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Sitzungsübersicht
Sitzung
Session 4b: Inklusion und Erwachsenenbildung
Zeit:
Freitag, 27.09.2024:
9:00 - 10:30

Chair der Sitzung: Katharina Pongratz, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Ort: S06 S00 B41

80 Plätze

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Präsentationen

Teilhabe durch „Glück“ und „Zufall“? Ein Beitrag zur Teilnahme von Menschen mit Behinderungen an erwerbsbezogener Weiterbildung

Nina Wenger

Universität Zürich, Schweiz

Die Frage der Partizipation wird in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung (EB/WB) seit Endes des 19. Jahrhunderts anhand der Adressat:innen- und Zielgruppenforschung untersucht, wobei das Interesse an (Nicht-) Teilnahme beispielweise mittels Habitus- und Milieukonzepten bzw. sozialer Selektivität analysiert (Bremer, 2007) und mit Ideen der sozialen Inklusion verbunden ist (Schreiber-Barsch, 2019, S. 10). In den 1970er-Jahren wurden zwar auch Menschen mit Behinderungen als Zielgruppe anerkannt, allerdings meist von Bildungsangeboten klassischer Sonderinstitutionen (Heimlich & Behr 2018, S. 1211). Trotz der steigenden Bedeutung des Lebenslangen Lernens (Kraus, 2022) und der Umsetzung der UN-BRK (York & Jochmaring, 2021), gibt es bisher nur wenige Studien zu inklusiver EB/WB und diese zeigen eine weniger häufige Teilnahme von Menschen mit Behinderungen (Schreiber-Barsch & Rule 2021, S. 552; SKBF 2023, S. 357). Der Forschungsstand dazu, wie Erwachsene mit Behinderungen ihre individuellen Bildungsverläufe gestalten ist gering (Köpfer et al., 2021).

In diesem Dissertationsprojekt wird deshalb die Frage untersucht, wie Menschen mit Beeinträchtigung ihre Erwerbsbiografie gestalten. Dafür wurden problemzentrierte Leitfadeninterviews mit narrativem Einstieg (Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2014) analysiert, welche im Rahmen des Forschungsprojekts „Governance: Cohesion and Context (GoCC)”, einem Teilprojekt des Innosuisse-Flagships „Swiss Circular Economy of Skills and Competences (SCESC)“ mit in der Schweiz erwerbstätigen Menschen geführt wurden. 13 Interviews von Menschen mit selbstdeklarierter Beeinträchtigung (verschiedene Diagnosen) und unterschiedlichen Behinderungserfahrungen (eigene Relevanzsetzung) wurden mittels Grounded Theory (Strauss & Corbin, 1996) ausgewertet. Als wichtige Elemente zur Gestaltung der Erwerbsbiografie wurden Unterstützungsstrukturen und Schlüsselpersonen für die Zugänge sowie Entscheidungs- und Bewältigungsstrategien für die Übergänge zu erwerbsbezogener Bildung und Erwerbstätigkeit identifiziert. Das zentrale Phänomen sind die Spielregeln: Wenn Menschen mit Behinderungen diese kennen, könnten sie sich Zugänge aktiv verschaffen und Übergänge gezielt bewältigen. Die Spielregeln können durch die Teilnahme an erwerbsbezogener Bildung und Erwerbstätigkeit angeeignet werden, paradoxerweise sind sie jedoch zugleich die Voraussetzung dafür. Im Beitrag sollen die Ergebnisse mit Fokus auf erwerbsbezogene WB im Detail vorgestellt und diskutiert werden.



ENTFÄLLT: Erwachsenenbildung als Möglichkeit zur Teilhabe für Menschen mit geistiger und komplexer Behinderung

Caren Keeley

Universität zu Köln, Deutschland

Seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention haben Menschen mit Behinderung das Recht auf Teilhabe an allen Bereichen der Gesellschaft. Dies gilt auch für das Recht auf Bildung, das in seiner Bedeutung für eine ermöglichende Teilhabe konkretisiert und gestärkt wurde (Bgbl, 2008).

Die Relevanz von Bildung als Möglichkeit zur Teilhabe, konstituiert sich dadurch, dass „Bildung [es] ermöglicht (…), an unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft und Gemeinschaft teilzuhaben, das Zusammenleben mitzugestalten, mitzureden, sich einzumischen, Individualität zu leben, mitzuerleben, was in der Welt geschieht“ (Sonnenberg 2017, 12). Versteht man Bildung also als Möglichkeit zur (Selbst-)Befähigung, die durch Bildungsprozesse initiiert wird, kann die Welt subjektiv erschlossen und so eine Teilhabe an dieser für die einzelne Person realisiert werden. Bildung ermöglicht demnach Teilhabe und Teilhabe ermöglicht wiederum Bildung (Keeley, 2018), was die Notwendigkeit der Möglichkeit eines lebenslangen Lernens hervorhebt.

Im Kontext der Erwachsenenbildung, die zur Umsetzung dieses (Menschen-)Rechts aufgefordert ist, zeigt sich allerdings ein großes Desiderat, wenn es um die Beteiligung von Menschen mit geistiger und komplexer Behinderung geht. Trotz einer Ausweitung von inklusiven Bildungsmöglichkeiten und spezifischen Angeboten der Träger der Eingliederungshilfe (Heimlich & Behr, 2018; Babilon, 2018), mangelt es weiterhin sowohl an theoretischen und didaktischen Überlegungen als auch an praxisorientierten Handlungskonzepten für diesen Personenkreis (Babilon, 2018; Lauber-Pohle, 2019).

Für die weitere Entwicklung ist eine interdisziplinäre Betrachtung notwendig und gewinnbringend, die sowohl die Disziplinen der allgemeinen Pädagogik als auch spezifisch die, der Sonder- und Heilpädagogik berücksichtigt. Die Prinzipien und Handlungsansätze der „allgemeinen“ Erwachsenenbildung und die didaktisch-konzeptionellen Grundlagen aus der Heil- und Sonderpädagogik, können dabei einen Rahmen bieten, der die Zusammenführung und (Weiter-) Entwicklung einer Erwachsenenbildung für alle Menschen unterstützt.

Auf dieser Grundlage lassen sich Merkmale ableiten, die bei der Gestaltung von Angeboten einer inklusiven Erwachsenenbildung mitgedacht und berücksichtigt werden sollten, wenn diese explizit auch Teilhabemöglichkeiten für Menschen mit geistiger und komplexer Behinderungen ermöglichen soll.



Partizipative Forschung zur digitalen Teilhabe von Menschen mit Behinderung – „Nicht ohne uns über uns!“

Sabrina Lorenz, Thomas Schley

Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) gGmbH, Deutschland

Menschen mit Behinderung sind überdurchschnittlich oft von digitaler Ausgrenzung betroffen (Scholz et al. 2017; Haage & Bosse 2019), v.a. Menschen mit psychischer und/oder kognitiver Behinderung (sog. ‚digital disability divide‘, u.a. Sube & Sonnenschein 2022). Verursacht wird dies bspw. durch die Technisierung von Routinetätigkeiten, eine schneller werdende Arbeitswelt, steigende Komplexität von Arbeitsprozessen oder zunehmende digitale Information- und Reizüberflutung.

Das Projekt digitaleTeilhaBe des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung (f-bb), gefördert im Rahmen der INSIGHT-Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, konnte gemeinsam mit Betroffenen Barrieren und Handlungsmöglichkeiten für eine gelingende Nutzung digitaler Medien in Bildungs- und Arbeitsprozessen identifizieren (Kreuder-Schock et al. 2024, Lorenz et al. 2023).

Ein wichtiger Ansatz im Projekt war, Menschen mit Behinderung direkt zu befragen: So wurden eine Online-Erhebung (n=136, davon n=75 Menschen mit Behinderung) sowie qualitative Interviews mit Menschen mit psychischer und/oder kognitiver Behinderung (n=8) durchgeführt. Herzstück des partizipativen Forschungsdesigns waren drei Zukunftswerkstätten (je n≈20), die sich den Barrieren, Wünschen und Handlungsansätzen digitaler Teilhabe widmeten (Jungk & Müllert 1989). Die Teilnehmerschaft war sehr heterogen, es nahmen sowohl Menschen mit Körper-/Sinnesbehinderung als auch mit psychischer und/oder kognitiver Behinderung teil. Neben den Betroffenen als Expertinnen und Experten in eigener Sache nahmen auch Vertretende von Leistungsträgern, -erbringern, Bundes- und Landesministerien, Verbänden sowie weitere Akteure im Bereich Inklusion und Bildung teil.

Diese heterogene Zusammenstellung birgt Herausforderungen, da Barrierefreiheit allumfänglich berücksichtigt werden muss. Dies betrifft z.B. die Auswahl des Veranstaltungsortes, die Medienwahl für Menschen mit Seheinschränkung, die Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetschenden, die Verwendung von einfacher Sprache sowie Workshopmethoden oder die Erhöhung von Pausenzeiten zur Erhaltung der Konzentrationsfähigkeit. Derartige partizipative (Forschungs-)Methoden sind in Zukunft unerlässlich, da Teilhabe, Passgenauigkeit und Zielgruppenadäquanz nur durch die aktive Einbindung von Betroffenen gestaltet und erreicht werden kann.

Im Beitrag werden Erkenntnisse zur Durchführung partizipativer Forschung und Entwicklung von Tools und Bildungssettings sowie Workshops vorgestellt.



 
Impressum · Kontaktadresse:
Veranstaltung: DGfE-Sektionstagung EB 2024
Conference Software: ConfTool Pro 2.8.105+CC
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