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Sitzungsübersicht
Sitzung
Session 4c: Einzelbeiträge zur biografischen Relevanz von Bildungsprozessen
Zeit:
Mittwoch, 17.09.2025:
9:00 - 10:45

Ort: E 414


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Präsentationen

Spielräume zur Selbstbildung im Bevölkerungsschutz: Erschließung und Analyse von Onlineressourcen einer Pedagogy of the public

Sophie Lacher

Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau, Deutschland

Angesichts der weltweit zunehmenden Katastrophen gewinnt der Bevölkerungsschutz an Bedeutung, wobei von den Bürger*innen eine Verbesserung ihrer Selbstschutzfähigkeit als Basis des Bevölkerungsschutzes gefordert wird (BBK, 2020). Damit sind Bildungsfragen adressiert, die unter der Perspektive einer Public Pedagogy (Biesta, 2014) diskutiert werden können. Mit Bezug auf eine Disaster Education (z.B. Preston 2012) lassen sich dabei drei Perspektiven unterscheiden: Eine „Pedagogy for the public“, eine „Pedagogy of the public“ sowie eine „Pedagogy in the interest of publicness“ (Biesta, 2014). In Deutschland zeigen sich neben staatlichen Angeboten, welche sich im Sinne einer „Pedagogy for the public“ in informativer oder erzieherischer Absicht (Klinge et al., 2023) an die erwachsene Bevölkerung wenden, auch Formen einer „Pedagogy of the public“, indem im Rahmen partizipativer, selbstorganisierter Lernprozesse Bürger*innen Informations- und Lernressourcen entwickeln, anbieten und darüber in den Austausch treten (Kitagawa, 2017). Ein typisches Beispiel dafür ist die Prepper-Community (Genner, 2021), welche sich mit Fragen der Vorsorge für Katastrophen beschäftigt. Daraus ergeben sich die Fragen, welche Spielräume zur Selbstbildung sich Bürger*innen im Bevölkerungsschutz erschließen, wie sie gestaltet werden und welche (politischen und kommerziellen) Einflüssen sich erkennen lassen.

Neben Zeitschriften und Ratgeberliteratur existieren insbesondere vielfältige Angebote im Internet. Für deren Erschließung und Analyse sind Ansätze der Programmforschung (Käpplinger et al., 2023) nicht geeignet, sodass hier neue Wege der Erwachsenenbildungsforschung erschlossen werden müssen. So wurde ein Webscraping (Kdher, 2021) zur Datenextraktion verwendet. Die Kategorisierung der extrahierten Daten erfolgte automatisiert mithilfe eines KI-Workflows. Anschließend wurde die Datenauswertung mithilfe von gängigen Python-Bibliotheken (https://www.python.org/) sowie Text Mining (Lemke & Wiesmann, 2016), insbesondere verschiedenen Topic Modelling-Ansätzen (LDA + GPT-basiert) (Kirilenko & Stepchenkova, 2025) realisiert. Auf diesem Wege wurden die Informations- und Lernressourcen identifiziert, erfasst und differenziert analysiert. Die Ergebnisse bieten eine Kategorisierung sowie ein thematisches Clustering der Online-Ressourcen, wodurch Spielräume der Selbstbildung der Bevölkerung im Bevölkerungsschutz transparent gemacht werden können.



Bildungs-Spielräume im Ehrenamt: Individuelle und kollektive Mehrwerte gestalten

Sebastian Lerch, Henrik Weitzel

Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland

Bürgerschaftliches Engagement (vgl. Engagementverständnis der Enquete Kommission von 2002) ist eine zentrale Form gesellschaftlicher Partizipation, die individuelle und kollektive Lern- und Transformationsprozesse anstößt. Es bietet Älteren eine gesellschaftliche Ressource (vgl. Simonson et al. 2014) und Jüngeren sinnstiftende Erfahrungen sowie neue soziale Kontakte (vgl. Wegweiser Bürgergesellschaft 2001). Es vereint vielfältige Motive und Lernbegründungen (vgl. Holzkamp 2005; Lerch 2021) und fördert Kompetenzentwicklung sowie Lernen bei Jugendlichen (vgl. Düx et al. 2009) & Erwachsenen (vgl. Scharnberg 2021).

Unser Forschungsprojekt „LIMES = Lernen im Ehrenamt stärken“ (Förderung: Mainzer Wissenschaftsstiftung) untersucht Mehrwerte durch Engagement und Potenziale von Service-Learning-Ansätzen an Hochschulen. Theoretische Analysen und empirische Erhebungen (qualitative Interviews mit Studierenden, Service-Learning-Stellen und Expert:innen im Feld des Ehrenamts) bilden die Grundlage unserer Analyse.

Unser Beitrag greift die Tagungsthematik "SPIELräume" auf, indem er Handlungsspielräume und strukturelle Bedingungen des Ehrenamts reflektiert und sowohl Potenziale als auch Restriktionen diskutiert.

Unsere Analyse fokussiert drei zentrale Spielräume:

1. Subjektives Erleben im Ehrenamt

Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Transformationen untersuchen wir, wie Engagierte ihr Handeln deuten und welche Bedeutung sie ihrem Engagement zuschreiben. Welche Rolle spielen eigene biographische Erlebnisse, eigene Motivationen und generell der Wille zur persönlichen und gesellschaftlichen Veränderung?

2. Reflexivität und gesellschaftliche Verortung

Engagement als Raum der Selbstbildung und ermöglicht soziale Reflexion. Wir analysieren die Wechselwirkung individueller Handlungsoptionen mit normativen und institutionellen Bedingungen. Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung für oder gegen bestimmtes Engagement? Wie trägt es zur Reproduktion oder Transformation gesellschaftlicher Strukturen bei?

3. Engagement als Raum des Lernens

Engagement verbindet formale, non-formale und informelle Lernprozesse. Wir untersuchen die durch Engagement generierten Kompetenzen und deren Transfer in individuelle und kollektive Wissensbestände.

Wir beleuchten die Wechselwirkungen zwischen individuellem Lernen, gesellschaftlicher Positionierung und strukturellen Rahmenbedingungen und leisten einen empirisch fundierten Beitrag zur Diskussion über Ehrenamt als Bildungs-Spielraum.



Im Spiel Erwachsen(e)sein und -werden: Playing Arts in offenen Netzwerken als biografische Bildungsofferten für Erwachsene

Wiebke Lohfeld, Dorothée Böcker

Universität Koblenz, Deutschland

Der Beitrag wird sich aus einer anthropologischen Perspektive der „modernen Figur des Erwachsenen“ (Napoles et.al.2021) nähern, dessen Herausforderungen nicht nur in der modernen Lebenskunst angelegt, sondern auch in ihr zu bewältigen sind. Der Erwachsene wird in einem rasanten Tempo (Rosa) in einer permanenten Flexibilisierungsanforderung mit stetigen Neuanfängen, dem Druck zur experimentellen Selbstverwirklichung skizziert, wobei die Risikohaftigkeit betont wird (vgl. Schemmann/Zirfas 2021: 14). Nach Baumann (2016) stecke der Erwachsene in einem Spiel zwischen stetiger Findung und Neuerfindung des Selbst fest, das er zu einem Gelingen „über starke und anspruchsvolle Gemeinschaften, die die Emanzipation des Einzelnen als sinnvoll erklären“ (zit. in: Schemmann/Zirfas 2021: 14) einzig erreichen und absichern könne.

Was liegt näher, als von Seiten der Pädagogik Lösungen in Bildungsangeboten mit Konzepten der Erwachsenenbildung zu bieten, die sich als mehr denn tragfähig erwiesen hat? Neben den daraus erwachsenen institutionellen Angeboten, scheint uns evident, dass es an der notwendigen Selbstbestimmung des Erwachsenen auch eine private Sphäre der biografischen Bewältigung moderner Lebensanforderungen gibt, in der sich das Erwachsensein und -werden reflektiert. U.E. liegt im Spiel ein das Potential für die Justierung, Aufrechterhaltung und Bildung des autonomen Subjekts (Kant). Allerdings ist die Freiwilligkeit des Spiels zugrundezulegen, und zwar in Netzwerken sich vergemeinschaftender Einzelner. Wir wollen in unserem Beitrag den Normativen eines anthropologisch skizziertes Bilds vom Erwachsenen mit dem Ansatz Playing Arts kontrastiv begegnen und dessen im Spiel künstlerisch-experimentell vorgehender Lebenskunst sowohl in Bezug auf seine Offenheit im Netzwerkcharakter als auch seiner Verbindlichkeit zu einer Phänomenologie des Spiels kritisch befragen. Dafür wird 1) der theoretische Hintergrund aufgefächert, 2) der Ansatz Playing Arts vorgestellt, 3) ein Best Practice Beispiel ins Zentrum gerückt, 4) diese Praxis als biographische Bildungsofferte gerahmt und 5) dem riskanten Unternehmen dieses Beitrags am Ende mit einem Resumé über das Spiel Erwachsener in Zeiten gesteigerter Unsicherheit(en) eine Lanze gebrochen mit einem Plädoyer für ein Reüssieren des Spiels als Entwicklungsmotor biographischer Selbstbildung im Kontext von Erwachsenen(Selbst)bildung (Lohfeld 2014).



 
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