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Sitzungsübersicht
Sitzung
Einzelbeitrag 1c: Inklusiver Unterricht
Zeit:
Montag, 17.02.2025:
13:30 - 15:00

Chair der Sitzung: René Schroeder
Ort: 216 Seminarraum S137

216/02/2.125 54 Sitze

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Präsentationen

Inklusiver Unterricht – vom gemeinsamen Lerngegenstand aus gedacht

Britta Ostermann

Universität Bremen, Deutschland

Mittelpunkt schulischer Inklusion ist „der gemeinsame Unterricht von verschieden kompetenten Kindern bzw. Jugendlichen, die sich in anregungsreichen und didaktisch schlüssig strukturierten Lernumgebungen Wissen und Handlungsmöglichkeiten erarbeiten können – und zwar kooperativ, aber auch personal-autonom“ (Sasse 2024, S.35). Obwohl das Modell des gemeinsamen Lernens in heterogenen Lerngruppen in Deutschland, das zunächst als integrative Erziehung und Bildung verwirklicht wurde, bereits seit nahezu fünfzig Jahren an zahlreichen Schulen entwickelt, erprobt sowie umfassend wissenschaftlich untersucht wird (vgl. zusammenfassend Müller/Prengel 2013; Preuss-Lausitz 2019), werden gegenwärtig erhebliche Herausforderungen bei der Planung und Umsetzung inklusiven Unterrichts seitens der Lehrkräfte sowie der Erziehungswissenschaftler*innen konstatiert (vgl. ausführlich Sasse/Schulzeck 2023, S.13–17).

Aufgrund dieser Problemlage fokussiert der vorliegende Beitrag – vor dem Hintergrund der Erkenntnisse der Integrations- und Inklusionsforschung – folgende Fragestellungen, die anhand eines Systematic Review (vgl. Newman/Gough 2020) bearbeitet werden:

a) Welche didaktischen Modelle liegen im deutschsprachigen Raum vor, die die Planung, Durchführung und Reflexion von inklusivem Unterricht ermöglichen?

b) Welcher Ausgangspunkt zur Planung von inklusivem Unterricht liegt den einzelnen didaktischen Modellen zugrunde (Heterogenität der Schüler*innen, Lerngegenstand, curriculare Vorgaben, zu erwerbende Kompetenzen)?

c) Inwieweit werden die didaktischen (Planungs-)Modelle im pädagogischen Alltag angewendet? Welche Gründe liegen jeweils für die (Nicht-)Anwendung vor?

Ziel ist es, einen systematischen Überblick zu bestehenden didaktischen Modellen zu erarbeiten und zu überprüfen, inwiefern sie für die Planung, Gestaltung und Reflexion inklusiven Unterrichts geeignet sind. Zugleich soll er dazu beitragen, Elemente einer praxistauglichen inklusiven Didaktik herauszukristallisieren und zugleich einen Perspektivenwechsel zu initiieren – und zwar inklusiven Unterricht nicht vom Kinde aus, sondern vom Lerngegenstand aus zu denken.

Zur Verdeutlichung dieses Transformationsprozesses wird das von der Robert Bosch Stiftung geförderte Projekt „Reckahner Modelle zur inklusiven Unterrichtsplanung“ (ReMi) vorgestellt (Projektleitung: Annedore Prengel, Anne Piezunka), da es Hilfsmittel zur Planung inklusiven Unterrichts zur Verfügung stellt. Die Autorin ist Mitglied des „ReMi-Teams“ und hat didaktisch-diagnostische Stufenmodelle für einen inklusiven Englischunterricht entwickelt.



Inklusive Didaktik als Vehikel schulischer Transformation? Zum transformatorischen Potenzial inklusiver Didaktik anhand eines internationalen systematischen Reviews

Julia Frohn

Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland

Auf dem Weg zu einem inklusiven Bildungssystem werden seit Jahrzehnten Umwälzungen gefordert, „die ohne z.T. umfassende systembezogene Reformen kaum zu realisieren sind“ (Simon 2019, 23). Tatsache bleibt jedoch, dass Unterricht auch ohne die notwendigen gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen inklusiv gestaltet werden muss, um „den bestmöglichen Bildungserfolg für alle Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen […] und jedwede Diskriminierung zu vermeiden“ (HRK & KMK 2015, 2). Dazu kann eine inklusive Didaktik beitragen, die als „konsequente Lernendenorientierung“ (Porsch & Korff 2023) – sowohl individuell als auch in der Gruppe – partizipative und kooperative Prozesse anregt, um soziale und fachliche Teilhabe zu ermöglichen (siehe z.B. Frohn et al. 2019; Reich 2014; Wocken 1998; Feuser 1995).

Wie genau die inklusive Didaktik Wirkung als Vehikel schulischer Transformation entfalten kann, soll in diesem Beitrag mithilfe eines internationalen systematischen Reviews erörtert werden. Dabei bilden empirische Arbeiten zur inklusiven Didaktik die Datengrundlage, da diese anhand konkreter Analysen schulischer Abläufe, Phänomene und Interaktionen eine Alltagsnähe versprechen, die durch theoretische Arbeiten kaum herzustellen ist.

Als methodische Rahmung wurde das PRISMA-Verfahren gesetzt (Page et al. 2020). Durch eine umfassende Datenbankrecherche in „ERIC“ und „Taylor & Francis“ anhand theoretisch hergeleiteter Suchbegriffe wurden zunächst 4.027 englischsprachige Beiträge identifiziert, die daraufhin anhand kooperativ erstellter Kriterien (u.a. K-12-Setting, Unterrichtsbezug, vollständiges didaktisches Dreieck) in Abstract- und Volltextanalysen analog auf ihre Eignung für das Vorhaben gescreent wurden. Parallel wurden Beiträge der Zeitschriften Empirische Sonderpädagogik, Zeitschrift für Inklusion, Zeitschrift für Erziehungswissenschaft und Zeitschrift für Pädagogik (N=938) ebenso auf mögliche Passungen zu Parametern inklusiver Didaktik überprüft. Final wurden 45 Volltexte zum Thema (33 englisch, 12 deutsch) als passend für die Analyse ausgewählt, in der systemische Barrieren für Inklusion, systemimmanente Spannungsfelder sowie transformatorische Potenziale inklusiver Didaktik für Schule und Unterricht dokumentenanalytisch (Mayring 2010) herausgearbeitet wurden.

Im Vortrag werden die Ergebnisse diskutiert, um Möglichkeiten und Herausforderungen inklusiver Didaktik zur Ausgestaltung schulischer Bildungsprozesse zu skizzieren.



TOP PLAN: Herausforderungen der Koexistenz von inklusiver Unterrichtsplanung und individuellen Bildungsplänen

Heidrun Demo, Petra Auer, Silver Cappello, Anna Frizzarin

Freie Universität Bozen Bolzano, Italien

Die Konzeption und Umsetzung von individuellen Bildungsplänen (IBPs) ist mit einer Vielzahl von Herausforderungen und Kritikpunkten verbunden (Auer et al., 2023). Der Versuch, die Teilnahme von Schüler:innen mit ihnen zugeschriebenen besonderen Bildungsbedürfnissen an einem Curriculum für alle zu gewährleisten, birgt die Gefahr von Normalisierungsdruck und Marginalisierung in sich (Andreasson et al., 2013; Norwich, 2013). Dieser dilemmatische Charakter des IBPs wirft Fragen zu seiner Bedeutung für eine inklusive Schule auf. Aus dieser Perspektive ist die Beziehung zwischen einer Unterrichtsplanung für die Klasse – im Sinne einer inklusiven Schule eine Unterrichtsplanung für alle – und dem IBP, der auf die spezifischen Besonderheiten einzelner Schüler:innen eingehen sollen, besonders interessant.

Vor diesem Hintergrund wurde eine Mehrfachfallstudie an 17 Grundschulklassen in den italienischen Provinzen Bozen, Turin und Rom durchgeführt, wobei jede Klasse eine Analyseeinheit bildet (Yin, 2014). Um zu verstehen, ob und wie die Planung für die Klasse und die individualisierte Planung in Form des IBPs miteinander verbunden sind, wurden in jeder Klasse qualitative, halbstrukturierte Interviews mit jeweils der Klassenlehrperson, der Integrationslehrperson und einem Elternteil des Kindes mit dem IBP geführt. Neben einer Analyse der Interviewdaten mittels Qualitativer Inhaltsanalyse (Schreier, 2013), erfolgte zudem eine Dokumentenanalyse (Bowen, 2009) der IBPs.

Der geplante Beitrag fokussiert eine Typenbildung zur transversalen Kategorie des Ableismus‘ sowie zur Hauptkategorie der Beziehung zwischen Unterrichtsplanung und IBP. In diesem Zusammenhang werden jene Argumente als Manifestationen des ableistischen Denkens betrachtet, die die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Verbindung von IBP und Planung für die Klasse auf der Grundlage Ähnlichkeit oder Verschiedenheit der Leistungserwartungen für die Klasse und jenen für den/die Schüler:in mit einem IBP erklärt. Typen und Beispielfälle werden diskutiert.