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Session Overview
Session
Biopsychologische Perspektiven experimenteller Psychopathologie und Psychotherapie
Time:
Thursday, 19/June/2025:
2:30pm - 4:00pm

Location: 0.002 Z6

Hörsaal 2

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Presentations

Biopsychologische Perspektiven experimenteller Psychopathologie und Psychotherapie

Chair(s): Richter, Jan (University of Hildesheim, Germany)

Presenter(s): Richter, Jan (University of Hildesheim), Danböck, Sarah K. (University of Mannheim), Yang, Yunbo (University of Hildesheim), Meinert, Susanne (University of Münster)

Ergebnisse experimenteller Untersuchungen ermöglichen Aussagen über kausale Zusammenhänge zwischen dysfunktional geprägten biopsychologischen Prozessen und der Entstehung, Aufrechterhaltung und (psychotherapeutischer) Behandlung psychischer Störungen. Die explizite Berücksichtigung transdiagnostischer Phänomene sowie ausgeprägter Heterogenität innerhalb von Störungskategorien überwindet Forschungsbarrieren der traditionellen deskriptiv-klassifikatorischen Konzeption von Psychopathologie und ermöglicht die notwendige mechanismenbasierte Neu- und Weiterentwicklung psychotherapeutischer Methoden. Das Symposium gibt einen Überblick über aktuelle Forschungsergebnisse aus verschiedenen Störungsbereichen und unter Berücksichtigung diverser Indikatoren der biologischen Systemebene. Anhand der Ergebnisse aus dem BMBF-Forschungsverbund protect-AD mit über 700 Patient*innen leitete Jan Richter (Universität Hildesheim) die Bedeutung der experimentellen Psychopathologie und Psychotherapie für das biopsychologische Verständnis pathologischer Furcht- und Angstreaktionen und deren optimierten Expositionstherapie nach den Prinzipien des emotionalen Lernens ab. Anschließend stellt Sarah K. Danböck (Universität Mannheim) die mit funktioneller Nahinfrarotspektroskopie abgebildeten neuronalen Mechanismen veränderter visueller und auditiver Wahrnehmung bei induzierten leichten dissoziativen Zustände in 104 gesunden Probanden vor. Yunbo Yang (Universität Hildesheim) stellt danach die in einem neu entwickelten Paradigma erhobenen Verhaltens- und psychophysiologischen Korrelate (Hautleitfähigkeitsreaktion, elektromyographische Aktivität von Gesichtsmuskeln) affektiver expressiver Flexibilität bei 42 gesunden Teilnehmer*innen vor. In dem vierten Vortrag beantwortet Susanne Meinert (Universität Münster) die Frage, wie neurobiologische Veränderungen der Faserintegrität genutzt werden können, um neue Erkenntnisse übe die Behandlung depressiver Störungen zu gewinnen, indem sie Diffusions-Tensorbildgebungsdaten und kognitive Leistungsfähigkeit bei über 400 Patient*innen mit Depressionen in einer 2-Jahresverlaufsmessung mit denen von über 450 gesunden Probanden vergleicht. Die zusammenfassende Diskussion schließt mit der Vorstellung eines bei der DFG beantragten nationalem Forschungsnetz für experimentelle Psychopathologie und Psychotherapie.



Prinzipien der Furchtextinktion als Grundlage einer optimierten expositionsbasierten Psychotherapie pathologischer Angst und Furcht

Richter, Jan1; Hollandt, Maike2; Hamm, Alfons O.2

1University of Hildesheim, Hildesheim, Germany; 2University of Greifswald, Greifswald, Germany

Die bei Patient*innen mit Angststörungen zu beobachtenden klinischen Entitäten pathologischer Angst und Furcht können als dysfunktional geprägte Zustände eines dynamisch organisierten Defensivsystems entlang einer Dimension angenommener Nähe zu einer subjektiv erwarteten Bedrohung konzeptualisiert werden. Während Prozesse der Furchtkonditionierung bei der Pathogenese maladaptiver Assoziationen angenommen werden, stehen Prozesse der Furchtextinktion im Vordergrund aktueller Wirkmodelle expositionsbasierter Psychotherapie. Daher wurde im deutschlandweiten Forschungsverbund protect-AD in einer Stichprobe von 726 Patient*innen ein nach den Prinzipien des inhibitorischen Lernens optimiertes und transdiagnostisches Behandlungsprotokoll getestet. In ersten Prozessanalysen zeigte sich, dass die Veränderung von zentralen Befürchtungen dysfunktional angenommener Bedrohung innerhalb der Expositionstherapie als Teil des Lernprozesses den Therapieerfolg vorhersagte, aber sich stark zwischen den Patient*innen unterschied. Diese ausgeprägte Heterogenität zeigte sich auch in den begleitenden Laboruntersuchungen, in denen der Basisprozess der Furchtextinktion in einem für die translationale Forschung optimierten Lernparadigma moduliert wurde. Datenbasiert konnten 5 Lerngruppen extrahiert werden, die sich stark in der Lernperformance unterschieden. Der Vortrag stellt einen Überblick über die bisherigen Ergebnisse dar und diskutiert mögliche Implikationen einer optimierten Gestaltung psychotherapeutischer Interventionen. Abschließend werden die Erkenntnisse in eine biopsychologische Perspektive experimenteller Psychopathologie und Psychotherapie für Angststörungen eingeordnet und der Bedarf an einem bei der DFG zur Förderung beantragtem nationalen Forschungsnetzwerk abgeleitet.



Im Nebel – Neuronale Mechanismen Veränderter Visueller und Auditiver Wahrnehmung Während Akuter Dissoziation

Danböck, Sarah K.1; Meier, Maria2; Moffat, Jamie3; Böhrer, Victoria1; Braun, Fiona1; Heger, Jule1; Porstein, Isabel1; Westphäling, Marie1; Gerdes, Antje B.M.1; Alpers, Georg W.1

1Universität Mannheim, Germany; 2Universität Konstanz, Deutschland; 3Universität London, UK

Theoretischer Hintergrund: Dissoziative Symptome wie Depersonalisation (das Gefühl, von sich selbst losgelöst zu sein) und Derealisation (das Gefühl, von der Welt abgeschnitten zu sein) sind transdiagnostische Phänomene, die bei vielen psychischen Störungen auftreten. Basierend auf Theorien, klinischen Beobachtungen und Patientenberichten wird angenommen, dass bei akuter Depersonalisation/Derealisation die visuelle und auditive Wahrnehmung der Umgebung „gedämpft“ ist. Betroffene berichten zum Beispiel, dass ihre Umgebung „verschwommen“ oder „wie im Nebel“ erscheint und dass Geräusche „gedämpft“ oder „weit weg“ sind. Darüber hinaus wird häufig postuliert, dass Dissoziation zu Gedächtnisstörungen beiträgt, die durch eine gedämpfte Wahrnehmung vermittelt werden könnten.

Fragestellung: Die vorliegende Studie beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen Dissoziation, Wahrnehmung und Gedächtnisleistung.

Methoden: 104 gesunde Probanden führten kurze Aufgaben durch, um vorübergehende leichte dissoziative Zustände hervorzurufen. Anschließend sahen sie kurze Filmclips oder hörten Hörbücher, während ihre Hirnaktivität in visuellen und auditiven Regionen mittels funktioneller Nahinfrarotspektroskopie (fNIRS) aufgezeichnet wurde. Danach wurden sie zur Intensität der dissoziativen Symptome und ihrer Wahrnehmung während der Filmclips oder Hörbücher und zur Erinnerung an die Filmclips oder Hörbücher befragt.

Ergebnisse: Die Ergebnisse der prä-registrierten Analysen werden auf dem Symposium vorgestellt.

Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie könnte unser Verständnis darüber verbessern, wie sich Dissoziation auf die Sinneswahrnehmung und das Gedächtnis auswirkt, was möglicherweise zu einer verfeinerten Konzeptualisierung, Erfassung und Behandlung von dissoziativen Symptomen beitragen könnte.



Behavioral and Psychophysiological Correlates of Affective Expressive Flexibility (AEF) to Psychopathology

Yang, Yunbo

Institut für Psychologie, Stiftungsuniversität Hildesheim, Germany

Affective flexibility (AF), the ability to regulate one's own emotions flexibly and adaptively, plays a crucial role in adapting to the dynamic external environment and the regulation of internal (affective) allostasis. Inspired by the emotional conflict paradigm, we developed and evaluated a new experimental paradigm for AEF. Instead of judging the emotional expressions during neutral (neutral—sad) vs. congruent (happy—happy) vs. incongruent (happy—fear) conditions, our participants were primed by an emotional facial expression (happy, fear, sad or neutral) and asked to express the emotion denoted by a word (happy, fear or sad). While performing the AEF task, emotional facial expressions were video-recorded. Skin conductance response (SCR) and electromyographic activity (EMG) in the corrugator, elevator and zygomaticus muscles were measured. Participants rated the authenticity, intensity, emotional arousal, and difficulty in producing their emotional expressions. Among 42 participants, we observed congruency effects in all measures, including self and other ratings and EMG, i.e., congruent conditions (e.g., happy—happy) were performed faster, with greater mimic intensity and emotional involvement than incongruent conditions (e.g., sad—happy). Additionally, the participants revealed different levels of interference by incongruent conditions. We will report the construct and incremental validities of the AEF-task, comparing the behavioral and psychophysiological effects with questionnaires about state emotions, cognitive flexibility, emotion reactivity, competence, regulation, flexibility, and general, depressive and anxiety-related psychopathology. Using this innovative AEF-task, the behavioral and psychophysiological measures supplement the subjective report of affective flexibility and may contribute substantially to the understanding of this highly relevant construct for mental health.



Strukturelle Veränderungen der Faserstruktur als neurobiologisches Korrelat kognitiver Symptome bei depressiven Störungen

Meinert, Susanne

Institute for Translational Psychiatry, University of Münster, Germany

Kognitive Defizite, welche sich häufig mit dem Fortschreiten der Erkrankung verschlimmern, tragen wesentlich zu Beeinträchtigungen bei, unter denen Patienten mit Depressionen (MDD) leiden. Trotz ihrer klinischen Relevanz sind die Mechanismen, die diesen kognitiven Beeinträchtigungen zugrunde liegen, unzureichend verstanden, was eine wirksame Behandlung behindert. Querschnittsstudien deuten darauf hin, dass Veränderungen in der Faserintegrität zu kognitiven Symptomen beitragen können.

Diffusions-Tensorbildgebungsdaten (DTI), eine umfangreiche neuropsychologische Testbatterie und detaillierte klinische Diagnostik wurden für n=881 Teilnehmer (n=418 MDD, 36.78±13.35 Jahre, 274♀; n=463 gesunde Kontrollpersonen [HC], 35.60±13.48 Jahre, 295♀) mit einer 2-Jahres-Verlaufsmessung untersucht. Mittels linear mixed-effect models wurden Veränderungen der kognitiven Leistungsfähigkeit und der Faserintegrität zwischen MDD und HC verglichen. Es wurde untersucht, ob der depressive Krankheitsverlauf im Interscanintervall kognitive Symptome bei der Nachuntersuchung vorhersagte und ob die Faserintegrität diesen Zusammenhang mediierte.

Ergebnisse: Patienten mit MDD zeigten unabhängig vom Zeitpunkt mehr kognitive Defizite als HC (p<0.001, sr²=0.032). DTI-Analysen zeigten eine stärkere Abnahme der Faserintegrität über die Zeit bei Patienten mit MDD im Vergleich zu HC (ptfce-FWE=0.026, sr²=0.002). Darüber hinaus war eine Zunahme der kognitiven Defizite in beiden Gruppen signifikant mit dem Verlust der Faserintegrität über die Zeit assoziiert (ptfce-FWE<0.001, sr²=0.003). Veränderungen der Faserintegrität (p=0.003, β=0.071) und ein ungünstiger depressiver Krankheitsverlauf (p=0.002, β=-0.072) sagten unabhängig voneinander eine Zunahme kognitiver Beeinträchtigungen bei der Nachuntersuchung voraus.

Diese prospektive Kohortenstudie zeigt eine Verschlechterung der Faserintegrität im Laufe der Zeit bei Patienten mit MDD. Darüber hinaus unterstreichen die Ergebnisse die entscheidende Rolle der Faserintegrität und des Krankheitsverlaufs bei depressionsbedingten kognitiven Defiziten und machen beide zu prioritären Zielen für die zukünftige Behandlungsentwicklung.