Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
Einzelbeitrag 5c: Inklusive Hochschule
Zeit:
Dienstag, 18.02.2025:
16:00 - 17:30

Chair der Sitzung: Simon Baumann
Ort: 216 Seminarraum S142

216/EG/0.303 45 Sitze

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Präsentationen

Die inklusive Hochschule – Dystopie oder Utopie?

Marion Wüchner-Fuchs1, Ute Kahle2

1SRH University Heidelberg, Campus Fürth; 2SRH University Heidelberg, Campus Dresden

Die inklusive Hochschule ist ein Modell, welches zunehmend an Bedeutung gewinnt, insbesondere im Hinblick auf die Schaffung eines Bildungssystems, das für alle Menschen zugänglich und gerecht ist (EHEA 2020, 3). Dabei spielt der Aspekt der Accessibility eine zentrale Rolle (UN-BRK, Art. 9). Accessibility bedeutet, dass alle Studieninteressent:innen und Studierenden, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen, die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben sollten, am Hochschulleben teilzunehmen. Dies schließt insbesondere den Personenkreis mit Behinderungen ein, die oft auf spezielle Unterstützung und Anpassungen angewiesen sind, um ihr volles Potenzial entfalten zu können.

Eine inklusive Hochschule berücksichtigt über die physische Barrierefreiheit hinaus insbesondere auch die kompetenzorientierte digitale und didaktische Zugänglichkeit. In diesem Kontext nimmt die Hochschuldidaktik eine Schlüsselrolle ein (Kordts-Freudinger et al. 2021). In einer inklusiven Hochschulumgebung muss die Didaktik so gestaltet werden, dass sie die unterschiedlichen Bedürfnisse aller am Lehr- und Lernprozess Beteiligten berücksichtigt. Dies erfordert eine Transformation der traditionellen Vermittlungs- und Prüfungsmethoden hin zu Ansätzen, die flexibler und adaptiver sind. Zum Beispiel die Screen-Reader kompatible Gestaltung digitaler Lernmaterialien und die Einbindung von persönlicher Assistenz in Prüfungssituationen.

Der Vortrag skizziert anhand aktueller empirischer Daten den Status quo der deutschen Hochschulen in Bezug auf inklusive Konzepte und widmet sich der Frage, inwiefern Maßnahmen zur Umsetzung von Inklusion entweder eine systemische Störung dieser Institutionen und ihrer Mitarbeitenden darstellt und dadurch Beharrungstendenzen auslöst oder den Beginn eines organisationsweiten Veränderungsprozesses markiert.

Der Wandel hin zu einer inklusiven Hochschule ist eine umfassende Transformation, die das gesamte Hochschulsystem betrifft. So kann sichergestellt werden, dass alle Studierenden, insbesondere jene mit Behinderungen, bestmögliche Voraussetzungen erhalten. Eine inklusive Hochschule ist somit eine Frage der Gerechtigkeit und eine Investition in die Zukunft einer vielfältigen und gleichberechtigten Gesellschaft.



Inklusive Hochschule zwische Diversity Management, Antidiskrimierungs- und Gleichstellungspolitiken

Vera Moser1, Justin Powell2, Nicolas Engel3, Sophie Abend1, Lena Wolf3

1Goethe Universität Frankfurt, Deutschland; 2Universität Luxemburg, Luxemburg; 3Universität Nürnberg-Erlangen, Deutschland

Im Kontext des Forschungsprojekts GeHoch (Gerechte Hochschulen. Mechanismen der Inklusion im Zeichen universitärer Exzellenz), das in Kooperation mit Vera Moser (GU Frankfurt am Main), Nicolas Engel (FAU Nürnberg-Erlangen) und Justin Powell (Uni Luxembourg) durchgeführt wird, werden Prozesse und Mechanismen der Institutionalisierung von Diversitäts- und Inklusionskonzepten an Hochschulen untersucht. Konkret geht es um die Analyse der Implementation von vier politisch gerahmten, auf der Organisationsebene hinterlegten Säulen: Diversitätsmanagement, Inklusion, Antidiskriminierung und Gleichstellung. Neben einer Rekonstruktion der konzeptionellen Verständnisse von Inklusion und inklusiver Gerechtigkeit in Hochschulen geht es um die Untersuchung der organisationalen Prozessierung dieser Konzepte auf allen relevanten Ebenen (wie z.B. Personalentwicklung, Beschwerde-/Ombudsstellen, Fortbildung, Gremienbeteiligung, Gebäude, Forschung, Lehre etc.), wobei der Implementationsgrad im Spannungsfeld von Empfehlung und Verpflichtung ebenfalls von Interesse ist wie ggs. auch Schnittstellen der Aufgabenbereiche. In einem zweiten Schritt werden Interviews mit den involvierten Stakeholder, Akteur:innen und Nutzer:innen geführt. Aus der laufenden Studie werden erste Ergebnisse berichtet. Dabei lässt sich eine spannungsreiche Verknüpfung von historisch additiv implementierten akteurszentrierten identitätspolitischen Instrumenten hin zu evolutionären Systemadaptionen, die derzeit in den Konzepten Inklusion bzw. Diversity amalgieren, beobachten. Die Analysen greifen auf neo-institutionalistische Analysen (Scott 2014) sowie auch auf die französiche Wertesoziologie (Boltanski & Thévenot 2007) zu; das Vorhaben ist methodisch durch die Institutional Ethnography (Smith 2005) gerahmt.

Der Beitrag geht insgesamt der Frage nach dem transformatorischen Gehalt dieser neu implementierten Agenden in Hochschulen nach.



Entwicklung von Zukünfte-Bewusstsein: Hochschulische Bildungsräume als Katalysatoren für Inklusion und Transformation

Oliver Koenig

Bertha von Suttner Privatuniversität St. Pölten, Österreich

Dieser Beitrag untersucht die Verhältnissetzung von Inklusion, Bildung und Transformation mit Blick auf die Bedeutung hochschulischer Bildungsräume bei der Vorbereitung von Pädagoginnen auf die komplexe Herausforderungen der Neugestaltung von Systemen im Rahmen des transformativen Zukunftsprojekts Inklusion (Koenig 2022). Universitäre Bildungsarbeit vollzieht sich innerhalb neoliberaler, individualistischer, ableistischer, und meritokratischer Rahmenbedingungen (Taylor & Shallish, 2019; Buchner, 2022; Dev Regmi, 2023). Diese Ambiguität stellt das Lernen von Inklusion innerhalb und außerhalb der Universität vor ein strukturelles Vermittlungs-Dilemma. Studierende werden nur selten mit jenen sozial-kooperativen Aneignungsbedingungen (Feuser, 2015) und verkörperten Erfahrungen der Ko-Produktion inklusiver Bildungsräume konfrontiert (Koenig, 2020), deren Realisierung in der Praxis, in dafür nicht ausgerichteten Systemen (Ball & Collet-Sabe, 2022), von ihnen erwartet wird. Viele Berufsanfänger*innen sowie besonders motivierte Praktiker*innen sehen sich mit vier „Territorien des Versagens“ konfrontiert, welche Allan (2008) als Verwirrung, Frustration, Schuld und Erschöpfung beschreibt. Dieser Beitrag argumentiert, dass Hochschulbildung von einem theoretisch fundierten und praktisch anwendbaren Rahmen profitieren können, der die Entwicklung eines Zukunftsbewusstseins unter Menschen aus diversen Hintergründen und Erfahrungen fördert –verstanden als eine vertiefte Wahrnehmung des zukünftigen Potenzials des gegenwärtigen Moments. Die Praxis der "Three Horizons" (Sharpe et al. 2016) und das zugehörige theoretische Konzept des "Anticipatory Present Moment" (Hodgson 2024) können dazu beitragen, Menschen in dieses neue ontologisch-epistemologische Terrain zu führen und zu verstehen, wie sie die Zukunft in der Gegenwart erhalten oder transformieren, aber auch wie sie lernen können, ihre eigenen intrapsychische Reaktionen auf besagtes Diskrepanzerleben zu durchschauen und in Auseinandersetzung damit konstruktive Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln (Naraian & Schlesinger 2018). Der Beitrag wird vorstellen wie diese Modelle in die Konzeption und eines neuen Masterstudiengangs für Inklusion und Transformation in Organisationen eingebunden werden und als kohärentes didaktisches Prinzip dienen, um Bildungspraktiker*innen aus verschiedenen Feldern zu befähigen, Inklusion als kontinuierlichen und kritisch-reflexiven Prozess zu begreifen, der sowohl individuelle als auch strukturelle Veränderungen erfordert und fördert.