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Sitzungsübersicht
Sitzung
Session 3c: Panel
Zeit:
Dienstag, 16.09.2025:
11:15 - 13:00

Moderator*in der Sitzung: Matthias Alke, Universität Tübingen, Deutschland
Ort: E 313


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Präsentationen

Institutionell-organisationale Spielräume von Volkshochschulen im Kontext gesetzlicher, verbandlicher und kooperativer Konstellationen

Chair(s): Matthias Alke (Eberhard Karls Universität Tübingen, Deutschland)

Volkshochschulen als zentrale Einrichtungen der öffentlich verantworteten Erwachsenenbildung sind durch institutionelle Rahmenbedingungen wie etwa landesspezifische Gesetze, administrative Vorgaben oder unterschiedliche Rechtsträgerschaften, durch die Eingebundenheit in Verbandsstrukturen und vielfältige (über-) regionale Kooperationsbeziehungen sowie wirtschaftliche und digitalisierungsbezogene Anforderungen geprägt, die einen spezifischen, aber keinesfalls eindeutigen Handlungsrahmen hervorbringen (Schemmann 2020). Zwar obliegt dem hauptberuflichen Leitungs- und Planungspersonal an Volkshochschulen in der Umsetzung des öffentlichen Bildungsauftrag (relative) Planungsautonomie, jedoch bedürfen die Handlungs- und Entscheidungsspielräume, die sich aus den genannten Rahmenbedingungen, Vorgaben, Verbands- und Kooperationsbeziehungen ergeben, immer auch der Auslegung und Aushandlung (Alke & Graß 2019). Eben hierhin konkretisiert sich die beschriebene „umkämpfte Autonomie des Feldes“ der Erwachsenenbildung (Forneck & Wrana 2006).

Vor diesem Hintergrund werden im Panel die angedeuteten Facetten institutionell-organisationaler Spielräume von und in Volkshochschulen genauer in den Blick genommen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem hauptberuflich pädagogischen Planungs- und Leitungspersonal: In drei Beiträgen werden Umgangsweisen und Spielarten mit gesetzlichen Vorgaben, verbandlichen Strategien, Anforderungen an die Digitalisierung sowie innerhalb von Kooperations- und Konkurrenzverhältnissen auf der Grundlage empirischer Befunde aus aktuellen (Qualifizierungs-) Projekten thematisiert.

Das Ziel des Panels besteht darin, die unterschiedlichen methodologischen und theoretischen Herangehensweisen der drei Beiträge (historiographische, diskurs- und netzwerkanalytische Zugänge) im Hinblick auf ihr Analysepotential von institutionell-organisationalen Spielräumen vergleichend zu diskutieren, auch unter Gesichtspunkten zukünftiger Forschungsnotwendigkeiten und Implikationen für die Professionalitäts- und Organisationsentwicklung von Volkshochschulen sowie im Hinblick auf Bildungs- und Verbandspolitiken.

 

Beiträge des Panels

 

Spielräume der Stellenausgestaltung an Volkshochschulen. Zwischen traditionellen Berufsbildern und neuen Anforderungen

Laura Uhl
Eberhard Karls Universität Tübingen, Deutschland

Im Vergleich zu anderen Bildungsbereichen gibt es in der Erwachsenenbildung kaum rechtliche Vorgaben zu Berufszugängen oder Aufgaben des pädagogischen Personals. Die Stellenprofilierung liegt in der Hand der Anbieter selbst. Orientierung bieten jedoch idealtypische Berufsbilder, die in den 1960er/70er Jahren durch verbandliche und wissenschaftliche Akteure für das hauptberufliche Leitungs- und Planungspersonal entwickelt wurden (Gieseke 2018; Nittel 2000). Studien belegen, dass sich die Berufsbilder als Referenzmodelle insbesondere an Volkshochschulen schnell etablierten (Alke et al. 2023). In den letzten Jahrzehnten haben sich allerdings Anforderungen an Volkshochschulen u.a. durch die Einführung marktwirtschaftlicher Steuerungsinstrumente und die Digitalisierung gewandelt (Schrader 2011; Echarti et al. 2023).

Daran anknüpfend gehe ich in meinem Vortrag der Frage nach, wie Volkshochschulen ihre Spielräume in der Stellenausgestaltung nutzen, welche Bedeutung die idealtypischen Berufsbilder spielen und welche neuen Schwerpunkte gesetzt werden. Dazu stelle ich Befunde aus einem aktuellen DFG-Projekt vor, das die Formierung und den Wandel von Stellenprofilen im Volkshochschulbereich anhand einer historischen qualitativ-quantitativen Stellenanzeigenanalyse empirisch untersucht. Der Beitrag bezieht sich auf Stellenanzeigen für hauptberufliches Personal der Jahre 1995-2022 (n=3498). Ein besonderer Fokus liegt auf quantitativ zunehmenden Stellenprofilen, die auf die Bearbeitung von Querschnittsaufgaben und Spezialthemen fokussiert sind. Sie verdeutlichen, wie Volkshochschulen über die Entwicklung neuer Stellenprofile ihren Anpassungsdruck und notwendige Innovationsbedarfe bearbeiten. Die Ergebnisse leisten einen Beitrag zur bislang wenig untersuchten Diversifikation von Stellenprofilen im Kontext organisationaler Veränderungsprozesse. Da Volkshochschulen durch ihre Stellenprofilierungen anerkannte professionelle Standards im Feld beeinflussen, liefern sie zudem Anregungspotential für professionstheoretische Reflexionen.

 

Handlungsspielräume von Programmplanenden bei der Teilnehmendengewinnung: Kooperationsbeziehungen in der Alphabetisierung und Grundbildung

Julia Plechatsch, Ewelina Mania
Deutsches Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e.V., Deutschland

Die organisierte Weiterbildung ist seit jeher von Vernetzung und Kooperation mit inter- und intraorganisationalen Akteuren geprägt. Programmplanung als Vermittlung zwischen gesellschaftlichen Bedarfen, Adressat:innen und pädagogischem Auftrag zeigt sich als komplexes Spielfeld professionellen Handelns, das durch eine Vielzahl von Akteuren, Interessen und Beziehungen bestimmt wird (von Hippel et al. 2008). Auch für die Gewinnung von Teilnehmenden im Programmbereich Alphabetisierung und Grundbildung (AuG) gilt Vernetzung und Kooperation mit verschiedenen Akteuren als wesentliche Strategie (Alke 2023). Unklar ist bisher, welche inter- und intraorganisationalen Akteure im Bereich der AuG einbezogen werden.

Im Rahmen des Beitrags geht es um die Frage, wie Programmplanende in der Praxis vorgehen, um Lernangebote im Bereich AuG zu entwickeln und Teilnehmende zu gewinnen. Dabei steht im Fokus, über welche Handlungsspielräume Programmplanende in Volkshochschulen verfügen und welche Akteure dabei wie eingebunden werden. Dazu nehmen wir eine netzwerkanalytische Perspektive ein, die die relationalen Beziehungen der Akteure in den Fokus rückt (Gruber et al. 2016).

Die empirische Grundlage bilden 13 Expert*inneninterviews mit Programmplanenden des Bereichs AuG an Volkshochschulen. Im Rahmen der Interviews werden unter Verwendung von Netzwerkkarten egozentrierte Netzwerke erhoben (Gamper 2020). Die Datenauswertung erfolgte im Anschluss an die qualitative Inhaltsanalyse. Ausgehend von Granovetters Theorie (1973) der starken und schwachen Beziehungen werden die Kooperations- und Beziehungsstrukturen zwischen den Programmplanenden und den für sie relevanten Akteuren herausgearbeitet, wobei Aspekte wie Nähe, Häufigkeit oder Dauer des Kontakts im Zentrum stehen (Marsden & Campbell 1984).

 

Zwischen Spielfeld und Kampfplatz. Das Ringen um Teilnehmende im Digitalen an der Volkshochschule

Stephanie Freide
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland

Die Frage danach, wie Adressat*innen erreicht werden können, wird in der Erwachsenen- und Weiterbildung bisher vor allem von der Tätigkeit des Planens und dessen Materialisierung zu Angeboten und Programmen beantwortet. Dabei wird Erwachsenen- und Weiterbildung als ein Nebeneinander von Anbietern entworfen, die sich von ihrem jeweiligen geographischen Standort aus darum bemühen, anschlussfähig an die Bedarfe und Bedürfnisse der Adressat*innen einer bestimmten Region zu sein (Fleige et al. 2018). Mit der Möglichkeit ortsübergreifender Präsentationen sowie Durchführungen von Bildungsveranstaltungen im Digitalen, entgrenzt sich jedoch die regionale Ausrichtung von Anbietern und ihren Adressat*innen (Rohs & Lacher 2023). Dadurch werden die bisherigen Strategien zur Gewinnung von Teilnehmenden infrage gestellt und die Art und Weise, wie Anbieter ihre Existenz sichern, herausgefordert.

Um zu verstehen, wie sich dies vollzieht, schlage ich in meinem Vortrag einen Perspektivwechsel auf die Praxis des Anbietens vor. Dabei konstruiere ich mit der Feldtheorie Bourdieus (1976), die ich mit Aspekten der Gouvernementalitätstheorie Foucaults (1978, 1979) verbinde, Anbieten als Spiel um das Erreichen von Adressat*innen, um dessen Ausgestaltung und damit einhergehende Feldpositionen die Akteure der Erwachsenen- und Weiterbildung kämpfen. Der spezifischen Ausprägung dieses Spiels durch den Einsatz von Digitalisierung gehe ich am Beispiel der Volkshochschulen nach: Auf der Grundlage meines abgeschlossenen diskursanalytischen (Wrana 2015) Dissertationsprojekts werde ich zeigen, wie die digitale Plattform vhs-Kursfinder als Spielzug eingesetzt wird, mit dem die Autonomieansprüche der Volkshochschulen zugunsten eines einheitlichen Ganzen infrage gestellt und ihre Adressat*innen als souveräne User*innen konstruiert werden, die immer schon wissen (sollen), was sie suchen bzw. finden wollen.



 
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Veranstaltung: DGfE-Sektionstagung EB 2025
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