Umgang mit sprachlicher Vielfalt, eine Frage der Haltung? – Mehrsprachigkeit in den städtischen Kindertageseinrichtungen in Köln
Sarah Meusel, Timm Albers
Universität Paderborn, Deutschland
Die Wertschätzung und Förderung der natürlichen Mehrsprachigkeit ist ein gesetzlicher Auftrag und eine Voraussetzung für das Gelingen inklusiver Pädagogik. Eine inklusive, alltagsintegrierte sprachliche Bildung in der frühen Bildung soll dabei die gesamte Sprachenvielfalt der Kinder abdecken. In den städtischen Kindertageseinrichtungen in Köln werden 2024 mehr als 6.000 mehrsprachige Kinder betreut, was im Kita-Alltag besondere Anforderungen an die sprachliche Bildung und die in Kindertageseinrichtungen tätigen Pädagog*innen stellt.
Im Rahmen eines Kooperationsprojekts der Universität Paderborn und der Stadt Köln wird eine Evaluation zur sprachlichen Bildung in den städtischen Kindertageseinrichtungen durchgeführt, die Methoden sowie die Qualität mehrsprachiger Sprachbildung und die professionellen Haltungen der Pädagog*innen untersucht. Die Evaluation basiert auf einem Mixed-Methods-Design, das quantitative Fragebogenerhebungen und qualitative Interviews kombiniert. Insgesamt richtet sich die Evaluation an rund 4.000 Kita-Leitungen und pädagogische Fachkräfte.
Der Vortrag setzt den Fokus auf eine Korrelationsanalyse der professionellen pädagogischen Haltung der Fachkräfte bzw. Leitungen und den Methoden zur Umsetzung der mehrsprachigen Sprachbildung. Ableitend daraus werden Implikationen für Professionalisierungsprozesse für Pädagog*innen formuliert.
Methodisch orientiert sich die Korrelationsanalyse an der Forschung von Kaiser-Kratzmann und Sachse (2022), welche Zusammenhänge zwischen Einstellungen zu eigener Mehrsprachigkeit und Selbstkonzept eruieren. Die Erhebung basiert auf bewährten Instrumenten zu Erhebung von Haltung nach Leist-Villis (2017) und Kriterien zur Qualität sprachlicher Bildung nach Tietze & Viernickel (2016). Arbeiten zur Sprachförderkompetenz von Fachkräften (z.B. Hopp et al. 2010) betonen, dass die Professionalisierung der Fachkräfte maßgeblich die Wirksamkeit von Sprachfördermaßnahmen beeinflusst.
Im Bereich der Korrelation zwischen Haltung zu Mehrsprachigkeit und Umsetzung sprachlicher Bildung besteht in der Forschungsliteratur ein Desiderat, dass mit diesem Vorhaben geschlossen wird. Die Frage, inwiefern eine Korrelation zwischen der pädagogischen Haltung und der Umsetzung sprachlicher Bildung besteht, ist von entscheidender Bedeutung für die Qualität und Nachhaltigkeit inklusiver Bildungsangebote. Die Untersuchung dieser Korrelation bietet wertvolle Erkenntnisse für die Weiterentwicklung professioneller Qualifikationen und die Optimierung der pädagogischen Praxis in Kitas.
Frühkindliche Inklusion als transformatives Bildungsprojekt: Italienische Ansätze und internationale Perspektiven
Vanessa Macchia, Stefania Torri
Freie Universität Bozen, Italien
Inklusive Bildung als transformatives Projekt geht über die bloße gemeinsame Beschulung von Schülern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf hinaus. Sie muss zu einer Weiterentwicklung der pädagogischen und didaktischen Qualität im Unterricht führen (Hackbarth & Martens 2018). Die Dringlichkeit des Aufbaus dieser Art von Transformation verdeutlicht die Relevanz eines frühen Beginns.
Studien belegen, dass die frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung sowohl für die Entwicklung der Persönlichkeit als auch für die Früherkennung von Schwierigkeiten von entscheidender Bedeutung ist. (Motiejunaite, 2021, Starting Strong VI, 2021).
Im Jahr 2017 wurde in Italien ein integriertes System von Bildungsangeboten für Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren eingeführt. Durch die Zusammenlegung der zuvor getrennten Altersgruppen 0–3 und 3–6 soll ein stabilerer, einheitlicherer und strukturierterer Kontext geschaffen werden, was zu einer höheren Bildungsbeteiligung führen dürfte.
Das universitätsübergreifende Forschungsprojekt "Pensare IN Grande" fungiert als maßgeblicher Faktor bei der Realisierung einer qualitativ hochwertigen inklusiven Bildung und Erziehung in Einrichtungen für Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren (Amadori et al. 2022). Das Projekt untersucht inklusive Prozesse in Italien und auf internationaler Ebene mit dem Ziel, Fachkräfte dabei zu unterstützen, das Potenzial jedes Kindes auf dem höchstmöglichen Niveau zu entfalten. Hiermit werden die vorläufigen Ergebnisse des italienweit ausgestrahlten Hauptfragebogens präsentiert, welcher auf dem von der European Agency entwickelten Selbstreflexionsinstrument für Kindergärtnerinnen basiert (IECE Environment Self-Reflection Tool, 2017). Ziel ist die Identifizierung bestehender guter Praktiken sowie der Hervorhebung kritischer Themen, die aus einer Bottom-up-Perspektive noch einer Bearbeitung bedürfen.
Die initialen Daten offenbaren einige Best Practices, jedoch auch folgende Problematiken: Defizite in der Ausbildung von Erziehern, Nachfrage nach mehr Expertise im Bereich Konflikttraining und Kommunikation, Anspruch auf mehr externe Räumlichkeiten und mehr umweltgerechte Spiele sowie das Bedürfnis nach einer engeren Kooperation unter Kollegen. Die zusammengetragenen Daten werden zudem als Grundlage für die Erarbeitung von Standards und Richtlinien für Bildungsprozesse dienen.
Kompetent ins Praxisfeld? Subjektive Einschätzungen von Noviz*innen als Inklusive Elementarpädagog*innen
Simone Breit, Barbara Riegler
Pädagogische Hochschule Niederösterreich, Österreich
Im Kontext von Inklusion und Chancengerechtigkeit fordert die UNESCO (2021, S. 5) dazu auf, die Qualität der Aus- und Fortbildung von Pädagog*innen zu verbessern. In Österreich sind seit 2022/23 die Pädagogischen Hochschulen für die Qualifizierung von Inklusiven Elementarpädaog*innen (IEP) verantwortlich (Breit, 2024) und haben dafür einen 4-semestrigen Hochschullehrgang im Ausmaß von 90 ECTS-AP eingerichtet. Die Professionalisierung orientiert sich u.a. am Kompetenzmodell nach Fröhlich-Gildhoff et al. (2014) und adressiert Wissensbestände, Fähigkeiten und Können sowie inklusionsspezifische Haltungen in Bezug auf 1) Kind/Gruppe, 2) Eltern/Erziehungsberechtige, 3) das Team/die Institution sowie 4) Kooperations- und Netzwerkpartner*innen. Im Praxisfeld haben IEP den Auftrag, in Krippen und Kindergärten „die soziale Integration und wohnortnahe Betreuung von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf zu sichern, zu unterstützen und qualitätsvoll zu begleiten“ (Land Salzburg, o. D.). Erste Forschungsergebnisse legen nahe, dass der Hochschullehrgang die Pädagog*innen ausreichend auf ihr künftiges Verantwortungsgebiet vorbereitet und sie sich auf unterschiedlichen Handlungsebenen kompetent fühlen (Breit & Hofer-Rybar). Dieser Beitrag geht der Fragestellung nach, wie der Einstieg in die Funktion als Fachkraft für Inklusion aus Sicht der Betroffenen gelingt. Dazu werden in einem qualitativen Forschungsdesign IEP zu ihren Erfahrungen in den ersten 100 Tagen nach Übernahme der Funktion im ambulanten Dienst mittels leitfadengestützter Interviews befragt. Ambulanter Dienst in Niederösterreich bedeutet, dass die Fachkräfte für inklusionspädagogische Fragestellungen mehreren Kita-Standorten und Gruppen zugeteilt werden, wobei die Einteilung der Zeitressourcen pro Kindergarten/Gruppe bedarfsorientiert erfolgt. Demnach besteht die Tätigkeit weniger in der tagtäglichen Interaktionsgestaltung mit dem Kind/der Gruppe, sondern der Beratung und Begleitung der gruppenführenden Pädagog*in sowie deren Betreuer*in bzw. Stützkraft inkl. der Eltern/Erziehungsberechtige. Die Daten werden inhaltsanalytisch ausgewertet (Mayring, 2021) und sollen einen Einblick geben, wie kompetent sich Noviz*innen als Inklusionsfachkraft in der Elementarpädagogik fühlen und Hinweise darauf liefern, wie die Professionalisierungsmaßnahme auf Herausforderungen im Praxisfeld noch besser vorbereiten kann.
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