Veranstaltungsprogramm

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht
Datum: Donnerstag, 21.09.2023
9:00 - 9:30Ankunft und Anmeldung
Ort: Geb. 2, Foyer
9:30 - 10:00Eröffnung der Tagung
Ort: Geb. 2, 1-3
  • Grußworte der Rektorin der FernUniversität in Hagen, Univ.-Prof.'in Dr.'in Ada Pellert
  • Grußworte des Prodekans der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften, Univ.-Prof. Dr. Michael Stoiber
  • Allgemeine Begrüßung durch die Tagungsorganisatorinnen, Univ.-Prof.‘in Dr.‘in Claudia de Witt und Univ.-Prof.‘in Dr.‘in Sandra Hofhues
10:00 - 10:45Keynote
Ort: Geb. 2, 1-3

"Die Sektion Medienpädagogik - Ein Blick zurück in die Zukunft"

Univ.-Prof. Dr. em. Stefan Aufenanger

Chair: Univ.-Prof.'in Dr.'in Claudia de Witt

10:45 - 11:15Ehrungen
Ort: Geb. 2, 1-3

Ehrung von Univ.-Prof. Dr. em. Ben Bachmair zum 80. Geburtstag

Laudatorin: Univ.-Prof.'in Dr.'in Claudia de Witt

Verleihung des Dissertationspreises der Sektion

Laudatoren: Univ.-Prof. Dr. em. Ben Bachmair und Univ.-Prof. Dr. em. Uwe Sander

Chair: Univ.-Prof.'in Dr.'in Sandra Hofhues

11:30 - 13:00Session 1 | gemeinsam eingereichte Beiträge
Ort: Geb. 8, B 121
Chair der Sitzung: Klaus Rummler

Medienpädagogische Entwürfe

 

Relational in medienpädagogische Zukünfte?

Patrick Bettinger1, Olga Neuberger2, Miguel Zulaica y Mugica3, Julian Ernst4

1Pädagogische Hochschule Heidelberg, Deutschland; 2Ruhr-Universität Bochum, Deutschland; 3Technische Universität Dortmund, Deutschland; 4Justus-Liebig-Universität Gießen, Deutschland

(Kurzfassung; Langversion siehe PDF) Das Konstrukt der Zukunft ist in hohem Maße als unbestimmt zu bezeichnen, stellt gleichermaßen aber auch eine wiederkehrende Figur hinsichtlich der Begründung des erzieherischen Tätigseins und somit ein oft implizites Legitimationsprinzip der Pädagogik dar. So soll sich etwa Bildung an für die Zukunft erwartete Anforderungen richten und auf Ungewissheit vorbereiten (Schiller 2022), Lernen zu einer sozial-ökologischen Transformation beitragen (Eicker et al. 2020) oder ‘kompetente Erziehung’ die Zukunft sichern (Schinkel 2019). Deutlich wird dabei: Zukunftsentwürfe sind dem pädagogischen Denken und Handeln offenbar inhärent. Das der Rede von der Zukunft innewohnende spekulative Moment verdeutlicht aber auch den prekären Charakter einer solchen Begründungsfigur, die bei aller prognostischer Finesse immer unbestimmt bleiben muss und insofern – ausgedrückt etwa in Form einer Rede von ‘Zukünften’ – stets ein kontingentes Spektrum unterschiedlicher Manifestationsmöglichkeiten umfasst. Dabei nimmt insbesondere – und gegenwärtig wohl mehr denn je – Technologie einen besonderen Stellenwert als sowohl gegenwärtige als wohl auch zukünftig prägende Kraft ein. Die der digitalen Medialität zugeschriebenen transformatorischen Potenziale erweisen sich auch im Hinblick auf die Diskussionen um (zukünftige) medienpädagogische Anschlüsse und grundlegenden Orientierungen als zentraler Punkt. In diesem Sinne lässt sich Digitalisierung als “Triebfeder für Strukturwandel in der Erziehungswissenschaft” (Bettinger 2020) verstehen.

Vor diesem Hintergrund befasst sich das Panel in Form von drei Beiträgen mit der Frage, inwiefern der ‘relational turn’ (Shults 2003) ein Wendepunkt für die (zukünftige) Ausgestaltung medienpädagogischer Theorie und Empirie sein kann. Beitrag 1 befasst sich mit relationale Subjekt- und Wissenskonzeptionen in anerkennungstheoretische Arbeiten sowie in den media- und memory studies. Beitrag 2 diskutiert unter Bezugnahme auf Überlegungen zur choreographierten Souveränität (Leineweber & Zulaica y Mugica 2022) Akteur*innenschaft und Relationalität aus einer gesellschaftstheoretischen Perspektive. Beitrag 3 widmet sich am Beispiel von algorithmischen Empfehlungssystemen phänomenologischen Erkundungen des Verstehens algorithmischer Empfehlungssysteme als eine relationale Perspektiven für die Medienpädagogik.

 
11:30 - 13:00Session 2
Ort: Geb. 3, H 004
Chair der Sitzung: Valentin Dander

Medienpädagogische Begründungen

 

Lifelogging auf YouTube in einer Kultur der Digitalität – medienkompetenzanalytische Perspektiven auf Körperinszenierungen

Bianca Burgfeld-Meise1, Lukas Dehmel2

1Fachhochschule Südwestfalen, Deutschland; 2Universität Paderborn

Unser Beitrag beschäftigt sich mit dem zeitgenössischen Medienphänomen des Lifelogging, verstanden als Praktiken, „menschliches Verhalten zu erfassen, indem alle Verhaltens- und Datenspuren aufgezeichnet, in einem Speicher abgelegt und zum späteren Wiederaufruf vorrätig gehalten werden“ (Selke 2014, 174). Dies können verschiedene Vorgänge sein, wie etwa Schritte per Smartphone zählen, Fotos oder Videos aufnehmen und teilen, Musiklisten anlegen usw. (vgl. ebd., 177ff.). Diese Praktiken ermöglichen es den Einzelnen, neue Perspektiven auf das eigene Selbst einzunehmen und sich distanziert zu beobachten (vgl. ebd., 188ff.). Lifelogging lässt sich als prototypische Praktik einer „Kultur der Digitalität“ (Stalder 2016) verstehen, in der die Individuen „mehr oder minder verbindlich fest[legen], wie sie zu sich selbst, zueinander und zur Welt stehen und an welchem Referenzrahmen sich ihr Handeln orientieren soll“ (ebd., 16f.).

Mit diesem Verhältnis von Selbst, Bezugsgruppe und Welt sind bereits Bildungsprozesse angesprochen. Diese werden wir aus der medienkompetenztheoretischen Perspektive Baackes herausarbeiten, indem wir die Potenziale eines medienpädagogischen „Klassikers“ für die Analyse eines aktuellen Medienphänomens ausloten. Baacke versteht „‚Kommunikation‘ und ‚Handeln‘“ als „unterschiedliche Modalitäten eines Grundzustandes des In-der-Welt-Seins“ (Baacke 1996, 118f.). Unser Beitrag fokussiert, welche ‚Modalitäten‘ des ‚In-der-Welt-Seins‘ sich im Kontext des Lifelogging zur ‚aktiven Weltaneignung‘ (s.o.) rekonstruieren lassen und welche Rückschlüsse sich auf die dafür notwendigen Fähigkeiten ziehen lassen. Dazu analysieren wir Lifelogging-Praktiken auf YouTube im Kontext von Inszenierungen und Protokollierungen des eigenen Körpers durch Fitnessvideos. Konkret werden wir ein Sample (bekannte/weniger bekannte Protagonst:innen) sichten und zwei Beispiele kontrastiv mittels „Webformat-Analyse“ (Schuegraf/Janssen 2017) untersuchen. Aus einer erziehungswissenschaftlich-kasuistischen Forschungsperspektive (vgl. Hummrich, 2016) geht es hier nicht um eine evidenzbasierte Generalisierung, sondern darum, die Einzelfälle vor dem Hintergrund allgemeiner kultureller Bedeutungsgefüge zu interpretieren und so am Beispiel der Körperinszenierungspraktiken auf YouTube zu allgemeinen Aussagen über Lifeloggingpraktiken aus der medienkompetenztheoretischen Perspektive Baackes zu gelangen. Diese reflektieren wir vor dem Hintergrund von Stalders (2016) Überlegungen zu einer Kultur der Digitalität.



Medienpraktiken erforschen mit fokussierten Medienethnographien. Vorschlag einer multimodalen Erhebungsmethode zur Analyse der Verwobenheit von Menschen und Medien in der Digitalität

Jane Mueller

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Deutschland

In Zukunft wird unser Leben „in all seinen Bereichen stärker als bisher von Digitalisierung, Technologisierung, Datafizierung, Hybridisierung und intensiveren Verschmelzungen von Menschen und Maschinen geprägt sein“ (Hofhues/de Witt 2023). Offen ist, inwiefern die Bedeutung unsichtbarer oder schwer zu durchschauender Prozesse, etwa in den Feldern von Datafizierung (Breiter/Hepp 2018) und Algorithmizität (Verständig et al. 2022), in solche Analysen einbezogen werden können. Interessant ist zudem, wie mediale Adaptivität und menschliches Tätigsein ineinanderwirken (etwa Schröder/Richter 2022). Vor diesem Hintergrund wird die Grundlegung eines selbstbestimmten Subjektes zunehmend in Frage gestellt (Kammerl 2017) und praxistheoretische Zugänge gewinnen an Bedeutung (Bettinger/Hugger 2020). Die Frage, wie diese Perspektive empirischen Analysen zugänglich gemacht werden kann, muss noch beantwortet werden. Um unbewusste, ungewollte Prozesse und die Beziehungen zwischen Menschen untereinander und zu Medien adäquat zu erfassen, braucht es empirische Zugänge, die über klassische – zumeist auf Sprache und Erinnerungen gestützte Verfahren – hinausgehen.

Im Vortrag wird mit der Erhebungsmethode der fokussierten Medienethnographien (Müller, in Vorbereitung) ein empirischer Feldzugang vorgestellt, die das Ziel verfolgt aktuellen Fragestellungen der Medienpädagogik gerecht zu werden. Der Ansatz kombiniert fokussierte (Knoblauch/Vollmer 2022) und medienethnographische Zugänge (u.a. Bender/Zillinger 2015) mit der Digital Ethnography (Pink 2016). Dabei finden wiederholt kurze, datenintensive Feldaufenthalte statt, in denen der Alltag von Menschen und in diesen eingeflochtene Medienpraktiken im Zentrum stehen. Kombiniert werden Beobachtungs- und (Trace-)Interviewtechniken (Dubois/Ford 2015) mit Netzwerktechniken und der Dokumentation bedeutsamer medialer Artefakte, um der Komplexität des Gegenstands zu begegnen. Im Vortrag werden Erfahrungen aus insgesamt 15 fokussierten Medienethnographien eingebracht, in welchen Jugendliche (14 bis 19 Jahre) an sechs Erhebungszeitpunkten in ihrem Alltag begleitet wurden. Dabei steht neben einer Darstellung der konkret eingesetzten Verfahren der Vergleich zu klassischen Leitfadeninterviews auf der einen Seite und der Erhebung reiner Onlinedaten auf der anderen Seite im Mittelpunkt der Präsentation. Daneben wird ein Überblick über Mehrwert und Fallstricke der eingesetzten Methode gegeben.



Bildungsmedien als Handlungsfeld und Forschungsbereich der Medienpädagogik?

Alexandra Totter

Pädagogische Hochschule Zürich, Schweiz

Ist die Forschung zu Bildungsmedien zu Recht ein Stiefkind der Medienpädagogik oder lassen sich wertvolle Erkenntnisse für das Handlungsfeld und den Forschungsbereich der Medienpädagogik ableiten?

Bildungsmedien in Form von Schulbüchern werden seit mehr als 500 Jahren als Medien im Unterricht verwendet (Fuchs, Niehaus, und Stoletzki 2014; Sammler 2018). Seit Ende des 20. Jahrhunderts erfährt das Schulbuch durch die technologische und digitale Innovation eine konstante Evolution und Transformation (Alz 2018), die auch in den nächsten Jahrzenten voranschreiten wird z.B. in Richtung digitales, intelligentes und adaptives Bildungsmedium (Hamisch und Kruschel 2022). In den letzten Jahren hat sich die Bildungsmedienforschung als Forschungsrichtung entwickelt (Balcke u. a. 2022). Bildungsmedien werden in diesem Kontext als Träger kulturell relevanter Informationen und als Mittel zur Steuerung von schulischen Bildungsprozessen untersucht. Auch werden die inhärenten pädagogisch-didaktischen Funktionen von Bildungsmedien in den Blick genommen und z.B. analysiert, wie und welches Wissen in Bildungsmedien repräsentiert und strukturiert wird (Ott 2022).

In der Medienpädagogik weist der schulische Medienbildungsdiskurs (Ostermann u. a. 2021; Herzig und Martin 2020) auf eine Reihe von Forderungen hin, die durchaus Überschneidungen mit Anliegen und Themen der Bildungsmedienforschung haben. So wird z.B. gefordert, die Nutzung und Rekonstruktion von medialen Handlungspraktiken zu erfassen (Schiefner-Rohs 2017), um zu validem Wissen über Medienhandeln in der Schule zu gelangen. Im Unterricht eingesetzte Bildungsmedien sind mit Handlungspraktiken verbunden und ihre Reflexion liefert wertvolle Erkenntnisse, die sich auch in der Medienpädagogik verorten lassen.

Zur Beantwortung der eingangs formulierten Frage werden bisherige Ergebnisse von Untersuchungen des Schweizer Französischlehrmittel zu Struktur und Nutzung, sozialer Praktiken und der Bedeutung von Bildungsmedien für Schulentwicklung aufbereitet, um daraus Erkenntnisse für schulische Medienbildung abzuleiten. Ziel ist es, zu zeigen, welchen Beitrag Forschung zu Bildungsmedien für die Medienpädagogik leisten kann und wie sich solche interdisziplinären Begegnungen in Zukunft gestalten lassen.

 
11:30 - 13:00Session 3
Ort: Geb. 3, F 009
Chair der Sitzung: Mandy Schiefner-Rohs

Medienpädagogische Begegnungen

 

“Braucht es das wirklich auch noch?“ Zukunftsperspektiven für die Gestaltung Digitaler Bildung im Grundschulalter

Rudolf Kammerl1, Cindy Bärnreuther1, Andreas Dertinger1, Franziska Koschei2, Lena Schmidt2, Susanne Eggert2

1Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Deutschland; 2JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, München

Bereits vor der Covid-19-Pandemie verfolgten die Bildungsministerien der Länder mit den Strategien „Medienbildung in der Schule“ (KMK 2012) und „Bildung in der digitalen Welt“ (KMK 2017) bzw. „Digitale Bildung“ (Europäische Kommission 2018) das Ziel, an Schulen von Beginn an den Erwerb vielfältiger Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien, insbesondere eine kritisch-reflexive Handlungsfähigkeit zu fördern. Das Grundschulalter ist dabei eine besonders wichtige Entwicklungsphase, da das Lernen mit und über digitale Medien hier im Spannungsfeld zwischen Befähigung, Kinderrechten und dem Schutz vor entwicklungsgefährdenden Einflüssen stattfindet. Dabei fanden sich bereits vor der Pandemie bei Familien, Schulen und Anbieter*innen außerschulischer Medienbildung bzw. informatischer Bildung heterogene Positionen und Voraussetzungen, welche die praktische Umsetzung einer Grundbildung in diesem Bereich erschwerte (Thumel et al 2020, Kammerl et al 2022, Irion et a. 2023).

Die Covid-19-Pandemie und das damit verbundene Distance-Schooling haben die Nutzungshäufigkeit digitaler Medien im schulischen und familiären Alltag gesteigert. Dabei sind Stellenwert und Potentiale des Kompetenzerwerbs der Kinder im Umgang mit digitalen Medien noch deutlicher geworden und es stellt sich die Frage, inwiefern sich diese Phase auf die Weiterentwicklung des Bildungsbereichs ausgewirkt hat. Das DiBiGa-Projekt (https://dibiga-insight.de/) untersucht multiperspektivisch und interdisziplinär die langfristigen beabsichtigten und unbeabsichtigten Auswirkungen dieser Veränderungen auf die Digitale Bildung im Grundschulalter.

Für das Projekt wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, in der zentrale Ergebnisse zur Digitalen Bildung unter den Bedingungen der Covid-19-Pandemie analysiert wurden (Dertinger et al im Druck). Anschließend wurden Fokusgruppeninterviews mit relevanten Akteur*innen im Bereich der Grundschulbildung (u. a. Grundschulkinder, Lehrpersonen und Vertreter*innen der schulischen Verwaltungsebene) geführt, um beabsichtigte und unbeabsichtigte Auswirkungen der verstärkten Integration digitaler Medien in das Bildungssystem im Kontext der Covid-19-Pandemie zu identifizieren. Die gewonnenen Erkenntnisse werden durch partizipative Verfahren erweitert und kommunikativ validiert, um schließlich Handlungsempfehlungen und Impulse für die zukünftige Gestaltung der Digitalen Bildung im Grundschulalter und deren Gelingensbedingungen zu entwickeln.

In unserem Vortrag auf der Herbsttagung möchten wir gerne die Ergebnisse der Fokusgruppeninterviews und des partizipativen Verfahrens vorstellen und mit den Teilnehmenden Folgerungen für Handlungsempfehlungen diskutieren.

Literatur:

Dertinger, A. et al. (im Druck). Wie hat sich das pandemiebedingte Distance-Schooling auf die Digitale Bildung im Grundschulalter ausgewirkt? Ein systematisches Review. In: Zeitschrift für Grundschulforschung

Europäische Kommission (2018): Mitteilung der Kommission an das europäische Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Zum Aktionsplan für digitale Bildung, online unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52018DC0022&from=DE [10.05.2023].

Irion, T.; Peschel, M. & Schmeinck, D. (Hrsg.) Grundschule und Digitalität. Grundlagen, Herausforderungen, Praxisbeispiele. Frankfurt a. M. Grundschulverband.

Kammerl, R., Lampert, C. & Müller, J. (Hrsg.) (2022). Sozialisation in einer sich wandelnden Medienumgebung. Baden-Baden: Nomos.

Kultusministerkonferenz (KMK). (2012). Medienbildung in der Schule. https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2012/2012_03_08_Medienbildung.pdf [11.05.2022].

Kultusministerkonferenz (KMK). (2017). Strategie der Kultusministerkonferenz. Bildung in der digitalen Welt. https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2016/2016_12_08-Bildung-in-der-digitalen-Welt.pdf [11.05.2022].

Thumel, M., Kammerl, R. & Irion, T. (Hrsg.) (2020). Digitale Bildung im Grundschulalter. Grundsatzfragen zum Primat des Pädagogischen. München: kopaed.



Inklusion und Digitalisierung im OER-Format lernen, weiterentwickeln und verbreiten - Lehrer:innenbildung mit ORCA.NRW (InDigO)

Anna-Maria Kamin1, Petra Büker2, Sina Gantenbrink2, Katrin Glawe2, Jana Herding2, Alina Schulte-Buskase3, Tim Tibbe1

1Universität Bielefeld, Deutschland; 2Universität Paderborn, Deutschland; 3Universität Siegen, Deutschland

Frei verfügbaren Bildungsmaterialien, sogenannten Open Educational Resources (OER), werden große Potentiale zugeschrieben, um über die Hochschullehre in den Austausch zu treten und innovative Lehr-Lernmaterialien und Konzepte kollaborativ weiterzuentwickeln (vgl. BMBF-Strategiepapier, 2022). Dazu bedarf es einer gemeinschaftlichen Open Educational Practice (OEP) (vgl. Bellinger & Mayrberger, 2021), die eine neue transformative ‚Kultur des Teilens‘ ermöglicht. Der Etablierungsprozess von OER und OEP an Hochschulen verläuft bislang jedoch langsam und wenig disruptiv (vgl. Riar et al., 2020), obwohl mittlerweile bildungspolitische Bestrebungen, wie die OER-Strategie des BMBFs und OER-Policys der Hochschulen für einen abgesicherten Rahmen sorgen. Allerdings sind bereits zahlreiche Hürden und Hemmnisse empirisch nachgewiesen (vgl. Otto, 2021). Es gilt insofern, Gelingensbedingungen, Problemlagen und Weiterentwicklungsbedarfe für eine neue ‚Kultur des Teilens‘ zu identifizieren, um konzeptionelle Hinweise für die Etablierung von OER und OEP abzuleiten und die vermuteten Chancen zu prüfen.

Diesem Desiderat widmet sich das Verbundprojekt InDigO am Beispiel der inklusionsorientierten Lehrer:innenbildung (vgl. Webseite von InDigO). Lehrende aus sechs Universitäten planen und führen Lehre mit OER in Tandems durch. Die Begleitforschung besteht aus von den Lehrenden geführten prozessbegleitenden Logbüchern (N= 6) und Gruppeninterviews (N= 12) jeweils nach der Planungs- und Durchführungsphase. Im Beitrag sollen erste inhaltsanalytisch ausgewertete Ergebnisse der Begleitforschung vorgestellt werden. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass in Bezug auf den Professionalisierungsbereich Inklusion, der Austausch und die Kooperation als sehr gewinnbringend wahrgenommen werden, und die Nutzung von OER individuelle Bildungspraktiken durchaus verändert. Die Medienpädagogik ist und wird in Zukunft als wichtige Schlüsseldisziplin für den Umgang mit OER von entscheidender Bedeutung sein, da durch die Öffnung der Lehre nicht nur die Vorteile digitaler Medien voll ausgespielt werden können, sondern auch auf didaktischer und pädagogischer Ebene neue Möglichkeiten entstehen (vgl. Hegarty, 2015). Im Diskurs über OER wird darüber hinaus besonder deutlich, dass es einer reflexiven und kritischen Medienpädagogik bedarf, um beispielsweise die Gestaltbarkeit medialer Entwicklungen zu begleiten (vgl. Hofhues, 2021).



Medienbildung für den Klimaschutz: Ein innovativer medienpädagogischer Ansatz zur KI-basierten Nutzung von Satellitendaten für Bildung und Klimaschutz

Tilman-Mathies Klar

Universität Paderborn, Deutschland

Das Pilotprojekt "Climate Data Entrepreneurial Club" (CDEC) (gefördert vom BMWK) repräsentiert einen zukunftsweisenden medienpädagogischen Ansatz zur Förderung von Jugendlichen in den Bereichen digitale Bildung und Klimaschutz. Expert*innen aus Medienpädagogik, Erdbeobachtung und Informatik arbeiten zusammen, um Schüler*innen die Möglichkeit zu geben, mit KI-gestützter Analyse von Daten aus Satellitenmissionen zu arbeiten und somit digitalen, KI- und Datenkompetenzen zu erweitern.
Ebenso strebt das Projekt das Ziel der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) an, indem Jugendlichen ein Verständnis für die Auswirkungen ihres Handelns auf die Welt vermittelt wird. Es unterstreicht somit die Bedeutung von BNE im Kontext digitaler Bildung und Klimaschutz.

Auf einer Metaebene wird mithilfe des Projektes gezeigt, wie eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Informatik und Medienpädagogik gestaltet werden kann und welche gewinnbringenden Vorteile dadurch entstehen. Die Evaluation orientiert sich u.a. an einer fokussierten Diskurs- und Dispositivanalyse. Dies leistet einen wichtigen Beitrag zur Medienpädagogik in einer immer stärker digitalisierten und vernetzten Welt.
Mittels anpassbarer Lernmodule werden Jugendliche dazu angeregt, Klimadaten und deren KI-Nutzung zu erkunden und eigene Projektideen im Bereich Medienpädagogik, Informatik und Nachhaltigkeit zu entwickeln. Das Projekt ermutigt dazu, gemeinnützige Unternehmen zu gründen, die diese Ideen prototypisch umsetzen. Es wird besonderer Wert auf die Förderung von Mädchen und jungen Frauen gelegt. Sie werden dazu angeregt, sich mit Erdbeobachtungsdaten auseinanderzusetzen und aktiv an der Entwicklung von Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels mitzuwirken. Dadurch wird ihr Interesse und ihre Beteiligung in den Bereichen Medienbildung und Informatik gestärkt.
Das CDEC-Projekt strebt auch an, die Erkenntnisse zu verbreiten und den Austausch mit Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zu fördern. Ein Netzwerk aus Wissenschaft, Praxis und bildungspolitischen Akteuren wird aktiviert, um die Ergebnisse nachhaltig in der schulischen und außerschulischen Medienbildung zu verankern.
Das interdisziplinär angelegte Projekt (Gesellschaft für Informatik, Geomatik der Universität Bochum und Informatik und Medienpädagogik der Universität Paderborn) bietet einen innovativen Ansatz zur KI-gestützten Nutzung von Satellitendaten für Bildung und Klimaschutz.

 
13:00 - 14:00Mittagspause
Ort: Mensa

inkl. Ausstellung Kinderzimmer der Zukunft

14:00 - 15:30Session 4
Ort: Geb. 3, F 009
Chair der Sitzung: Nina Grünberger

Medienpädagogische Entwürfe

 

Emanzipation zur Freiheit? – Medienpädagogik als normative Disziplin

Christian Leineweber

FernUniversität in Hagen

Der geplante Vortrag will die Möglichkeiten und Grenzen einer wissenschaftstheoretischen Ausrichtung der Medienpädagogik als normative Disziplin befragen. In Anbetracht dieser Zielsetzung wird der Frage nach der Zukunft der Medienpädagogik mit einem diskursanalytischen Rückblick begegnet, der nach den sozialtheoretischen Grundlagen und den damit zusammenhängenden normativen Bekenntnissen der Disziplin fragen lässt. In einem ersten Schritt gilt es zunächst, Dieter Baackes medienpädagogischen Leitbegriff der Medienkompetenz als einen „moralisch-vernünftigen“ (Baacke 1973, 311) Theorieentwurf auszuweisen, der mit dem Leitbild der subjektiven Emanzipation auf Basis einer „Theorie der kommunikativen Kompetenz“ (Habermas 1971, 101) eine Antwort auf die Habermas-Luhmann-Debatte der 1970er Jahre liefert (vgl. Habermas/Luhmann, 1971; Harste 2021). Der damit erkennbaren normativen Konturierung der Medienpädagogik, welche die Freiheit des Subjekts gegen die technokratischen Veranlagungen der Gesellschaft verteidigt, soll sodann in einem zweiten Schritt mit der Beobachtung konfrontiert werden, dass sich im Zuge der sich derzeit immer stärker konturierenden ‚Post-Digitalität‘ immer mehr „Maschinen an der Kommunikation unter Menschen“ (Baecker 2018, 20) beteiligen und folglich die Figur eines selbstwirksamen, emanzipierten und über die Welt kompetent verfügenden Subjekts immer vehementer in Frage stellen lassen. Insofern diese Infragestellungen gerade im Kontext bildungstheoretischer Debatten der Gegenwart verstärkt ein Einfallstor für praxeologische, poststrukturalistische oder neo-materialistische Positionen abzeichnet (vgl. Reißmann & Bettinger 2022), liegt bemerkenswerterweise die Möglichkeit eines Brückenschlags zur Habermas-Foucault-Debatte der 1980er Jahre. Gerade mit Blick auf Habermas‘ Vorwurf einer ‚vernunft-kritischen Entlarvung‘ der Humanwissenschaften an Focuault (vgl. Habermas 1985, 279ff.) kann somit in einem dritten Schritt die Perspektive entwickelt werden, dass sich die Medienpädagogik in ihren Anfangsjahren ‚zu Habermas‘ bekannte, während sie sich gegenwärtig ‚von Habermas‘ abzuwenden scheint. Die Gegenüberstellung dieser historisch ambivalenten Positionierung zu Habermas lässt abschließend thematisieren, mit welchen normativen Problemstellungen die Medienpädagogik in ihren Anfängen konfrontiert war und inwiefern sich für die Gegenwart und Zukunft neue normative Problemstellungen abzeichnen.

Literatur

Baacke, Dieter (1973). Kommunikation und Kompetenz. Grundlegung einer Didaktik der Kommunikation und ihrer Medien. München: Beltz Juventa.

Baecker, Dirk (2018). 4.0 oder die Lücke die der Rechner lässt. Berlin: Merve.

Habermas, Jürgen (1985). Der philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

Habermas, Jürgen & Luhmann, Niklas (1971). Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie – Was leistet die Systemforschung?. Suhrkamp.

Harste, Gorm (2021). The Habermas-Luhmann Debate. Columbia University Press.

Reißmann, Wolfgang/Patrick, Bettinger (2022). Digitale Souveränität und relationale Souveränität. Neue Leitbilder für die Medienpädagogik? In Merz Wissenschaft (66. Jahrg. Nr. 6), München: kopaed, S. 156-170.



Noch da? Spekulative Skizzen einer postdigitalen Medienpädagogik

Björn Fisseler

FernUniversität in Hagen, Deutschland

Der Beitrag greift das Tagungsmotto "Mit Medienpädagogik in die Zukunft" mit zwei ebenso radikalen wie möglicherweise simplen Perspektiven auf: Das Digitale und damit auch das Mediale "becomes the master narrative" (Fuller und Jandric 2019), womit auch die Frage nach der Relevanz der Medienpädagogik gestellt wird. Wenn alles digital ist, dann ist gleichzeitig nichts mehr nicht-digital bzw. nicht-medial, womit möglicherweise das Spezifische und Originäre der Medienpädagogik verschwindet. Wenn es also keine Differenzlinie entlang des Digitalen und des Medialen mehr gibt, dann gibt es auch keine Medienpädagogik mehr, sondern nur noch Pädagogik. Es gibt auch keine Medienbildung, Mediendidaktik oder Medienerziehung mehr, sondern nur noch Bildung, Didaktik und Erziehung. Was bedeutet das für die Medienpädagogik? Oder reicht es aus, "mit Pädagogik in die Zukunft" zu gehen? Zugleich - und das ist der zweite radikale Aspekt - ist der Beitrag auch der forschungsmethodische Versuch, sich dem Tagungsthema spekulativ und interaktiv zu nähern. Der Beitrag ist kein Vortrag in dem Sinne, dass es etwas Bedeutsames oder Wichtiges zu berichten gäbe. Vielmehr nähert sich der Beitrag dem Tagungsmotto mit der Methode des "speculative research" (Ross 2023). Eine interaktive App als "object-to-think-with" fordert die Teilnehmenden durch ein "speculative prompt" dazu auf, sich mit "future questions" einer medienpädagogischen Zukunft auseinanderzusetzen. Grundlage der App sind die Ergebnisse eines Topic Modeling der Abstracts der Zeitschrift "Medienpädagogik" der letzten Jahre. In der App können die Teilnehmenden unterschiedlich granulare Themenmodelle auswählen, die Themen erkunden und analysieren. Aus den Abstracts werden jedoch die Begriffe "Medien" und "digital" herausgefiltert. So stellt sich für die Teilnehmenden die Frage, was für eine postdigitalen Medienpädagogik bleibt, wenn das Mediale und das Digitale verschwinden. Die Interaktionen der Teilnehmenden mit der App sowie die Antworten auf die "Zukunftsfragen" werden aufgezeichnet und später ausgewertet. So entstehen narrative Entwürfe einer postdigitalen und spekulativen Medienpädagogik, die zu diskutieren sind.



Die Transformation des Mensch-Medien-Verhältnisses durch Virtualität. Perspektiven für die Medienpädagogik

Sandra Aßmann, Jane Lia Jürgens, Kira Carré Lewandowski

Ruhr-Universität Bochum, Deutschland

Die Medienpädagogik widmet sich seit ihren Anfängen dem Verhältnis von Subjekt und Medialität, das durchaus spannungsvoll ist (vgl. Schorb, Hartung-Griemberg & Dallmann 2017). Dazu trägt auch die Verflechtung von Lebenswelten mit dem Virtuellen bei (vgl. Rieger, Schäfer & Tuschling 2020). Damit eröffnen sich für die Medienpädagogik neue Handlungsfelder und Forschungsperspektiven. Im Rahmen eines von der DFG geförderten Forschungsprojektes fokussieren wir auf das durch Virtualität transformierte und sich transformierende Verhältnis von Mensch und Medien.

Den konkreten Untersuchungsgegenstand bilden Essens-, Ernährungs- und Selbstvermesserungspraktiken von Studierenden. Diese werden um mögliche Zustände des Körpers und des Selbst erweitert. Zudem werden mediale Aushandlungsprozesse sowie die virtuelle Kommunikation über Essen mit einbezogen. Der Virtualitätsbegriff umfasst eine technologisch hervorgebrachte Komponente (Social Media)Apps und Wearables) und eine kommunikative Komponente (Körperbilder von Ernährungspraktiken und Aushandlung dieser in virtuellen Kommunikationsräumen).

Es eröffnet sich eine Forschungsperspektive, die auf die gegenwärtige sowie zukünftige Aufgabe der Medienpädagogik hinweist, die vielzähligen, durchaus pluralistischen und virtuellen Entwürfe im Hinblick auf Ernährung, Körper und Selbst einzufangen und zu bearbeiten.

Methodisch werden diese Entwürfe mit einem Mixed-Methods-Verfahren erfasst: Es werden qualitative Interviews, Artefaktanalysen (Lueger & Froschauer 2018) sowie eine Fragebogenstudie durchgeführt. Als übergeordnete Methodologie fungiert die Situationsanalyse nach Clarke (2011).
Im Rahmen des Vortrags wird eine Situationsmap zu Ernährungs- und Essenspraktiken von Studierenden in der virtuellen Lebenswelt Universität vorgestellt, die auf einem diskursanalytischen Review basiert. Gegenstand der Situationsmap sind relevante (Vergemeinschaftungs-)Diskurse sowie die Bedeutsamkeit von Influencer:innen und anderen handlungsrelevanten Akteur:innen in virtuellen Interaktionsräumen. .

Clarke, Adele E. (2011): Von der Grounded-Theory-Methodologie zur Situationsanalyse, in: Mey, Günter; Mruck, Katja (Hrsg.): Grounded Theory Reader. Wiesbaden: VS Verlag, S. 207-229.

Lueger, Manfred & Froschauer, Ulrike (2018): Artefaktanalyse. Wiesbaden: Springer

Rieger, Stefan; Schäfer, Armin & Tuschling, Anna (2020): Virtuelle Lebenswelten: Körper – Räume – Affekte. Berlin: de Gruyter.

Schorb, Bernd; Hartung-Griemberg, Anja & Dallmann, Christine (2017): Grundbegriffe Medienpädagogik. München: kopaed.

 
14:00 - 15:30Session 5
Ort: Geb. 3, H 004

Chair: Claudia Grüner

Medienpädagogische Begründungen

 

Ein praxeologisch-wissenssoziologisches Verständnis unterrichtlichen Medienhandels als konzeptioneller Bezugspunkt medienpädagogischer Professionalität

Andreas Dertinger

Technische Universität Dresden, Deutschland

Unterrichtliches Medienhandeln ist eine wichtige Grundlage pädagogischer Professionalität (KMK 2017; 2019). Mit Blick auf Lehrpersonen dominieren im medienpädagogischen Diskurs insbesondere kompetenztheoretische Ansätze (Blömeke 2000; Koehler & Mishra 2009, Huwer et al. 2019). Entgegen dieser Fokussierung wird aus strukturtheoretischer Perspektive der Habitus als bedeutsame Gelingensbedingung professionellen Handelns verstanden (Helsper 2021). Ebenso wurde der Einfluss habitueller Orientierungen auf das medienpädagogische Handeln in vielfältigen Studien – insbesondere unter dem Begriff des „medialen Habitus“ – nachgewiesen (u.a. Brüggemann 2013; Kommer 2010; Grubesic 2013). Um dem Desiderat einer Integration habitueller Orientierungen in Konzepte medienpädagogischer Professionalität (Knaus et al. 2018) nachzukommen, kann deren differenzierte Betrachtung in Erweiterung an den Ansatz des medialen Habitus beitragen. Einen solchen Zugang eröffnet die Praxeologische Wissenssoziologie, die es ermöglicht, (1.) die Relationen habitueller Orientierungen in unterschiedlichen Handlungskontexten (Nohl 2013) und (2.) das Verhältnis zwischen habituellen Orientierungen und normativen Erwartungen zu erforschen (Bohnsack 2017). Während diese Ansätze in der allgemeinen Erziehungswissenschaft zur Erforschung der pädagogischen Professionalität etabliert sind (Bonnet & Hericks 2019; Kosinar 2014), wird ihr Potenzial in der medienpädagogischen Forschung kaum genutzt (Ausnahme: Kulcke 2020).

Im Vortrag wird anhand eines abgeschlossenen Forschungsprojekts (Dertinger 2023) diskutiert, wie der Einfluss habitueller Orientierungen auf das professionelle medienpädagogische Handeln von Lehrpersonen theoretisch und empirisch erfasst werden kann. In der Studie wurden die Relationen habitueller Handlungsorientierungen und die Verhältnisse von Handlungsorientierungen und normativen Erwartungen als prägende Faktoren unterrichtlichen Medienhandelns untersucht. Die empirische Grundlage bilden zwölf narrativ ausgerichtete, leitfadengestützte Interviews mit Lehrpersonen bayrischer Sekundarstufen, die mit der dokumentarischen Methode ausgewertet wurden (Nohl 2017). Die Ergebnisse eröffnen ein differenziertes Verständnis der habituellen Prägung unterrichtlichen Medienhandelns in drei Bereichen: (1.) der Struktur der Orientierungen, (2.) der Relationen zwischen unterschiedlichen Weltausschnitten und (3.) möglicher Transformationspotenziale des Habitus. Im Vortrag wird dieses Konzept eines habituell geprägten Medienhandelns anhand der Studienergebnisse dargestellt und hinsichtlich seiner Bedeutung für Ansätze medienpädagogischer Professionalität diskutiert.



Medienpädagogische Professionalität vernetzend-hybrid gedacht: Entwurf einer transformatorischen Perspektive auf die medienpädagogische Professionalitätsentwicklung in der Bildungspraxis

Franziska Bellinger

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Im professionstheoretischen Diskurs der Medienpädagogik lassen sich zwei Perspektiven ausmachen: Erste rückt die Frage nach der disziplinären Etablierung im Feld der Bildungs- und Erziehungswissenschaft in den Vordergrund (u. a. Swertz et al. 2017), während die Zweite danach fragt, ob es möglich sei ein abgrenzbares medienpädagogisches Handlungs- und Tätigkeitsfeld sowie Berufsbild zu bestimmen (vgl. Wunden 2003, S. 29 f.). Letztere ist insbesondere für die medienpädagogische Berufsfeldforschung relevant, deren Datenlage lückenhaft ist (vgl. Hugger 2020, S. 28). Aufgrund der Querstruktur medienpädagogisch-professionellen Handelns ist die Diskussion um medienpädagogische Professionalisierung und Professionalitätsentwicklung eng an erziehungswissenschaftliche Teildisziplinen gekoppelt und wird bspw. für die Lehrer:innenbildung (u. a. Blömeke 2000; Schiefner-Rohs 2012; Dertinger 2023) intensiv geführt sowie jüngst auch für die Soziale Arbeit (u. a. Helbig & Roeske 2020) und Erwachsenenbildung (u. a. Bellinger 2018; Bolten-Bühler 2021). Ferner liegen theoretische Beschreibungsansätze zur medienpädagogischen Professionalität vor, die von Hugger (2001) elaboriert wurden und vom beschützend-vermittelnden, gesellschaftskritisch-wissenzentrierten, bildungstheoretisch-optimierenden bis hin zum vernetzenden Konzept reichen, wobei Letztgenanntes einer strukturtheoretischen Sicht auf Professionalität (u. a. Oevermann 1996; Helsper 2008) folgt. Darauf aufbauend wurde eine transformatorische Perspektive erarbeitet, die im Vortrag vorgestellt wird. Medienpädagogische Professionalität wird dabei als eine situativ immer wieder herzustellende berufliche Leistung verstanden, „die sich aufgrund der organisationalen Eingebundenheit hybrid entwickelt und deren Qualität sich dadurch auszeichnet, dass abstrakt-theoretische medienpädagogische Wissensbestände unter Einbezug des Wissens um Nicht-Wissen im Handlungsvollzug relationiert werden“ (Bellinger i. V.). Die Perspektive berücksichtigt neuere professionstheoretische Sichtweisen aus der Berufssoziologie und Organisationswissenschaft (u. a. Noordegraaf 2015; Evetts 2008; Pfadenhauer 2014) und trägt der Prozesshaftigkeit medienpädagogischer Professionalitätsentwicklung vor dem Hintergrund heterogener organisationaler Anforderungen an medienpädagogisch professionelles Handeln in der Bildungspraxis Rechnung, die eng mit gegenwärtigen gesellschaftlichen und medialen Wandlungsprozessen verwoben sind. Zugleich eröffnet sich somit eine Forschungsperspektive, die es ermöglicht interdependente Einflüsse auf und spezifische Anforderungen an die medienpädagogische Professionalität innerhalb verschiedener pädagogischer Arbeitsfelder empirisch zu erschließen.



Organisation als Gegenstand medienpädagogischer Forschung

Christian Helbig

FernUniversität in Hagen, Deutschland

Pädagogisches Handeln ist inhaltlich, methodisch, zeitlich, sozial und örtlich strukturiert (vgl. Gieseke 1986) und in der Regel organisiert bzw. findet in Organisationen statt (vgl. Timmermann und Strikker 2010, 152). Historisch wurde der Aspekt der Organisation pädagogischen Handelns allerdings wenig in den Blick genommen (vgl. Bessoth 1987). Erst in jüngerer Zeit wurden Pädagogik und Organisationen wieder stärker zusammengedacht, wie z.B. Überlegungen zum „pädagogische[n] Handeln als Organisationshandeln“ (Timmermann und Strikker 2010, 152) und die Konstituierung der Organisationspädagogik in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft im Jahr 2007 (vgl. Geißler 2009, 239ff.; Göhlich 2018) nahelegen. Im Kontext medienpädagogischer Forschung werden in diesem Zusammenhang bislang vor allem medienpädagogische Kompetenzen (z.B. als Schulentwicklungskompetenz in Blömeke 2000) und Praktiken sowie Qualifizierungsbedarfe von pädagogischen Fachkräften in den Blick genommen, während Strukturen und Hierarchien sowie formale und informale Regeln der Organisationen, in und mit denen medienpädagogisches Handeln stattfindet, weitestgehend Desiderata darstellen. Dabei eröffnen sich theoretische und empirische Fragen zum Verhältnis von medienpädagogischen Praktiken und organisationalen Strukturen sowie zur organisationalen Ermöglichung und Begrenzung medienpädagogischen Handels im Sinne der „Dualität von Struktur“ (Giddens 1984).

Der Beitrag geht theoretisch der Fragestellung nach, wie Organisation als Gegenstand medienpädagogischer Forschung gefasst werden kann. Anknüpfend an der historischen Auseinandersetzung mit dem Organisationsbegriff in der Soziologie und der Erziehungswissenschaft wird medienpädagogisches Handeln als Organisationshandeln gerahmt, das im Giddensschen Sinn durch Organisationen als soziale Systeme strukturiert wird und gleichermaßen strukturierend wirkt (ebd.). Anschließend wird Organisation als Gegenstand und Desiderat medienpädagogischer Forschung gerahmt und eine Bestimmung „medienpädagogischen Organisationsforschung“ (Helbig 2022) vorgenommen, die an institutionstheoretische und praxeologische Positionen anknüpft.

Die Einreichung knüpft mit einer sowohl historischen als auch gegenwartskritischen Perspektive auf medienpädagogische Forschung an das Tagungsthema an und stellt organisationale Fragen als Reflexionsgegenstand disziplinärer Begründungen und Entwicklungen zur Diskussion. Ebenso werden Anknüpfungspunkte zur Organisationspädagogik und Organisationssoziologie deutlich, die als Teil inter- und transdisziplinärer Forschung das Spektrum der Medienpädagogik erweitern.

 
14:00 - 15:30Session 6 | gemeinsam eingereichte Beiträge
Ort: Geb. 8, B 121
Chair der Sitzung: Claudia de Witt

Medienpädagogische Begegnungen

 

Let’s Talk about Medienbildung with(out) KI! Ignite Talks & Reflexionen zur Rolle von medienpädagogischen Interventionsgelegenheiten und -zwängen

Annekatrin Bock1, Valentin Dander2, Felicitas Macgilchrist3, Franco Rau1

1Universität Vechta, Deutschland; 2Hochschule Clara Hoffbauer Potsdam; 3Leibniz-Institut für Bildungsmedien | GEI

Immer, wenn neue Technologien einen Aufschwung in unserer Gesellschaft erleben, entspinnt sich reflexartig eine Chancen-Risiken-Debatte. Das Verhältnis von Mensch-Maschine, die Auswirkungen für Bildungs- wie auch Subjektivierungsprozesse, aber auch Interventionsbedarfe werden scheinbar neu verhandelt. Umberto Ecos Apokalyptische und Integrierte wiederkehrende Argumente werden ausgetauscht, für mehr Medien- oder [insert-neues-Einzelmedium-]kompetenz appelliert oder Verbote gefordert, bis ein gesellschaftlicher Umgang mit den ‘neuen’ Technologien gefunden wird. Dieser Zyklus beschleunigt sich und wird am Beispiel von ChatGPT erneut sichtbar. „KI und Bildungsrevolution“, heißt es gegenwärtig nicht nur in journalistischen Medien, sondern auch in diversen Fachkontexten.

Fragen zur zukünftigen Rolle von medienpädagogischen Interventionsgelegenheiten und -zwängen für Einrichtungen der Medienbildung möchten wir in der Session diskutieren. Dabei versachlichen die ignite talks die aufgeregt geführte Debatte um KI und ihre Wirkmacht für die Zukunft von Bildung und Gesellschaft. Der Impuls von Valentin Dander („Transversale Bildungsziele als Medium zwischen Bildungsbereichen“) entwirft zunächst eine Perspektive auf die Position der Medienpädagogik in Relation zu Bildungsbereichen wie der Politischen oder Kulturellen Bildung. Anschließend zeigt Annekatrin Bock Dis-|Kontinuitäten im Sprechen über Chancen und Risiken von Technologie für Medienbildung mit dem Impuls „Same, same but different! Warum wir (nicht) aufhören können über ChatGPT/KI und medienpädagogische Interventionen zu sprechen“. Franco Rau leitet mit seinem Impuls „Noch in den KI-nderschuhen? Medienbildung im Zeitalter von KI (neu) denken und gestalten“ über zu der Frage nach dem Verhältnis von KI und institutioneller Medienbildung, wie sie beispielsweise von Medien(kompetenz)zentren mitgestaltet wird. Felicitas Macgilchrist reflektiert mit ihrem Impuls „Weniger Kompetenz oder Literacy und mehr innovationstreibende Regulierung“ die Möglichkeiten von Medienpädagogik als (bildungs)politischer Akteur in Initiativen, die Entwicklung von KI-Systemen zu prägen, z.B. Regulierungen anzuregen, die eine gerechtigkeitsorientierte Innovation in den Mittelpunkt rücken. Die Session ist als dialogisches Format zwischen Impulsgeber*innen und Publikum angelegt. Die Impulse gehen in Fragen über, die mit dem Plenum diskutiert werden.

 
15:30 - 16:00Kaffeepause
Ort: Geb. 2, Foyer

inkl. Ausstellung Kinderzimmer der Zukunft

16:00 - 17:00Podiumsdiskussion
Ort: Geb. 2, 1-3

"Aktuelle Entwürfe - Begründungen - (inter)disziplinäre Begegnungen mit Medienpädagogik"

mit Dr.'in Franziska Bellinger (Universität Flensburg), Dr.'in Jane Müller (Universität Erlangen-Nürnberg), Jun.-Prof. Dr. Franco Rau (Universität Vechta) & Dr. Michael Sailer (LMU München)

Chair: Univ.-Prof. Dr. em. Stefan Aufenanger

17:00 - 18:30Sitzung der Mitglieder und Gäste der Sektion Medienpädagogik
Ort: Geb. 8, B 121
Chair der Sitzung: Klaus Rummler
Chair der Sitzung: Valentin Dander
Chair der Sitzung: Nina Grünberger
Chair der Sitzung: Mandy Schiefner-Rohs

Chairs: Sektionsvorstand

https://e.feu.de/mv-mpaed

Meeting-ID: 684 2103 6972
Kenncode: 29097051

18:30 - 19:15Ruhrpott-Apéro
Ort: Geb. 2, Foyer
19:15 - 20:15Kamingespräch
Ort: Geb. 2, 1-3

„Bildung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit – Bildung trifft auf Politik

mit Univ.-Prof.‘in Dr.‘in Ada Pellert (FernUniversität in Hagen), Mechthild Appelhoff (Medienanstalt NRW), Julia Eisentraut (Mitglied des Landtags NRW), Univ.-Prof.‘in Dr.‘in Claudia Müller-Birn (FU Berlin) & Univ.-Prof’in Dr’in Mandy Schiefner-Rohs (RPTU Kaiserslautern)

Chair: Andreas Greuel (RTL)

20:15 - 23:00Gemeinsamer Ausklang der Tagung
Ort: Geb. 2, 1-3

Datum: Freitag, 22.09.2023
9:30 - 10:00Ankunft und Anmeldung
Ort: Geb. 2, Foyer
10:00 - 10:45Podiumsdiskussion
Ort: Geb. 2, 1-3

"Bildungspolitische Programmatiken und Positionierungen der Medienpädagogik"

mit Maike Altenrath (FernUniversität in Hagen), Univ.-Prof’in Dr’in Nina Grünberger (TU Darmstadt),  Univ.-Prof. Dr. Sven Kommer (RWTH Aachen),  Univ.-Prof‘in Dr‘in Felicitas Macgilchrist (Universität Oldenburg) & Prof. Dr. (i.R.) Horst Niesyto (PH Ludwigsburg)

Chair: Univ.-Prof‘in Dr‘in Henrike Terhart

11:00 - 12:30Session 7
Ort: Geb. 2, 4+5
Chair der Sitzung: Kai Hugger

Medienpädagogische Entwürfe

 

Medienpädagogik und die Zukunft der (digitalen) Hochschullehre – Erkenntnisse und Denkanstöße aus der medienpädagogischen Evaluation zum Projekt „BiLinked“

Nele Sonnenschein, Vanessa Jaenke

Universität Bielefeld, Deutschland

Hochschullehre soll den veränderten Anforderungen in der digital geprägten Lebens- und Arbeitswelt Rechnung tragen, indem die Entwicklung von praxis- und berufsrelevanten Kompetenzen von Studierenden verstärkt gefördert wird (Budde 2021). Hierzu ist auch ein kritischer und sicherer (berufsbezogener) Umgang mit digitalen Medien und Technologien zu zählen. Um Studierenden den Erwerb entsprechender (Medien-)Kompetenzen zu ermöglichen, scheinen innovative Lehr-/Lernformate erforderlich, die über die reine Vermittlung von (Fach-)Wissen hinausgehen und auf ein aktives Lernen und Arbeiten mit digitalen Medien ausgerichtet sind (Ehlers 2020). Studien verweisen jedoch darauf, dass Potenziale in dieser Hinsicht bislang nur selten ausgeschöpft werden, da digitale Medien in der Hochschullehre vorwiegend in darbietender Form zum Einsatz kommen (z.B. Riedel 2020).

Vor diesem Hintergrund werden im Projekt „BiLinked“ (Bielefelder Lehrinnovationen für kollaborative Entwicklung digitaler Lehr-/Lernformate) fächerübergreifend innovative Lehr-/Lernformate, die digitale Medien auf vielfältige Weise für selbstgesteuertes, kollaboratives und projektorientiertes Lernen einbeziehen, in vier Communities of Practice entwickelt und erprobt. Das Projekt wird durch eine Evaluation begleitet, die sich mit der Frage, wie medienpädagogische Ansätze sinnvoll und systematisch Eingang in entsprechende Lehr-/Lernkonzepte finden können, befasst. Im Vortrag werden ausgewählte Zwischenergebnisse aus der medienpädagogischen Projektevaluation vorgestellt. In der Auswertung der durch unterschiedliche Evaluationsmaßnahmen (z.B. Fokusgruppeninterviews mit Lehrenden und Studierenden) gewonnenen Daten wurde deutlich, dass digitale Lehr-/Lernformate vorwiegend aus fachdidaktischer Perspektive entwickelt werden und medienpädagogische Ansätze nur bedingt berücksichtigen. Zudem sehen Lehrende u.a. große Herausforderungen hinsichtlich der Umsetzung innovativer, digitaler Lehr-/Lernformate innerhalb klassischer Hochschulstrukturen.

Anknüpfend an diese Ergebnisse möchte der Vortag die Reflexion darüber anregen, welchen Beitrag die Medienpädagogik auf verschiedenen Ebenen im Rahmen von Überlegungen zur Gestaltung der digitalen Hochschullehre leisten kann. Dementsprechend sollen Fragen zur zukünftigen Verortung der Medienpädagogik im Kontext der Digitalisierung der Hochschullehre und ihren Aufgaben sowie möglichen Funktionen als Querschnittsdisziplin diskutiert werden. In diesem Zusammenhang wird es auch darum gehen, wie Medienpädagogik an der Hochschule studienfachintegrativ gedacht werden kann.



(Re-)Konstruktion von Bildung unter Bedingungen translokal-digitaler Handlungsräume: qualitativ-empirische Perspektiven

Caroline Grabensteiner

Pädagogische Hochschule Wien, Österreich

Medienhandeln wird innerhalb der Medienpädagogik in Kontexten verortet (Aßmann, 2013; Meister et al., 2014; Pachler et al., 2011, S. 19; Seipold, 2017) und digitale Medien werden zu einem der Hauptgegenstände medienpädagogischer Forschung. Dieser Trend bildet gesellschaftlichen Medienwandel ab, welcher im Anschluss an kommunikationswissenschaftliche Heuristiken als tiefgreifende Mediatisierung (Friedrichs-Liesenkötter et al., 2020; Hepp, 2018) bezeichnet wird. Verknüpfungen von Handlungskontexten und digitalem Medienhandeln werden damit adressierbar. Für die Erforschung von Medienbildung hat dies Konsequenzen. Wird sie als Transformation eines medial konstituierten Selbst- und Weltverhältnisses verstanden (Bettinger, 2018; Dander et al., 2020; Marotzki & Jörissen, 2008; Meder, 2011; Sesink, 2007), ergibt sich durch Digitalisierung vor allem für die materiale Dimension dieses Relationengefüges ein Reformulierungsbedarf. Im Beitrag wird die These entwickelt, dass Medienhandeln und Medienbildung angesichts digitaler Durchdringungen nicht losgelöst von physischen Handlungsräumen untersucht werden können und dass diese neu zu denken und methodisch zu adressieren sind.

Digital erweiterte Handlungsumgebungen werden im Beitrag als Bildungsräume diskutiert und es wird gezeigt, wie sich digitale Kontexte bisher sowohl konzeptuell als auch methodisch medienpädagogischen Zugriffen entziehen (Verständig, 2020). Relationale Methoden (Borgatti et al., 2018; Emirbayer & Goodwin, 1994; Häußling, 2010) und sozialräumliche Karten (Clarke, 2003; Clarke & Keller, 2011; Löw & Marguin, 2022) werden als Möglichkeit zur empirischen Adressierung komplexer digital-medialer, translokaler (Hepp, 2011) Interaktionsordnungen vorgestellt.

Aus der Synthese zweier Projekte werden Lösungsvorschläge für die angesprochenen Problematiken diskutiert. Am Beispiel des „Bilder Zeigens“ aus einem Forschungsprojekt zu Instant-Messaging-Gruppen in Schulklassen (Grabensteiner, 2023) wird argumentiert, dass digitale Medien lokale Interaktion nicht nur vermitteln (Meder, 2014), sondern Handlungsformen konstituieren, die mit lokaler Interaktion zu Räumen verknüpft (Löw, 2001) werden. Zur Verdeutlichung werden als zweites Beispiel hybride Szenarien der Kombination digitaler und lokaler Präsenz in hochschulischen Lehr-/Lernformaten (Grabensteiner et al., 2021, 2023) als Extreme digital erweiterter Umgebungen beschrieben. Dort zeigt sich eine Art gekrümmter Raum (Karsch, 2022), welcher erst im Zuge der Analyse in einen medialen und einen materialen Anteil differenziert werden kann. Translokalität und Medialität treten hier besonders deutlich hervor, indem diskursiv Positionierungen hinsichtlich der Verortung von Teilnahme am Unterricht – als physische Anwesenheit – und mögliche Bildungsprozesse aus Sicht von Lehrenden und Lernenden konflikthaft verhandelt werden.

Als Zukunftsimpuls werden qualitativ-methodische Implikationen zur (Re-)Konstruktion von Medienbildung diskutiert und ihre Verknüpfung mit Medienhandeln als aktiver Prozess in Raum, Digitalität und Interaktion dargestellt.

Aßmann, S. (2013). Medienhandeln zwischen formalen und informellen Kontexten: Doing Connectivity. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01940-2_2
Bettinger, P. (2018). Praxeologische Medienbildung. Theoretische und empirische Perspektiven auf sozio-mediale Habitustransformationen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21849-2_1
Borgatti, S. P., Everett, M. G., & Johnson, J. C. (2018). Analyzing social networks (2nd edition). SAGE Publications Ltd.
Clarke, A. E. (2003). Situational Analyses: Grounded Theory Mapping After the Postmodern Turn. Symbolic Interaction - SYMB INTERACT, 26, 553–576. https://doi.org/10.1525/si.2003.26.4.553
Clarke, A. E., & Keller, R. (2011). „Für mich ist die Darstellung der Komplexität der entscheidende Punkt.“ Zur Begründung der Situationsanalyse. Adele E. Clarke im Gespräch mit Reiner Keller. In G. Mey & K. Mruck (Hrsg.), & R. Keller (Übers.), Grounded Theory Reader (S. 109–131). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93318-4_6
Dander, V., Bettinger, P., Ferraro, E., Leineweber, C., & Rummler, K. (Hrsg.). (2020). Digitalisierung - Subjekt - Bildung: Kritische Betrachtungen der digitalen Transformation. Barbara Budrich.
Emirbayer, M., & Goodwin, J. (1994). Network Analysis, Culture, and the Problem of Agency. American Journal of Sociology, 99(6), 1411–1454.
Friedrichs-Liesenkötter, H., Gerhardts, L., Kamin, A.-M., & Kröger, S. (2020). Heft 37: Medienpädagogik als Schlüsseldisziplin in einer mediatisierten Welt. Perspektiven aus Theorie, Empirie und Praxis. Festschrift für Dorothee Meister. MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 37. https://doi.org/10.21240/mpaed/37.X
Grabensteiner, C. (2023). Medienbildung im Medienhandeln. Rekonstruktion relationaler Bildungsprozesse am Beispiel von Instant Messaging in Schulklassen (Bd. 11). Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-40699-8
Grabensteiner, C., Himpsl-Gutermann, K., & Schönbächler, E. (2023). Hybride Settings als Science-Fiction: Fragen zu Tendenzen der Amorphisierung von Unterricht durch digitale Erweiterungen des Lernraums. Medienimpulse, 61(1), Article 1. https://doi.org/10.21243/mi-01-23-13
Grabensteiner, C., Schönbächler, E., Stadler, D., & Himpsl-Gutermann, K. (2021). Ein hybrider Lernraum entsteht: Partizipative Raumgestaltung mit digitalen Medien. Medienimpulse, 59(4), Article 4. https://doi.org/10.21243/mi-04-21-07
Häußling, R. (2010). Relationale Soziologie. In C. Stegbauer & R. Häußling (Hrsg.), Handbuch Netzwerkforschung (S. 63–87). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92575-2_7
Hepp, A. (2011). Medienkultur: Die Kultur mediatisierter Welten (1. Auflage). VS Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-531-94113-4
Hepp, A. (2018). Von der Mediatisierung zur tiefgreifenden Mediatisierung. In J. Reichertz & R. Bettmann (Hrsg.), Kommunikation – Medien – Konstruktion. Braucht die Mediatisierungsforschung den Kommunikativen Konstruktivismus? (S. 27–45). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21204-9_2
Karsch, P. (2022). Schule und digitale Kommunikationskultur: Antinomien des Lehrer*innenhandelns zwischen Privatheit und Professionalität: Bd. Vol. 49. Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-36865-4
Löw, M. (2001). Raumsoziologie (1. Aufl). Suhrkamp.
Löw, M., & Marguin, S. (2022). Eliciting space. Methodological considerations in analyzinz communicatively constructed spaces. In G. B. Christmann, H. Knoblauch, & M. Löw (Hrsg.), Communicative Constructions and the Refiguration of Spaces: Theoretical Approaches and Empirical Studies. Routledge. https://doi.org/10.4324/9780367817183
Marotzki, W., & Jörissen, B. (2008). Wissen, Artikulation und Biographie: Theoretische Aspekte einer Strukturalen Medienbildung. In J. Fromme & W. Sesink (Hrsg.), Pädagogische Medientheorie (S. 51–70). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90971-4_4
Meder, N. (2011). Von der Theorie der Medienpädagogik zu einer Theorie der Medienbildung. In J. Fromme, S. Iske, & W. Marotzki (Hrsg.), Medialität und Realität: Zur konstitutiven Kraft der Medien (S. 67–81). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92896-8_5
Meder, N. (2014). Das Medium als Faktizität der Wechselwirkung von Ich und Welt (Humboldt). In W. Marotzki & N. Meder (Hrsg.), Perspektiven der Medienbildung (S. 45–69). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03529-7_3
Meister, D. M., Hug, T., & Friesen, N. (Hrsg.). (2014). Heft 24: Educational Media Ecologies. MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 24. https://doi.org/10.21240/mpaed/24.X
Pachler, N., Bachmair, B., & Cook, J. (Hrsg.). (2011). Heft 19: Mobile Learning in Widening Contexts: Concepts and Cases. MedienPädagogik Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, 19. https://doi.org/10.21240/mpaed/19.X
Seipold, J. (2017). Lernergenerierte Contexte. Räume für personalisiertes und selbstgesteuertes Lernen und Ideengeber für ein «Ökologiemodell von Aneignung». In K. Mayrberger, J. Fromme, P. Grell, & T. Hug (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 13: Vernetzt und entgrenzt – Gestaltung von Lernumgebungen mit digitalen Medien (S. 29–43). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16432-4_3
Sesink, W. (2007). Medienpädagogik: Standortbestimmung einer erziehungswissenschaftlichen Disziplin. Jahrbuch Medienpädagogik, 6 (2007). https://doi.org/10.1007/978-3-531-90544-0
Verständig, D. (2020). Nothing to see? – How to address algorithms and their impact on the perception of the world. In D. Kergel, B. Heidkamp, R. C. Arnett, & S. Mancino (Hrsg.), Communication and learning in an age of digital transformation (S. 220–237). Routledge, Taylor & Taylor Group.

 
11:00 - 12:30Session 8 | gemeinsam eingereichte Beiträge
Ort: Geb. 2, 1-3

Chair: Bardo Herzig

Medienpädagogische Begründungen

 

Forschungssynthesen in der Mediendidaktik: Gestaltungswissen für Bildung sichern

Katja Buntins2, Svenja Bedenlier1, Melissa Bond3, Victoria Marín4, Marion Händel5, Olaf Zawacki-Richter6, Michael Kerres2

1Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Deutschland; 2Universität Duisburg-Essen, Deutschland; 3EPPI-Centre (University College London), Großbritannien, University of Stavanger, Norwegen; 4Universitat de Lleida, Spanien; 5Hochschule für Angewandte Wissenschaften Ansbach, Deutschland; 6Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Deutschland

Ging es vor rund zehn Jahren um die Frage nach grundsätzlichen empirischen Forschungszugängen zu den Gegenständen der Medienpädagogik (Hartung et al., 2014), so geht es jetzt darum, Ergebnisse zu resümieren und als eine Grundlage weiterer Forschung zu betrachten. Forschungssynthesen bieten hierzu die Möglichkeit. Gleichzeitig bedürfen sie der Adaption, um sie für mediendidaktische und –pädagogische Forschung gegenstandsadäquat zu nutzen. Mit der Annahme von Kontextgebundenheit, andauernder Interaktion und kontinuierlichem Wandel als Bedingungen für Forschung in den Bildungswissenschaften (Berliner, 2002) ist dies eine methodologisch-methodische Herausforderung, die einer Mehrebenen-Betrachtung bedarf. Diese erfolgt in den drei Vorträgen des Panels.

Artificial Intelligence: A topic and tool for evidence syntheses

In light of the surging interest in the use of AI for teaching and learning, this talk addresses AI both as a current topic for evidence synthesis, as well as AI applications as a means to integrate into process steps of evidence syntheses. With this focus, the talk presents findings from two different, large literature corpora and specifically addresses pertinent questions related to ethical issues revolving around these controversial topics.

Nutzung von Datenbanken als Manifestation der Weltsystem-Theorie in der Forschung

Die Weltsystem-Theorie wird als Analyseinstrument eingesetzt (Wallerstein, 2004), um die Nutzung von Datenbanken in 446 mediendidaktischen Forschungssynthesen zu betrachten. Untersucht werden die im Korpus am häufigsten genutzten Datenbanken hinsichtlich geografischer Verortung und Anbieter und der Begründungen für ihre Auswahl in der Synthese. Adressiert werden publikationsbezogene Machtstrukturen und Festschreibungen von Zentren und Peripherien in der Wissensgenerierung (Beigel, 2021).

Umbrella Review in Open, Distance, and Digital Education

In diesem Vortrag werden Ergebnisse eines Umbrella Reviews (vgl. Biondi-Zoccai, 2016) vorgestellt, in dem über 500 Systematic Reviews zu Open, Distance, and Digital Education nach PRISMA (Moher et al., 2009) evaluiert wurden. Inhaltliche Schwerpunkte der Reviews werden strukturiert, hinsichtlich ihrer Qualität in der Durchführung untersucht und notwendige methodische Weiterentwicklung von Reviews diskutiert.

 
11:00 - 12:30Doktorand*innen-Forum 1
Ort: Geb. 3, F 009
Chair der Sitzung: Stefka Weber
 

VR-Simulation(en) zur Förderung der Professionalität in Ausbildungsphasen – Das VR-Klassenzimmer in der Lehramtsausbildung (Arbeitstitel)

Deborah Hennig

RWTH Aachen, Deutschland

Simulationen in einer virtuellen Realität bieten neue Lehr- und Lernszenarien und eröffnen Erfahrungsräume abseits beruflicher Praxis, die in Ausbildungsphasen zur Einübung verschiedener Fertigkeiten integriert werden können (vgl. Garland/Garland 2020). Für Studiengänge, in denen der Erwerb praktischer Erfahrungen mit bestimmten Bedenken und Aufwand verbunden ist, könnten sie einen weiteren methodischen Zugang in der Lehre bieten.

Hier setzt das Promotionsvorhaben an: In der Lehramtsausbildung wird der Erwerb praktischer Erfahrungen im Klassenzimmer mit einem gewissen Aufwand und ethischen Bedenken verknüpft (Stichwort Datenschutz) und die Nutzung von Simulationen ist dort aktuell steigend (vgl. Kaufman/Ireland 2016). Vor dem Hintergrund der Professionalisierungsdebatte werden die Möglichkeiten eines VR-Klassenzimmers zu Schulungszwecken von Studierenden des Lehramts ausgelotet. Dabei wird sich auf eine Voll-Simulation bezogen, welche aktuell an der RWTH (u.a. Hochschulen) schon genutzt wird: das VR-Klassenzimmer (https://www.uni-potsdam.de/de/multimedia/projekte/anwendungen/vr-klassenzimmer und https://learntech.rwth-aachen.de/cms/LearnTech/Forschung/LTI-Lab/~kqthq/VR-Klassenzimmer/).

Immersive Erfahrungen in VR-Simulationen bieten einen Raum und eine methodische Erweiterung, die in bewährten Formaten wie Vorlesungen und Seminaren oft nicht umsetzbar sind und andere Methoden ergänzen. Dabei wird eine sichere, kontrollierte Umgebung geboten, in welcher Szenarien unter ähnlichen Bedingungen repliziert werden können. Denkbar sind Trainings für fachliche, fachdidaktische und pädagogisch-psychologische Zwecke, das Medium ermöglicht aber auch die Vermittlung von Handlungskompetenzen in nicht planbaren, emotional anspruchsvollen Situationen (bspw. Verhaltenstraining).

Die leitende Frage ist dabei „welchen Erfahrungsraum das VR-Klassenzimmer zu Professionalisierungszwecken von Studierenden des Lehramts in der akademischen Phase bietet?“. Untergeordnet wird betrachtet „welche Implikationen sich daraus für den Einsatz in der Lehre ergeben?“ und „welche Möglichkeiten sich für andere Phasen der Lehramtsausbildung eröffnen?“.

Theoretisch mögliche Einsatzszenarien werden unter der Perspektive der Professionalisierungsdebatte in der Lehrkräftebildung ermittelt. Dominant in der Diskussion sind der strukturtheoretische, der kompetenztheoretische und der (berufs-)biographische Ansatz (vgl. Baumert/Kunter 2006; Terhart 2011; Kramer 2020; Cramer 2020). Und auch wenn diese zumeist streng gegeneinander abgegrenzt werden, ist ihnen jedoch gemein, dass professionelles Handeln als eine Entwicklungsaufgabe (erlernbar) gedacht wird und sich aus allen unterschiedliche Lern- und Entwicklungsaufgaben für den Einsatz ableiten.

Empirisch sollen zwei Gruppen in Auseinandersetzung mit dem VR-Klassenzimmer betrachtet werden: aktive Lehrkräfte mit Berufserfahrung (mind. 6 Jahre Berufserfahrung) sowie Studierende des Lehramts. Entweder soll diesen nach einer Einweisung eine eigene Lehrsequenz (frontal, circa 10min) durchzuführen oder einfach die Möglichkeiten frei ausprobieren. Nach Sammlung eigener Erfahrungen werden Gruppendiskussionen (oder Einzelinterviews) durchgeführt. Diese werden möglichst offen gestaltet, um den Relevanzsetzungen der Teilnehmenden nicht entgegen zu wirken. Es werden aber spezifische Schwerpunkte mit abgefragt: wie Teilnehmenden den virtuellen Raum wahrgenommen haben, ob sich Anlässe zur kritischen Reflektion ergeben haben und wie sie den Einbezug in die Ausbildung einschätzen. Ausgewertet werden diese nach der Grounded Theory.

Das detaillierte Forschungsdesign steht noch nicht, da neben einer eben beschrieben offenen Herangehensweise auch denkbar ist, mit theoretisch abgeleiteten bzw. schon erprobten Szenarien/Konzepten zu arbeiten. Dabei liegt beispielsweise eine Anknüpfung an dem in den 60ern entwickelten Ansatz des ‚Microteaching‘ (vgl. Klinzing 2002; Eisenman/Edwards/Cushman 2015) nahe.

Hinzu kommt das Problem der Übertragbarkeit, zu dem bisher kein empirisches ausreichendes Material zur Verfügung steht. Wobei in anderen Kontexten, beispielsweise in der Medizin VR-Simulationen schon längerfristig zu Ausbildungszwecken (erfolgreich) eingesetzt werden (vgl. Harth 2021).



❌ abgesagt ❌

Forschungsskizze zum Dissertationsprojekt „Die Fiktion im Seriellen – Mediale Welt- und Gesellschaftskonstruktionen in der audiovisuellen Serie“

Nadine Feller

TU Dortmund, Deutschland

Ausgangspunkt des Dissertationsprojektes ist es, dass das Medium der fiktiven audiovisuellen Serie einen Zugang zu Inszenierungen von Bildungs- und Sozialisationsprozessen darstellt, welcher durch seine Analyse und Interpretation Aufschlüsse über Vorstellungen und Wahrnehmungen von Transitionsprozessen der Lebens- und Entwicklungsphasen eines Individuums in postmodernen Zeitgeschehen liefert.

Die Analyse und Interpretation der Verflechtung von Realität und Fiktion im Seriellen spielt nicht allein im medienwissenschaftlichen Kontext eine wesentliche Rolle, sondern auch in der Erziehungswissenschaft und im medienpädagogischen Bereich. Die Serie dient als eine Art „Artefakt“ einer bestimmten gesellschaftlichen Zeit und formt dabei durch das innerfilmische Spiel der dargestellten Figuren ein soziales und ästhetisches Wirklichkeitsverständnis. „[Audiovisuelle Medien] tun das, worauf sie verweisen, und konstruieren auf diese Weise eine spezifische soziale und […] zugleich ästhetische Wirklichkeit.“ (Fischer-Lichte 2016, S. 45). Den Rezipient*inn*en wird zudem über einen bestimmten Zeitraum ein Fenster zu einer fiktiven Welt eröffnet, wodurch eine Verbundenheit entsteht. Die Serie wird zu einer Konstanten der Alltagswelt und spielt diese gleichzeitig, da sie unter den subjektiven Wahrnehmungseinflüssen der „Serienmacher“ steht und somit Bezüge zur Alltagswirklichkeit aufweist. (Berger/Luckmann 2018, S. 21ff.) Medien durchdringen folglich die menschliche Wahrnehmung und formen sie auch gleichzeitig (vgl. Neuendank 2022, S. 59).

Um den filmischen Potenzialen der Serien gerecht zu werden, orientiert sich das Dissertationsprojekt eng an der Empirie der Grounded-Theory-Methodologie. Das entwickelte Serien-Sampling wurde nach einem für das Forschungsinteresse wesentlichen Kategorieschema entwickelt. Die Streaming-Plattform „Netflix“ diente hierfür als Untersuchungsplattform. Die beiden ausgewählten Serien „Stranger Things“ (2016) und „Dark“ (2017) werden mithilfe einer qualitativen Methodik untersucht, die sich an dem neoformalistischen Filmanalyseansatz nach Thompson und Bordwell (1995) sowie der Filmanalyse als Gesellschaftsanalyse nach Peltzer und Keppler (2015) orientiert. Es geht darum, die „Verständnisse“ hinter den Gestaltungsstrukturen aufzuzeigen und darauf aufbauend, die „Bedeutungsebenen und Sinnpotenziale“ des Dargebotenen zu erörtern (vgl. Hickethier 2012, S. 32). Durch die „Entzifferung“ der formalen Seite der Serie sollen Rückschlüsse über Vorstellungen über jugendliche Übergangsphasen und deren auslösende Momente gezogen werden.

Ziel ist es folglich, das ästhetische Spiel zwischen Fiktion und Realitätsbezügen in den Serien zu entschlüsseln. Daraus folgend werden dann Reflexionspotenziale der Inszenierung hinsichtlich transitorischer Prozesse des Lebens durch fiktive Bildungs- und Sozialisationsaspekte untersucht, die Rückschlüsse über die Art und Weise postmoderner medialer Imagination und Wahrnehmung liefern können.

Literatur:

Berger, Peter L./Luckmann, Thomas (2018): Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. 27. Auflage. Fischer Taschenbuch: Frankfurt am Main.

Fischer-Lichte, Erika (2016): Performativität. Eine Einführung. 3., unveränderte Auflage. Transcript Verlag: Bielefeld.

Hickethier, Knut (2012): Film- und Fernsehanalyse. 5., aktualisierte und erweiterte Auflage. Verlag J.B. Metzler: Stuttgart, Weimar

Neuendank, Elvira (2022): Film als pädagogisches Setting. Ein Medium als Vermittlungs- und Vergegenwärtigungsinstanz. Transcript Verlag: Bielefeld.



Mediendidaktische Perspektive auf das emotionale Erleben von Online-Angeboten in der Erwachsenenbildung

Claudia Kirschtein

Universität Paderborn, Deutschland

Das Emotionen beim Lernen von Wichtigkeit sind, ist heute wissenschaftlicher Konsens. Allerdings stehen emotionale Aspekte in der Bildungsforschung weiterhin selten im Fokus und bleiben oftmals unberücksichtigt. Insbesondere in der Erwachsenenbildung lassen sich nur wenige Wissenschaftler:innen finden, die sich mit den neuen Erkenntnissen aus der Psychologie und Neurobiologie bildungstheoretisch auseinandersetzen (vgl. Gieseke 2009). Historisch betrachtet lässt sich die Gegenüberstellung von Kognition und Emotion bereits in der Philosophie der Antike finden (vgl. Eder & Brosch 2017). Dieser Denkweise folgend wurde lange Zeit der Schwerpunkt in der Erwachsenenbildung auf die Kognition gelegt und Emotionen tabuisiert. Gieseke (2009) fasst die vergangene Perspektive im Folgenden zusammen: „Bildung erschien als Synonym für Rationalität, Bekämpfung der Irrationalität und der Gefühle, die für Unwissenheit standen.“ (S. 8). Erst seit den 1990er Jahren ist ein Wandel in Deutschland zu beobachten, sodass interdisziplinäre Forschungen zu Emotionen zunehmen, die nicht eine dichotome Sichtweise von Kognition und Emotion in den Mittelpunkt stellen. So arbeitet Arnold (2005) das Zusammenwirken und die Wichtigkeit heraus: „Erst, wenn es gelingt, die subjektive Dynamik zu erkennen bzw. zu ‚lesen‘ aus welcher sich im konkreten Fall, die Konsistenz von Denken, Fühlen und Handeln ‚speist‘, kann es möglich werden, anschlussfähige Transformationsprozesse zu initiieren oder produktiv zu begleiten.“ (S. V) Folglich lässt sich zusammenfassend sagen, dass Emotionen trotz ihrer langen Vergangenheit eine verhältnismäßig kurze Geschichte in der Bildungsforschung haben.
Eine ebenfalls kurze Geschichte kann in Hinblick auf digitale Medien in Lehr-Lern-Kontexten skizziert werden (vgl. Kamin & Meister 2015). Auf der einen Seite nehmen digitale Bildungsformate in der Erwachsenenbildung zu und auf der anderen Seite führt die zunehmend mediatisierten Lebenswelten zu einem dauerhaften Weiterbildungsbedarf. Bislang wurden in diesen medienpädagogischen Kontexten Emotionen eher begleitend erforscht und zurückhaltend methodische Zugänge sowie Modelle für Praktiker:innen diskutiert (vgl. Reinmann 2004). Auch in Bezug auf die Mensch-Technik-Beziehung ist ein Wandel hinsichtlich der Bedeutung von Emotionen erkennbar. Manzeschke und Assadi (2019) fassen die vergangene Perspektive wie folgt zusammen: „Wenn Emotionen in der Mensch-Technik-Interaktion auftraten, waren diese immer auf Seiten des Menschen zu verorten und wurden vor allem als Störfaktor und als dysfunktionales Verhalten gegenüber den Maschinen erachtet.“ (S. 165) Im Gegensatz dazu werden Emotionen heute zunehmend als Bindeglied zwischen Mensch und Technik betrachtet (vgl. ebd.). Daraus ergibt sich nun die Frage, wie konkret die Interaktion zwischen Mensch und Technik emotionssensitiv gestaltet werden kann. Eine mediendidaktische Annäherung erfolgt in Form des vorzustellenden Promotionsprojekts.
Im Rahmen der Arbeit wurde eine empirische Forschung 2022/2023 durchgeführt: Es wurden in einer Längsschnittstudie quantitative Einschätzungen der erlebten Emotionen während des Lernens zu zwei Online-Angeboten zusammen mit fokussierten Interviews erhoben. Ziel des Projekts ist es das emotionale Erleben beim Online-Lernen zu untersuchen, um neue Perspektiven durch die Berücksichtigung von Emotionen bei der Gestaltung von Online-Angeboten zu eröffnen. Das Sample setzt sich aus kontrastiv ausgewählten Mitarbeiter:innen unterschiedlicher kleiner und mittlerer Unternehmen zusammen, die sich zum Thema IT-Sicherheit beruflich weiterbilden. Die Auswertung erfolgt zurzeit mittels einer inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016), sodass ein Einblick in erste Analyseergebnisse in Form eines Posters ermöglicht wird. Die daran anschließende Diskussion soll insbesondere zum Erfahrungsaustausch und zur Methodenreflexion einladen.



Identitätskonstruktion bei Jugendlichen die E-Sport im Sportverein betreiben

Markus Gennat

FH Münster, Deutschland

Identitätskonstruktion kann als fortwährende Eigenleistung angesehen werden, bei welcher vor allem der Adoleszenz eine herausragende Bedeutung zugeschrieben wird (Körber, C., Schaffar, A. 2002; Keupp 2008). In dieser Phase lösen sich heranwachsende Personen von den Weltvorstellungen der Eltern und orientieren sich mehr und mehr an Sozialisationsinstanzen die außerhalb der Familie verortet sind (Wegener 2008). Dabei haben klassische Instanzen wie Religion, Familie, Schule und Beruf in der Postmoderne vermehrt an Verbindlichkeit verloren und für Individuen stellt sich die Herausforderung, aus den pluralen lebensweltlichen Entwicklungsangeboten jene zu identifizieren, die zur individuellen Identitätskonstruktion beitragen können (Keupp 2008; Schorb 2014; Conzen 2010; Beck und Beck-Gernsheim 2015; Wegener 2008). Besonders der digitale Raum bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich zu verorten und „Identitätspakete“ für die eigene Entwicklung zu identifizieren (Hemmer 2005). Neben diversen Social Media-Angeboten und Streaming-Diensten können ebenso Computer- und Videospiele für Nutzer:innen ein hohes Identifikationspotential schaffen und zur individuellen Identitätskonstruktion beitragen. Durch die Interaktivität von digitalen Spielen und die aktive Rollenübernahme im (Spiel)Geschehen, kann es dazu kommen, dass Spielende für die Dauer der Exposition die Identität eines Charakters „übernehmen“ und ihr Selbstkonzept in dessen Richtung anpassen (Hefner et al. 2007; Klimmt et al. 2009). Über die Interaktion in digital vermittelten Sozialräumen entwickeln sich ferner teils starke Gruppenidentitäten (Kaye et al. 2017; Pisan 2007).
In diesem Kontext und unter der Mitarbeit im Projekt „Förderung von E-Sport als Angebot der außersportlichen Jugendarbeit im Sportverein“ (gefördert vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW) ist ein Promotionsvorhaben entstanden, in welchem Prozesse der Identitätskonstruktion von Jugendlichen in E-Sport-Angeboten erforscht werden. Der elektronische Sport („E-sport“) stellt einen spezifischen Teilbereich von digitalen Spielen dar, welcher als „[…] organized and competitive approach to playing computer games“ (Witkowski 2012, S.350) definiert wird.
Im Fokus der Forschungsarbeit stehen sowohl (mögliche) individuelle Identitätskonstruktionen von Einzelpersonen als auch Gruppenidentitäten (vgl. Tajfel und Turner 1986), welche besonders durch die räumlich-soziale Rahmung eines Vereins gefördert werden könnten. Methodologisch wird sich dem Erkenntnisinteresse über ein Mixed-Methods Design genähert. Über halbstandardisierte, leitfadengestützte Interviews sollen so die individuellen Sichtweisen und Sinngebungen der Teilnehmenden bezüglich Ihrer „E-Sport Karriere“ ergründet werden, während die quantitative Befragung der Erhebung von Einstellung, Selbstwirksamkeit und Motivation bezüglich E-Sport gilt (Jerusalem und Schwarzer 2003; Ryan und Deci 2000; Schliée 2012). Zum Zeitpunkt der Antragstellung wurden bereits 22 qualitative Interviews in Sportvereinen geführt. Der nächste Arbeitsschritt sieht die Analyse der Daten vor, so dass voraussichtlich im September ´23 erste Ergebnisse präsentiert werden können. Das geplante Poster soll die Teilbereiche thematische Hinführung, theoretischer Rahmen, Methodik und Ergebnisse darstellen.

 
12:30 - 13:30Mittagspause
Ort: Mensa

inkl. Ausstellung Kinderzimmer der Zukunft

13:30 - 15:00Session 9 | gemeinsam eingereichte Beiträge
Ort: Geb. 2, 4+5
Chair der Sitzung: Thorsten Junge

(Inter-)disziplinäre Begegnungen mit Medienpädagogik

 

Bleibt alles anders: Medienpädagogik und ihre Rolle als Schnittstelle zwischen der Allgemeinen Erziehungswissenschaft und Informatik

Dan Verständig1, Thomas Damberger2, Denise Klinge3, Juliane Ahlborn1

1Universität Bielefeld, Deutschland; 2Freie Hochschule Stuttgart; 3Universität der Bundeswehr München

Das Panel möchte medienpädagogische Ansätze auf die digitale und digitalisierte Mensch-Technik-Beziehung in den Blick nehmen. In drei Beiträgen werden unterschiedliche Perspektiven auf diese Veränderungsdynamik und die daraus resultierenden Spannungen für ein disziplinäres Selbstverständnis sowie interdisziplinäre Anschlussfähigkeit herausgearbeitet. Der erste Beitrag greift das Verhältnis von Bildungstheorie und Medienpädagogik auf, wie es bei Sesink (2007) im Sinne einer Standortbestimmung herausgestellt wurde. Dabei werden aktuelle Entwicklungen einer Techno-Logik in den Blick genommen, um so Differenzlinien von Sein und Erscheinen zu konturieren. Der zweite Beitrag widmet sich dann in praxistheoretischer Perspektive der algorithmischen Wissenskonstruktionen und den designten Vermittlungsweisen. Dabei werden empirisch rekonstruierte pädagogische Modi Operandi digitaler Technologien vorgestellt und diskutiert, um so zu Aussagen darüber zu kommen, welchen Beitrag die Medienpädagogik auch zukünftig zur Erziehungswissenschaft leisten kann. Der dritte Beitrag widmet sich schließlich der Frage, inwiefern eine disziplinäre Identität (Mittelstraß 2001) im Spannungsfeld zu interdisziplinärer Offenheit steht, wenn man gegenstandsbezogen auf die Gestaltung von Lehr-Lernsettings mit und durch digitale Technologien blickt. Anhand von adaptiven Lernumgebungen wird exemplarisch aufgezeigt, welche Potenziale sich für die Medienpädagogik hinsichtlich der Gestaltung und Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien für unterschiedliche Zielgruppen ergeben. Der Beitrag gibt zudem einen Impuls zur Diskussion über die Bedeutung von Kritik im Zusammenhang zur Interdisziplinarität.

Die drei Beiträge vertreten die Grundannahme, dass sich erziehungswissenschaftliche Grundfragen zu digitalen Technologien und der sich wandelnden Mensch-Technik-Beziehung aus einem medienpädagogischen Selbstverständnis heraus formulieren lassen. Dies erfordert jedoch eine (neue) theoretisch-konzeptionelle Ausrichtung sowie entsprechende methodisch-methodologische Zugänge. Digitale Technologien verändern schließlich nicht nur die Art und Weise, wie wir mit den von uns gewählten Problemen (lebensweltbezogen) und Untersuchungsgegenständen (forschungsbezogen) umgehen, sie bedingen gleichzeitig auch die Möglichkeitsräume, wie Daten, Informationen und Erkenntnisse strukturiert, ausgewertet und repräsentiert werden. Eine kritisch-reflexive Hinwendung und die Adressierung von methodischen wie auch methodologischen Konsequenzen für die Medienpädagogik kann dazu beitragen, eine disziplinäre Selbstvergewisserung vorzunehmen.

 
13:30 - 15:00Session 10
Ort: Geb. 2, 1-3
Chair der Sitzung: Sonja Ganguin

(Inter-)disziplinäre Begegnungen mit Medienpädagogik

 

Für eine ›technologiebewusste Medienpädagogik‹ jenseits der Digitalisierung

Christoph Richter, Heidrun Allert

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Deutschland

Auch wenn wir uns bereits seit einiger Zeit in einem kulturellen Zustand der (Post)Digitalität befinden, in dem das Digitale zu einem ›Medium‹ geworden ist, dessen wir uns nicht mehr einfach bedienen, sondern in dem wir uns bewegen und leben, sind wir zugleich mit einer fortwährenden Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung digitaler Technologien konfrontiert. Verfahren zur Verarbeitung sehr großer Datenbestände, Blockchain-Technologien, teilautonome Waffensysteme und generative KI-Systeme sind nur einige der Beispiele, die unsere digitalen Technologieverhältnisse in den vergangenen Jahren nachhaltig verändert haben. Wie von verschiedenen Autor:innen immer wieder herausgearbeitet worden ist, kann sich eine medienpädagogische Auseinandersetzung mit den digitalen Verhältnissen nicht auf Fragen des (kollektiven) Umgangs mit den digitalen Dingen beschränken, sondern muss sich auch mit den zugrundeliegenden technischen und informatischen Prozessen befassen. Ungeachtet der Forderung nach einer ›technologiebewussten Medienpädagogik‹, fokussiert die medienpädagogische Diskussion digitaler Technologien jedoch weitgehend auf die Analyse vermeintlich allgemeiner Strukturprinzipien, die es zu verstehen und zu reflektieren gälte. Unbeachtet bleiben dabei aber die Eigensinnigkeit der digitalen Dinge wie auch ihre vielschichtigen Verwicklungen mit den sich kontinuierlich transformierende Praktiken. Vor diesem Hintergrund diskutiert der Beitrag die verschiedenen in der medienpädagogischen Diskussion anzutreffenden Konzeptionen digitaler Technologien sowie die in ihnen angelegten Relationierungen von Mensch und Technik. Der Beitrag zeigt auf, dass weder die Vorstellung einer intentionalen Zurichtung der Technik durch ihre Entwickler:innen noch eine konzeptionelle Entgrenzung von Mensch und Technik geeignet ist, die technischen Transformationsdynamiken zu erschließen und schlägt stattdessen eine praxistheoretische Konzeption der Technikgenese vor, die Technik und soziale Praktiken in ein Spannungsverhältnis zueinander setzt. Medienpädagogisch gewendet radikalisiert diese Konzeption die Vorstellung der Technik als einem ›evokativen Objekt‹, in dem sich nicht ›einfach‹ gesellschaftliche Prinzipien widerspiegeln, sondern uns kollektiv herausfordert, uns aktiv mit der Frage zu befassen, was diese Prinzipien sind und sein sollten.



❌ abgesagt ❌

Bildungsplattformen als Forschungsgegenstand der Medienpädagogik: Handlungsfelder und Perspektiven

Johannes Bonnes, Eik Gädeke, Paula Goerke, Stefan Klusemann, Paul Weinrebe

FernUniversität in Hagen, Deutschland

Digitale Lehr- und Lerninfrastrukturen als Plattformen sind inzwischen Kernbestandteil aller Bildungsbereiche bzw. fungieren als wichtige ‘Treiber’ der sog. Digitalen Transformation im Bildungssystem. Prominente Beispiele finden sich global wie national und werden sowohl von staatlichen als auch privaten Akteur:innen betrieben (Seemann 2021). Ihre wachsende Relevanz dokumentiert sich auch darin, dass sie mit verschiedenen Zugängen und in verschiedenen disziplinären Kontexten – etwa unter dem Stichwort der Plattformisierung – beforscht werden (Decuypere et al. 2021; Rivas 2021). Demgegenüber werden Plattformen bisher kaum auf Gegenstandsbereiche der Medienpädagogik bezogen (Iske et al. 2020). Dennoch tangieren Plattformen viele diskursive Felder der medienpädagogischen Disziplin – wie etwa Datafizierung, Bildungssteuerung und Bildungsgerechtigkeit (Förschler et al. 2021).

Der vorliegende Beitrag greift die Diskrepanz zwischen der Relevanz von Bildungsplattformen als Untersuchungsgegenstand der Medienpädagogik einerseits und der bis dato sich in den Anfängen befindenden Auseinandersetzung mit diesen andererseits auf. Basierend auf den Ergebnissen eines Literaturreviews deutsch- und englischsprachiger Literatur in internationalen Datenbanken wird geklärt, (1) wie, (2) mit welchen Zugängen und (3) auf welchen Ebenen Plattformisierung in der Erziehungs- und Bildungswissenschaft und angrenzenden Disziplinen (u.a. Kultur-, Sozial- und Kommunikationswissenschaften oder Organisationspädagogik) thematisiert wird. Wir sichten den Forschungsstand zu Plattformen nach zentralen Themen, Zugängen und Ergebnissen und nehmen eine Bilanzierung und konzeptuelle Ordnung der Literatur im Sinne eines Critical Reviews (Grant/Booth 2009) vor. Dabei werden Abgrenzungen, Begrenzungen und Entgrenzungen der Forschungsfelder herausgearbeitet und zu Handlungsfeldern und Diskursen der Medienpädagogik in Bezug gesetzt. Ziel des Beitrags ist es, die systematische Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Bildungsplattformen als integralen Bestandteil im medienpädagogischen Diskurs zu etablieren und Perspektiven für ein Forschungsfeld mit interdisziplinären Bezügen zu verdeutlichen. Das Review geht zurück auf ein Forschungsprojekt, das sich mit Aktivitäten rund um die Entwicklung und Gestaltung von Plattformen beschäftigt.



Medienpädagogische Ungleichheitsforschung meets Neomaterialismus – Versuch einer zukunftsträchtigen Relationsbestimmung

Maximilian Waldmann

Fernuniversität in Hagen, Deutschland

In den letzten Jahren ist innerhalb der deutschsprachigen Medienpädagogik eine Zunahme von Bezügen auf Theoreme und Analysefiguren aus den Arbeiten von Donna Haraway (2018), Karen Barad (2012) u. a. Denker*innen zu verzeichnen, die dem Posthumanismus/Neomaterialismus und vergleichbaren lateralen Ontologien zugeordnet werden (Hipfl 2018, Bettinger 2022, Dander/Neuberger/Aßmann 2023; Leineweber/Waldmann/Wunder 2023). Diskutiert wird, inwiefern sich im Zuge des neomaterialistischen Primats der agency von Materie und einer Dezentrierung allein menschlicher Subjekt-/Weltverhältnisse unsere disziplinären Auffassungen von Handlungsinitiative, Sozialität, Politik und Ethik wandeln. Während Auswirkungen dieses Paradigmenimports auf Biographieforschung, Medienpraxis-, Lern und -bildungstheorien, politische Ökonomien der Digitalisierung und andere Machtanalysen an Kontur gewinnen, sind Effekte auf die medienpädagogische Ungleichheitsforschung bisher kaum wahrnehmbar, die sich an Pierre Bourdieu hält (Langenohl/Lehnen/Zillien 2021).

Ausgehend von dieser Rezeptionslage zielt der Beitrag darauf ab, mit Blick auf postdigitale Ungleichheitsdynamiken zwei theoretische Bezugsmodi zu systematisieren, die sich als Reflexion von Sinn einerseits und als Diffraktion von Bedeutung/Materialität andererseits kennzeichnen lassen. Die Differenz von beiden, so die These, zeigt sich in der (Re-)Produktion von Ungleichheit bzw. des Ungleich-Mit-Werdens innerhalb des Gegenstandsfeldes pädagogisch bedeutsamer Plattformökonomien, wie z. B. Learning Analytics (Selwyn 2020).

Um diese These zu plausibilisieren, wird in einem ersten Argumentationsschritt die Differenz posthumanistischer Ungleichheitsdefinitionen zur bildungssoziologischen Orthodoxie herausgestellt, um dann im zweiten Schritt die Erkenntnisgewinne dieser Differenz für medienpädagogisches Denken herauszustreichen und an Beispielen numerischer (Mau 2017) und anderer Ungleichheitszusammenhänge zu demonstrieren. Erläutert wird anschließend mit Hilfe des pädagogischen Diskurses der Postdigitalität (Knox 2019), weshalb Artikulationsweisen von Ungleichheit multi- und nicht unilateral sind, wie Perspektiven einer Kultur der Digitalität (Stalder 2016) vielleicht nahelegen. Im letzten Schritt wird argumentiert, ‚konventionelle‘ und ‚post-anthropozäne‘ Ungleichheitsperspektiven zukünftig über einen ontoepistemologischen Begriff performativer Relationalität miteinander ins Verhältnis zu setzen, ohne dabei deren Unterschiede zuzudecken oder beide in einer übergreifenden Systematik zu vereinen.

 
13:30 - 15:00Doktorand*innen-Forum 2
Ort: Geb. 3, F 009
Chair der Sitzung: Paul Petschner

 

Zwischen Adressierung, Affordanz und materiellem (Eigen-)Sinn. Theoretische Sensibilisierungen in der anerkennungstheoretischen Medien- und Subjektivationsforschung

Olga Neuberger

Ruhr-Universität Bochum, Deutschland

In meinem Dissertationsvorhaben untersuche ich die mediale Praxis in Rundgängen an Erinnerungsorten und deute diese subjektivierungstheoretisch. Hierzu greife ich auf die anerkennungstheoretische Interpretation des Subjekts von Butler (2001) zurück. Inzwischen liegen eine Reihe an (empirischen) Untersuchungen vor, die pädagogische Praxis unter Rückgriff auf Butlers Anerkennungsbegriff deuten (exemplarisch Engel & Diz Muñoz 2022; Kuhlmann & Sotzek 2018; Reh & Rabenstein 2012; Schröder & Asmussem 2022). Das Besondere an Butlers (2001) Konzeption ist, dass sie von der gleichzeitigen Unterwerfung und Hervorbringung von Individuen als Subjekte ausgeht. Zur Beschreibung dieses Prozesses greift Butler auf das von Althusser entwickelte Konzept der Anrufung zurück. Dieses bilde den zentralen Mechanismus, durch den Individuen zu Subjekten gemacht werden (Butler 1998). Bei Althusser entsteht ein Subjekt, indem es, „durch einen Ruf, eine Anrede, eine Benennung konstituiert wird“ (Butler 2001, S. 91). Dieser Vorgang stellt sich „als Übernahme einer konkreten Fremdzuschreibung“ (Hauskeller 2000, S. 40) und „zugleich als Einsetzung eines Subjekts durch und in eine symbolische Ordnung dar“ (Balzer 2014, S. 444). Butler schließt hier an und deutet Anrufung zum einen als Anerkennungsgeschehen (Butler 1998, S. 35; S. 48) und löst Anrufung zum anderen aus dem für Althusser zentralen Erkenntnisinteresse der Bedeutung von Staatsapparaten und autorisierter Sprecher für Subjektivation, indem sie argumentiert, dass jede soziale Interaktion durch Anrufungsprozesse gekennzeichnet und in der Folge als Anerkennungsgeschehen gedeutet werden kann (Butler 1998). Das macht ihre Überlegungen nicht zuletzt für die Untersuchung pädagogischer Interaktionen interessant.

Dreh- und Angelpunkt vieler dieser Studien bildet das Konzept der Adressierung als Operationalisierung von Anerkennung (Ricken 2013; Rose & Ricken 2018). Wenngleich Adressierung ursprünglich breiter gefasst wird (Reh & Ricken 2012; Ricken 2013), ist das Konzept insbesondere hinsichtlich der konkreten methodischen Umsetzung eng an Sprache gekoppelt. Um die Beteiligung konkreter Materialitäten und Medialitäten an Anerkennungsgeschehen systematisch(er) zu berücksichtigen und dies fernab von Verständnissen als neutrale Werkzeuge (Bettinger 2020), wurden bereits unterschiedliche Konzepte aus anderen Theoriezusammenhängen herangezogen (Jörissen 2015; Rabenstein 2018; Schröder & Asmussen 2022; Thompson & Hoffarth 2013). Hier schließt der Beitrag an und richtet den Blick insbesondere auf solche Konzepte, die die materielle Seite von Medialitäten fokussieren, sodass Medien als materielle Artefakte betrachtet werden (Aßmann 2014). Die gewählten Konzepte werden zum Teil bereits im medienpädagogischen Diskurs rezipiert (Bettinger 2020; Jörissen 2015) – etwa das aus der Wahrnehmungspsychologie stammende Konzept der Affordanz (Gibson 1977). In sozial- und kulturwissenschaftlichen Untersuchungen ist mitunter von materiellem Sinn (Kalthoff 2019) oder Eigensinn (Hahn 2014) die Rede. Unter der Frage, inwiefern materielle Artefakte Individuen anrufen, werden die jeweiligen Konzepte im Beitrag zunächst dargestellt und im Sinne sensibilisierender Konzepte (Blumer 1954) dahingehend diskutiert, was mit ihnen jeweils in den Blick kommt und welche methodischen Weichenstellungen damit einher gehen. Schließlich werden die Konzepte auf ihre Anschlussfähigkeit an Butlers anerkennungstheoretische Konzeption des Subjekts befragt. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Frage nach dem Verhältnis von Normativität und Materialität. Den Beitrag verstehe ich insofern als Suchbewegung nach geeigneten theoretischen Sensibilisierungen für die Analyse von Subjektivation in und durch Gebrauchs- und Rezeptionspraktiken (digitaler) Visualisierungsmedien an Erinnerungsorten.



❌ abgesagt ❌

Digitale Lernwelten in personenbezogenen Dienstleistungsberufen -Simulationsbasierte Lernmedien am Beispiel der Pflegebildung-

Cornelia Jeremias-Pölking

Universität Paderborn & FH Münster, Deutschland

Digitale simulationsbasierte Lernmedien (hier: Simulationen & Serious Games) finden zunehmend Berücksichtigung in der Pflegebildung und führen zu vielfältigen Entwicklungen (z. B. Calik und Kapucu 2022; Hara et al. 2021). Bedingt wird dies u. a. durch neue Chancen des beruflichen Lernens im Setting digitaler simulationsbasierter Lernmedien. So können sich Lernende erproben und erleben eindrücklich die Konsequenzen ihrer Handlung in der Simulation bzw. im Serious Game. Die Anwendungen können beliebig oft wiederholt und Lösungen immer wieder neu ausprobiert werden, ohne das der reale berufspraktische Handlungsdruck auf Lernenden lastet oder es zu Gefährdungssituationen im Pflegesetting kommt (Jeremias-Pölking et al. 2020; Peters et al. 2018; Dütthorn et al. 2018).

Das Promotionsprojekt „Digitale Lernwelten in personenbezogenen Dienstleistungsberufen. Simulationsbasierte Lernmedien am Beispiel der Pflegebildung“ nimmt diese Themen und Entwicklungen auf und verfolgt die Fragestellung, inwiefern digitale simulationsbasierte Lernmedien in der Pflegebildung einen Erwerb pflegespezifischer Kompetenzen ermöglichen. Unter simulationsbasierten Lernmedien werden hier Simulationen und Serious Games verstanden. Während Simulationen die Abbildung einer simulierten Realität für Trainings- und Übungszwecken umfasst, werden unter Serious Games Videospiele verstanden, welche neben dem Spielspaß Lerninhalte vermitteln wollen (Kerres 2018; Unger et al. 2015). Das Konstrukt der pflegespezifischen Kompetenzen bleibt dabei selbst vage und ist nicht allgemeingültig bestimmt. Als zentrale pflegespezifische Kompetenzen wurden jedoch z. B. „Beziehungsgestaltung“ oder auch „situative Entscheidungsfindung“ herausgearbeitet (Dütthorn 2014; Remmers 2011). Im Rahmen der Zielsetzung dieses Promotionsprojektes ist eine Theoriegenerierung vorgesehen, in der eine schärfere Skizzierung pflegespezifischer Kompetenzen sowie eine Modellierung eines pflegespezifischen Kompetenzerwerbs in simulationsbasierten Lernmedien vorgenommen wird. Darüber hinaus sollen Potenziale und Grenzen digitaler simulationsbasierter Lernmedien für die Pflegebildung herausgearbeitet und konkretisiert werden.

Zur Beantwortung der Fragestellung wird ein qualitatives Design unter der Forschungsstrategie der Grounded Theory Methodologie in ihrer reflexiven und handlungstheoretischen Ausprägung gewählt (Breuer et al. 2019; Strauss und Corbin 1996). Im Rahmen der Erhebungssituation wurden Pflegeauszubildenden gebeten, Teile der Simulationen bzw. des Serious Games „uMed: Your Choice“ oder „Take Care“ zu nutzen bzw. zu spielen (TAKE CARE 2019/2021; UMED: YOUR CHOICE 2020). Diese simulationsbasieren Lernmedien thematisieren pflegerische Handlungsfelder bzw. können auch für den pflegerischen Kontext genutzt werden (Katsarov et al. 2021; Hülsken-Giesler et al. 2022), sodass ein Erwerb pflegespezifischer Kompetenzen denkbar ist. Mit Hilfe der eigens weiterentwickelten Methode des Lauten Denkens wurden diese Spiel- und Anwendungssequenzen in einem ersten Schritt videografiert (Introspektion) und in einem zweiten Schritt mit den jeweiligen Lernenden in einem Stimulated Recall Interview (SRI) reflektiert (Jeremias-Pölking 2023; Gerhardts 2020; Konrad 2020; Messmer 2015). Im Rahmen dessen konnte reichhaltiges Material erhoben werden. Es liegen aktuell sechs Introspektionen und sechs SRI vor, welche mit dem umfangreichen Kodierinstrumentarium der Grounded Theory Methodologie kodiert werden.

Im geplanten Vortrag sollen nun erste Modellierungen mit dem Schwerpunkt auf die Introspektionen präsentiert und diskutiert werden. In der Verbindung von pflegerischen Inhalten mit Simulationen und Serious Game rücken etwa die Phänomene des Non-player characters als besondere Perspektive einer Patientenzentrierung oder die zentrale Rolle von emotionaler Involvierung beim Lernen und Spielen in den Fokus.



Zuarbeit, Transformation, Osmose - Potenziale, Herausforderungen und mögliche Positionierungen medienpädagogischer Akteur*innen in überinstitutionellen, kooperativen Settings.

Christine Nowak

ifib - Institut für Informationsmanagement Bremen, Deutschland

Wenn außerschulische, medienpädagogische Bildungsakteur*innen Kooperationen mit Schulen eingehen, treffen unterschiedliche Programmatiken, Handlungsroutinen und Erwartungen aufeinander.

So konstituiert sich Schule als Institution über eindeutige Zugehörigkeiten und Zuständigkeiten ihrer Mitglieder (Helsper, 2021. S. 250), was sich u.a. in der Schulpflicht, ihrer Qualifikations-, Allokations- und Selektionsfunktion dokumentiert (Fend 2006). Mit diesen Aufträgen von Schule ist vor allem ein formales Bildungsverständnis, das Bildung als Kompetenzerwerb versteht, verknüpft (KMK, 2017). Dies grundiert die (pädagogische) Handlungspraxis in Schulen in konstitutiver Weise und unterscheidet sie darin fundamental von non-formaler, außerschulischer Bildungsarbeit. Für diese wird ein weit gefasster Bildungsbegriff grundgelegt, der darüber hinaus sämtliche „Facetten der non-formalen Bildung und des informellen Lernens“ mit einbezieht (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2022, S. V) und mit Verweis auf die strukturale Bildungstheorie Marotzkis (1990) Bildung nicht als „Ergebnis oder Zustand“ (Marotzki & Jörissen, 2008, S. 51) begreift, sondern als Prozess, in dem sich „komplex[e], selbstreflexiv[e] Lern- und Orientierungsprozesse“ (ebd.) vollziehen. Um solche Prozesse zu evozieren, wird der digitalen Medienbildung Potenzial zugesprochen (Biermann, 2009, S. 16). Die handlungsorientierte Medienpädagogik bietet Raum für die Entwicklung und Erprobung von Kompetenzen im Umgang mit Komplexität, Unbestimmtheit und Tentativität (Jörissen & Marotzki, 2009, S. 18 f.). Mit diesem weiten Bildungsverständnis gehen pädagogische Prinzipien wie „Freiwilligkeit, Hierarchiearmut, Subjektorientierung und Partizipation“ (Ingold & Maurer, 2019, S. 61) einher. Zudem unterliegen Einrichtungen der kulturellen und außerschulischen Bildung weniger explizierten Regeln, Rollenverständnissen und Routinen und werden durch „heterogene Zuständigkeiten“ (Helsper, 2021, S. 250) an unterschiedlichen Einsatzorten charakterisiert.

Trotz oder gerade wegen dieser Unterschiedlichkeit finden Kooperationen zwischen formalen und non-formalen Bildungseinrichtungen statt und es entstehen neue pädagogische Räume – so auch zwischen Schulen und Medienwerkstätten einer deutschen Großstadt, die Gegenstand eines BMBF-geförderten Forschungsprojekts sind. In dessen Rahmen soll rekonstruiert werden, wie diese Räume gestaltet werden, ob und wo Spannungsfelder entstehen und wie diese von den jeweiligen Akteur*innen bearbeitet werden. Im Sinne der dokumentarischen Evaluationsforschung (Bohnsack, 2006) sollen die empirischen Erkenntnisse den beteiligten Medienpädagog*innen zurückgespiegelt werden. Im Zuge meiner Dissertation fokussiere ich dabei den Vermittlungsprozess zwischen den Evaluierenden und Evaluierten, der formativ, partizipativ und responsiv gestaltet wird. Die verschiedenen Realitäten der Projektbeteiligten werden im Sinne eines „Realitätenkellners“ (Schmidt, 2008, S. 90 zit. in Loos, 2013, S. 359) präsentiert und diskutabel gemacht. Es wurden bereits Erhebungen auf Ebene der Mitarbeitenden, der Steuerungsebene sowie kooperierender Lehrkräfte an Schulen durchgeführt und erste Orientierungsfiguren mit der dokumentarischen Methode rekonstruiert. Dabei zeigt sich empirisch unter anderem, dass die Schule als Schauplatz der Kooperation mit konstitutiven Handlungsdilemmata assoziiert ist und medienpädagogische Akteur*innen spezifische Umgangsformen mit diesen Handlungsherausforderungen finden.

Im Vortrag werden erste Ergebnisse der bisherigen Analysen präsentiert, dabei die konstitutiven Herausforderungen der spannungsreichen Kooperation zwischen medienpädagogischen Akteur*innen und Lehrkräften empirisch bebildert und hierüber Potenziale, Widersprüche und Chancen einer Implementation non-formaler Bildungsangebote im formalen Bildungsort Schule beleuchtet und zur Diskussion gestellt. Zugleich wird das Verfahren einer dokumentarischen Evaluationsforschung und das mit ihr korrespondierende Transferverständnis herausgestellt und auf ihre Herausforderungen und Potenziale hingewiesen.

 
15:00 - 15:30Wrap-Up: "Von der Tagung nehme ich mit..."
Ort: Geb. 2, 1-3

Chair: Catharina Effern

15:30 - 15:45Verabschiedung
Ort: Geb. 2, 1-3
  • Univ.-Prof.'in Dr.'in Claudia de Witt und Univ.-Prof.'in Dr.'in Sandra Hofhues
  • Sektionsvorstand