Transformationsschritte zur Solidarität und Inklusion in der Praxis – 40 Jahre Schulentwicklung der Grundschule Berg Fidel zur PRIMUS-Schule Berg Fidel – Geist (Gesamtschule der Jahrgänge 1-10) unter dem besonderen Blickwinkel der Institutsberatung
Chair(s): Reinhard Stähling (PRIMUS-Schule Berg Fidel Geist Münster, Deutschland), Arbnora Aliu (Pädagogischen Hochschule Fachhochschule-Nordwestschweiz)
DiskutantIn(nen): Arbnora Aliu (Pädagogischen Hochschule Fachhochschule-Nordwestschweiz)
Bereits in den 1970er-Jahren entdeckte die Schuleffektivitätsforschung, dass einige Schulen in benachteiligten Lagen gute Leistungsergebnisse vorweisen konnten. Es wurde deutlich, dass sich gute von schlechten Schulen nicht aufgrund ihrer Komposition der Schülerschaft unterscheiden lassen, sondern durch ihre pädagogische Handlungsfähigkeit. Verbesserungen der didaktischen Arbeit einer Einzelschule sind möglich.
Die Grundschule Berg Fidel hat seit den 1970er-Jahren bis heute in mehreren Phasen die Umgestaltung von innerschulischen Strukturen weg von der Exklusion in Richtung von Solidarität und Inklusion vorangetrieben. Daran waren Eltern, Kollegium und Kinder aktiv beteiligt. Bei diesem Rückblick wird ein roter Faden gesucht, der erklärbar macht, dass im laufenden Betrieb über Jahrzehnte die das Lernen hemmenden Strukturen schulintern „Zug um Zug außer Kraft gesetzt“ wurden.
Im Symposium werden die Transformationen der Schule exemplarisch dargestellt. In der gemeinsamen Diskussion suchen wir nach den entscheidenden Faktoren, die zur Transformation beigetragen haben. Eine Perspektive aus der Institutsanalyse kann helfen, in dieser Entwicklung einen roten Faden zu finden. Die Übertragbarkeit auf andere Schulen wird je nach Fragestellung der Teilnehmer*innen ausgelotet.
Fragen die im Symposium bearbeitet werden können:
Wie kann angesichts der von Armut betroffenen Schüler*innen eine Schule in benachteiligten Lagen Zug um Zug exklusive Strukturen außer Kraft setzen?
Welche strukturellen Veränderungen von Schule in benachteiligten Lagen sind erforderlich und wie können sich diese positiv auf die Solidarität, Inklusion und Lernleistung aller Kinder auswirken?
Wie kann es gelingen, dass selbstreguliertes und forschendes Lernen in Schulen in benachteiligten Lagen selbstverständlich wird?
Welche schulischen Lehr-Lern-Umgebungen in benachteiligten Lagen ermöglichen innovative Formate eines fachgebundenen und fächerübergreifenden Lernens?
Beiträge des Symposiums
Entwicklungsschritte der Schule in Berg Fidel in 40 Jahren
Reinhard Stähling
PRIMUS-Schule Berg Fidel - Geists Münster
Die Schule in Berg Fidel hat in 40 Jahren wesentliche strukturelle Gelingensfaktoren aufgebaut, die eine Inklusion von allen Kindern und Jugendlichen möglich machen, wie:
• Freie Arbeit in jeder Klasse von Jahrgang 1 bis 10
• Gebundener Ganztag bis Jahrgang 10 mit verpflichtendem Mittagessen
• pädagogische Arbeit in klasseneigenen Teams mit wöchentlichen Teamsitzungen,
• altersgemischte Klassen ohne Sitzenbleiben
• durchgehende Schule von 1-10 ohne Brüche nach Klasse 4
Wie die Transformation dahin geschehen konnte, wird erläutert.
Entwicklungsschritte der Schule in Berg Fidel an Beispielen wie der Teamarbeit
Barbara Wenders
PRIMUS-Schile Berg Fidel - Geist Münster
An einzelnen Beispielen (z.B. multiprofessionelle Teamarbeit) zeigen wir auf, wie Solidarität und Inklusion wachsen können. In vielen Jahren bauten wir schuleigene Strukturen auf, die uns Pädagog*innen ermöglichen, das Lernen aller Kinder und Jugendlichen so zu organisieren, dass Entdecken, Verstehen, Bearbeiten und Erforschen eigener Themen, in einer solidarischen Klassengemeinschaft im Mittelpunkt stehen. Es geht sowohl im Team als auch bei allen Kindern und Jugendlichen um das „Mögliche, das im Wirklichen noch nicht sichtbar ist“ (Feuser 2017). Wir berichten, wie dieses im Laufe der Jahre in klasseneigenen Teams immer erfolgreicher organisiert werden konnte.
Reflexion schuiischer Entwicklungsschritte aus der Perspektive der Institutsanalyse
Erich Otto Graf
Pädagogischen Hochschule Fachhochschule-Nordwestschweiz
Der Blick der Institutionsanalyse auf das System Schule zeigt die Bedeutung der Denkstilsoziologie (Denkkollektiv und Denkstil) des polnischen Epistemologen Ludwik Fleck für die Gestaltung und Moderation von Veränderungsprozessen in Organisationen. Schulentwicklung ermöglicht es schulischen Organisationen bisher nicht ausgeschöpfte, da (noch) nicht entdeckte Handlungsmöglichkeiten und Reflexionspotentiale praktisch umzuseetzen.