Veranstaltungsprogramm

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
Bitte wählen Sie einen Ort oder ein Datum aus, um nur die betreffenden Sitzungen anzuzeigen. Wählen Sie eine Sitzung aus, um zur Detailanzeige zu gelangen.

 
 
Sitzungsübersicht
Sitzung
Session 5
Zeit:
Donnerstag, 21.09.2023:
14:00 - 15:30

Ort: Geb. 3, H 004


Chair: Claudia Grüner

Medienpädagogische Begründungen


Zeige Hilfe zu 'Vergrößern oder verkleinern Sie den Text der Zusammenfassung' an
Präsentationen

Ein praxeologisch-wissenssoziologisches Verständnis unterrichtlichen Medienhandels als konzeptioneller Bezugspunkt medienpädagogischer Professionalität

Andreas Dertinger

Technische Universität Dresden, Deutschland

Unterrichtliches Medienhandeln ist eine wichtige Grundlage pädagogischer Professionalität (KMK 2017; 2019). Mit Blick auf Lehrpersonen dominieren im medienpädagogischen Diskurs insbesondere kompetenztheoretische Ansätze (Blömeke 2000; Koehler & Mishra 2009, Huwer et al. 2019). Entgegen dieser Fokussierung wird aus strukturtheoretischer Perspektive der Habitus als bedeutsame Gelingensbedingung professionellen Handelns verstanden (Helsper 2021). Ebenso wurde der Einfluss habitueller Orientierungen auf das medienpädagogische Handeln in vielfältigen Studien – insbesondere unter dem Begriff des „medialen Habitus“ – nachgewiesen (u.a. Brüggemann 2013; Kommer 2010; Grubesic 2013). Um dem Desiderat einer Integration habitueller Orientierungen in Konzepte medienpädagogischer Professionalität (Knaus et al. 2018) nachzukommen, kann deren differenzierte Betrachtung in Erweiterung an den Ansatz des medialen Habitus beitragen. Einen solchen Zugang eröffnet die Praxeologische Wissenssoziologie, die es ermöglicht, (1.) die Relationen habitueller Orientierungen in unterschiedlichen Handlungskontexten (Nohl 2013) und (2.) das Verhältnis zwischen habituellen Orientierungen und normativen Erwartungen zu erforschen (Bohnsack 2017). Während diese Ansätze in der allgemeinen Erziehungswissenschaft zur Erforschung der pädagogischen Professionalität etabliert sind (Bonnet & Hericks 2019; Kosinar 2014), wird ihr Potenzial in der medienpädagogischen Forschung kaum genutzt (Ausnahme: Kulcke 2020).

Im Vortrag wird anhand eines abgeschlossenen Forschungsprojekts (Dertinger 2023) diskutiert, wie der Einfluss habitueller Orientierungen auf das professionelle medienpädagogische Handeln von Lehrpersonen theoretisch und empirisch erfasst werden kann. In der Studie wurden die Relationen habitueller Handlungsorientierungen und die Verhältnisse von Handlungsorientierungen und normativen Erwartungen als prägende Faktoren unterrichtlichen Medienhandelns untersucht. Die empirische Grundlage bilden zwölf narrativ ausgerichtete, leitfadengestützte Interviews mit Lehrpersonen bayrischer Sekundarstufen, die mit der dokumentarischen Methode ausgewertet wurden (Nohl 2017). Die Ergebnisse eröffnen ein differenziertes Verständnis der habituellen Prägung unterrichtlichen Medienhandelns in drei Bereichen: (1.) der Struktur der Orientierungen, (2.) der Relationen zwischen unterschiedlichen Weltausschnitten und (3.) möglicher Transformationspotenziale des Habitus. Im Vortrag wird dieses Konzept eines habituell geprägten Medienhandelns anhand der Studienergebnisse dargestellt und hinsichtlich seiner Bedeutung für Ansätze medienpädagogischer Professionalität diskutiert.



Medienpädagogische Professionalität vernetzend-hybrid gedacht: Entwurf einer transformatorischen Perspektive auf die medienpädagogische Professionalitätsentwicklung in der Bildungspraxis

Franziska Bellinger

Europa-Universität Flensburg, Deutschland

Im professionstheoretischen Diskurs der Medienpädagogik lassen sich zwei Perspektiven ausmachen: Erste rückt die Frage nach der disziplinären Etablierung im Feld der Bildungs- und Erziehungswissenschaft in den Vordergrund (u. a. Swertz et al. 2017), während die Zweite danach fragt, ob es möglich sei ein abgrenzbares medienpädagogisches Handlungs- und Tätigkeitsfeld sowie Berufsbild zu bestimmen (vgl. Wunden 2003, S. 29 f.). Letztere ist insbesondere für die medienpädagogische Berufsfeldforschung relevant, deren Datenlage lückenhaft ist (vgl. Hugger 2020, S. 28). Aufgrund der Querstruktur medienpädagogisch-professionellen Handelns ist die Diskussion um medienpädagogische Professionalisierung und Professionalitätsentwicklung eng an erziehungswissenschaftliche Teildisziplinen gekoppelt und wird bspw. für die Lehrer:innenbildung (u. a. Blömeke 2000; Schiefner-Rohs 2012; Dertinger 2023) intensiv geführt sowie jüngst auch für die Soziale Arbeit (u. a. Helbig & Roeske 2020) und Erwachsenenbildung (u. a. Bellinger 2018; Bolten-Bühler 2021). Ferner liegen theoretische Beschreibungsansätze zur medienpädagogischen Professionalität vor, die von Hugger (2001) elaboriert wurden und vom beschützend-vermittelnden, gesellschaftskritisch-wissenzentrierten, bildungstheoretisch-optimierenden bis hin zum vernetzenden Konzept reichen, wobei Letztgenanntes einer strukturtheoretischen Sicht auf Professionalität (u. a. Oevermann 1996; Helsper 2008) folgt. Darauf aufbauend wurde eine transformatorische Perspektive erarbeitet, die im Vortrag vorgestellt wird. Medienpädagogische Professionalität wird dabei als eine situativ immer wieder herzustellende berufliche Leistung verstanden, „die sich aufgrund der organisationalen Eingebundenheit hybrid entwickelt und deren Qualität sich dadurch auszeichnet, dass abstrakt-theoretische medienpädagogische Wissensbestände unter Einbezug des Wissens um Nicht-Wissen im Handlungsvollzug relationiert werden“ (Bellinger i. V.). Die Perspektive berücksichtigt neuere professionstheoretische Sichtweisen aus der Berufssoziologie und Organisationswissenschaft (u. a. Noordegraaf 2015; Evetts 2008; Pfadenhauer 2014) und trägt der Prozesshaftigkeit medienpädagogischer Professionalitätsentwicklung vor dem Hintergrund heterogener organisationaler Anforderungen an medienpädagogisch professionelles Handeln in der Bildungspraxis Rechnung, die eng mit gegenwärtigen gesellschaftlichen und medialen Wandlungsprozessen verwoben sind. Zugleich eröffnet sich somit eine Forschungsperspektive, die es ermöglicht interdependente Einflüsse auf und spezifische Anforderungen an die medienpädagogische Professionalität innerhalb verschiedener pädagogischer Arbeitsfelder empirisch zu erschließen.



Organisation als Gegenstand medienpädagogischer Forschung

Christian Helbig

FernUniversität in Hagen, Deutschland

Pädagogisches Handeln ist inhaltlich, methodisch, zeitlich, sozial und örtlich strukturiert (vgl. Gieseke 1986) und in der Regel organisiert bzw. findet in Organisationen statt (vgl. Timmermann und Strikker 2010, 152). Historisch wurde der Aspekt der Organisation pädagogischen Handelns allerdings wenig in den Blick genommen (vgl. Bessoth 1987). Erst in jüngerer Zeit wurden Pädagogik und Organisationen wieder stärker zusammengedacht, wie z.B. Überlegungen zum „pädagogische[n] Handeln als Organisationshandeln“ (Timmermann und Strikker 2010, 152) und die Konstituierung der Organisationspädagogik in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft im Jahr 2007 (vgl. Geißler 2009, 239ff.; Göhlich 2018) nahelegen. Im Kontext medienpädagogischer Forschung werden in diesem Zusammenhang bislang vor allem medienpädagogische Kompetenzen (z.B. als Schulentwicklungskompetenz in Blömeke 2000) und Praktiken sowie Qualifizierungsbedarfe von pädagogischen Fachkräften in den Blick genommen, während Strukturen und Hierarchien sowie formale und informale Regeln der Organisationen, in und mit denen medienpädagogisches Handeln stattfindet, weitestgehend Desiderata darstellen. Dabei eröffnen sich theoretische und empirische Fragen zum Verhältnis von medienpädagogischen Praktiken und organisationalen Strukturen sowie zur organisationalen Ermöglichung und Begrenzung medienpädagogischen Handels im Sinne der „Dualität von Struktur“ (Giddens 1984).

Der Beitrag geht theoretisch der Fragestellung nach, wie Organisation als Gegenstand medienpädagogischer Forschung gefasst werden kann. Anknüpfend an der historischen Auseinandersetzung mit dem Organisationsbegriff in der Soziologie und der Erziehungswissenschaft wird medienpädagogisches Handeln als Organisationshandeln gerahmt, das im Giddensschen Sinn durch Organisationen als soziale Systeme strukturiert wird und gleichermaßen strukturierend wirkt (ebd.). Anschließend wird Organisation als Gegenstand und Desiderat medienpädagogischer Forschung gerahmt und eine Bestimmung „medienpädagogischen Organisationsforschung“ (Helbig 2022) vorgenommen, die an institutionstheoretische und praxeologische Positionen anknüpft.

Die Einreichung knüpft mit einer sowohl historischen als auch gegenwartskritischen Perspektive auf medienpädagogische Forschung an das Tagungsthema an und stellt organisationale Fragen als Reflexionsgegenstand disziplinärer Begründungen und Entwicklungen zur Diskussion. Ebenso werden Anknüpfungspunkte zur Organisationspädagogik und Organisationssoziologie deutlich, die als Teil inter- und transdisziplinärer Forschung das Spektrum der Medienpädagogik erweitern.