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Sitzungsübersicht
Sitzung
Session 4a - Panel: Teilnehmen als soziale Praxis
Zeit:
Freitag, 27.09.2024:
9:00 - 10:30

Chair der Sitzung: Katrin Kraus, Universität Zürich
Chair der Sitzung: Christiane Hof, Goethe Universität Frankfurt
Ort: S06 S00 B29

96 Plätze

Zusammenfassung der Sitzung

Partizipation an Erwachsenenbildung/Weiterbildung wird häufig auf die teilnehmenden Personen fokussiert. In den Blick kommen dann individuelle Motive, Interessen und Orientierungen oder sozial-strukturelle bzw. ökonomische Bedingungen (z.B. Milieuzugehörigkeiten). Im Mittelpunkt steht die Frage nach der Bedingtheit und den konkreten Bedingungen einer Entscheidung für oder gegen eine Teilnahme.

Im Horizont praxistheoretisch orientierter Perspektiven (u.a. Reckwitz, 2003; Schäfer, 2016) zeigt sich Teilnehmen jedoch nicht als ein (mehr oder weniger ausgedehntes) Ereignis, sondern als ein zukunftsoffener, sich von Moment zu Moment entfaltender Prozess. Anstelle der mit dem Teilnehmen verbundenen Intentionen der Teilnehmenden oder der Professionellen werden die (wahrnehmbaren) körperlich-situierten und sozial eingebundenen Verhaltensweisen der Beteiligten in den Blick genommen. Soziale Praktiken lassen sich dabei verstehen als „nexus of doings and sayings“ (Schatzki, 1996, S. 89) bzw. als Verbindung von Aktivitäten (doings), Sprachspielen (sayings) und Beziehungen (relatings) (Kemmis et al., 2014). Anschließend an diese praxeologische Theoriekonzepte wird es möglich, das Teilnehmen an Weiterbildung als eine Vollzugswirklichkeit zu untersuchen, die mit Möglichkeiten des Teilhabens interferiert. Teilnehmen an Weiterbildung wird als Moment sozialer Praktiken beschreibbar, die spezifische Handlungs- und Partizipationsmöglichkeiten eröffnen oder eben ausschließen: „Which learning opportunities are afforded at these locations depend on the practices that are carried on at them” (Schatzki, 2017, S. 30). Eingelagert sind diese Praktiken dabei in symbolische Ordnungen von Wissen und Tun, d.h. sie sind immer Teil gesellschaftlicher Praktiken der Eröffnung und des Verwehrens von Teilnahme und Teilhabe.

Das geplante Panel dient dazu, ausgehend vom Phänomen des Teilnehmens, Möglichkeiten einer praktikentheoretischen Beschreibung des Geschehens in ‚sites’ (Schatzki, 2002), der Erwachsenenbildung und des Lernens Erwachsener aufzuzeigen und miteinander ins Gespräch zu bringen, um so Möglichkeiten und Grenzen dieses Ansatzes für eine Auseinandersetzung mit dem Teilnehmen in der Erwachsenenbildung in Bezug auf das Teilhaben auszuloten. Dies geschieht vor dem Hintergrund der Beobachtung, dass Praxistheorie nicht eine Theorie ist, sondern eher von einer Theoriefamilie auszugehen ist. Die Beiträge des Panels werden daher ihren jeweiligen theoretischen Zugang zu Praktiken des Teilnehmens erörtern und mit Bezug zu empirischen Befunden die Bedeutung und den Ertrag dieser Perspektive für das Verständnis von Teilhabe durch Teilnahme herausarbeiten.

Literatur

Kemmis, S. et al. (2014). Changing Practices, Changing Education. Singapore: Springer.

Reckwitz, A. (2003). Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken. Zeitschrift für Soziologie, 32, 282–301.

Schäfer, H. (Hrsg.). (2016). Praxistheorie: Ein soziologisches Forschungsprogramm (1. Aufl.). transcript Verlag. https://doi.org/10.14361/9783839424049 [Titel anhand dieser DOI in Citavi-Projekt übernehmen]

Schatzki, T.R. (1996). Social practices. A Wittgensteinian approach to human activity and the social. Cambridge: Cambridge Univ. Pr.

Schatzki, T. R. (2002). The site of the social: A philosophical account of the constitution of social life and change. University Park: Pennsylvania State University Press.

Schatzki, T.R. (2017). Practices and Learning. In P. Grootenboer, C. Edwards-Groves & S. Choy (Eds.), Practice theory perspectives on pedagogy and education. Praxis, diversity and contestation (pp. 23–43). Singapore/Heidelberg/New York/Dordrecht/London: Springer.


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Präsentationen

Praktiken der Weiterbildungsteilnahme

Katrin Kraus

Universität Zürich, Schweiz

Aus Sicht von Teilnehmenden ist die Teilnahme an Weiterbildung ein Prozess mit verschiedenen Etappen (vgl. Projekt „Governance: Cohesion and Context (GoCC) / Cohesion: Individuelle Bildungsentscheidungen und die Gestaltung der eigenen Erwerbsbiographie). Im Fall der Teilnahme an erwerbsbezogener Weiterbildung wird sie mit Bezug zu den beiden Handlungskontexten Erwerbstätigkeit und Weiterbildung mit ihren unterschiedlichen Anforderungen prozessiert. Die dabei herausgebildeten Praktiken – verstanden als „the ‚smallest unit‘ of social theory“ (Reckwitz, 2002, S. 245) – lassen sich mit praxeologischen Ansätzen fokussieren. Mit dem Ansatz des „doing transitions“ (Walther et al., 2020) können der allmähliche Vollzug des Statuswechsel zur:m Teilnehmer:in sowie die reversiblen Wechsel respektive die Verbindung der Status Teilnehmer:in und Erwerbstätige:r als Praktiken der Weiterbildungsteilnahme analysiert werden – auch in Bezug auf den Umgang mit divergierenden Anforderungen der beiden Kontexte. Alltagstheoretisch (Projektgruppe „Alltägliche Lebensführung“, 1995) geht es dabei nicht nur um die Integration von Weiterbildungsteilnahme in Alltagsroutinen, sondern um eine performative (Re)Produktion gesellschaftliche Strukturen der Weiterbildungsteilnahme durch solche Praktiken. Damit eröffnen sich Analyseperspektiven, die sowohl die Prozesshaftigkeit wie die Eingebundenheit von Teilnahme in gesellschaftliche Strukturen theoretisch wie empirisch zugänglich machen.



Teilnahme an arbeitsbezogenen Praktiken als Rahmen für Lernprozesse außerhalb formaler Kontexte

Christiane Hof

Goethe Universität Frankfurt, Deutschland

Betrachtet man Lern- und Bildungsprozesse außerhalb pädagogisch gestalteter Lernumgebungen, ist Teilnahme nicht nur eine Entscheidung für und ein Lernen in (non)formalen Settings. Bezugnehmend auf das Konzept des lebenslangen Lernens ließe sich Teilnahme vielmehr als Umsetzung von Lernaktivitäten, als doing learning konzipieren. Vor dem Hintergrund einer Studie zu Lern- und beruflichen Entwicklungsprozessen von Frauen in sog. MINT-Berufen soll im Beitrag Lernen im Rahmen der Teilnahme an beruflicher Praxis untersucht werden.

Die empirische Erhebung der Erfahrungen der Frauen dient als Grundlage für die Identifikation von sozialen Praktiken, welche die berufsbezogene Entwicklung der Frauen fördern bzw. behindern. In diesem Sinne verweist die Teilnahme an arbeitsbezogenen Praktiken auch auf Entwicklungsmöglichkeiten der Mitarbeitenden (Lizier et al. 2023) – wobei Lernen im Anschluss an Jean Lave (2019) nicht nur als eine Aneignung von in den Communities of Practice relevantem Wissen und Können zu verstehen ist. Vielmehr ist Lernen eingebettet “in the medium of participants’ partial participation in ongoing, changing social practice” (ebd., p. 129). Das impliziert, dass durch die Teilnahme nicht nur das Wissen und die Identität der Teilnehmenden, sondern auch die Aktivitäten der Teilnehmenden und damit die soziale Praxis verändert wird.

Die empirische Rekonstruktion der Erfahrungen der Teilnahme an arbeitsbezogenen Praktiken eröffnet die Möglichkeit, sich dem komplexen Zusammenhang von Lernen bzw. Bildung und Teilnahme anzunähern.



Lernen im Vollzug des Teilnehmens

Jörg Dinkelaker

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland

Lernen im Vollzug des Teilnehmens

Das Teilnehmen an Bildungsveranstaltungen ist mit dem Zweck verknüpft, etwas zu lernen. Über diese Annahme konstituiert sich die „teleo-affektive Struktur“ (Schatzki 2002) dieser Praxis. Begreift man Teilnehmen als Moment einer materiell situierten, leiblich aufgeführten, sozialen Praktik, stellt sich daher die Frage, inwiefern und wie ein solches Lernen im Vollzug des Teilnehmens beobachtbar gemacht wird (Dinkelaker 2007). Anhand von Videoaufnahmen von Veranstaltungen der Erwachsenenbildung wird im vorgeschlagenen Beitrag gezeigt, wie individuelles Lernen im Zusammenspiel der aufeinander bezogenen körperlichen Bewegungen der Anwesenden als eine soziale Realität gemeinsam hervorgebracht wird (Dinkelaker 2016). Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang Bewegungen des Zu- und des Abwendens zu, sowie verbalen und nonverbalen Akten der Zuschreibung von Erfahrung, von Wissen und von Nicht-Wissen (Dinkelaker/Wyßuwa 2023). So lässt sich rekonstruieren, wie Teilnehmen an Bildungsveranstaltungen durch einen spezifischen Nexus von „doings“ und „sayings“ hervorgebracht wird.



 
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