst entstehen (Argyris & Schön, 1978; Gieseke & Robak, 2004; Pachner, 2024). Erwachsenenpädagogisches Handeln ist in institutionelle Rahmenbedingungen eingebettet, die Handlungsspielräume eröffnen oder einschränken können. Diese beeinflussen Erwartungen an Führung und Leitung, legitimieren Reflexionsansätze und beeinflussen strategische Steuerung durch institutionelle Logiken (Herbrechter, 2018; Schemmann, 2016). Entscheidend ist, wie Reflexion innerhalb vorhandener Spielräume gestaltet wird und welche Faktoren sie begünstigen oder hemmen. Die Studie geht der Frage nach, welche Spielräume Leitungspersonen in Organisationen der Erwachsenenbildung für Reflexion eröffnen, welche Strategien zur nachhaltigen Verankerung reflexiver Prozesse beitragen und welche Rolle Rahmenbedingungen dabei spielen. Dafür werden leitfadengestützte Interviews (n=10) mit Expert*innen aus öffentlicher, konfessioneller, beruflicher und betrieblicher Erwachsenenbildung (mind. drei Jahre Leitungserfahrung) ausgewertet. Ein kontrastierendes Sampling ermöglicht es, Leitungshandeln, institutionelle Logiken, strukturelle Bedingungen und deren Einfluss auf Reflexionsprozesse in der Breite zu analysieren. Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (2022) identifiziert Gemeinsamkeiten, Unterschiede und institutionelle Verankerungen reflexiver Strategien. Die bisher unveröffentlichten Ergebnisse zeigen aus der Perspektive von Führungskräften und Leitungspersonen, wie Reflexionsprozesse in Organisationen gestaltet, institutionell verankert oder durch strukturelle Restriktionen begrenzt werden können. Sie verdeutlichen Spannungsfelder zwischen intendierter Reflexionsförderung und institutionellen Vorgaben sowie den Einfluss verschiedener Steuerungsmechanismen (u.a. Top-down, Bottom-up, Netzwerke). Es wird sichtbar, welche Strategien Führungskräfte und Leitungspersonen entwickeln, um Reflexion bei begrenzten Spielräumen zu ermöglichen. Der Beitrag liefert damit Impulse zur nachhaltigen Verankerung reflexiver Strukturen in Organisationen der Erwachsenenbildung. Projektarbeit in der ländlichen Erwachsenenbildung als (Handlungs-) Spielraum für Organisation, Bildung und Region Technische Universität Dresden, Deutschland Die Entwicklungen der ländlichen Regionen in Deutschland der letzten Jahre verdeutlichen, dass diese Regionen durch demografische, ökonomische und infrastrukturelle Veränderungen zunehmend zu „gesellschaftlichen Problemzone[n]“ (Klemm, 2015, S.19) werden. Diese Veränderungen wirken sich restriktiv auf die Handlungspraxis ländlicher Weiterbildungsorganisationen aus, insbesondere auf die traditionelle Programmplanung (Bieß, 2019; Fleige, 2022; Käpplinger, 2022). Diese führen zu veränderten Rahmenbedingungen des organisationalen Umfeldes und Handelns, die die Leistungserbringung von Erwachsenenbildungsorganisationen hemmen und traditionelle Handlungspraktiken sowie Organisationsstrukturen infrage stellen (Korinek, 1997, S.108; Meisel/Feld, 2009, S.123). Eine Verschärfung dieser Situation ergibt sich durch die sinkende öffentliche Förderung von Weiterbildungsorganisationen in den Bundesländern (Nuissl, 1994, S. 14 f.), wodurch Einrichtungen wie Volkshochschulen verstärkt auf alternative Einnahmequellen wie temporäre Projektfinanzierungen angewiesen sind (Meisel/Feld, 2009, S. 21). Im Spannungsfeld zwischen Ressourcenknappheit, Legitimationsdruck, institutionellem Selbsterhalt und der Erfüllung des gesellschaftlichen Bildungsauftrags suchen ländliche Volkshochschulen nach Spielräumen für die Gestaltung der Handlungspraxis und nach Möglichkeiten den Veränderungen durch organisationsbezogene Mitentwicklung zu begegnen. Im Rahmen dieser Bemühungen richten ländliche Volkshochschulen ihren Fokus zunehmend auf die Projektarbeit, die durch die Bereitstellung finanzieller Mittel für innovative und zukunftsgerichtete Initiativen von der Bildungspolitik unterstützt wird (Hebborn, 2022, S. 80). Der Beitrag knüpft an diese Thematik an und zeigt Ergebnisse einer aktuellen Dissertation, die die Projektarbeit als bislang wenig untersuchtes Handlungsfeld für Erwachsenenbildungsträger beleuchtet. Im Rahmen der Studie wurden 23 qualitative Experteninterviews mit Projektbeteiligten von Volkshochschulen und deren Landesverbänden aus 12 deutschen Bundesländern durchgeführt, die Drittmittelprojekte zur Bildungsarbeit in ländlichen Regionen umsetzen oder kürzlich umgesetzt haben. Die Ergebnisse zeigen, dass die strategische Einbindung der Projektarbeit in die Praxis ländlicher Volkshochschulen neue Spielräume für organisationsbezogene, bildungsbezogene und regionale Entwicklungen schafft und zugleich Möglichkeitsräume eröffnet, um gegenwärtige Herausforderungen zu bewältigen. Einflussnahme der extremen Rechten auf die Mesoebene der Erwachsenenbildung und die Gegenstrategien der Praxis Universität Hamburg, Deutschland Steigende Wahlergebnisse der AfD und die Verschiebung bestimmter Diskurse (z.B. Gender) in Richtung rechter Rhetorik sind nur ein Teil des gesellschaftlichen Erstarkens rechtspopulistischer Strömungen, die auch vor dem Bildungsbereich nicht Halt machen (Hanschmann, 2024; Nikolai, 2024) . Im Zuge dessen entstehen Gegenstrategien, die sich der Stärkung einer demokratischen Mitte in der Bildungspraxis zuwenden. Gleichzeitig wird die erziehungswissenschaftliche Relevanz intersektionaler, rassismuskritischer und postkolonialer Ansätze zur Kritik und Abschaffung diskriminierender Machtverhältnisse im BIldungsbereich betont (Akbaba & Heinemann, 2023). Der Vortrag nimmt die Ergebnisse des partizipativen Forschungsprojekts „Brandmauern im Bildungswesen“ zum Ausgangspunkt. Das als Citizen Science angelegte Projekt in Kooperation mit dem Deutschen Volkshochschulverband, der Volkshochschule Hamburg und dem Thüringer Volkshochschulverband fragte im Rahmen einer bundesweit angelegten Online-Umfrage bei Trägern und Verbänden der Erwachsenenbildung nach der Wahrnehmung rechter Einflussnahme auf die Erwachsenenbildung und nach den praktizierten Gegenstrategien. Dabei entstanden ist qualitatives Material mit Beschreibungen auf Mikro-, Meso- und Makroebene (vgl. Hippel et al., 2022), die zeigen, dass sich die Bildungspraxis mit umkämpften (Diskurs-)Feldern (Wischmann, 2023) konfrontiert sieht. Ausgehend von den Ergebnissen der Studie thematisiert der Vortrag die Einflussnahme der extremen Rechten auf der Mesoebene der Erwachsenenbildung sowie die aus der Praxis berichteten Gegenstrategien. Diese Strategien lassen sich im Spektrum von Empowerment der demokratischen Mitte über die Sichtbarmachung rechtsextremer Codes (Programmunterwanderung) bis hin zum konkreten Schutz von Veranstaltungen verorten. Damit stellt der Vortrag die Frage, wie sich die Erwachsenenbildung innerhalb der aktuellen politischen Bedrohung durch rechte Agitation ausrichtet, welche Gegenstrategien zur Anwendung kommen und von welchen Schwierigkeiten und Bedrohungen sie gleichzeitig ausgeht. |
16:15 - 18:15 | Session 1d: Panel Ort: E 414 Moderator*in der Sitzung: Josephine Jahn, Ludwig-Maximilans-Universität München, Deutschland |
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Handlungsspielräume der Zukunft – KI und VR in der Erwachsenen- Weiterbildung Die zunehmende Digitalisierung schafft neue SPIELräume für Lehr- und Lernprozesse in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Insbesondere Virtual Reality (VR) und Künstliche Intelligenz (KI) eröffnen innovative Möglichkeiten für immersive, interaktive und individualisierte Bildungsformate. Diese Technologien versprechen nicht nur erweiterte didaktische Handlungsspielräume, sondern werfen zugleich zentrale Fragen nach ihrer pädagogischen Fundierung, ihrer didaktischen Anschlussfähigkeit sowie den Grenzen ihrer Wirksamkeit auf. Das Symposium untersucht diese Spannungsfelder und nimmt die Bedingungen, Potenziale und Restriktionen von KI- und VR-gestützten Lernumgebungen in der Erwachsenenbildung in den Blick. Der erste Beitrag diskutiert die Rolle von VR in der Weiterbildung aus einer erfahrungsbasierten Perspektive und beleuchtet, ob und wie VR als digitales Spielfeld neue Freiheiten für Lehren und Lernen schafft oder durch technologische, kognitive und institutionelle Faktoren begrenzt wird. Er stützt sich auf eine empirische Studie zu avatarbasierten Lehr-/Lernformaten und reflektiert Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten. Der zweite Beitrag verknüpft sozialräumliche Theorieansätze mit VR-gestütztem Lernen. An-hand einer Studie zu VR-gestützter Ausbildung von Elektriker:innen wird untersucht, wie Räume der Kompetenzentwicklung im Zusammenspiel verschiedener Raumdimensionen entstehen. Spielräume für die Gestaltung künftiger Lernumgebungen ergeben sich dabei aus interessanten Spannungsverhältnissen, z.B. den Gefühlen von Autonomie/Zugehörigkeit in Lernprozessen, der Bedeutung von Variabilität der Anforderungen und Wiederholbarkeit zum Zweck des Übens oder der Rolle von ‚boudary objects‘. Der dritte Beitrag fokussiert auf KI-gestützte Bildungsprozesse und diskutiert, inwiefern durch KI neue Handlungsspielräume für die Erwachsenenbildung eröffnet oder bestehende Ein-schränkungen verstärkt werden. Anhand einer systematischen Analyse aktueller Forschungsergebnisse werden die Potenziale von KI für die Individualisierung von Lernprozes-sen ebenso beleuchtet wie ethische und didaktische Herausforderungen im Einsatz dieser Technologien. Das Symposium greift damit zentrale Fragen auf, indem es die Dialektik von Freiheit und Restriktion in digitalen Lernräumen untersucht. Es trägt zur theoretischen und empirischen Fundierung von VR- und KI-gestützten Bildungsformaten bei und leistet einen Beitrag zur Re-flexion darüber, wie digitale Technologien als gestaltbare und lernförderliche Spielräume ge-nutzt werden können. Es ist eine vertiefende Diskussion vorgesehen, die unter Einbeziehung der Teilnehmenden den inhaltlichen Austausch weiterführen und unterschiedliche Perspektiven erschließen soll. Beiträge des Panels Immersive SPIELräume? Virtual Reality als erfahrungsbasiertes Lernmedium in der Erwachsenenbildung Virtual Reality (VR) stellt ein Medium dar, das immersive, interaktive und erfahrungsbasierte Bildungsformate ermöglicht. Denn VR-basierte Lernumgebungen versprechen die Simulation komplexer Handlungsräume, das Erleben alternativer Perspektiven sowie die aktive Ausei-nandersetzung mit realitätsnahen Szenarien. Doch während VR als Instrument zunehmend Beachtung findet, bleibt seine pädagogische Fundierung oft unzureichend reflektiert. So stellt sich die Frage, ob durch immersive Lernwelten neue Freiheiten für selbstgesteuertes Lernen entstehen oder Lehr-/Lernprozesse durch technologische, kognitive und institutionelle Rest-riktionen begrenzt werden. Der geplante Beitrag diskutiert diese Fragen auf Basis eines BMWK-geförderten Projekts zur Nutzung avatarbasierter Lernformate in der Weiterbildung. Durch eine Kombination quantitativer Befragungen und leitfadengestützter Interviews mit Lehrenden sowie Lernenden konnten Erfahrungen mit dieser Lehr-Lernform untersucht werden. Im Fokus stehen dabei Fragen nach der Autonomie der Lernenden sowie der Rolle der Lehrenden. Erste Erkenntnisse zei-gen, dass VR zwar als innovatives Medium für erfahrungsbasiertes Lernen wahrgenommen wird, gleichzeitig aber neue Herausforderungen entstehen: Die Integration in bestehende Cur-ricula ist komplex, technologische Zugangshürden schränken die Teilhabe ein, und kognitive Belastungen durch sensorische Reizüberflutung beeinflussen den Lernerfolg. VR kann in diesem Kontext als digitales Spielfeld betrachtet werden, in dem Lernende eigenständig Handlungsoptionen erproben, Entscheidungen treffen und daraus lernen. Die Analyse erfolgt vor dem Hintergrund des Erfahrungsbasierten Lernens und wird in den Kontext der aktuellen wissenschaftlichen Debatte um mediale SPIELräume in der Erwachsenen-/Weiterbildung eingeordnet. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit anknüpfender Forschung zu didaktischen Rahmenkonzepten, Professionalisierungsstrategien für Lehrende sowie ethischen Implikationen KI-gestützter VR-Lernumgebungen. Denn VR ist nicht nur als technologisches Werkzeug, sondern als gestaltbares pädagogisches Feld zu verstehen, das sowohl ermächtigende als auch restriktive Wirkungen entfalten kann. Spielräume im Verhältnis von Virtualität, Leiblichkeit und Beruflichkeit – Sozialräumliche Einsichten zur Nutzung von VR-Umgebungen in der Berufsbildung Vor dem Hintergrund eines sozialräumlichen Verständnisses pädagogischer Räume untersucht der Beitrag die Entstehung von Räumen der Kompetenzentwicklung in der beruflichen Bildung, wenn dort virtuelle Lernumgebungen eingesetzt werden. Denn während der Nutzung von VR ist der leibliche Körper der Lernenden an einem bestimmbaren Ort lokalisiert, während sich ihre auf die Kompetenzentwicklung bezogene Aufmerksamkeit und die entsprechenden Handlungen auf die virtuelle Umgebung beziehen. Daraus resultiert die Frage, wo und wie beim Einsatz von VR Räume der Kompetenzentwicklung entsteht und wie hierbei verschiedene Raumdimensionen und raumbezogene Handlungen der Beteiligten zusammenspielen. Untersucht wurde diese Frage im Rahmen eines Projektes, in dem Lernende während ihrer Ausbildung in einem Elektroberuf eine VR-Brille eingesetzt haben, um eine spezifische berufli-che Handlungskompetenz zu erwerben, die sie in der betrieblichen Realität, u.a. aus Sicher-heitsgründen, nicht regelmäßig ausführen und damit zu wenig üben können. Die VR-Brillen wurden im Rahmen eines Projektes entwickelt und den betrieblichen Verantwortlichen zur Verfügung gestellt, damit sie diese ihren Lernenden zugänglich machen können. Die Erkenntnisse basieren auf Interviews mit den Lernenden und den betrieblichen Berufsbildungsverantwortlichen sowie Items in einer Fragebogenerhebung unter den Lernenden. Im Rahmen des Beitrags werden ausgewählte Ergebnis der Studie vorstellt, die interessante Spannungsverhältnisse der Nutzung von VR-Umgebungen für die Entwicklung beruflicher Kompetenzen zeigen und damit Ansatzpunkte für die künftige Nutzung von VR bieten. So tangiert der Einsatz der VR Gefühle von Autonomie und Zugehörigkeit bei Lernenden und Ausbildenden, die auch über den materiellen Gegenstand der VR-Brille als boundary object verhandelt werden. Zudem zeigt sich ein Spannungsverhältnis zwischen der für das Üben bestimmter Abläufe wichtigen Standardisierung der Anforderungen und dem Konzept beruflicher Handlungskompetenz, das haptische Aspekte und die Variabilität der Anforderungen einschließt. Hierin zeigen sich Spielräume für die künftige Nutzung von VR-Umgebungen zur Entwicklung beruflicher Kompetenz ebenso wie deren Grenzen. KI in der Erwachsenen- und Weiterbildung – Nutzung und Nutzen neuer Handlungsspielräume Im Bereich der Erwachsenen- und Weiterbildung werden Anwendungen mit Künstlicher Intelli-genz (KI) zunehmend eingesetzt. Dies ermöglicht neue didaktische Handlungsspielräume und eine Neugestaltung traditioneller Bildungsprozesse. Zahlreiche Publikationen beleuchten bereits potenzielle Einsatzbereiche sowie Chancen und Risiken von KI im Bildungswesen (z. B. Ali, Warraich & Butt, 2024). In der Erwachsenenbildung wird bspw. das Spannungsverhältnis zwischen Augmentation und Substitution diskutiert (Dreisiebner & Lipp, 2022). Trotz der theoretischen Auseinandersetzungen mit KI besteht Forschungsbedarf hinsichtlich des konkreten Einsatzes von KI-Anwendungen in der Erwachsenen- und Weiterbildung. Ziel des Beitrags ist es, aufzuzeigen, inwieweit durch KI eröffneten Handlungsspielräume bereits genutzt werden. Dabei wird auch beleuchtet, inwiefern KI-Lösungen tatsächlich zu einer Ver-besserung von Lehr-Lern-Prozessen beitragen und welche Herausforderungen sich aus ih-rem Einsatz ergeben. Im Rahmen des vorliegenden Beitrags erfolgt eine Annäherung an diese Forschungsdeside-rate mittels eines systematischen Literaturreviews, der die bisherige Nutzung von KI-Anwendungen in der Erwachsenen- und Weiterbildung sowie Nutzen und Grenzen dieser Anwendungen untersucht. Die Resultate zeigen, dass KI in der Erwachsenen- und Weiterbil-dung bereits vielfältig eingesetzt wird und erhebliche Potenziale zur Individualisierung und Verbesserung von Lehr- Lern-Prozessen bietet. Ein empirischer Nachweis für den Nutzen des Einsatzes von KI-Anwendungen kann derzeit jedoch nur für bestimmte KI-Anwendungen (z.B. intelligente Tutorensysteme) bzw. einzelne Funktionen von KI-Anwendungen (z.B. Ein-satz von Chatbots zur Steigerung der Motivation) erbracht werden. Gleichzeitig können mit dem Einsatz Herausforderungen, wie eine erhöhte kognitive Belastung, einhergehen (z.B. VR-Umgebungen). Die eingesetzten KI-Anwendungen werden zudem im Kontext erwachsenendi-daktischer Ansätze reflektiert. Weiterhin besteht Forschungsbedarf hinsichtlich der Wirksamkeit, Akzeptanz und ethischen Implikationen von KI-Anwendungen. Abschließend werden weitere Forschungsdesiderate und mögliche zukünftige Entwicklungen aufgezeigt, die dazu beitragen könnten, den Nutzen der neuen Handlungsspielräume durch KI in der Erwachsenen- und Weiterbildung besser auszu-schöpfen. |
16:15 - 18:15 | Session 1e: Einzelbeiträge zu Grenzüberschreitungen in Wissenschaftskommunikation, wissenschaftlicher Weiterbildung und Hochschuldidaktik Ort: E 312 |
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Transfer, Open Science und Wissenschaftskommunikation: Herausforderungen und Potenziale offenen Wissens am Beispiel ‚Erziehung nach Auschwitz – Erinnern mit Games in der Erwachsenenbildung‘ Universität Koblenz, Deutschland In einer Wissensgesellschaft gewinnt der Zugang zu wissenschaftlichem Wissen zunehmend an Bedeutung (Stehr 2023, S. V). Wissenschaft sieht sich daher nicht nur mit der Generierung neuen Wissens konfrontiert, sondern auch mit Fragen der Offenheit und des Transfers wissenschaftlicher Erkenntnisse. Insbesondere die Open-Science-Bewegung (UNESCO 2021) fordert eine stärkere Transparenz und Zugänglichkeit von Forschung, während Hochschulen vermehrt in ihrer „dritten Mission“ gesellschaftlichen Wissenstransfer leisten sollen (Hochschulrektorenkonferenz 2017). Die Öffnung von Wissenschaft und ihr Transfer stehen in enger Wechselwirkung mit bildungswissenschaftlichen Fragestellungen (vgl. Diederichs & Desoye 2023). Auch die Erwachsenenbildung spielt in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle: Die Vermittlung wissenschaftlichen Wissens an eine breite Öffentlichkeit kann als grundlegender Bestandteil der Erwachsenenbildung im Sinne der Aufklärung verstanden werden (Faulstich & Trumann 2016; Schmid 2024). Der vorliegende Beitrag knüpft an diese Debatte an und stellt ein praxisbezogenes Projekt vor, das im Rahmen des Workshops „Methodik, Didaktik, Technik... – Aus der Praxis der Erwachsenenpädagogik. Erziehung nach Auschwitz. Didaktische Überlegungen zur Erinnerungsarbeit“ durchgeführt wurde. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung eines Erinnerungsspiels für die Erwachsenenbildung, das von Studierenden auf Basis von Forschungsdaten aus dem vom Landtag Rheinland-Pfalz geförderten Projekt „BEFEM #weitergedenken“ konzipiert wurde. Dabei galt es, die Potenziale von Spielen für die historische Bildungsarbeit zu nutzen, ohne die ethische und historische Verantwortung der Erinnerungskultur zu untergraben. Der Beitrag geht der zentralen Frage nach: Welche Potenziale und Herausforderungen ergeben sich aus den Anforderungen an die Forschung im Hinblick auf die Produktion offenen Wissens? Dies wird anhand der Spielkonzeption im Kontext der Erziehung nach Auschwitz beleuchtet und zeigt auf, welche Rolle Spiele als didaktische Instrumente der Wissenschaftskommunikation in der Erwachsenenbildung einnehmen können. Das Spiel mit den Disziplinen – Interdisziplinarität in der wissenschaftlichen Weiterbildung Technische Universität Dresden, Deutschland Wissenschaftliche Weiterbildung wird häufig im Kontext gesellschaftlicher Transformationsprozesse sowie der Öffnung von Hochschulen für beruflich Qualifizierte betrachtet. In diesem Zusammenhang werden wissenschaftliche Weiterbildungsangebote oft als inter- oder transdisziplinär charakterisiert (Alexander, 2022; Habeck, 2021), begründet mit ihrer hybriden Position zwischen Wissenschaft, Erwachsenenbildung und Gesellschaft (Alexander, 2022; Sweers, 2022). Insbesondere Inter- & Transdisziplinarität kann hier als ein "Spielraum" verstanden werden, in dem Akteur:innen mit unterschiedlichen fachlichen Perspektiven agieren und Bedeutungen aushandeln müssen. Im Rahmen des Beitrags werden daher aus Perspektive des transformativen Lernens folgende Fragestellungen betrachtet: • Wie wird Interdisziplinarität als Konzept in der (wissenschaftlichen) Weiterbildung verstanden? • Welche Gestaltungsspielräume und Restriktionen beeinflussen interdisziplinäre wissenschaftliche Weiterbildungsangebote? Dem Beitrag liegt eine Grounded Theory Methodologie nachgegangen (Strauss & Corbin, 1997) zugrunde. Zu diesem wurden 15 Interviews mit Leitungs- und/oder Organisationspersonal weiterbildender Masterstudiengänge in Deutschland geführt sowie dazugehörige Studiendokumente erhoben und in einem iterativen Prozess kodiert und analysiert. Die Datenerhebung folgte dabei den Prinzipien des theoretical Samplings. Die Analyse zeigt, dass Interdisziplinarität allgemein als Zusammenarbeit zwischen Disziplinen verstanden wird, wobei meist verschiedene Disziplinen Lehrangebote in dem Weiterbildungsangebot unabhängig voneinander unterbreiten. Die Heterogenität der Studierenden und Lehrenden hinsichtlich akademischer Vorbildung und berufspraktischer Erfahrungen ist essentiell, um interdisziplinäre Perspektiven in fachliche Diskussionen einzubringen, insbesondere da die Integration der verschiedenen disziplinären Perspektiven meist durch die Studierenden selbst erfolgt. Interdisziplinarität zeigt sich insbesondere durch die Verknüpfung von wissenschaftlichem Wissen mit der Arbeits- und Lebenswelt der Teilnehmenden und zielt häufig auf eine Transformation der Praxis durch Reflexion ab. Die Ergebnisse zeigen, dass interdisziplinäre wissenschaftliche Weiterbildung nicht nur fachliche Kompetenzen vermittelt, sondern zugleich ein Spielfeld ist, in dem Fachgrenzen reflektiert, neue Perspektiven vermittelt und kreative Ansätze für die Praxis (der Teilnehmenden) entstehen sollen. Zwischen Spielräumen, Freiheiten und Restriktionen: Wie Hochschullehrende ihr Selbstverständnis definieren: Frankfurt University of Applied Sciences, Deutschland Die Digitalisierung, hybride Lehrformate und KI-gestützte Tools haben die Spielräume von Hochschullehrenden in den letzten Jahren grundlegend verändert. Während digitale Lehrangebote Studierenden neue Freiheitsgrade eröffnen, erleben Lehrende diese Transformation teils auch als Einschränkung ihrer professionellen Handlungsspielräume. Doch wie wirkt sich diese Entwicklung auf ihr professionelles Selbstverständnis aus? Der Beitrag untersucht, wie Hochschullehrende ihre Rolle in der digitalen Bildungslandschaft wahrnehmen und welche Gestaltungsspielräume ihnen für Lehr- und Lernprozesse verbleiben. Welche Strategien entwickeln sie, um sich als professionelle Akteur:innen zu positionieren? Erste Ergebnisse aus dem Promotionsvorhaben zeigen, dass sich viele Lehrende zunehmend als Lernbegleiter:innen und Coaches verstehen. Gleichzeitig berichten sie von Herausforderungen in der Betreuung: Zwar bieten digitale Formate Studierenden mehr Flexibilität, doch die Bindung zur Lehrperson nimmt ab. Das Rollenverständnis umfasst somit die Begleitung des Lernprozesses und impliziert ein konstruktivistisches Lernverständnis. Die Untersuchung basiert auf problemzentrierten Interviews mit Hochschullehrenden, die mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet wurden. Der Beitrag liefert sowohl theoretische als auch empirische Impulse für die Hochschuldidaktik und zeigt auf, wie sich Lehrstrategien, Betreuungsansätze und professionelle Selbstverständnisse an die neuen digitalen Rahmenbedingungen anpassen müssen. Abschließend wird diskutiert, welche hochschuldidaktischen Konzepte und Unterstützungsangebote notwendig sind, um Lehrende in diesem Transformationsprozess zu begleiten und ein nachhaltiges Lehrverständnis zu fördern. |
19:00 - 21:00 | Abend-Programm - out of campus verschiedene Angebote zur Abendgestaltung |
19:00 - 21:00 | Angebot 3: Spielräume der Kunst: Linol-Druck als ästhetische Erfahrung in der Erwachsenenbildung Ort: Jugendkunstwerkstatt Koblenz | Markenbildchenweg 38, 56068 Koblenz Chair der Sitzung: Hannah Rosenberg, Universität Koblenz |
19:30 - 21:00 | Angebot 1: Archive contra „fake News“: Die Bedeutung der Archive für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Ort: Landeshauptarchiv | Karmeliterstraße 1-3, 56068 Koblenz Chair der Sitzung: Nicole Hoffmann, Universität Koblenz |
19:30 - 21:00 | Angebot 2: „Lesen. Lernen. Leben“: Ein Einblick in die Vielseitigkeit des Lernorts Bibliothek heute Ort: Foyer des Forum Confluentes | Zentralplatz 1, 56068 Koblenz Chair der Sitzung: Tamara Diederichs, Universität Koblenz |
19:30 - 21:00 | Angebot 4: Diversity Walk: Ein Audio-Stadtspaziergang mit 'diversen Perspektiven' Ort: Foyer des Forum Confluentes | Zentralplatz 1, 56068 Koblenz Chair der Sitzung: Wiebke Waburg, Universität Koblenz Chair der Sitzung: Barbara Sterzenbach, Universität Koblenz |
Datum: Dienstag, 16.09.2025 | |
9:00 - 10:45 | Session 2a: Panel Ort: E 413 |
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Inklusion als Spiel in der Erwachsenenbildung/-sforschung: illusio zwischen Glaube und Erfahrung Die Umsetzung von Inklusion ist nicht nur eine politische und normative Forderung, sondern auch ein dynamischer gesellschaftlicher Aushandlungsprozess (vgl. Katzenbach 2012; Trescher 2020). Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) setzt einen klaren Rahmen für inklusive Bildungspraktiken, doch ihre Umsetzung ist an institutionelle Strukturen, Akteure und Diskurse gebunden, auch in der Erwachsenenbildung (vgl. Heimlich/Behr, 2018; Ackermann 2019; Hirschberg/Bonna/Stobrawe 2019; Schreiber-Barsch/Stang 2021; Dörner/Pongratz 2022). In diesem Spannungsfeld zwischen politischem Anspruch und realen Bedingungen (vgl. Boger 2024, 26 f.) entwickelt sich Inklusion als ein "Spiel" mit eigenen Regeln, Positionierungen und Deutungsmächten. Im Panel soll es um Inklusion in der Erwachsenenbildung aus drei Perspektiven gehen: als strukturierte Praxis mit feldspezifischen Regeln und Gegenstand inklusiver Erwachsenenbildungsforschung (Inklusion als Spiel), als partizipativer Ansatz, bei dem inklusive Prozesse als kreativer Mitgestaltungsraum erlebt werden (Inkusion durch Spiel) und als technologische Herausforderung im Kontext der Digitalisierung von inklusiver Erwachsenenbildung (KI als Mitspielerin). Dabei wird Inklusion als illusio verstanden, als das, auf das sich Akteure einlassen, wenn sie das Spielfeld Inklusion betreten – Spieleinsatz, -ergebnis, -interesse, -voraussetzungen – und sich spannungsreich zwischen Glauben (an Inklusion) und Erfahrung (mit Inklusion) konstituiert und entfaltet (vgl. Bourdieu 1999, 122 ff.). Reflektiert und diskutiert werden sollen Möglichkeiten und Grenzen von inklusiver Forschung und Inklusion in der Erwachsenenbildung: Welche empirischen und gestalterischen bzw. didaktischen Möglichkeiten eröffnet die praxeologische illusio-Prespektive auf Inklusion in der Erwachsenenbildung? Das Panel ist interdisziplinär ausgerichtet. Ingo Siegert und Matthais Busch bringen ingenieurwissenschaftliche Perspektiven, Bereich Informations- und Kommunikationstechnik ein Katharina Maria Pongratz und Olaf Dörner erziehungswissenschaftliche, insbesondere Erwachsenenbildungsperspektiven. Mit dem Panel laden wir dazu ein, Inklusion nicht nur als regulierten Prozess, sondern auch als offenes, kreatives und spielerisches Forschungs- und Handlungsfeld zu betrachten. Es verbindet rekonstruktive, gestalterische/didaktische und technologische Perspektiven und regt zur kritischen Auseinandersetzung mit den Bedingungen und Möglichkeiten inklusiver Erwachsenenbildung im Kontext von Forschung an. Beiträge des Panels Inklusion als Spiel: Theoretische und empirische Implikationen einer rekonstruktiven Laborforschung Grundlagentheoretisch konstruieren wir Inklusion als machtvolles und spannungsreiches Spiel verschiedener Akteure auf einem Feld mit Regeln, die im politischen Diskurs deutlich definiert sind und von Akteuren (Organisationen, Gruppen, Personen) praktisch und je spezifisch modifiziert werden. Wir konzentrieren uns auf die Praxis der Werkstatt-Uni, einem Format inklusiver Erwachsenenbildung, das Erwachsene mit und ohne Behinderungen adressiert sowie zugleich ein Laboratorium für inklusive Erwachsenenbildungsforschung ist (Dörner/Pongratz 2024). Anhand der Konzeption und Praxis der Werkstatt-Uni zeigen wir mit empirischen Ergebnissen auf, inwieweit ein Labor für inklusive Erwachsenenbildungsforschung (neue) Möglichkeiten für rekonstrukDve Forschung (vgl. Bohnsack 2014) und inklusive Erwachsenenbildung eröffnet. Unsere zentralen Fragen: Welche illusio liegt dem Spiel Inklusion zugrunde? Welche Rahmungen und Spielräume (Wittpoth 1997) von Inklusion lassen sich anhand der Werkstatt-Uni im Kontext einer inklusiven Laborforschung rekonstruieren? Inklusion durch Spiel: Partzipatives Co-Design für inklusive Erwachsenenbildung In diesem Beitrag wird die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz als innovatives Spielelement im Bereich inklusiver Erwachsenenbildung untersucht. Dabei wird dargestellt, wie KI bestehende Praktiken und Machtstrukturen transformieren und gleichzeiDg neue Räume für Bildung und Teilhabe eröffnen kann (Smith/Smith 2021; Busch/Ibs/Siegert 2024). Zentral ist die Frage, wie die Bedürfnisse und Perspektiven der Zielgruppe – insbesondere von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen – frühzeitig und nachhaltig in den Softwareentwicklungsprozess integriert werden können (Delgado et al. 2021; Smith/Smith 2021). Diese Integration stellt konventionelle Entwicklungsprozesse und Teams vor besondere Herausforderungen und erfordert einen kooperativen Forschungsansatz im Rahmen partizipativer Co-Design-Methoden (Bircanin et al. 2021; Bayor et al. 2021). Ausgehend von der Lehr-Lern-Umgebung inklusiver Forschungslabore wird reflekDert, welche Rolle dieser interdisziplinäre Ansatz in der partizipativen Entwicklung von KI-Systemen spielt und wie er gestaltet werden kann (Busch et al. 2024; Dirks 2022). Dabei werden die Risiken und Potenziale beleuchtet, die sich aus der Nutzung solcher Umgebungen als Basis für neue Entwicklungsmethoden ergeben. Zudem wird der Beitrag in einen breiteren Diskurs über die Gestaltungsfelder der Erwachsenenbildung eingebe<et – als ein Spannungsfeld zwischen Freiheit und Restriktion, in dem sich neue Spielräume eröffnen. Der Beitrag unterstreicht, dass ein erfolgreicher inklusiver Co-Design-Prozess sowohl technisches als auch pädagogisches und ethisches Know-how voraussetzt, um eine echte Mitgestaltung auf Augenhöhe zu ermöglichen und Inklusion im Umgang mit KI nachhalDg erfahrbar zu machen (Dirks 2022). KI als Mitspielerin: Künstliche Intelligenz in der inklusiven Erwachsenenbildung Künstliche Intelligenz (KI) eröffnet im „Spiel“ um Inklusion in der Erwachsenenbildung zahlreiche neue Handlungsmöglichkeiten und PerspekDven (vgl. Dreisiebner/Lipp 2022; Pagliara et al. 2024). Die jüngsten Entwicklungen – von automaDscher Textvereinfachung über adapDve Sprachassistenz bis hin zu interakDven Dialogsystemen – versprechen eine dynamische Erweiterung der Lern- und Lehrsettings (vgl. Štajner 2021; Mateos-Sánchez et al. 2022). Dabei zeichnet sich ein Spannungsfeld zwischen technischer Machbarkeit und sozialwissenschaGlichem Anspruch ab: Während KI-Tools Barrieren abbauen, Lernprozesse individualisieren und MoDvaDonsanreize setzen können, bleibt zu klären, in welchem Rahmen sich ethische, didaktische und strukturelle „Spielregeln“ gestalten lassen (vgl. Kähler 2022). Die Frage nach Zugänglichkeit, Datenschutz und NachhalDgkeit rückt hier ebenso in den Fokus wie die Rolle der Beteiligten selbst, die ihre Praxis entlang neuer Rollen- und Regeldefinitionen aushandeln (vgl. Zawacki-Richter et al. 2019). Aus einer forschungsorientierten und zugleich praxisnahen Perspektive ergeben sich damit mehrere Ebenen der Reflexion: (1) Welche Fähigkeiten aktueller KI-Systeme lassen sich gezielt in inklusiven Bildungssettings einsetzen? (2) Wie kann die Integration moderner KI-Verfahren unterschiedliche Lernvoraussetzungen optimal berücksichtigen? (3) Wie lässt sich empirisch überprüfen, ob KI-Systeme Barrierefreiheit nachhaltig fördern oder nur punktuell wirken? In diesem Vortrag werden nicht nur theoretische Ansätze und aktuelle Studien diskutiert, sondern auch praktische Entwicklungen aus dem technischen Blickwinkel vorgestellt. So sollen die Zuhörenden einerseits Einblicke in den State of the Art erhalten und andererseits erfahren, wie KI als „Mitspielerin“ konkret zur inklusiven Erwachsenenbildung beitragen kann – und welchen Herausforderungen sie sich dabei stellen muss. |
9:00 - 10:45 | Session 2b: Einzelbeiträge zum Zusammenhang von Professionalisierung und Digitalisierung Ort: E 314 Moderator*in der Sitzung: Marie Rathmann, Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg, Deutschland |
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Professionalisierungsspielräume zur Förderung medienpädagogischer Kompetenz von Lehrenden in der Weiterbildung – Eine Bedarfsanalyse 1Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V., Deutschland; 2Ludwig-Maximilans-Universität München, Deutschland Hintergrund und Fragestellung Durch die fortschreitende digitale Transformation – zuletzt durch die Entwicklungen im Bereich Künstlicher Intelligenz – benötigen Lehrende in der Weiterbildung entsprechende digitale bzw. medienpädagogische Kompetenzen, um ihre Lehre gut zu gestalten und die Potenziale digitaler Medien nutzen zu können. Da Lehrende in der Weiterbildung einen sehr heterogenen Qualifikationshintergrund haben (Autorengruppe wb-personalmonitor, 2016), braucht es bedarfsgerechte Weiterbildungskonzepte zur Vermittlung dieser Kompetenzen. Um ein Konzept zu entwickeln, dass direkt an die aktuellen Bedarfe anknüpft, müssen jedoch die Gestaltungsspielräume für ein solches Professionalisierungsangebot im Rahmen einer strukturierten Bedarfsanalyse ausgelotet werden. Dafür können in Anlehnung an Kauffeld (2016) die Ebene der Organisation (z.B. Strukturen, Ressourcen), der Aufgaben (z.B. Tätigkeiten, benötigte Kompetenzen) und Personen (z.B. Bedarfe der Lehrenden) analysiert werden, um ein für die Zielgruppe attraktives Angebot zu gestalten, das die tatsächlichen Bedarfe aufgreift und möglichst breit genutzt wird. Der Beitrag geht daher der Frage nach, welche Bedarfe Weiterbildungsorganisationen und Lehrende in Bezug auf die Vermittlung digitaler bzw. medienpädagogischer Kompetenzen haben. Methode Für die Analyse dieser drei Ebenen wird eine Methodentriangulation aus Literaturanalyse, Expert:inneninterviews und einer standardisierten Fragebogenerhebung durchgeführt. Die Teilnehmenden für die qualitative und quantitative Erhebung werden aus verschiedenen Weiterbildungssektoren (öffentlich/privat) rekrutiert, so dass ein Querschnitt durch die verschiedenen Weiterbildungsbereiche entsteht. Erwartete Ergebnisse Die Bedarfsanalyse befindet sich zum aktuellen Zeitpunkt in der Durchführung. Die erwarteten Ergebnisse der Analysen werden einen systematischen und weiterbildungsbereichsübergreifenden Einblick in die aktuellen Bedarfe von Weiterbildungsorganisationen und dem lehrenden Personal geben und damit die Professionalisierungsspielräume für die Gestaltung eines Weiterbildungskonzeptes aufzeigen. Auf dieser Basis können zukünftige Weiterbildungsangebote zur Förderung digitaler bzw. medienpädagogischer Kompetenzen zielgerichtet und bedarfsgerecht gestaltet werden, um damit letztendlich die Weiterbildungsteilnahme, den Weiterbildungserfolg und damit die Professionalisierung des lehrenden Personals zu erhöhen. Definierte Spielräume: GRETA-Badges als Steuerungselemente adaptiver Professionalitätsentwicklung von Erwachsenenbildner:innen Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V., Deutschland Die Professionalitätsentwicklung von Erwachsenenbildner:innen ist ein zentrales Thema der Erwachsenenbildungsforschung und eng verbunden mit Fragen der Kompetenzfeststellung, Anerkennung und Sichtbarmachung. Mit dem digitalen Wandel gewinnen innovative Formate wie Open Badges an Bedeutung, da sie in unterschiedlichen Lernformaten erworbene Kompetenzen differenziert abbilden und sichtbar machen können (Rat der Europäischen Union 2022; Christian et al. 2024) Der Beitrag untersucht Open Badges als Instrument im Spannungsfeld von organisationaler Gestaltungsfreiheit und überorganisationaler Koordinierung. Im Fokus steht das GRETA-Badge-System, das im Rahmen des Projekts TrainSpot auf Basis des GRETA-Kompetenzmodells entwickelt wurde (Bosche & Strauch 2023). Badges fungieren hier nicht nur als individuelle Kompetenznachweise, sondern auch als Elemente einer strukturierten, adaptiven Professionalitätsentwicklung und Qualitätssicherung im Feld der Erwachsenenbildung. Der Beitrag analysiert, inwiefern solchen Formen der Microcredentials Impulse zur strukturellen Professionalisierung setzt, welche Herausforderungen sich hinsichtlich Vergleichbarkeit, Anschlussfähigkeit und Akzeptanz ergeben, und wie sich die institutionellen Rahmenbedingungen auf den Einsatz auswirken. Dabei werden Microcredentials nicht nur als technologisches Werkzeug, sondern als Ausdruck veränderter Steuerungslogiken im Bildungsbereich verstanden, die zum Beispiel in einer aktuellen Empfehlung der Nationalen Weiterbildungsstrategie ihren Ausdruck findet (BMAS & BMBF 2025). Abschließend werden Implikationen für die Weiterentwicklung digitaler Anerkennungssysteme in der Erwachsenenbildung diskutiert – insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung organisationaler Spielräume und Restriktionen sowie auf die Rolle solcher Instrumente in einem zunehmend datenbasierten Feld professioneller Entwicklung. Der Bot in der Beratung: Der Einsatz generativer KI am Beispiel der Pflegeberatung Universiät Hamburg, Deutschland Generative Künstliche Intelligenz (gKI) eröffnet einen vielschichtigen medialen Spielraum, der für die Erwachsenenbildungsforschung zahlreiche interessante Perspektiven bietet. Zentral sind dabei zwei wesentliche Fragestellungen: Erstens, welche Kompetenzen müssen Erwachsene entwickeln, um generative KI kritisch und verantwortungsvoll nutzen zu können, und zweitens, in welchen spezifischen Bildungskontexten kann gKI gezielt eingesetzt werden? Ein Kontext für den Einsatz von gKI in der Erwachsenenbildung ist die Beratung (Kieslinger & Nierobisch, 2024; Stanik, 2023). In dem hier vorgeschlagenen Beitrag wollen wir die Ergebnisse eines Transferprojekts zur Pflegeberatung darstellen. Im Fokus steht die Frage, ob eine gKI als erste Anlaufstelle in der Pflegeberatung fungieren kann, insbesondere in akuten Situationen oder im Fall längerer Wartezeiten auf Beratungstermine. Im Rahmen unserer Studie führen wir leitfadenbasierte Interviews mit 10 Expert*innen in der Pflegeberatung, um deren Erfahrungen und Bedürfnisse von Ratsuchenden zu erfassen. Diese qualitativen Daten dienen als Grundlage für die Entwicklung von KI-basierten Workshops, die speziell auf pflegende Angehörige zugeschnitten sind. In einem interaktiven Setting verwenden die Teilnehmenden in kleinen Gruppen ChatGPT, um sich über pflegerelevante Themen zu informieren, wie etwa die Antragstellung für Leistungen oder Informationen zu bestimmten Hilfsmitteln. Die Interaktionen mit ChatGPT werden mittels Screen Capturing aufgezeichnet, ebenso die Gespräche innerhalb der Gruppen. Mit einem innovativen Ansatz werden diese Aufnahmen transkribiert und anschließend ausgewertet. In unserem Vortrag präsentieren wir die Ergebnisse aus den Expert*innen-Interviews und den Workshops. Dabei beleuchten wir, inwieweit ChatGPT in der Lage ist adäquat auf die Belange der Teilnehmenden einzugehen, aber insbesondere auch, wie die Teilnehmenden mit ChatGPT interagieren, welche Herausforderungen dabei auftreten und wie diese in der Gruppe gemeistert werden. Neben den Ergebnissen zum Transfer in die Pflegeberatung zeigen die Befunde, was die Erwachsenenbildung leisten muss, um die Nutzung von generativer KI zu fördern. Hierzu gehört insbesondere die Vermittlung des effektiven Promptings, sowie die Sensibilisierung für die Risiken von gKI, wie Fehlinformationen, Bias und Halluzinationen. Diese Maßnahmen sind entscheidend, um eine kritische und verantwortungsvolle Auseinandersetzung mit gKI in Bildungssettings zu gewährleisten. |
9:00 - 10:45 | Session 2c: Panel Ort: E 313 Moderator*in der Sitzung: Fabian Rüter, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V., Deutschland |
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Digitalisierung im Handlungsspielraum von Weiterbildungsorganisationen Im Zusammenhang mit andauernden digitalen Entwicklungen sehen sich Organisationen als Anbieter von Weiterbildung einem tiefgreifenden Transformationsprozess ausgesetzt (Bonnes, 2024; Donat, 2023; Rohs, 2019). Nicht zuletzt hat die COVID-19-Pandemie viele Weiterbildungsorganisationen dazu gezwungen, ihre Angebote kurzfristig auf ein Onlineformat umzustellen (Rott & Schmidt-Hertha, 2024). Im Zuge der Digitalisierung in der Erwachsenenbildung verändern sich organisationale Prozesse im Hinblick auf die Angebotsentwicklung sowie die Interaktion mit den Teilnehmenden. Empirisch zeigt sich einerseits, dass die Digitalisierung das Angebot von Weiterbildung verändern kann (Martin, 2025) und andererseits, dass Digitalisierung auch zum Gegenstand von Angeboten wird (Rohs et al., 2021). Analysen zeigen, dass auch über die Pandemie hinaus Onlinekurse angeboten werden und dabei teilweise Präsenzkurse ersetzen, oft aber das bestehende Angebot ergänzen (Scheidig, 2024). Insbesondere das Anbieten von Onlinekursen, die Einführung von Plattformen sowie die Integration neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz in das Angebot führen zu grundlegenden Veränderungen im Handlungsspielraum von Weiterbildungsorganisationen. Die Erforschung von Veränderungen in Organisationen der Weiterbildung stellt ein wichtiges Desiderat der erwachsenenpädagogischen Digitalisierungsforschung dar (Altenrath et al., 2021). Das vorliegende Panel greift dieses Desiderat auf und nimmt die Digitalisierung in Weiterbildungsorganisationen allgemein sowie spezifisch in Volkshochschulen (VHS) in den Blick. Aus drei Perspektiven wird beleuchtet, wie sich die Digitalisierung auf die Teilnahme an Weiterbildung sowie die Gestaltung von Weiterbildungsangeboten auswirkt. Die Analysen werden auf Basis etablierter Sekundärdaten der Volkshochschulstatistik und des wbmonitor sowie auf Basis der Datenbank des Portals VHS-Kursfinder durchgeführt. Beiträge des Panels Plattformen in der Erwachsenenbildung – Effekte der Einführung von Online-Volkshochschulen auf Belegungszahlen Plattformen haben in den vergangenen Jahren an enormer Wirtschaftsmacht gewonnen und sind zu einem strukturbildenden Merkmal vieler Märkte geworden (Staab & Nachtwey, 2016; Kirchner 2022). Auch in der Erwachsenenbildung wird Plattformen eine wachsende Relevanz zugeschrieben (Alke, 2022; Grotlüschen, 2018). Repräsentative Erhebungen zeigen, dass beschleunigt durch die COVID-19-Pandemie die Anzahl an Onlinekursen in der Erwachsenenbildung stark gestiegen ist (Kohl & Denzl, 2021). Nutzerzahlen kommerzieller Anbieter weisen darauf hin, dass in diesem Zusammenhang auch der Einfluss von Plattformen gewachsen ist (Coursera, 2024). Auch im Bereich öffentlicher Weiterbildung gewinnen Plattformen an Relevanz: Seit 2020 haben die VHS-Landesverbände Sachsen, Bayern und Baden-Württemberg unter dem Titel "Online-VHS" eigene Plattformen gegründet, auf denen auf das gebündelte Angebot der VHS im Bundesland zugegriffen werden kann. Ziele sind, das "Online-Programm noch weiter auszubauen" sowie "eine höhere Kursauslastung" (Bayerischer Volkshochschulverband e.V., 2021). Entsprechend stellt sich die Frage, ob die Einführung von Online-VHS zu einer erhöhten Teilnahme an Onlinekursen führt. Um diese Frage zu beantworten, analysieren wir Daten der Volkshochschulstatistik von 2018 bis 2023. Dabei wird die Entwicklung der Teilnahmezahlen an Onlinekursen an den VHS in Sachsen und Bayern mit denen der restlichen Volkshochschulen verglichen, um Treatment-Effekte der Online-VHS auf Teilnahmezahlen an Onlinekursen zu schätzen. Ein erstes heterogenes difference-in-differences Model mit augmented inverse-probability weighting (Callaway & Sant’Anna, 2021) zur Berücksichtigung unterschiedlicher Zeitpunkte der Einführung der Online-VHS zeigt einen positiv-signifikanten Effekt auf die Belegungszahl in Onlinekursen (n = 866; N = 4991; overall ATT = 226,766; p = 0.005). Spielarten des Digitalen: Eine computergestützte Angebotsanalyse zu Künstlicher Intelligenz als Thema von Volkshochschulangeboten Im Kontext der Durchdringung vieler Lebensbereiche von Digitalisierungsprozessen gewinnt der (mögliche) Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) im Privaten wie im Beruf an Bedeutung. Für die Nutzung von KI-Systemen, aber auch für die kritisch-reflektierte Einschätzung von Limitationen und Risiken von KI sind KI-bezogene Kompetenzen erforderlich (Mikeladze et al., 2024). Erwachsenenbildungsangebote können einen Beitrag zur Entwicklung KI-bezogener Kompetenzen leisten. Das Erkenntnisinteresse des Beitrags gilt der Frage: Welche inhaltliche Ausrichtung besitzen Veranstaltungen zu KI an Volkshochschulen (VHS)? Zur Beantwortung der Fragestellung wurden die Ankündigungstexte von 585 VHS-Angeboten zu KI aus der Datenbank des „VHS-Kursfinder“ extrahiert und analysiert. Bei der Analyse wurden drei Verfahren kombiniert: Zunächst wurde – anknüpfend an bisherige Programmforschung (Fleige et al., 2019) – eine strukturierende qualitative Inhaltsanalyse vorgenommen. Zudem wurden zwei (teil-)automatisierte Analyseverfahren verwendet: Während Topic Modeling zur Identifizierung latenter Themen im Datensatz zum Einsatz kam (Murakami et al., 2017), wurde mit einer Sentimentanalyse ermittelt, ob die VHS-Angebote zu KI positiv oder negativ konnotiert sind (Liu, 2012). Die qualitative Inhaltsanalyse zeigt, dass das Gros der Angebote anwendungsorientiert ist. Dies spiegelt sich auch teilweise in den latenten Themen, die mit Topic Modeling errechnet wurden. Damit übereinstimmend legt die Sentimentanalyse offen, dass die Auseinandersetzung mit KI überwiegend positiv konnotiert ist. Zugleich zeigt sich, dass auch negative Aspekte wie Risiken von KI Gegenstand der VHS-Angebote sind. Ausgehend vom theoretischen Rahmen der Studie werden die Ergebnisse eingeordnet. Ebenso wird auf Spezifika der Methodik und auf Limitationen eingegangen. Digitalisierungsinvestitionen von Weiterbildungsanbietern während der Corona-Pandemie: Langfristige Auswirkungen auf den Anteil von Online-Kursen Im Zuge der Corona-Pandemie ist der Anteil von Online-Kursen in der Weiterbildung stark angestiegen (Christ et al. 2021; Rohs 2020). Aktuelle Befunde zeigen jedoch einen Rückgang dieses „Digitalisierungsschubs“ im Anschluss an die Corona-Pandemie (Ortmanns et al. 2024). Ein Großteil der Weiterbildungsanbieter hat im Zeitraum der Corona-Pandemie in Digitalisierung investiert (z.B. in Hard- oder Software) – jedoch in unterschiedlichen Bereichen und Umfang (Koscheck et al. 2022). Diese Entwicklung wirft die Frage auf, ob und welche Digitalisierungsinvestitionen während der Pandemie langfristig zur Etablierung von Online-Kursen im Anschluss an die Pandemie beigetragen haben. Basierend auf der Annahme, dass es sich bei der Entscheidung über den Umfang des Angebotes von Online-Kursen um rationale Abwägungen handelt, wenden wir die Rational-Choice Theorie (Esser 1999) an. Dieser Konzeption folgend ist die Entscheidung über das Angebot von Online-Kursen von der Differenz von Nutzen und Kosten sowie der wahrgenommenen Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Faktoren abhängig. Je höher die Investitionen in die Digitalisierung während der Corona-Pandemie waren, umso geringer sind im Anschluss an die Pandemie die Kosten für eine langfristig etabliertes Online-Angebot. Bei gegebener Nutzenerwartung und Eintrittswahrscheinlichkeit sollte das Online-Angebot nach der Pandemie umso höher sein, je höher die Investitionen während der Pandemie. Als Datenbasis dienen die Jahre 2021 und 2024 des wbmonitor. Mit difference-in-differences (DiD) Modellen, die wir mit propensity score matching kombinieren, testen wir den Effekt getätigter Investitionen in eine digitale Infrastruktur und Maßnahmen zur Unterstützung Lehrender in den Jahren 2020/2021 auf die Entwicklung von Online-Kursen zwischen den Jahren 2020 und 2023. Erste DiD-Modelle auf Grundlage von Daten bis 2022 (N = 501 Einrichtungen) liefern keine Bestätigung für die theoretischen Annahmen. Kommentierung Kommentierung der einzelnen Beiträge |
9:00 - 10:45 | Session 2d: Einzelbeiträge im Bereich der Gamification in Lernkontexten Ort: E 414 |
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Spielertypen im Lernkontext: Gamification zwischen Individualisierung und Standardisierung Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Deutschland Mit dem Homo Ludens als spielenden Menschen stelle Huizinga bereits 1938 eine Parallele zum denkenden und schöpfenden Menschen heraus (Huizinga 2023). Diese Auffassung des Spieltriebs des Menschen trifft auf die Anforderungen einer digitalen Gesellschaf, die Bildung als Vermittlung von grundlegendem Wissen, aber auch Kreativprozessen und Future Skill versteht (Murillo-Zamorano et al., 2021). Gamification, der Prozess der Anreicherung eines spielfremden Kontextes mit spielerischen Mechaniken, Ästhetiken und spielerischem Denken zur Förderung des Engagements, der Motivation, des Lernerfolges und der Kompetenzförderung (Kapp 2012) bietet vor allem durch digitalen Fortschritt immer mehr Handlungsmöglichkeiten für Lehrende (Kapp, 2012; Klock et al., 2020). Dennoch wird dieser Ansatz kritisch gesehen, da Gamification in Bildungskontexten nur selten den Bedürfnissen der Lernenden entspricht und statt der vielversprechenden Personalisierung von Gamification (u.a. Hong et al., 2024) auf one-size-fits-all Ansätze zurückgegriffen wird (Xiao & Hew, 2024, 2). Vor diesem Hintergrund greift der Beitrag das Theorem der Spielertypen als Individuen auf, die in Spielräumen agieren und Lernangebote wahrnehmen. Im Sinne einer Literaturübersicht werden Spielertypologien der letzten 20 Jahre als Erweiterung der Systematisierung nach Hamari & Tuunanen (2014) herausgestellt und ihr individueller Transfer von rein spielerischen Kontexten in Lehr-Lern-Kontexte insbesondere unter dem Aspekt der Belastbarkeit (Stabilität) der Konstrukte diskutiert (Santos et al., 2023). Anknüpfend daran bietet der Beitrag einen Blick auf spielertypendifferenzierte Lehr-Lern-Angebote und deren Einfluss auf das Lernerleben und die Partizipation (angelehnt an Sailer-Frank & Annen, 2024), wobei die Frage nach der utilitaristischen Instrumentalisierung des Spiels in Bildungskontexten zur differenzierten Adressierung unterschiedlicher Präferenzen und Anforderungsprofile basierend auf Games kritisch reflektiert wird. Spiel und Weiterbildung – Akzeptanz und Ertrag von Gamification-Elementen in digitalen Lernangeboten für Lehrende 1Universität Tübingen, Deutschland; 2Deutsches Institut für Erwachsenenbildung - Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V., Deutschland Die Verbindung von Spiel und Weiterbildung in Form der Gamifizierung von Lernangeboten wird als eine vielversprechende Strategie diskutiert, um Lernen im Allgemeinen (vgl. Dicheva et al., 2015) und die berufsbezogenen Kompetenzentwicklung im Speziellen (vgl. Metz & Becker, 2022) ertragreich zu gestalten. Gamification bezieht sich dabei auf die Anwendung spieltypischer Elemente in nicht-spielerischen Kontexten, was dazu beitragen kann, das Engagement der Lernenden zu steigern und die Beschäftigung mit den Lerninhalten zu intensivieren. Studien zeigen, dass eine Gamifizierung von Lernaktivitäten die Motivation und die Lernergebnisse Lernender verbessern kann (vgl. im Überblick Lister, 2015). Dies kann insbesondere in Online-Lernumgebungen von Vorteil sein, wo die Gefahr besteht, dass Lernende das Interesse verlieren (vgl. Bovermann et al., 2018). Vorliegende Befunde weisen jedoch auch darauf hin, dass nicht alle Lernenden gleich auf Gamification reagieren und deren Wirksamkeit stark von der Zielgruppe und dem Kontext abhängt (z.B. Hamari et al., 2014). Es wird empfohlen, Gamification-Elemente sorgfältig auszuwählen und an die Bedürfnisse der Lernenden anzupassen (vgl. Winther & Klotz, 2014). Ein möglicher Ansatz besteht in einer Situierung durch die domänenspezifische Kontextualisierung der Gamification-Elemente in Form berufsrelevanter Handlungssituationen (vgl. Schöb et al., 2022). Der Beitrag widmet sich der Frage, wie bestehende mediendidaktische Spielkonzepte für die gamifizierte Förderung beruflicher Kompetenzen adaptiert werden können. Verfolgt wird dabei die Intention, in der berufsbegleitenden Weiterbildung von Lehrenden mit Gamification-Elementen die Lernbereitschaft zu erhöhen und möglichst wirksame Lernerfolge zu erzielen. Konzipiert wurden gamifizierte digitale Lerneinheiten zu didaktisch-methodischen Gestaltungsherausforderungen, wie diese typisch für Lehrende in der Erwachsenen- und Weiterbildungspraxis sind. Deren Erprobung erfolgte in Form einer Usability-Studie (N=84), bei der das Thinking aloud Verfahren sowie eine schriftliche Befragung zum Einsatz kamen. Die Gamification wirkte sich dabei positiv aus auf die Interaktivität des Angebots, das Involvement und die Motivation der Lernenden (vgl. Rapp et al., 2019) sowie die Einschätzung ihres Lernertrags. Gleichwohl könnte eine adaptive Gestaltung der Gamifizierung einen Mehrwert für individualisiertes Lernen bieten und unterschiedlichen Lernvoraussetzungen bedarfsgerecht begegnen. Abwarten und Tee trinken? Eine empirische Studie zu Zeiterfahrung im Gaming und der Anregung zeitbezogener Lernprozesse am Beispiel von Wanderstop Philipps-Universität Marburg, Deutschland Zeit stellt eine zentrale Dimension sozialer Praxis dar (Bourdieu, 1993). Vielfältige soziale Zeitstrukturen synchronisieren sich gesellschaftlich über Zeitinstitutionen, von der Weltzeit (Zerubavel, 1982) bis hin zur Unterrichtsstunde. Im Lernen eignen wir uns ein Verhältnis zur Zeit an, das unsere Zeitwahrnehmung und Zeitgestaltung umfassend prägt. Dieses bildet nicht nur eine wichtige Grundlage für das Lernen im Erwachsenenalter, sondern wird durch jenes auch (lebenslang) verändert (Schmidt-Lauff, 2012). Spiele sind schon eigenlogisch auf Zeit (und ihren strategischen Einsatz) verwiesen, Zeit kann gerade deshalb auch explizit zum Thema im Spiel oder zum Lerngegenstand werden – im Kindesalter z.B. für das Erlernen der Uhrzeit. Aber auch Erwachsene setzen sich im Spielen und durch das Spielen mit Zeit auseinander – sowohl mit der Wahrnehmung und Gestaltung der Spielzeit als auch in Reflexion der eigenen Zeitpraxis jenseits des Spiels. Vor diesem Hintergrund widmet sich der Beitrag der Frage, wie die Zeiterfahrung im Spielen zeitbezogene Lernprozesse Erwachsener anzuregen vermag. Der geplante Vortrag fokussiert dabei auf Videospiel: Über die Hälfte der Deutschen (58%) spielt Videospiele, 78% davon sind über 18 Jahre alt und der Altersschnitt liegt mittlerweile bei 38,2 Jahren (Puppe, 2024). Gaming ist wesentlicher Teil der Gegenwartskultur (Muriel & Crawford, 2018), der Lebensgestaltung Erwachsener und somit ein wichtiges Feld informeller Lern- und Bildungsprozesse (Staudacher, 2019). Als empirisches Beispiel fokussiert der Beitrag „Wanderstop“, das als serious game eingeordnet oder „narrative-centric cozy game about change and tea“ beschrieben werden kann. Aus einer Burn-Out-Erfahrung des Entwicklers heraus entstanden, thematisiert es Zeitdruck und Erschöpfung und setzt die Spieler*innen insbesondere durch sein Gameplay einer Entschleunigungserfahrung aus. Dies wird keineswegs nur positiv, sondern auch als Zumutung diskutiert: „As someone struggling deeply with burnout and exhaustion, I do not feel "seen," nor do I feel any sort of spiritual relief being actively pushed to not have a goal. Instead, I just feel worse. It makes me frustrated for "wasting my time."” (Spielerkommentar auf Steam). Auf Basis eines (auto-)ethnographischen Zugangs und einer Analyse einschlägiger Spielerforen wird die Frage erhellt, wie Zeit im Spiel erfahren wird und inwieweit diese (krisenhafte) Erfahrung zeitbezogene Lernprozesse zwischen Freiheit und Restriktion auslöst. |
10:45 - 11:15 | Pause |
11:15 - 13:00 | Session 3a: Einzelbeiträge zur beruflichen Weiterbildung aus Lernenden-Perspektive Ort: E 414 |
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Digitales Lernen im Kontext beruflicher Weiterbildung – Selbstinitiierte Lernanlässe und die Teilnahme an digitaler Weiterbildung Freie Universität Berlin, Deutschland Teilnahmemodellen (vgl. Boeren et al. 2010) zufolge wird der Zugang zu Weiterbildung durch einen Konnex an Faktoren bestimmt, der sowohl Merkmale aufseiten der Nachfragenden (Teilnehmende) als auch der Anbietenden (Weiterbildungseinrichtungen, Betriebe) miteinschließt. Im Kontext der beruflichen Weiterbildung bieten digitale Medien Potenziale, indem sie Bildungsprozesse Erwachsener aus institutionellen Rahmenbedingungen herauslösen und neue Spielräume für die Gestaltung individueller Lernprozesse eröffnen. Mit Blick auf das Lernen mit digitalen Medien lässt sich daher vermuten, dass neben soziodemografischen und erwerbsbezogenen Faktoren (u.a. Kleinert et al. 2021; Karger et al. 2024) anlassbezogene Motivlagen der Teilnehmenden einen bedeutenden Einfluss auf die Teilnahmeentscheidung nehmen. Der vorliegende Beitrag nähert sich diesem Desiderat an und untersucht, inwieweit die Teilnahme an digitaler Weiterbildung (überwiegend online durchgeführt) im Vergleich zu nicht-digitaler Weiterbildung durch selbstinitiierte Lernanlässe gekennzeichnet ist und durch welche weiteren Faktoren die Teilnahme bedingt wird. Erziehungswissenschaftliche Teilnahmemodelle (Boeren et al. 2010), motivationspsychologische (Gorges 2015) sowie bildungsökonomische Ansätze (Becker 1993) bilden den theoretischen Rahmen der Untersuchung. Die methodische Umsetzung erfolgt sekundäranalytisch unter Nutzung der Daten des Adult Education Survey aus dem Erhebungsjahr 2022. Die Stichprobe bilden erwerbstätige Teilnehmende an beruflicher non-formaler Weiterbildung im Alter von 18-69 Jahren. Die Teilnahmestrukturen werden mittels logistischer Regressionsmodelle abgebildet. Neben der selbstinitiierten Teilnahme als zentralen Prädiktor werden soziodemographische (u.a. Alter, Geschlecht, Bildungsniveau) sowie berufs- und organisationsbezogene Merkmale (u.a. Tätigkeitsprofil, Betriebsgröße) in die Analysen miteinbezogen.Erste empirische Befunde deuten auf einen Zusammenhang zwischen selbstinitiierten Lernanlässen und der Teilnahme an digitalen Lernprozessen hin. Die Ergebnisse zeigen jedoch ebenso, dass strukturell benachteiligte Beschäftigtengruppen (z.B. Ältere, formal gering Qualifizierte) digitale Weiterbildungsangebote weniger nutzen und dementsprechend auch Möglichkeiten der eigenen Lernsteuerung und -planung verringert sind. In diesem Zusammenhang werden die Implementierung digitaler Lernbegleitung und Formen betrieblicher Weiterbildungsförderung mit Blick auf die Praxis diskutiert. Erfahrungslernen aus Problemen mit digitaler Technologie im Rahmen von betriebsinternen Weiterbildungen Universität Zürich, Schweiz Erfahrungslernen am Arbeitsplatz und das damit einhergehende spielerische Improvisieren (Lave, 2019) und Experimentieren (Kraus, 2014) gewinnt in Anbetracht der rasant fortschreitenden digitalen Transformation an Bedeutung (Dehnbostel, 2022; Harteis et al., 2022). Herkömmliche Studien, die mehrheitlich quantitativ angelegt sind oder auf qualitativen Interviews und ethnographischen Beobachtungen beruhen (Jensen et al., 2023; Rausch et al., 2022), tragen jedoch nur bedingt zu einem differenzierten Verständnis von im digitalisierten Arbeitsalltag situierten Lernprozessen bei. Unter Anwendung eines ethnomethodologischen und konversationsanalytischen Ansatzes (Heath et al., 2003; Luff et al., 2000; Pilnick et al., 2010) untersucht unser Beitrag Erfahrungslernen als sozio-materiell situierte Praxis. Das Ziel ist es, deskriptive Erkenntnisse darüber zu liefern, wie diese Praktiken im Rahmen von betrieblichen Weiterbildungen zur Nutzung von digitalen Gesundheitstools interaktiv hergestellt werden. Die dazu benötigen Videoaufnahmen (Mondada, 2012) wurden in Zusammenarbeit mit einem Anbieter der ambulanten Gesundheitsversorgung in der Schweiz im Rahmen einer explorativen Studie gesammelt. Von Januar bis September 2024 haben wir 11 betriebliche Weiterbildungen beobachtet und mit mehreren Kameras/Audiogeräten gefilmt. An den Schulungen nahmen 15 interne und externe Lehrende und 105 Gesundheitsfachleute (Ärzt.innen, Physiotherapeut.innen, medizinische Praxisassistent.innen, Pflegefachkräfte, etc.) teil. Unser Beitrag konzentriert sich auf Videosequenzen und deren Transkriptionen (Mondada, 2018), in denen die Lehrenden wegen eines Problems mit der genutzten digitalen Technologie ihre geplante Lehrtätigkeit momentan unterbrechen. Anhand von detaillierten Beschreibungen zeigen wir auf, wie Lehrende und Lernende mit diesen potenziell ‘disruptiven’ Situationen umgehen. Das Anzeigen eines Problems mit der digitalen Technologie durch die Lehrenden oder Lernenden, impliziert zuerst die interaktive Herstellung einer gemeinsamen Orientierung: die Problemlösung wird zur prioritären Relevanz erhoben und/oder als opportune Lerngelegenheit konstituiert. Darauffolgend, wird ein interaktiv bespielter Raum des Improvisierens hergestellt, der mit der Problemlösung seinen Abschluss findet. Das Erfahrungslernen wird interaktiv als Improvisieren mit in situ vorhandenen sozio-materiellen Ressourcen, wie Erfahrungswissen der Lehrenden/Lernenden, technologische Gegebenheiten, gestaltet. Situationen - Spielräume der Aneignung von erwerbsbezogenen Lerngelegenheiten Universität Zürich, Schweiz Im Kontext der Ausübung einer Erwerbstätigkeit entstehen vielfältige Lerngelegenheiten – aber nicht alle Lerngelegenheiten werden genutzt und der Zugang zu diesen Lerngelegenheiten ist gesellschaftlich ungleich verteilt (Boeren, 2017). Die Aneignung dieser Lerngelegenheiten ist aus der Perspektive der Person ein iterativer Prozess, der sich zeitlich über die gesamte Erwerbstätigkeit erstreckt und sich über unterschiedliche Lerngelegenheiten in verschiedenen räumlichen Konstellationen ergibt (Kraus, 2022). Der Beitrag stellt Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt vor, das vor diesem Hintergrund der Frage nachgeht, wie sich Erwerbstätige Lerngelegenheiten aneignen und diesen iterativen Prozess gestalten. In der Auseinandersetzung mit den Daten hat sich das Konstrukt der «typischen Aneignungssituationen erwerbsbezogener Lerngelegenheiten» als tragfähige Figur erwiesen. Mit dem Bezug auf die Situation gelingt eine Relationierung von biografischer Bedingtheit und soziostrukturellen Voraussetzungen in der Aneignung von Lerngelegenheiten (Friedrichs, 1974; Karger et al., 2022). Insofern stellen Situationen Spielräume der Aneignung von erwerbsbezogenen Lerngelegenheiten dar. Typische Situationen, in denen sich Personen Lerngelegenheiten aneignen, ergeben sich durch die jeweiligen Lebens- und Erwerbssituationen, die zugleich Interpretations- und Gestaltungsspielräume enthalten (Heid, 2001). Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf der Kombination von zwei Datensätzen: 62 Problemzentrierte Interviews geführt, die auf der Grundlage eines systematischen Diversity-Samplings – entlang der für Weiterbildungsteilnahme zentralen Indikatoren Bildungsabschluss und Alter sowie Geschlecht, Beeinträchtigung und Migrationshintergrund – erhoben und mit einer typenbildenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet wurden (Kuckartz & Rädiker, 2022). Sie wurden mit einem zweiten Datensatz trianguliert, der auf der Grundlage des Lifecycle-Approaches von diesen Personen erhoben wurde. Die Verbindung beider Datensätze erlaubt es, die subjektive Logik von Aneignungsprozessen erwerbsbezogener Lerngelegenheiten zu rekonstruieren und sie mit den – restriktiven oder förderlichen – Rahmenbedingungen zu verbinden. Auf dieser Grundlage können zehn typische Situationen vorgestellt werden, in denen sich Erwerbstätige Lerngelegenheiten aneignen. |
11:15 - 13:00 | Session 3b: Panel Ort: E 413 |
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Zwischen gesellschaftlichen Rollen- und Zukunftsentwürfen: Erwachsenenbildung in medialen Spielräumen Das Panel eröffnet eine andragogische Forschungsperspektive auf mediale (Zukunfts)Spielräume, die sich als Nischen alternativer Welterzeugung im Kontext digitaler Medien eröffnen. Dazu werden grundlagentheoretische Positionen der Thematisierung von Spiel(räumen) aufgegriffen und diese durch die In-Bezug-Setzung mit medialen Praktiken als Gegenstand der Erwachsenenbildungsforschung profiliert. Soziale Regelsetzungen und die durch sie miterzeugten Spielräume sind konstitutiv für gesellschaftliche Ordnung. Indem sie mediale, institutionalisierte und organisationale Regelgeflechte reproduzieren wie transformieren, sind Spielräume ein Gegenstand andragogischer Grundlagenforschung. Durch die Möglichkeiten verschiedener Rollenübernahmen zwischen formlosen und formgebundenen Regeln (North 1992) sind Spielräume notwendige Voraussetzung subjektiver Identitätsentwicklung (Mead 1968). Doch obwohl die Nutzung von Spielräumen und die zeitweilige Suspendierung der Regeln gesellschaftlicher Ordnung diese immer auch bestätigt (Bachtin 1987), fungieren Spielräume auch als Ausgangspunkt der Entwicklung alternativer Zukünfte. Im Gegensatz zur Konzeption von Spiel als ein ausschließlich „freies Handeln“ (Huizinga 1956, S. 15), werden insbesondere auch in und durch medial vermittelte Spielräume eigene Rationalitäten und Zielperspektiven erzeugt. Das Panel thematisiert Medienpraktiken, die auf die Genese alternativer gesellschaftlicher Zukünfte abstellen. In Designpraxen oder sozialen Medien werden gesellschaftliche Rollen und Zukünfte erzeugt wie verhandelt, wodurch sich nicht zuletzt Fragen nach Future- und AI-Literacy stellen. Durch in digitalen Medien eingeschriebene wie durch sie eröffnete Möglichkeiten einer „spielerischen Interaktion qua Welterzeugung“ (Krämer 1997, S. 10) entstehen Realitäten, deren Bildungspotenziale über bspw. Computerspiele hinausgehen (Fromme et al. 2008). Indem gesellschaftliche Erfahrungszusammenhänge in Gegenwarten scheinbar spielerisch als zukünftige Handlungsmöglichkeiten entstehen, werden soziale Vergangenheiten, Gegenwarten und Zukünfte relationiert. Nicht nur durch die Implementierung von Gamification-Elementen in digitale Medien (Zichermann & Cunningham 2011) stellen sich Fragen etwa nach der Ludifikation der Gesellschaft oder der Infantilisierung von Erwachsenen (Bunz 2015), sondern vor allem auch nach der Kopplung von Subjekten und algorithmischen Strukturen. Vor diesem Hintergrund diskutiert das Panel nicht nur grundlagentheoretische Fragen von Spielräumen aus Sicht der Erwachsenenbildung, sondern auch, wie digitale Medien genutzt werden, um gesellschaftliche Regelsetzungen im Sinne von Gegenöffentlichkeiten zu verfertigen oder welche Kompetenzen im zukünftigen Umgang mit Künstlicher Intelligenz benötigt werden. Auf diese Weise wird eine umfassende Analyseperspektive auf die Eröffnung medialer Zukunftsspielräume entworfen. Beiträge des Panels (Kein) Mut zur Lücke. Zum Design medialer (Spiel)Räume Spielräume existieren nur in Lücken oder können nur in diesen entstehen. Spielräume sind daher nur in Anschluss an bzw. Differenz zur Strukturierung gesellschaftlicher Möglichkeiten denkbar. In der digitalen Mediengesellschaft der Gegenwart werden Spielräume nicht zuletzt durch designte Vermittlungsweisen soziale Realität (Klinge 2024). Die damit assoziierte Gleichzeitigkeit von Öffnung und Schließung ist nicht nur typisch für die Gestaltung pädagogischer Praxis, sondern auch für mediale Formen des Designs (Wendt et al. 2024). Der Beitrag relationiert Design- und Medientheorie, um eine grundlagentheoretisch-andragogische Forschungsperspektive auf die mediale Gestaltung von Spiel(räumen) der Zukunft zu entwerfen. Soziale wie subjektive Handlungsspielräume werden in Abhängigkeit von Gesellschaftsstrukturen regelmäßig medial vermittelt. Während in digitalen Technologien durch Spielelemente verhaltensverändernde oder -verstärkende Prinzipien behavioristisch operationalisiert und Nutzer*innen zu einem wünschenswerten Verhalten animiert werden (Zichermann & Cunningham 2011; Decuypere & Hartong 2022), fungiert die Unterscheidung von Realität und Fiktionalität auch als Ausgangspunkt für das Design von Spielräumen gesellschaftlicher Zukünfte (Macgilchrist et al. 2024). So erfährt das jüngste Comeback von Science-Fiction und des Entwerfens „spekulativer Welten“ (Scheerer 2022, S. 240) nicht zuletzt durch das Spiel mit der Unterscheidung von realer und fiktionaler Realität Konjunktur. Die zugrundeliegende Dialektik von Öffnung und Schließung – von Regelhaftigkeit und Regellosigkeit – scheint aber nicht nur in posthumanistischen Theorien, sondern auch in postkolonialen Medientheorien (Bergermann 2012) oder Strömungen des Afrofuturismus (Gunkel & Lynch 2019) auf, in welchen es auch darum geht, wessen Regeln sichtbar sind bzw. sichtbar gemacht werden können. Der Beitrag diskutiert die Wechselseitigkeit von Öffnung und Schließung als Grundlagenproblem pädagogisch wirksamen Designs, dessen subjektformende Eigenlogik einerseits auf die Strukturierung von Handlungsmöglichkeiten zielt, während Designpraxis durch die Eröffnung performativer Reflexionsräume umgekehrt auch Gestaltungsmöglichkeiten der Zukunft sichtbar macht. Mind the Gap! Wie Tradwife-Influencer*innen ungelöste Geschlechterungleichheiten als Spielraum für die Vermittlung neo-traditioneller Geschlechterrollen nutzen Tradwives (Neologismus: traditional wives) sind eine spezielle Form von online Personas, die seit etwa 6 Jahren auf den Plattformen Instagram und TikTok Content zur Ausgestaltung einer neo-traditionellen Frauenrolle produzieren und sich vornehmlich auf partnerschaftliche und familiäre Sorgetätigkeiten beziehen. Während soziale Netzwerke in der Vergangenheit durch Diskurse umfassender Selbstoptimierung, etwa in der #ThatGirl- und #GirlBoss-Bewegung, geprägt waren, rückt in diesen neuen Formaten eine radikale Häuslichkeit ins Zentrum der performativen Darstellung von Weiblichkeit. Dies geschieht in bisweilen scharfer Abgrenzung zu feministischen Positionen und Diskursen um die Vereinbarkeit von Sorge- und Berufstätigkeit, wobei ostentativ auf feministische Rhetoriken der Selbstbestimmtheit und der Befreiung – nun mit umgekehrten Vorzeichen – zurückgegriffen wird (Proctor 2023). Nicht zuletzt diese politische Dimension der Tradwife-Persona schafft Verbindungen zu rechten Ideologien, fundamental-religiösen Wertegefügen und weißer Identitätspolitik (Love 2020; Sykes & Hopner 2024). Der Beitrag zeigt, wie Tradwife-Influencer*innen die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit eines geschlechtergerechten Umgangs mit Care-Arbeit sowie hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Spielraum für eine neue, invertierte Form der Frauenbildung (Gieseke 2001) nutzen. Denn mit Tradwife Content verbindet sich ein expliziter Vermittlungsanspruch, der sich zwischen der Weitergabe häuslicher und sorgebezogener Skills, der Erörterung geschlechterpolitischer Positionen, der Verbreitung spezifischer moralischer Überzeugungen bzw. Weltbilder und der Auseinandersetzung mit ‚Frauenwissen‘ bewegt. Diese Vermittlungsaspekte treten zugleich oder im raschen Wechsel auf und verstärken, erweitern oder konkretisieren sich dabei wechselseitig. Das Aneignungsangebot zielt auf Modi selbstgesteuerten Lernens (Dietrich & Fuchs-Brüninghoff 1999; Morris 2024) mit individuellen zeitlichen, räumlichen und inhaltlichen Ordnungen, der Möglichkeit, zwischen rein rezeptiver und interaktiver Einbindung hin und her zu wechseln sowie einer Community, die sich plattform-übergreifend sowie jenseits digitaler Infrastrukturen etabliert (Sykes & Hopner 2024). Insofern kommen soziale Medien als Ressource für Bildungs- und Subjektivierungsprozesse ins Spiel (Geimer 2022). Konzepte von AI Literacy als Entwürfe gesellschaftlicher medialer Zukünfte Ein wesentliches Merkmal von Spielräumen besteht in ihrer simultanen Abhängigkeit von und Beeinflussung durch Akteure, Umwelt und ihre zeithistorische Einbettung. Dadurch unterliegen Spielräume einem ständigen Wandel, der durch individuelle und gesellschaftliche Veränderungen bedingt ist. Um die medialen Entwicklungen unserer Zeit und ihre Rolle in der Gestaltung von Handlungs- und Spielräumen zu begreifen, bedarf es entsprechend der Relation von gesellschaftlicher Gegenwart und ihren möglichen Zukünften. Dabei treffen Erwartungen der Zukunft und Erinnerung der Vergangenheit aufeinander und kreieren symbiotisch Gesellschaftsdiagnosen (Alkemeyer et al. 2019). Eine solche Diagnose ist Postdigitalität, welche sich einerseits durch die Integration digitaler Technologien in die Lebenswelt von Subjekten auszeichnet (Knox 2019). Andererseits entstehen durch die kritische Auseinandersetzung mit Digitalität auch mögliche Zukünfte (Jandrić et al. 2024). Ein immer mehr in den Fokus rückendes mediales Spielfeld der postdigitalen Gesellschaft ist Künstliche Intelligenz. Nicht zuletzt durch den Anfang Februar 2025 in Kraft getretenen EU-AI Act (European Union 2024) werden andragogische und bildungsorganisationale Fragen nach ‚kompetentem‘ Umgang mit KI-Systemen virulent. KI- und Computertechnologien erweitern die Handlungsfähigkeit (Krämer 1997), erfordern jedoch auch Kompetenzen, die es den Nutzenden ermöglichen, das jeweilige System aus technologischer, funktionaler und gesellschaftlicher Perspektive heraus zu verstehen (Stolpe & Hallström 2024). Damit gehen auch immer bestimmte Vorstellung einher, für welche zukünftige Gesellschaft und ihre Anforderungen qualifiziert werden soll. Jene AI-Literacies (u.a. Chan & Colloton 2024) bilden das Fundament des Beitrags, der die Frage diskutiert, wie Literacy-Konzepte mediale Zukünfte und dazugehörige gesellschaftliche Spielräume entwerfen (Bozkurt et al. 2024). Dabei beeinflussen KI-Entwicklungen nicht nur Literacy-Vorstellungen einer zukünftigen Gesellschaft, sondern jene Vorstellungen wiederum die Entwicklung von KI-Systemen (Knoblauch 2019). |
11:15 - 13:00 | Session 3c: Panel Ort: E 313 Moderator*in der Sitzung: Matthias Alke, Universität Tübingen, Deutschland |
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Institutionell-organisationale Spielräume von Volkshochschulen im Kontext gesetzlicher, verbandlicher und kooperativer Konstellationen Volkshochschulen als zentrale Einrichtungen der öffentlich verantworteten Erwachsenenbildung sind durch institutionelle Rahmenbedingungen wie etwa landesspezifische Gesetze, administrative Vorgaben oder unterschiedliche Rechtsträgerschaften, durch die Eingebundenheit in Verbandsstrukturen und vielfältige (über-) regionale Kooperationsbeziehungen sowie wirtschaftliche und digitalisierungsbezogene Anforderungen geprägt, die einen spezifischen, aber keinesfalls eindeutigen Handlungsrahmen hervorbringen (Schemmann 2020). Zwar obliegt dem hauptberuflichen Leitungs- und Planungspersonal an Volkshochschulen in der Umsetzung des öffentlichen Bildungsauftrag (relative) Planungsautonomie, jedoch bedürfen die Handlungs- und Entscheidungsspielräume, die sich aus den genannten Rahmenbedingungen, Vorgaben, Verbands- und Kooperationsbeziehungen ergeben, immer auch der Auslegung und Aushandlung (Alke & Graß 2019). Eben hierhin konkretisiert sich die beschriebene „umkämpfte Autonomie des Feldes“ der Erwachsenenbildung (Forneck & Wrana 2006). Vor diesem Hintergrund werden im Panel die angedeuteten Facetten institutionell-organisationaler Spielräume von und in Volkshochschulen genauer in den Blick genommen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem hauptberuflich pädagogischen Planungs- und Leitungspersonal: In drei Beiträgen werden Umgangsweisen und Spielarten mit gesetzlichen Vorgaben, verbandlichen Strategien, Anforderungen an die Digitalisierung sowie innerhalb von Kooperations- und Konkurrenzverhältnissen auf der Grundlage empirischer Befunde aus aktuellen (Qualifizierungs-) Projekten thematisiert. Das Ziel des Panels besteht darin, die unterschiedlichen methodologischen und theoretischen Herangehensweisen der drei Beiträge (historiographische, diskurs- und netzwerkanalytische Zugänge) im Hinblick auf ihr Analysepotential von institutionell-organisationalen Spielräumen vergleichend zu diskutieren, auch unter Gesichtspunkten zukünftiger Forschungsnotwendigkeiten und Implikationen für die Professionalitäts- und Organisationsentwicklung von Volkshochschulen sowie im Hinblick auf Bildungs- und Verbandspolitiken. Beiträge des Panels Spielräume der Stellenausgestaltung an Volkshochschulen. Zwischen traditionellen Berufsbildern und neuen Anforderungen Im Vergleich zu anderen Bildungsbereichen gibt es in der Erwachsenenbildung kaum rechtliche Vorgaben zu Berufszugängen oder Aufgaben des pädagogischen Personals. Die Stellenprofilierung liegt in der Hand der Anbieter selbst. Orientierung bieten jedoch idealtypische Berufsbilder, die in den 1960er/70er Jahren durch verbandliche und wissenschaftliche Akteure für das hauptberufliche Leitungs- und Planungspersonal entwickelt wurden (Gieseke 2018; Nittel 2000). Studien belegen, dass sich die Berufsbilder als Referenzmodelle insbesondere an Volkshochschulen schnell etablierten (Alke et al. 2023). In den letzten Jahrzehnten haben sich allerdings Anforderungen an Volkshochschulen u.a. durch die Einführung marktwirtschaftlicher Steuerungsinstrumente und die Digitalisierung gewandelt (Schrader 2011; Echarti et al. 2023). Daran anknüpfend gehe ich in meinem Vortrag der Frage nach, wie Volkshochschulen ihre Spielräume in der Stellenausgestaltung nutzen, welche Bedeutung die idealtypischen Berufsbilder spielen und welche neuen Schwerpunkte gesetzt werden. Dazu stelle ich Befunde aus einem aktuellen DFG-Projekt vor, das die Formierung und den Wandel von Stellenprofilen im Volkshochschulbereich anhand einer historischen qualitativ-quantitativen Stellenanzeigenanalyse empirisch untersucht. Der Beitrag bezieht sich auf Stellenanzeigen für hauptberufliches Personal der Jahre 1995-2022 (n=3498). Ein besonderer Fokus liegt auf quantitativ zunehmenden Stellenprofilen, die auf die Bearbeitung von Querschnittsaufgaben und Spezialthemen fokussiert sind. Sie verdeutlichen, wie Volkshochschulen über die Entwicklung neuer Stellenprofile ihren Anpassungsdruck und notwendige Innovationsbedarfe bearbeiten. Die Ergebnisse leisten einen Beitrag zur bislang wenig untersuchten Diversifikation von Stellenprofilen im Kontext organisationaler Veränderungsprozesse. Da Volkshochschulen durch ihre Stellenprofilierungen anerkannte professionelle Standards im Feld beeinflussen, liefern sie zudem Anregungspotential für professionstheoretische Reflexionen. Handlungsspielräume von Programmplanenden bei der Teilnehmendengewinnung: Kooperationsbeziehungen in der Alphabetisierung und Grundbildung Die organisierte Weiterbildung ist seit jeher von Vernetzung und Kooperation mit inter- und intraorganisationalen Akteuren geprägt. Programmplanung als Vermittlung zwischen gesellschaftlichen Bedarfen, Adressat:innen und pädagogischem Auftrag zeigt sich als komplexes Spielfeld professionellen Handelns, das durch eine Vielzahl von Akteuren, Interessen und Beziehungen bestimmt wird (von Hippel et al. 2008). Auch für die Gewinnung von Teilnehmenden im Programmbereich Alphabetisierung und Grundbildung (AuG) gilt Vernetzung und Kooperation mit verschiedenen Akteuren als wesentliche Strategie (Alke 2023). Unklar ist bisher, welche inter- und intraorganisationalen Akteure im Bereich der AuG einbezogen werden. Im Rahmen des Beitrags geht es um die Frage, wie Programmplanende in der Praxis vorgehen, um Lernangebote im Bereich AuG zu entwickeln und Teilnehmende zu gewinnen. Dabei steht im Fokus, über welche Handlungsspielräume Programmplanende in Volkshochschulen verfügen und welche Akteure dabei wie eingebunden werden. Dazu nehmen wir eine netzwerkanalytische Perspektive ein, die die relationalen Beziehungen der Akteure in den Fokus rückt (Gruber et al. 2016). Die empirische Grundlage bilden 13 Expert*inneninterviews mit Programmplanenden des Bereichs AuG an Volkshochschulen. Im Rahmen der Interviews werden unter Verwendung von Netzwerkkarten egozentrierte Netzwerke erhoben (Gamper 2020). Die Datenauswertung erfolgte im Anschluss an die qualitative Inhaltsanalyse. Ausgehend von Granovetters Theorie (1973) der starken und schwachen Beziehungen werden die Kooperations- und Beziehungsstrukturen zwischen den Programmplanenden und den für sie relevanten Akteuren herausgearbeitet, wobei Aspekte wie Nähe, Häufigkeit oder Dauer des Kontakts im Zentrum stehen (Marsden & Campbell 1984). Zwischen Spielfeld und Kampfplatz. Das Ringen um Teilnehmende im Digitalen an der Volkshochschule Die Frage danach, wie Adressat*innen erreicht werden können, wird in der Erwachsenen- und Weiterbildung bisher vor allem von der Tätigkeit des Planens und dessen Materialisierung zu Angeboten und Programmen beantwortet. Dabei wird Erwachsenen- und Weiterbildung als ein Nebeneinander von Anbietern entworfen, die sich von ihrem jeweiligen geographischen Standort aus darum bemühen, anschlussfähig an die Bedarfe und Bedürfnisse der Adressat*innen einer bestimmten Region zu sein (Fleige et al. 2018). Mit der Möglichkeit ortsübergreifender Präsentationen sowie Durchführungen von Bildungsveranstaltungen im Digitalen, entgrenzt sich jedoch die regionale Ausrichtung von Anbietern und ihren Adressat*innen (Rohs & Lacher 2023). Dadurch werden die bisherigen Strategien zur Gewinnung von Teilnehmenden infrage gestellt und die Art und Weise, wie Anbieter ihre Existenz sichern, herausgefordert. Um zu verstehen, wie sich dies vollzieht, schlage ich in meinem Vortrag einen Perspektivwechsel auf die Praxis des Anbietens vor. Dabei konstruiere ich mit der Feldtheorie Bourdieus (1976), die ich mit Aspekten der Gouvernementalitätstheorie Foucaults (1978, 1979) verbinde, Anbieten als Spiel um das Erreichen von Adressat*innen, um dessen Ausgestaltung und damit einhergehende Feldpositionen die Akteure der Erwachsenen- und Weiterbildung kämpfen. Der spezifischen Ausprägung dieses Spiels durch den Einsatz von Digitalisierung gehe ich am Beispiel der Volkshochschulen nach: Auf der Grundlage meines abgeschlossenen diskursanalytischen (Wrana 2015) Dissertationsprojekts werde ich zeigen, wie die digitale Plattform vhs-Kursfinder als Spielzug eingesetzt wird, mit dem die Autonomieansprüche der Volkshochschulen zugunsten eines einheitlichen Ganzen infrage gestellt und ihre Adressat*innen als souveräne User*innen konstruiert werden, die immer schon wissen (sollen), was sie suchen bzw. finden wollen. |
11:15 - 13:00 | Session 3d: Einzelbeiträge zu Aspekten des Einsatzes von Planspielen Ort: E 314 Moderator*in der Sitzung: Jan Schiller, Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg, Deutschland |
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Das KIKOEP-Planspiel: KI-Kompetenzen für organisationale Entscheidungsprozesse Universität Koblenz, Deutschland Im Zuge aktueller gesellschaftspolitischer Entwicklungen – etwa der europäischen KI-Verordnung, die ausdrücklich KI-Kompetenzen fordert – ist die Erwachsenenbildung gefordert, Lernangebote zu gestalten, die über reine Wissensvermittlung hinausgehen (Aschemann & Klampferer, 2024). Neben dem Verständnis algorithmischer Grundlagen rücken soziale, organisationale und ethische Dimensionen des KI-Einsatzes in den Fokus. Vor diesem Hintergrund wurde an der Universität Koblenz das diskursive Planspiel KIKOEP (KI-Kompetenzen für organisationale Entscheidungsprozesse) entwickelt (Zöllner et al., 2025). Die Teilnehmenden schlüpfen in fiktive Rollen und diskutieren über die Einführung eines KI-Tools („AI Hire“) im Kontext einer Recruiting-Entscheidung. Das Szenario ermöglicht eine realitätsnahe Auseinandersetzung mit den Auswirkungen KI-gestützter Verfahren auf Personal- und Organisationsentwicklung. Erfahrungsorientierte Perspektiven – wie das Reflektieren von Ängsten, Skepsis oder Begeisterung gegenüber KI, das Argumentieren in fremden Rollen oder das Aushalten von Widersprüchen – stehen dabei im Vordergrund (Dohmen & Pätzold, i. V.). So trägt das Planspiel dazu bei, KI nicht nur als technische, sondern als soziale Innovation und Aushandlungsprozess begreifbar zu machen. Das Planspiel wurde bereits in verschiedenen Bildungskontexten (Hochschule, Schule, betriebliche Weiterbildung) erprobt und wird kontinuierlich weiterentwickelt. Seine didaktische Grundlage bildet die Verbindung von spielerischem Lernen mit praxisnaher Diskurs- und Reflexionsarbeit (DIHK, 2022) – ein Ansatz, der besonders im Spannungsfeld von Selbstbestimmung und institutionellen Rahmenbedingungen in der Erwachsenenbildung bedeutsam ist. Der Beitrag stellt Aufbau und Ablauf des Planspiels sowie Materialien und Evaluationsmethoden vor und fragt nach Gelingensbedingungen für den Einsatz solcher Formate zur Stärkung von KI-Kompetenzen in der Erwachsenenbildung. Deutlich wird, dass „SPIELräume“ Erfahrungsräume für kritische Auseinandersetzung eröffnen, in denen unterschiedliche Perspektiven auf KI-bezogenes Handeln entwickelt werden können. Zwischen Flow und Frust: Zur Ambivalenz der Planspielmethode in der Hochschulbildung 1Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Deutschland; 2Duale Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart, Deutschland Der Beitrag greift das Spiel im engeren, didaktischen Sinne auf und betrachtet den Aspekt der Spannung zwischen Freiheit und Restriktion an der Methode „Planspiel“. Mit der Hochschulbildung wird ein spezifisches, aber sehr bedeutendes Lernfeld für junge und zunehmend auch ältere Erwachsene betrachtet. Planspiele werden hier als eine geeignete Methode angesehen, um realitätsnahes und aktives Lernen zu fördern (Zeiner-Fink et al., 2023). Gleichzeitig zeigt die Forschung aber auch, dass die Methode trotz dieser Wertschätzung nicht flächendeckend praktiziert wird. Zwischen Flow-Erlebnissen einerseits (Matute-Vallejo & Melero-Polo, 2019) und Unklarheit über die Wirksamkeit andererseits scheint das Planspiel im Zustand eines hoffnungsvollen, aber nicht eingelösten didaktischen Versprechens zu schweben. Evaluationsstudien deuten darauf hin, dass Lernende die Planspielmethode als besonders motivierend bewerten, gleichzeitig aber auch gemischte Urteile und Frustration (Alf, 2022). Auch ein manipulativer und emotionalisierender Charakter wird dem Planspiel vorgeworfen (Kikkawa, 2022). Kauffeld (2010) zeigt, dass gutes Abschneiden im Spiel nicht automatisch zu hoher Zufriedenheit führt, vor allem dann nicht, wenn die Lernenden den Erfolg nicht auf ihr eigenes Handeln zurückführen können. Kriz & Auchter (2016) zeigen, dass begeisterte Teilnehmende oft deutlich profitieren, während skeptische oder frustrierte Teilnehmende weniger mitnehmen. Die angeführten Studien deuten darauf hin, dass Planspielszenarien bei Erwachsenen einerseits Freiräume für expansives Lernen eröffnen können, gleichzeitig aber auch Situationen implizieren, die von den Lernenden mitunter als Zumutung erlebt werden. Nicht alle Teilnehmenden fühlen sich wohl, wenn sie in ungewohnte Rollen gedrängt werden. Aus erwachsenenpädagogischer Sicht zeigen sich Anknüpfungspunkte zur Ermöglichungsdidaktik und dem Lernwiderstand Erwachsener, d.h. dem Spagat zwischen produktiver Irritation und Überforderung. Vor diesem Hintergrund will der Beitrag der Frage nachgehen, welche Spannungen dem Spiel als erwachsenendidaktischer Methode immanent sind und wie Lernende diese wahrnehmen. Insbesondere wird untersucht, wie skeptische Teilnehmende das Spannungsverhältnis von Offenheit und Struktur in Planspielen erleben. Zur Bearbeitung dieser Fragen wurden Teilnehmende von Planspielseminaren an Hochschulen interviewt. Erste Ergebnisse daraus werden vorgestellt. Die Rolle von Planspielen bei der Vorbereitung auf den Umgang mit ernsthaften Situationen: Chancen und Grenzen von Planspielen am Bsp. von HexGame Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Deutschland In einer zunehmend komplexen und unsicheren Welt, stellt sich auch für die Erwachsenenbildung (EB) die Frage, wie Lernende auf den Umgang mit diesen Herausforderungen vorbereitet werden können. Der Beitrag adressiert die im CfP aufgeworfene Frage nach den Spielräumen in der EB, die Planspiele (PS) schaffen können, aber auch, welchen Restriktionen sie unterliegen. Dabei werden Einsatzmöglichkeiten in verschieden Gestaltungsfeldern der EB eruiert (etwa institutionell organisationale & gesellschaftliche Spielräume) sowie Chancen und Grenzen von PS als Trainingsmethode für das Verhalten in realen Situationen. Denn „während in anderen Disziplinen für spieltheoretische Zugänge Nobelpreise verliehen werden, verspielt die Erwachsenenbildung stattdessen lieber die Potenziale von spielerischen Zugängen“ (Orthey, 2009, S. 41). PS bilden eine komplexitätsreduzierte Version der Realität ab, in der die Spielenden und das soziale System, das sie während des Spiels bilden, zentral sind (Klabbers, 2009). Entscheidungen, sowie deren Auswirkungen in der sozialen Wirklichkeit werden in der Simulation dargestellt und auf ihre Sinnhaftigkeit untersucht (Kriz, 2007). So sollen Teilnehmende auf den Umgang mit ernsthaften Situationen vorbereitet werden. Zudem sind PS als Methode geeignet, um in verschiedensten Lehr-/Lernkontexten in der EB Zukunftskompetenzen (VUCA, Future Skills u.a.), aber auch kritisches Denken, Umgang mit Unsicherheit, Arbeit in (interdisziplinären) Teams oder Problemlösekompetenz zu fördern (Ameln & Kramer, 2016). Die PS-Methode beansprucht für sich die Ausgangssituation einer risikofreien Umgebung, in der Teilnehmende sich auf ernsthafte Situationen vorbereiten können (De Grancy, 2022). Ihr Einsatzbereich in der EB ist vielfältig (Filatro & dos Santos Garcia, 2021). Realisiert wird diese Auseinandersetzung über das PS „HexGame“ – ein kooperatives Spiel, das in einem politischen Setting stattfindet und vom Umgang mit Verteilungskonflikten sowie Faktoren für erfolgreiche Kommunikation und Organisation in einem Mehrebenensystem handelt. Das Spiel ist so komplex, dass es reale Gegebenheiten realitätsnah darstellt, gleichzeitig aber Komplexität reduziert, dass es spielbar bleibt. Die 3 klassischen Bestandteile eines PS: Einführung, Spielphase und Debriefing (z.B. Geuting, 1992) werden dargestellt und weitere Mechanismen, die auf das Verhältnis von Spiel und Bildung eingehen sowie deren Implikationen für die EB werden diskutiert. |
13:00 - 14:15 | Pause |
14:15 - 15:15 | Keynote 2: Björn Allmendinger (Arbeit und Leben Niedersachsen): Gespielt gelernt – Möglichkeiten und Herausforderungen des Digital Game-based Learning für die Erwachsenenbildung Ort: E 011 |
15:15 - 16:00 | Poster-Slam Ort: E 011 Chair der Sitzung: Wiebke Waburg, Universität Koblenz |
16:00 - 16:45 | Posterausstellung: Rundgang durch die Posterausstellung mit paralleler Kaffeepause Ort: Foyer des E-Gebäudes |
16:45 - 17:00 | Verleihung des wbv-Poster-Preises Ort: Foyer des E-Gebäudes |
17:00 - 18:30 | Mitgliederversammlung Sektion Erwachsenenbildung Ort: E 011 |
19:00 - 21:00 | Gesellschaftsabend Ort: D 238/239 |
Datum: Mittwoch, 17.09.2025 | |
9:00 - 10:45 | Session 4a: Einzelbeiträge zu Fragen der Nicht-/Beteiligung an Weiterbildung Ort: E 314 |
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„Spiele zwischen Ungleichen“ - Eine Vignettenanalyse zu Präferenzen und Einstellungen aus Bevölkerungsperspektive vor den Hintergrund soziodemographischer Merkmale Justus-Liebig-Universität Gießen, Deutschland Die Erwachsenen- und Weiterbildung steht in einem Spannungsfeld zwischen individuellen Spielräumen und überindividuellen Strukturen, die sozial ungleich ermöglichen oder behindern können. Weiterbildungsteilnahme sollte nicht rein individualisierend betrachtet werden (Käpplinger 2022, S. 973), da das „Mitspielen“ nicht immer unter gleichen Bedingungen abläuft. Das Teilnahmeverhalten ist bereits seit langer Zeit mithilfe der Metapher der „Weiterbildungsschere“ (Schulenberg et al., 1978) gekennzeichnet, wobei Käpplinger, Koubek, Reuter & Bilger (2024) im Längsschnitt auf unterschiedliche Entwicklungen im Kontext der Ungleichheit im Weiterbildungsverhalten je nach soziodemographischen Merkmalen und deren Intersektionalität hinweisen. Welche Einstellungen in der Bevölkerung zum Thema Weiterbildung existieren und welche Präferenzen bestehen ist bisher wenig erforscht. Unser Beitrag präsentiert ausgewählte Ergebnisse der von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten, quantitativen Studie „Einstellungen zum Lebenslangen Lernen in der Bevölkerung“. Mithilfe eines experimentellen Designs (Vignettenstudie) wurden in der Online-Befragung (n=3.122 Personen der deutschen Wohnbevölkerung im Alter von 18-67 Jahren) verschiedene Szenarien zur Weiterbildungsteilnahme vorgelegt, die sich entlang der Dimensionen Anlass, Finanzierung, Format und Zeit in Bezug auf Weiterbildung unterschieden. Die Auswertung der 12.488 Vignettenbewertungen erfolgte über ein Linear Mixed Model, wobei weitere, relevante unabhängige Variablen (soziodemografische Merkmale, Einstellungen zu Weiterbildung, regionale Aspekte etc.) zusätzlich aufgenommen wurden. Durch das gewählte, methodische Design können nicht nur einzelne Einflussfaktoren, sondern Einstellungen und Präferenzen in ihren Konfigurationen vergleichend in den Blick genommen werden, was gruppenspezifische Erkenntnisse ermöglicht. Im Ergebnis zeigt sich, dass die Dimensionen Finanzierung und Zeit maßgeblich für die hypothetische Weiterbildungsteilnahme („Spielteilnahme“) sind. Neben soziodemographischen Merkmalen (Alter, Geschlecht, beruflicher Abschluss, Erwerbssituation, Migrationshintergrund, Gemeindegrößenklassen) nehmen auch personenspezifische Einstellungen einen Einfluss auf die Teilnahmewahrscheinlichkeit an Weiterbildung. Dies betrifft insbesondere zu, wenn man sich durch Weiterbildung besser fühlt sowie der Meinung ist, dass vom Staat oder Arbeitgebern ausgegebenes Geld gut angelegt sei. Zwischen Spiel und Spielregel – zur Herstellung und Bewältigung beruflicher Übergänge und der (Nicht-)Beteiligung an Weiterbildung Universität der Bundeswehr München, Deutschland Mit dem Konzept der „Institutionalisierung des Lebenslaufs“ (Kohli 1985) sind gewissermaßen die Spielregeln des Lebens bestimmt: Den Taktgebern Beruf und Familie entsprechend folgen Bildungs-, Erwerbs- und Ruhephase aufeinander. Gleichzeitig sind den Phasen, wie im Spiel, Handlungsspielräume inhärent. Bei beruflichen Übergängen im Sinne des Wechsels einer Berufsgruppe, wie von der Drogistin zur Deutschlehrerin oder vom Juristen zum Koch, werden im Gegensatz zum lebenslangen Beruf Freiheitsgrade im ‚Spiel des Lebens‘ genutzt. Solche sich bietende Optionen und Leerstellen müssen bearbeitet (Fischer & Kohli 1987), Übergänge hergestellt und bewältigt werden (Walther & Stauber 2007) und das Subjekt sich im Sinne einer Erwerbsorientierung (Kraus 2022) ins Verhältnis zur Arbeit setzen. Hierbei konstituiert sich Biographie als soziales Gebilde zwischen Spiel und Spielregel, Struktur und Subjekt (Fischer-Rosenthal & Rosenthal 1997; Maschke & von Felden 2023). Bei Berufsgruppenwechseln stellen sich für die Erwachsenenbildung Fragen nach dem Verhältnis von Subjekt und Arbeit, dem Nutzen von Freiheitsgraden bzw. dem Zwang des ‚Spiel des Lebens‘ und inwiefern es zu einer (Nicht-)Beteiligung an Weiterbildung kommt (Wittpoth 2018) – in einem qualifikationsbestimmten System wie in Deutschland (Müller & Shavit 1998) sind Berufs- und (Weiter-)Bildungssystem aufeinander bezogen. Im Vortrag werden Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt zu Berufsgruppenwechseln im Alter 50+ vorgestellt. Anhand von narrativen Interviews (Schütze 1983) und Bildern zum Beruf konnten mithilfe der Dokumentarischen Methode (Bohnsack 2021) kollektive Orientierungen im Rahmen einer Berufs- und Weiterbildungstypik rekonstruiert werden. Dabei zeigt sich, dass Flexibilität (Typ 1) ein konsistenter Modus der Berufsbiographie darstellt, Handlungsspielräume durchgehend spielerisch genutzt werden und sich dies auch in der Inanspruchnahme von Weiterbildung dokumentiert. Demgegenüber heben sich Berufsgruppenwechsel als Kampf (Typ 2) von erfahrener Ungleichheit und beruflichen Leidenserfahrungen ab, womit der Weiterbildung ein emanzipatorisches Moment zukommt. Auch einer berufsbiographischen Suche (Typ 3) können Berufsgruppenwechsel folgen, die durch Weiterbildung angestoßen und vollzogen werden. Der Vortrag beleuchtet das Zusammenspiel von Spielregel und Spiel, (beruflicher) Norm und (beruflicher) Praxis (Bohnsack 2017) bei Berufsgruppenwechseln und damit einhergehender (Nicht-)Beteiligung an Weiterbildung. |
9:00 - 10:45 | Session 4b: Panel Ort: E 413 |
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„Ernste Spiele“: Politische Erwachsenenbildung im Lichte von Bourdieus Feldtheorie Die politische Erwachsenenbildung steht in Zeiten multipler Krisen vor vielfältigen Herausforderungen und widersprüchlichen Erwartungen. Einerseits soll sie Lernenden Orientierungs- und Handlungsmöglichkeiten eröffnen und emanzipativ wirken. Andererseits gerät sie angesichts demokratiegefährdender Entwicklungen in eine instrumentelle Position, insbesondere durch staatlich geförderte Programme der „wehrhaften Demokratie“. Damit verändern sich ihre Spielräume, die gestützt auf Bourdieus Feldtheorie (2001a, 2001b) analysiert werden können. Bourdieu begreift ein Feld als einen sozialen „Mikrokosmos“ (2001a: 41) mit eigenen Regeln, in dem Akteur*innen ihre Sicht auf die jeweilige Thematik durchzusetzen bestrebt sind und gemäß der für sie verfügbaren und im Feld wichtigen Ressourcen um Einfluss ringen. Für die Veranschaulichung dieser Kämpfe greift Bourdieu auf die Metapher des „Spiels“ zurück. Hierbei verfügen die „Spieler*innen“ über spezifische Kapitalien, die im Feld als „Trümpfe“ (Bourdieu/Wacquant 1996: 128) wirken und Spielräume verbreitern oder verengen können. Gleichwohl sind solche Spiele „ernste Spiele“ (Bourdieu 2001b: 27), in denen es um die „soziale Existenz“ der Akteur*innen geht (Krais/Gebauer 2002: 58). Im Anschluss an die Konzeption des politischen Feldes (2001a), in dem Akteur*innen (dominante wie Politiker*innen, Journalist*innen und dominierte wie Verbände, Vereine, Bewegungen, NGOs) um die Deutungshoheit über Politik als ‚Regelung der allgemeinen Angelegenheiten‘ kämpfen, kann die politische Bildung verschiedene Plätze zugewiesen bekommen oder aktiv einnehmen. Sie bildet auch selbst ein Kräftefeld (Bremer et al. 2024), in dem politische sowie administrative Akteur*innen, Bildungsträger und pädagogisch Tätige mit unterschiedlichen Ressourcen um die Auslegung politischer Bildung ringen. Gegenwärtig lässt sich beobachten, dass mächtige Akteur*innen der verfassten Politik und der Bildungsadministration die Spielregeln im Feld verschieben, was für andere Akteur*innen zu restriktiveren oder erweiterten Spielräumen führt. Solchen Dynamiken wollen wir im Panel nachgehen, indem wir drei Teilbereiche der politischen Erwachsenenbildung beleuchten: In Bezug auf die Gewinnung von schwierig zu erreichenden Teilnehmenden geraten mit „aufsuchender politischer Bildung“ und „politischer Grundbildung“ niedrigschwellige Strategien in den Blick (1). In Bezug auf Inhalte und Intentionen der politischen Erwachsenenbildung werden der „Rechtsstaat“ und die Rolle von Multiplikator*innen der Justiz thematisiert (2). In Bezug auf Professionalisierung wird die Perspektive von Studierenden der politischen Erwachsenenbildung als potenzielle pädagogisch Tätige aufgenommen (3). In der Zusammenschau der Einzelbeiträge schließt sich ein Fazit zu den Verschiebungen in den Spielregeln der politischen Erwachsenenbildung an. Beiträge des Panels Erreichen statt erwarten. Spielräume in der niedrigschwelligen politischen Erwachsenenbildung Der erste Beitrag nimmt die soziale Selektivität der Teilnahme im Kontext der politischen Erwachsenenbildung zum Ausgangspunkt und greift dabei die wieder verstärkt geführte Debatte um „aufsuchende Strategien“ in der Bildungspraxis auf (Pfeffer-Hoffmann 2024; Gill et al. 2025). Im Kontext „kultureller Passungsverhältnisse“ (Bremer 2022) zu (hochschwelliger) institutioneller politischer Erwachsenenbildung steht sie im Sinne niedrigschwelliger Zugänge vor der Aufgabe, ihre konzeptionellen, didaktischen und programmatischen Selbstverständlichkeiten zu hinterfragen und Ausschlüsse für vulnerable Zielgruppen zu minimieren. Zugleich wird im Anschluss an die Literalitäts- und Grundbildungsforschung die Idee einer „politischen Grundbildung“ (Grotlüschen/Dutz 2025) und die Bedeutung von Schriftsprache für politische Lern- und Bildungsprozesse und Partizipation kontrovers diskutiert. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Angebotslandschaft einer niedrigschwelligen politischen Erwachsenenbildung aufspannen zwischen emanzipatorischen Zielsetzungen, die für die Befähigung zur politischen Mitwirkung der Teilnehmenden an deren Lebenswelt anschließt, und einem instrumentellen Verständnis, das tendenziell auf eine Anpassung an die bestehende politische Ordnung abzielt. Solche Auslegungsprozesse unterliegen Kräfteverhältnissen und Intentionen derjenigen Akteur*innen, die sich an dem Spiel um die Deutungshoheit über das ‚Grundlegende‘ in der politischen Erwachsenenbildung beteiligen. Im „Feld der politischen Bildung“ (Bremer et al. 2024) lassen sich diese Machtdynamiken in den bildungspolitischen Aushandlungen und Rahmensetzungen systematisieren. Welche Verständnisse einer niedrigschwelligen politischen Erwachsenenbildung stehen auf dem Spiel? Inwiefern können sich Teilnehmende als häufig marginalisierte Akteur*innen in diesen Spielen einbringen? Diese Fragen bezüglich der Konzeptualisierung von niedrigschwelliger politischer Erwachsenenbildung werden kritisch beleuchtet. Für eine empirische Fundierung sollen erste Eindrücke aus Erhebungen einer laufenden Promotionsstudie herangezogen werden, die die Perspektive von Teilnehmenden als Akteur*innen in diesem Kontext einfängt. Rechtsstaatsbildung und politische Bildung. Feldtheoretische Überlegungen zu einem widersprüchlichen Verhältnis Der zweite Beitrag greift die Herausforderung auf, Rechtsstaatsbildung in die politische Bildung zu integrieren. Der Rechtsstaat ist einerseits das staatliche System, in dem die Macht des Staates durch Recht gebunden und begrenzt wird. Anderseits kann man den Rechtsstaat auch als systemstabilisierenden Bereich des politischen Feldes (Bourdieu 2001a) betrachten. Dies betrifft nicht nur seine Funktion als System, das Normen setzt und kontrolliert, sondern auch die Akteur*innen, die ihn repräsentieren und durch spezifische Bildungs- und Berufsbiografien einen exklusiven Zugang zu diesem Feld sicherstellen. Diese Problemlage rückt hinsichtlich einer doppelten Distanz (Bremer et al. 2015: 18) zwischen Bürger*innen als Adressat*innen und den rechtsstaatlichen Repräsentanzen besonders in den Blick, wenn Multiplikator*innen der Justiz rechtsstaatliche Bildung anbieten. Nicht nur viele Bürger*innen stehen den Repräsentanzen des Rechtsstaats distanziert gegenüber, sondern sie selbst reproduzieren Strukturen, die diese Distanz aufrechterhalten. Dies geschieht über eine feldspezifische Fachsprache und bürokratische Regeln. Damit funktioniert auch der Rechtsstaat als ein Spiel mit eigenen Regeln, an dem nur Eingeweihte teilnehmen können (Kretschmann 2019). Hinzu kommt, dass der Rechtsstaat zunehmend politisiert und herausgefordert wird. Dies geschieht durch exekutiven Ungehorsam, wenn etwa Gerichtsentscheidungen von Regierungen und Verwaltungen bspw. im Migrations-, Klima- und Umweltrecht ignoriert werden. Auch gibt es populistische Narrative, die die Legitimität rechtsstaatlicher Entscheidungen infrage stellen (Grundrechtekomitee 2025). Diesen Spannungsfeldern widmet sich ein Fortbildungsprojekt für Lehrende in Ausbildung und Studium im Justizwesen sowie in Rechtskunde AGs an Schulen. Als Multiplikator*innen werden sie für die politische Dimension ihrer Arbeit sensibilisiert. Dabei werden sowohl aktuelle gesellschaftliche Konflikte (z.B. Migration, Klima, Sicherheitspolitik) als Ankerpunkte genutzt als auch Reflexionen über die eigene Rolle im Feld angeregt. Mit Bourdieus Feldperspektive soll herausgearbeitet werden, wie rechtsstaatliche politische Bildung Justizakteur*innen und im weiteren Bürger*innen gleichermaßen für den umkämpften Charakter des Rechtsstaats sensibilisiert und wie die Teilnahme am Spiel im Sinne einer partizipatorischen Demokratie offener gestaltet werden kann (Kaufmann 1960). Räume im Studium ‚bespielen!?‘ – Spielräume und Akteur*innen im Studium der politischen Erwachsenenbildung Der dritte Beitrag fokussiert feldtheoretische Perspektiven im Kontext des Studiums der Erwachsenenbildung/Weiterbildung und stützt sich hierbei auf konzeptionelle Bezüge und Erfahrungen aus einem Projektseminar im Studienschwerpunkt „Politische Bildung und Partizipation“ an der Universität Duisburg-Essen (Bremer 2013). Ausgangspunkt ist, dass Feldeffekte nicht erst in der Praxis relevant sind. Auch das Studium und damit der Lehr-Lern-Kontext in der Hochschule als Raum der „(Un-)Möglichkeit studentischer Partizipation“ (Gädeke/Schaper 2024) kann Aushandlungen um Verständnisse und Konzeptionen von ‚Politik‘ und ‚Bildung‘ ermöglichen: Wie können (sozial ungleiche) Zugänge und Ausschlüsse in der Auseinandersetzung mit Politik und politischer Bildung bei den Studierenden adressiert werden? Welche Themen werden als ‚politisch‘ an- bzw. aberkannt? Welche Felddynamiken antizipieren Studierende, die als künftige pädagogisch Tätige als potenzielle Akteur*innen im Feld der politischen Bildung agieren? Dazu werden im Seminar die ‚Spielregeln‘ im Feld der politischen Bildung eruiert und entlang des konzeptionellen Rahmens sowie Eindrücken aus dem Seminar (etwa anhand von Sitzungsprotokollen, -reflexionen und Impulsen) veranschaulicht. Dies geschieht durch die Einbindung unterschiedlicher Akteur*innen (z.B. aus Politik, Bildungsorganisationen, Administration, Vereinen/Initiativen) und Betrachtung ihrer Prinzipien, Handlungsspielräume und -zwänge (Bremer et al. 2024). Daran orientiert werden aktuelle Diskurse und gesellschaftliche Entwicklungen (z.B. Umgang mit Krisen, ‚Neutralitätsforderungen‘, Dimensionen von Extremismusprävention oder staatliche Einflussname) diskutiert. Zudem soll das Seminar den Raum dafür eröffnen, dass die Studierenden entsprechend ihren politischen Sozialisationserfahrungen eigene Vorstellungen, Deutungen und Erfahrungshorizonte einbringen. Dadurch können unterschiedliche Bezugnahmen auf das ‚Politische‘ und auf ‚Bildung‘ verdeutlicht und darauf verwiesen werden, dass soziale Logiken und ‚Spielregeln‘ auf das (zukünftige) professionelle Handeln und die eigene Rolle einwirken können (Bremer et al. 2020; Hufer et al. 2021; Zosel 2024) |
9:00 - 10:45 | Session 4c: Einzelbeiträge zur biografischen Relevanz von Bildungsprozessen Ort: E 414 |
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Spielräume zur Selbstbildung im Bevölkerungsschutz: Erschließung und Analyse von Onlineressourcen einer Pedagogy of the public Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, Deutschland Angesichts der weltweit zunehmenden Katastrophen gewinnt der Bevölkerungsschutz an Bedeutung, wobei von den Bürger*innen eine Verbesserung ihrer Selbstschutzfähigkeit als Basis des Bevölkerungsschutzes gefordert wird (BBK, 2020). Damit sind Bildungsfragen adressiert, die unter der Perspektive einer Public Pedagogy (Biesta, 2014) diskutiert werden können. Mit Bezug auf eine Disaster Education (z.B. Preston 2012) lassen sich dabei drei Perspektiven unterscheiden: Eine „Pedagogy for the public“, eine „Pedagogy of the public“ sowie eine „Pedagogy in the interest of publicness“ (Biesta, 2014). In Deutschland zeigen sich neben staatlichen Angeboten, welche sich im Sinne einer „Pedagogy for the public“ in informativer oder erzieherischer Absicht (Klinge et al., 2023) an die erwachsene Bevölkerung wenden, auch Formen einer „Pedagogy of the public“, indem im Rahmen partizipativer, selbstorganisierter Lernprozesse Bürger*innen Informations- und Lernressourcen entwickeln, anbieten und darüber in den Austausch treten (Kitagawa, 2017). Ein typisches Beispiel dafür ist die Prepper-Community (Genner, 2021), welche sich mit Fragen der Vorsorge für Katastrophen beschäftigt. Daraus ergeben sich die Fragen, welche Spielräume zur Selbstbildung sich Bürger*innen im Bevölkerungsschutz erschließen, wie sie gestaltet werden und welche (politischen und kommerziellen) Einflüssen sich erkennen lassen. Neben Zeitschriften und Ratgeberliteratur existieren insbesondere vielfältige Angebote im Internet. Für deren Erschließung und Analyse sind Ansätze der Programmforschung (Käpplinger et al., 2023) nicht geeignet, sodass hier neue Wege der Erwachsenenbildungsforschung erschlossen werden müssen. So wurde ein Webscraping (Kdher, 2021) zur Datenextraktion verwendet. Die Kategorisierung der extrahierten Daten erfolgte automatisiert mithilfe eines KI-Workflows. Anschließend wurde die Datenauswertung mithilfe von gängigen Python-Bibliotheken (https://www.python.org/) sowie Text Mining (Lemke & Wiesmann, 2016), insbesondere verschiedenen Topic Modelling-Ansätzen (LDA + GPT-basiert) (Kirilenko & Stepchenkova, 2025) realisiert. Auf diesem Wege wurden die Informations- und Lernressourcen identifiziert, erfasst und differenziert analysiert. Die Ergebnisse bieten eine Kategorisierung sowie ein thematisches Clustering der Online-Ressourcen, wodurch Spielräume der Selbstbildung der Bevölkerung im Bevölkerungsschutz transparent gemacht werden können. Bildungs-Spielräume im Ehrenamt: Individuelle und kollektive Mehrwerte gestalten Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland Bürgerschaftliches Engagement (vgl. Engagementverständnis der Enquete Kommission von 2002) ist eine zentrale Form gesellschaftlicher Partizipation, die individuelle und kollektive Lern- und Transformationsprozesse anstößt. Es bietet Älteren eine gesellschaftliche Ressource (vgl. Simonson et al. 2014) und Jüngeren sinnstiftende Erfahrungen sowie neue soziale Kontakte (vgl. Wegweiser Bürgergesellschaft 2001). Es vereint vielfältige Motive und Lernbegründungen (vgl. Holzkamp 2005; Lerch 2021) und fördert Kompetenzentwicklung sowie Lernen bei Jugendlichen (vgl. Düx et al. 2009) & Erwachsenen (vgl. Scharnberg 2021). Unser Forschungsprojekt „LIMES = Lernen im Ehrenamt stärken“ (Förderung: Mainzer Wissenschaftsstiftung) untersucht Mehrwerte durch Engagement und Potenziale von Service-Learning-Ansätzen an Hochschulen. Theoretische Analysen und empirische Erhebungen (qualitative Interviews mit Studierenden, Service-Learning-Stellen und Expert:innen im Feld des Ehrenamts) bilden die Grundlage unserer Analyse. Unser Beitrag greift die Tagungsthematik "SPIELräume" auf, indem er Handlungsspielräume und strukturelle Bedingungen des Ehrenamts reflektiert und sowohl Potenziale als auch Restriktionen diskutiert. Unsere Analyse fokussiert drei zentrale Spielräume: 1. Subjektives Erleben im Ehrenamt Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Transformationen untersuchen wir, wie Engagierte ihr Handeln deuten und welche Bedeutung sie ihrem Engagement zuschreiben. Welche Rolle spielen eigene biographische Erlebnisse, eigene Motivationen und generell der Wille zur persönlichen und gesellschaftlichen Veränderung? 2. Reflexivität und gesellschaftliche Verortung Engagement als Raum der Selbstbildung und ermöglicht soziale Reflexion. Wir analysieren die Wechselwirkung individueller Handlungsoptionen mit normativen und institutionellen Bedingungen. Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung für oder gegen bestimmtes Engagement? Wie trägt es zur Reproduktion oder Transformation gesellschaftlicher Strukturen bei? 3. Engagement als Raum des Lernens Engagement verbindet formale, non-formale und informelle Lernprozesse. Wir untersuchen die durch Engagement generierten Kompetenzen und deren Transfer in individuelle und kollektive Wissensbestände. Wir beleuchten die Wechselwirkungen zwischen individuellem Lernen, gesellschaftlicher Positionierung und strukturellen Rahmenbedingungen und leisten einen empirisch fundierten Beitrag zur Diskussion über Ehrenamt als Bildungs-Spielraum. Im Spiel Erwachsen(e)sein und -werden: Playing Arts in offenen Netzwerken als biografische Bildungsofferten für Erwachsene Universität Koblenz, Deutschland Der Beitrag wird sich aus einer anthropologischen Perspektive der „modernen Figur des Erwachsenen“ (Napoles et.al.2021) nähern, dessen Herausforderungen nicht nur in der modernen Lebenskunst angelegt, sondern auch in ihr zu bewältigen sind. Der Erwachsene wird in einem rasanten Tempo (Rosa) in einer permanenten Flexibilisierungsanforderung mit stetigen Neuanfängen, dem Druck zur experimentellen Selbstverwirklichung skizziert, wobei die Risikohaftigkeit betont wird (vgl. Schemmann/Zirfas 2021: 14). Nach Baumann (2016) stecke der Erwachsene in einem Spiel zwischen stetiger Findung und Neuerfindung des Selbst fest, das er zu einem Gelingen „über starke und anspruchsvolle Gemeinschaften, die die Emanzipation des Einzelnen als sinnvoll erklären“ (zit. in: Schemmann/Zirfas 2021: 14) einzig erreichen und absichern könne. Was liegt näher, als von Seiten der Pädagogik Lösungen in Bildungsangeboten mit Konzepten der Erwachsenenbildung zu bieten, die sich als mehr denn tragfähig erwiesen hat? Neben den daraus erwachsenen institutionellen Angeboten, scheint uns evident, dass es an der notwendigen Selbstbestimmung des Erwachsenen auch eine private Sphäre der biografischen Bewältigung moderner Lebensanforderungen gibt, in der sich das Erwachsensein und -werden reflektiert. U.E. liegt im Spiel ein das Potential für die Justierung, Aufrechterhaltung und Bildung des autonomen Subjekts (Kant). Allerdings ist die Freiwilligkeit des Spiels zugrundezulegen, und zwar in Netzwerken sich vergemeinschaftender Einzelner. Wir wollen in unserem Beitrag den Normativen eines anthropologisch skizziertes Bilds vom Erwachsenen mit dem Ansatz Playing Arts kontrastiv begegnen und dessen im Spiel künstlerisch-experimentell vorgehender Lebenskunst sowohl in Bezug auf seine Offenheit im Netzwerkcharakter als auch seiner Verbindlichkeit zu einer Phänomenologie des Spiels kritisch befragen. Dafür wird 1) der theoretische Hintergrund aufgefächert, 2) der Ansatz Playing Arts vorgestellt, 3) ein Best Practice Beispiel ins Zentrum gerückt, 4) diese Praxis als biographische Bildungsofferte gerahmt und 5) dem riskanten Unternehmen dieses Beitrags am Ende mit einem Resumé über das Spiel Erwachsener in Zeiten gesteigerter Unsicherheit(en) eine Lanze gebrochen mit einem Plädoyer für ein Reüssieren des Spiels als Entwicklungsmotor biographischer Selbstbildung im Kontext von Erwachsenen(Selbst)bildung (Lohfeld 2014). |
9:00 - 10:45 | Session 4d: Panel Ort: E 313 Moderator*in der Sitzung: Wiebke Waburg, Universität Koblenz |
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„Wenn ein Löffelchen voll Zucker bittere Medizin versüßt“? Kontrastierende Perspektiven auf ‚Funktionen‘ des Spiels in (erwachsenen-)pädagogischen Kontexten Das geplante Panel greift – dem ‚gesonderten Fokus‘ im Call for Papers folgend – ‚Spiel‘ bzw. ‚Spielen‘ in einem engeren Sinne auf, wobei die drei vorgesehenen Beiträge in unterschiedlicher Ausrichtung den Akzent auf Brett- und Gesellschaftsspiele legen. Differenziert bzw. hinterfragt wird dabei die oft leichthin postulierte Idee des ‚Versüßens‘ einer ‚bitteren‘ Sache, wie sie in der titelgebenden Maxime von Mary Poppins zum Ausdruck kommt. Geht es zunächst auf einer ersten Ebene um ein grundlegendes empirisches Analysemodell zur – keineswegs ausschließlich ‚süß‘-freudvollen – emotionalen Wahrnehmung in Spielsituationen, so folgt auf einer zweiten Ebene, anhand eines Transferprojekts aus der außerschulischen Jugendbildung, eine kritische Auseinandersetzung mit den Potenzialen des Spielens für das Empowerment von Mädchen. Den Abschluss bildet, auf einer dritten Ebene, ein breit angelegtes Panorama, das unterschiedliche institutionell verfasste Positionen zur Ausgestaltung des Verhältnisses von Spielen und Lernen im Erwachsenenalter nachzeichnet und nach den Implikationen des ‚Mary Poppins-Prinzips‘ fragt. Das Verständnis von ‚Funktion‘ variiert in den Beiträgen entsprechend, doch geht es auf allen drei Ebenen um eine Annäherung an die tatsächlichen ‚Spielräume‘, die mit den Potenzialen wie Grenzen spielerischer Formate in ihrer Relation zu Bildung oder Lernen in pädagogischen Kontexten verbunden sind. Beiträge des Panels GameMood – Analyse von Emotionsverläufen in Brett- und Gesellschaftsspielen Das Spielen ist ohne Emotionen kaum vorstellbar. Vom begeisterten Lachen und freudeerfüllten Gesichtern, über wildes Tobegeschrei, bis hin zum frustrierten Umwerfen eines Spielbretts. Jeder Mensch kann sich im Rückblick auf eigene Spielerfahrungen diese emotionale Seite vergegenwärtigen und nachempfinden. Auch viele wissenschaftliche Spieldefinitionen benennen Emotionen explizit und implizit als ein wichtiges Definitionskriterium (vgl. bspw. Einsiedler 1994, S. 15; Kluge 1981, S.37). Sie sind zentraler Motivator und Antrieb für Spieltätigkeiten und beeinflussen maßgeblich die durch das Spiel induzierten Lernprozesse. In Anbetracht dieser zentralen, lenkenden Rolle, die der emotionalen Wahrnehmung in Spielsituationen zukommt, überrascht es, wie wenige empirische Untersuchungen diesen Aspekt bislang in den Fokus ihrer Forschung gerückt haben. Der geplante Beitrag setzt an diesem Forschungslücke an. Mit GameMood soll ein empirisches Analysemodell zur Untersuchung von emotionalen Wahrnehmungsverläufen während des Spielens vorgestellt und Ergebnisse erster Testdurchläufe dargestellt und methodisch reflektiert werden. Die Fokussierung auf die emotionale Wahrnehmung wird ergänzt durch eine Fokussierung auf eine konkrete Typik von Spielsituationen, das Spielen von Brett- und Gesellschaftsspielen. PowerGame – Brettspielprojekte zwischen Spielfreude und Empowerment Das Transferprojekt „PowerGame. дівчина – gabar – kız: Empowerment von Mädchen durch Spielprojekte“ (BMBF, DATIpilot) greift in seiner grundlegenden Anlage die Relation zwischen Spiel und Bildung auf. Dieses Projekt der außerschulischen Jugendbildung wird in Zusammenarbeit mit dem Haus der offenen Tür Koblenz durchgeführt und zielt auf das Entwickeln und Erproben von spielpädagogischen Maßnahmen zum Empowerment von Mädchen unter Berücksichtigung vorliegender wissenschaftlicher Befunde zur Wirkung von Brettspielen. Bildungsprogramme, in denen Brettspiele genutzt werden, belegen Veränderungen in Bezug auf Problemlösen und mathematische Kompetenzen, räumliche Vorstellung und Kreativität sowie soziale Kompetenzen, wie Teamfähigkeit und kommunikative Skills, und nicht zuletzt Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit (Noda, Hirotsuki & Nakao 2019; Bayeck 2020; Souza et al. 2023). In dieser Aufzählung werden die Potenziale des Spielens für das Empowerment der Mädchen deutlich im Sinne einer „Stärkung von Autonomie und Selbsthilfe durch die Aktivierung von individuellen Potenzialen“ (Bachmann 2016, S. 161). Das Projekt ist dementsprechend darauf ausgerichtet, spieltypische Elemente für das Empowerment von Mädchen mit ganz unterschiedlichen (auch migrationsbezogenen) Hintergründen nutzbar zu machen. Gemeint sind dabei Aspekte wie Spielfreude, Spaß, das Heraustreten aus dem Alltäglichen und Flow, die das Spielerleben prägen und die die Beteiligung an regelmäßigen Spielegruppen sichern sollen. Die Förderung der Mädchen erfolgt – so die Annahme – ‚nebenbei‘ beim Spielen. Im Vortrag diskutieren wir unter Berücksichtigung der Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung (Beobachtungen und Gruppendiskussionen), inwiefern die beschriebene Relation sich im Rahmen der Implementation des Projektes als tragfähig erweist respektive verschoben wird. Wahlverwandtschaft‘, ‚Zweckehe‘ oder ‚liaison dangereuse‘? Argumentative Positionen zum Verhältnis von Spielen und Lernen im Erwachsenenalter Mit Blick auf die Beziehung von so grundlegenden Kategorien wie ‚Spielen‘ und ‚Lernen‘ eröffnet sich – systematisch, historisch wie kulturvergleichend – ein überaus weitläufiges Feld (vgl. u.a. Parmentier 2004; Denk 2021). Doch selbst mit Konzentration auf eine deutlich kleinere Schnittmenge, wie sie sich aus einem Fokus auf Brett- bzw. Gesellschaftsspiele in Kombination mit dem Lernen im Erwachsenenalter für den deutschsprachigen Raum der Gegenwart ergibt, ist die sich auftuende Szenerie noch immer vielschichtig (vgl. Reich 2022). Der geplante Beitrag versteht sich als ein – diskurs- bzw. argumentationsanalytisch angelegter (vgl. u.a. Diaz-Bone 2005) – Versuch, die verschiedenen Positionen innerhalb der Topografie jener institutionellen Orte nachzuzeichnen, welche in ihren Feldern jeweils ausdrücklich eine Relation zwischen Brett- bzw. Gesellschaftsspielen und dem Lernen Erwachsener herstellen. Betrachtet werden dabei einerseits die Seite des Spielemarktes prägende Landmarken, wie etwa Spiel-Verbände und -Verlage mit ihrer Warenpalette oder Online-Portale für die Brettspiel-Community. Die ‚andere‘ Seite jener Positionen, welche primär für Bereiche des Lernens im Erwachsenenalter stehen, führt u.a. von unterschiedlichen Bildungseinrichtungen über Forschungsinstitute für Erwachsenenbildung und Fortbildungsanbietende bis hin zu Verlagen für Lehr- und Lernmedien. Diskursiv werden ‚Spielen‘ und ‚Lernen‘ dort funktional auf variierende Weisen miteinander verflochten. Zuweilen im Sinne eines ebenbürtigen Bündnisses mit erfolgreicher Synergie; an anderen Orten dominiert das eine über das andere; vielfach wird das „Mary Poppins-Prinzip“ (Bohlmann 2004, im Titel) der ‚Versüßung‘ des Lernens durch das Spiel ins Feld geführt. Der Beitrag fragt jedoch nicht nur danach, welche ‚Funktionalisierungen‘ auftreten, sondern auch nach ihren Fundierungen sowie möglichen Implikationen. |
10:45 - 11:15 | Pause |
11:15 - 12:15 | Spielräume… – Bilanz und Perspektiven Barcamp als ‚open space‘ mit verschiedenen Themenvorschlägen zur Diskussion |
12:15 - 12:30 | Verabschiedung bzw. Schlusswort Ort: E 011 |
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