Veranstaltungsprogramm

Sitzung
Posteraustellung (Eröffnung)
Zeit:
Dienstag, 23.09.2025:
12:00 - 13:00

Chair der Sitzung: Marcel Erlinghagen, Universität Duisburg-Essen
Chair der Sitzung: Timo Leontaris, Universität Duisburg-Essen
Chair der Sitzung: Sven Alexander Brocker, Universität Duisburg-Essen
Chair der Sitzung: Silke Demmler

Zusammenfassung der Sitzung

Im Rahmen des 42. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie besteht die Möglichkeit, Poster zu präsentieren und zu diskutieren. Die Posterausstellung bietet insbesondere Nachwuchswissenschaftler:innen (Promovierende sowie Post-Docs) als eigenständiges Format Raum für einen sektionsübergreifenden Austausch über ihre aktuell laufenden oder kürzlich abgeschlossenen Forschungsarbeiten.

Zur Eröffnung der Posterausstellung, die am Dienstag, den 23.09.2025 von 12:00 – 13:00 Uhr stattfinden wird, erhalten die Beitragenden die Möglichkeit ihre Ergebnisse Besucher:innen persönlich vorzustellen. Im Anschluss bleiben die Poster während des gesamten Kongresses an zentraler Stelle für alle Interessierten zugänglich.


Präsentationen

Alter(n) über Generationen - Arbeitsmigrant:innen aus Nordafrika und ihre Nachkommen im Kontext der Anwerbeabkommen der 1960er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland

Sarrah Bock

Technische Universität Dortmund

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Der Altersübergangs-Monitor: Ein Informationssystem zu Übergängen von der späten Erwerbsphase in den Ruhestand

Martin Brussig1,2, Susanne Drescher1, Björn Seitz1

1Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ), Universität Duisburg-Essen, Deutschland; 2Deutsches Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (DIFIS)

Der „Altersübergangs-Monitor“ hat zum Ziel, betrieblichen und gesellschaftlichen Akteuren ein repräsentatives und möglichst zeitnahes Bild vom Übergangsgeschehen zwischen der Erwerbs- und der Ruhestandsphase zu vermitteln. Zu diesem Zweck werden verschiedene Datenquellen analysiert, systematisch aufeinander bezogen und im Kontext der Veränderung institutioneller Rahmenbedingungen interpretiert. Der Altersübergangs-Monitor wird von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert.

Die Ergebnisse werden in Kurzberichten – den Altersübergangs-Reporten – mehrmals im Jahr veröffentlicht. Ihre Inhalte zeichnen sich durch eine spezifische Fragestellung aus dem Themenspektrum des Altersübergangs, durch die Nutzung von möglichst aktuellen Daten in Zeitreihen und nicht zuletzt durch eine Aufbereitung der Analysen in graphischer Form aus. Typische Themen des Altersübergangs-Monitors und seiner Reporte sind beispielsweise Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit im Alter, Arbeitsförderung / Arbeitsmarktpolitik für Ältere, betriebliche Strategien im Umgang mit Älteren, Übergänge in Altersrente, die Entwicklung des Erwerbsaustritts- und Renteneintrittsalters, sowie Erwerbsminderungsrente als Pfad des Altersübergangs. Im Laufe des inzwischen 20-jährigen Bestehens des Altersübergangs-Monitors sind ca. 50 Reporte erschienen.

Der Altersübergangs-Monitor im Internet: https://www.sozialpolitik-aktuell.de/altersuebergangs-monitor.html



"[…] ich habe selbst gemerkt, dass ich das schaffen kann" - Erfahrungen von Studierenden mit Fluchterfahrung

Eva Günzel, Yeliz Güler

Ruhr-Universität Bochum

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Der deutsche Wald im Diskurs. Konfliktlinien und Rechtfertigungsordnungen zwischen Autonomie und Sorge

Alexander Schröder

FernUniversität in Hagen, Germany

Meine Posterpräsentation umfasst Methode, Theorie und Ergebnisse einer von mir in der ersten Jahreshälfte 2024 durchgeführten Fallstudie. Das Projekt untersucht gesellschaftliche Diskurse zu Waldschutz und Waldwirtschaft in Deutschland anhand einer wissenssoziologischen Diskursanalyse (WDA). Anhand von 135 Zeitungsartikeln aus fünf großen überregionalen Tageszeitungen im Zeitraum von Januar 2020 bis Juni 2024 werden zentrale Deutungsmuster und Konfliktlinien herausgearbeitet. Konkrete Ausgangspunkte waren dabei die Streitsituationen um die Nationalparks Harz und Bayerischer Wald, an denen sich grundsätzliche Fragen über den Umgang mit Wald als Natur- und Wirtschaftsgut manifestieren und beispielhaft aufzeigen lassen. Induktiv wurden erste Begriffe und Akteurspositionen identifiziert, anschließend übergreifende thematische Muster erfasst und schließlich typische Ordnungs- und Klassifikationsprinzipien unter Rückgriff auf das theoretische Modell der Rechtfertigungsordnungen (Boltanski/Thévenot 2014) herausgearbeitet. Idealtypisch lassen sich vier Diskurse unterscheiden:

Autonomiebetonter Naturdiskurs – Wald wird als eigenständiges, widerstandsfähiges System betrachtet, das weitgehend sich selbst überlassen werden sollte.

Privatwirtschaftlicher Sorgediskurs – Private Waldbesitzer betonen ihre Rolle als aktive Gestalter der Waldökologie und fordern wirtschaftliche Unterstützung bei gleichzeitiger Zurückhaltung staatlicher Regulierung.

Technisch-pragmatistischer Sicherheitsdiskurs – Waldmanagement wird als technische Herausforderung betrachtet, bei der Risiken wie Brände oder Schädlingsbefall durch gezielte Eingriffe minimiert werden müssen.

Ideologiekritischer Katastrophendiskurs – Kritische Stimmen sehen die Umwelt- und Forstpolitik als von ideologischen Interessen gesteuert und betonen negative Folgen überzogener Schutzmaßnahmen.

Während einige Akteure für eine möglichst unberührte Waldentwicklung plädieren, sehen andere die Bewirtschaftung als zentrales Element des Waldschutzes. Diese Konfliktlinien sind eingebettet in größere gesellschaftliche Debatten über Klimaschutz, Eigentumsrechte und staatliche Eingriffe.

Das Projekt zeigt, dass Wälder nicht nur ökologische Räume, sondern Geflechte politischer, ökonomischer und ideologischer Sinngebungen darstellen, in denen konkurrierende Vorstellungen von Natur, Verantwortung und Koexistenz aufeinandertreffen.



Deutungsmuster in der elterlichen Informationssuche zu Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche: eine wissenssoziologische Analyse

Dominik Dauner, Eva Dichiser, Michael Kilb, Regina Ensenauer

Max Rubner-Institut (MRI) - Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, Institut für Kinderernährung

1. Hintergrund: Eltern sind für die Umsetzung einer gesundheitsfördernden Ernährung ihrer Kinder von großer Bedeutung. Aktuelle Daten zeigen jedoch, dass etwa 43 Prozent der Eltern über eine unzureichende Ernährungskompetenz verfügen. Vor diesem Hintergrund widmet sich der Beitrag der Frage, ob und inwieweit sich Eltern über eine gesundheitsfördernde Kinderernährung informieren und wie sie mit sich potentiell widersprechenden Ernährungsempfehlungen umgehen.

2. Theoretischer Rahmen: Aus wissenssoziologischer Perspektive wird von der Existenz eines kollektiven Wissensvorrats ausgegangen. Dieser liefert Lösungen für objektive Handlungsprobleme (im Speziellen: eine geeignete Kinderernährung). Objektivationen (Erklärungen, Theorien oder Handlungsempfehlungen) legitimieren diese Lösungen und können als objektiv gewordene Wirklichkeit über Sozialisationsprozesse der Eltern internalisiert werden.

3. Daten und Methodik: Mit 20 Elternteilen wurden problemzentrierte Interviews mit dem Ziel geführt, über die Rekonstruktion von Deutungsmustern eine Typisierung der elterlichen Informationssuche zu einer gesundheitsfördernden Kinderernährung und dem Umgang mit sich widersprechenden Ernährungsempfehlungen vorzunehmen.

4. Befunde: Insgesamt wurden drei Typen identifiziert. Der (1) traditionsorientierte Typ folgt dem Deutungsmuster „Was früher richtig war, ist es auch heute“. Es wird nicht aktiv nach Empfehlungen für eine gesundheitsfördernde Kinderernährung recherchiert, sondern sich am primär in der eigenen Sozialisation erworbenen Erfahrungswissen orientiert. Der (2) evidenzorientierte Typ folgt dem Deutungsmuster „Richtig ist, was evident ist“. Es erfolgt eine aktive Recherche nach evidenzbasiertem Fachwissen. Das eigene Erfahrungswissen wird durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse ersetzt. Der (3) integrative Typ folgt dem Deutungsmuster „Vertraue auf Tradition, aber sei offen für Neues“. Dabei wird auf Grundlage des in der eigenen Sozialisation erworbenen Erfahrungswissens sowohl nach theoretischem Fachwissen als auch praktischem Erfahrungswissen anderer recherchiert. Die Kombination dieser Wissensformen sowie deren Integration in den eigenen Wissensvorrat erfolgt entweder (a) unter Auflösung von widersprüchlichen Empfehlungen (Konsistenz) oder (b) durch ein Nebeneinander widersprüchlicher Empfehlungen (Inkonsistenz).



Durchschreiten, Durchkämpfen, Durchwurschteln oder Durchleiden? Soziale Milieus im Grundschullehramtsstudium.

Kerstin Heil

HAWK Hildesheim, Deutschland

Der Beitrag diskutiert das heterogene Spektrum studentischer Milieus und Habitusmuster exemplarisch am Beispiel von Studierenden im Grundschullehramt. Aufgezeigt wird anhand der Ergebnisse eines abgeschlossenen Promotionsprojekts, wie sich herkunftsbedingte Ungleichheit im Studium darstellt und sich in unterschiedliche Passungsverhältnisse im Umgang mit den Herausforderungen im Studienalltag übersetzen lässt. Der Ansatz der sozialen Milieus (Vester et al. 2001) und die Habitus-Feld-Theorie (Bourdieu 1982, 1987) dienen als theoretisches Fundament, um die unterschiedlichen Perspektiven der Studierenden auf den Studienalltag im Kontext ihrer Milieubezogenheit und im Zusammenhang mit sozialstruktureller Ungleichheit aufzuzeigen. Um die Habitus und Milieuspezifität herauszuarbeiten, die den unterschiedlichen Aneignungs und Studienstrategien zugrunde liegen, wurden vier mehrstufige Gruppenwerkstätten mit insgesamt 24 Studierenden durchgeführt und mithilfe des habitushermeneutischen Auswertungsverfahrens (vgl. Bremer 2004) interpretiert. Herausgearbeitet wurden die spezifischen Praktiken und Haltungen, die auf milieutypische Orientierungen und Habituszüge verweisen: Fünf Muster milieutypischer Orientierungen und handlungsleitender Motive wurden skizziert und an bestimmte Milieus rückgebunden, die sich ausnahmslos in der gesellschaftlichen Mitte des sozialen Raum verorten lassen. Aufgezeigt werden kann, wie sich die verschiedenen Perspektiven auf das Studium in unterschiedliche Passungsverhältnisse übersetzen und sich als Konfliktlinien im studentischen Alltag ausbuchstabieren. Abschließend wird diskutiert, was sich aus den Ergebnissen über die Reproduktion von sozialer Privilegierung und Benachteiligung im Feld der Hochschule ableiten lässt und auf die Relevanz einer kritisch-reflexiven Auseinandersetzung der Lehramtsstudierenden mit ihren (Bildungs-)Biografien als ein Ziel der Lehrkräfteausbildung verwiesen.

Literatur

Bremer, H. (2004). Von der Gruppendiskussion zur Gruppenwerkstatt. LIT-Verlag.

Bourdieu, P. (1982). Die feinen Unterscheide. Suhrkamp

Bourdieu, P. (1987). Sozialer Sinn. Suhrkamp.

Vester, M., von Oertzen, P., Geiling, H., Herrmann, T., & Müller, D. (Hrsg.). (2001). Soziale Milieus im gesellschaftlichen Strukturwandel. Suhrkamp.



Effects of the “smart energy grid” on labour and techno-ethical decision making at DSOs

Martin Möhring

Hochschule Merseburg, Deutschland

My poster analyses changes in labour at German distribution system operators (DSO) among the development and implementation of a “smart energy grid”. I use a socio-technical approach by understanding technological, political, economic, and social impacts as intertwined, creating sociological questions regarding the automation of electricity production and distribution. I integrate questions of (technology) ethics to highlight that energy infrastructure is critical infrastructure for a modern society. For my analysis, I mainly use material from interviews and participant observation at a regional distribution system operator, as well as explorative interviews with a number of other actors from the energy sector.

The energy system in Germany and specifically its conventional grid infrastructure is facing major changes as part of the transition to renewable energies and its decarbonisation. The increasing decentralisation of production units through photovoltaic, wind turbines and biogas plants and the increase in electric vehicles and heat pumps on the consumption side are leading to unpredictable load fluctuations – a threat to grid stability and energy security. Digitizing technical assets in production and distribution could provide the previously rigid grid with the necessary dynamics. This is referred to as a “smart grid” where digital measurements and the creation of data becomes an integral part of the energy system.

The transformation to a smart grid and the automation of processes requires new skill sets from employees in the infrastructural sector of energy who are mainly engineers and electrical technicians. Interviewees speak of ‘development pressure for engineers’, who have to acquire knowledge in data science and IT. In addition, OT still remains relevant for grid control since the grid still consists of a physical infrastructure.

This raises ethical questions on multiple levels: Are the employees in grid control still able to critically analyse the (partially) automated processes and take countermeasures in an emergency? Or are engineers and technicians at risk of losing their jobs in a smart grid? Who then has control over the energy system, human or machine? Based on the empirical material I will approach these questions on my poster and show how (if) they become relevant in day-to-day work at DSOs.



Eine psychometrische Betrachtung des Moral Foundations Quesionare 2 (MFQ-2) bei angehenden Lehramtskräften in Ghana anhand Graded-Response-Modellen

Michélle Möhring1, Steffen Wild1, Daniel Fobi2, Frederik Winkelkotte1

1Technische Universität Dortmund, Deutschland; 2University of Education, Winneba

Die Theorie der Moralischen Fundamente hat sich zu einer einflussreichen moralpluralistischen Theorie entwickelt. Sie schlägt aktuell sechs moralische Fundamente vor, die moralische Entscheidungen beeinflussen: Fürsorge, Fairness, Reziprozität, Autorität, Loyalität und Reinheit. Zusammenhänge zwischen moralischen Fundamenten und politischer Orientierung, der Spenden- oder Impfbereitschaft wurden in Studien nachgewiesen und können bspw. zur Analyse von Herausforderungen für Demokratien eingesetzt werden. Hierfür müssen die moralischen Fundamente allerdings zuverlässig messbar sein. Ein weiterentwickeltes Erhebungsinstrument mit sechs Items für insgesamt sechs moralische Fundamente, der Moral Foundations Questionnaire 2 (MFQ-2), wurde kürzlich publiziert und beansprucht, interkulturell zuverlässig eingesetzt werden zu können. Abgleitet davon ist das Ziel unseres Beitrags, den MFQ-2 in einem Land des Globalen Südens, d.h. einem sogenannten non-WEIRD country (western, educated, industrialized, rich and democratic), auf seine psychometrischen Eigenschaften zu überprüfen, um einen Beitrag zur Verlässlichkeit des Erhebungsinstruments zu leisten. An einer Universität in Ghana wurde eine willkürliche Stichprobe von 1,049 angehenden Lehrkräften im Querschnittsdesign für die Instrumentenanalyse gezogen. Das Konzept des PROMIS Verfahrens wurde als methodische Arbeitsgrundlage eingesetzt, um die psychometrischen Gütekriterien zu bewerten. Im Detail prüften wir Voraussetzungen für die Item-Response-Theorie basierend auf Eindimensionalität, lokale Unabhängigkeit und Monotonie. Anschließend wurden Graded-Response-Modelle geschätzt (GRM). Die Analysen zeigen für die Modellvoraussetzungen, dass die lokale Unabhängigkeit sowie die Eindimensionalität der Skalen weitestgehend erfüllt werden konnten. Dagegen lässt sich die Annahme der Monotonie, die anhand der Mokkenskalierung geprüft wurde, kaum halten. Die geschätzten GRM weisen auf Probleme hin, da beispielsweise Items nicht diskriminieren und zahlreiche Iteminformationskurven problematische Verläufe aufweisen. Unsere Analysen deuten darauf hin, dass der MFQ-2 in der ghanaischen Population die Testvoraussetzungen mäßig erfüllt und die geschätzten GRMs auf Probleme hinweisen. Zukünftig gilt es zu diskutieren, wie der MFQ-2 in verschiedenen Kulturen eingesetzt werden kann und an lokale Moralvorstellungen angepasst werden sollte.



Ethnic(ized) activism and its decolonizing potential to build pluriversal peace. The case of Colombia

María Cárdenas

Goethe Universität, Deutschland

Die Doktorarbeit „Ethnic(ized) activism and its decolonizing potential to build pluriversal peace. The case of Colombia“, eingereicht im Oktober 2024 und verteidigt im Februar 2025 an der Justus-Liebig-Universität Gießen, untersucht das Dekolonisierungspotential von inter-ethnischem Friedensaktivismus in Kolumbien für den Aufbau eines pluriversellen Friedens. Die Forschung nutzt inter- und transdisziplinäre Ansätze aus der soziologischen Friedens- und Konfliktforschung, den dekolonialen Perspektiven, und der kritischen Rassismus- und Ethnizitätsforschung und der politischen Ontologie, um zu fragen: Wie werden ethnisierte Perspektiven auf Frieden und Konflikt im kolumbianischen Friedensprozess vor und nach dem Friedensabkommen von 2016 artikuliert, und welche Möglichkeiten und Herausforderungen ergeben sich daraus für den Aufbau eines pluriversellen Friedens?

Hierfür wurden zwischen 2017 und 2019 im Rahmen einer kritischen, kollaborativen Ethnographie 22 indigene, afrokolumbianische, Rrom- und Raizal-Friedensaktivist:innen, die auf politischer Ebene tätig sind, begleitet, ergänzt durch kontinuierliche Zusammenarbeit bis 2024. Die Arbeit offenbart durch eine vielschichtige Analyse die „cracks“ (Holloway 2010), die ethnisierte Friedensaktivist:innen im staatlich geprägten Peacebuildingprozess auf institutioneller, zwischenmenschlicher und erkenntnistheoretischer Ebene hervorbringen.

Die Ergebnisse zeigen auf, dass hegemoniale Praktiken im Peacebuilding und in der Wissensproduktion zu Frieden und der Wahrnehmung und des Verständnisses der Welt nicht nur dem Ende multidimensionaler Gewalt im Wege stehen, sondern auch Gewalt selbst reproduzieren. Anhand der Praktiken ethnisierter Aktivist:innen präsentiert die Dissertation drei Konzepte (Rooted Epistemic Resistance for Peace, Astuteness, Articulation), die Alternativen zu diesen Gewaltzyklen aufzeigen und den Wert einer horizontalen Integration ethnisierter Expertise und ihrer Ontologien im Peacebuilding betonen.

Insgesamt leistet die Dissertation einen kritischen Beitrag sowohl zu theoretischen als auch praktischen Debatten des Peacebuilding, zur soziologischen Friedens- und Konfliktforschung, sowie der Ethnizitätsforschung. Zudem beleuchtet sie institutionellen Rassismus und diskutiert Wege zur Förderung einer dekolonisierenden Transformation innerhalb von Institutionen.



Exzellenz und Gender: Zur Rolle der Hochschulkommunikation bei der Sichtbarmachung von Wissenschaftlerinnen

Lara Altenstädter1, Ute Klammer1, Maren A. Jochimsen1, Eva Wegrzyn2

1Universität Duisburg-Essen, Deutschland; 2Hochschule Düsseldorf

Der Hochschulkommunikation kommt eine entscheidende Rolle bei der Sichtbarmachung von Wissenschaft und ihrer Akteur*innen in der medialen Öffentlichkeit zu. Sie kann zur (De)Konstruktion einer vergeschlechtlichten Wissenschaftslandschaft beitragen.

Im BMBF-Projekt „Exzellenz entdecken und kommunizieren. Sensibilisierung und Kompetenzentwicklung zum Thema Exzellenz und Gender für PostDocs und Akteur*innen der Hochschulkommunikation (EXENKO)" (11/2021-12/2024) untersuchten wir in einem Gemeinschaftsprojekt am Institut für Soziologie und am Essener Kolleg für Geschlechterforschung an der Universität Duisburg-Essen, wie Hochschulkommunikation zu einer inklusiveren Darstellung von Wissenschaftler*innen beitragen kann. Ausgangspunkt war eine kritische Reflexion des Verständnisses von „Exzellenz". Der Verweis auf Exzellenzkriterien legitimiert oft die Unterrepräsentation von Wissenschaftlerinnen in Führungspositionen.

Wir untersuchten zudem, welches Verständnis von Leistung Wissenschaftler*innen in der Postdoc-Phase haben und wie ein kritisches Verständnis gegenüber geschlechtsspezifischen Vorurteilen entwickelt werden kann. 2022 führten wir 52 leitfadengestützte problemzentrierte Interviews mit Akteur*innen der Hochschulkommunikation, Wissenschaftler*innen und Vertreterinnen des Gender & Diversity-Bereichs durch und werteten sie rekonstruktiv auf Grundlage des Integrativen Basisverfahrens (Kruse 2014) aus.

Das Poster präsentiert ausgewählte Ergebnisse mit Fokus auf die Rolle von Hochschulkommunikator*innen bei der Sichtbarmachung von Wissenschaftlerinnen: Inwieweit betrachten sie geschlechtergerechte Kommunikation als ihre Aufgabe? Wie reflektieren sie das Konzept wissenschaftlicher Exzellenz? Wie können sie zur besseren Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen beitragen?

Ein zentrales Ergebnis: Hochschulkommunikator*innen tendieren dazu, ihren Einfluss auf die Gleichstellung zu relativieren. Obwohl sie den konventionellen Exzellenzbegriff problematisieren, bleibt er Bezugspunkt ihrer Arbeit. Mit Verweis auf journalistische Kriterien erscheint es ihnen schwierig, eine ansprechende Rahmenerzählung für die Leistungen von Wissenschaftlerinnen zu finden.Es werden Ansätze aufgezeigt, wie Hochschulkommunikator*innen für Gleichstellung sensibilisiert und eingebunden werden können, etwa durch institutionalisierten Austausch mit Forscher*innen und Gleichstellungsakteur*innen.



Justice Principles in the Allocation of Parental Leave Within Couples

Isabel Habicht1,2

1Universität Wuppertal, Deutschland; 2Harvard University

This study investigates how distributive justice principles shape the allocation of parental leave within dual-earner couples in Germany, where parental leave uptake remains highly gendered despite policy efforts promoting gender equality. In 2022, mothers took an average of 11.6 months of leave, while fathers took only 2.8 months—resulting in a gender gap of 76%. Drawing on distributive justice theory, the study tests three principles to explain leave allocation: equality (equal leave for both partners), equity (leave allocated based on economic contributions), and entitlement (leave allocated based on societal roles). Using a multifactorial survey experiment embedded in an online survey (N = 1,004 participants; 3,012 vignette evaluations), respondents evaluated hypothetical scenarios of dual-earner couples with systematically varied characteristics: gender, income, occupation, and job satisfaction. Findings reveal that justice perceptions are shaped more by occupational roles and labor market positioning than by gender alone. While respondents allocated slightly more parental leave to mothers—resulting in a modest gender gap of 11%—job satisfaction and income differences led to much larger disparities. These findings highlight a shift toward valuing occupational roles and economic considerations in parental leave decisions rather than strictly adhering to traditional gender norms.



Kommunikative Formen des Lernens – Videografische Untersuchung von Studierenden in kollaborativen Lerngruppen

Dorothee Schielein

Technische Universität Berlin, Deutschland

Problembasiertes Lernen (PBL) ist eine hochschuldidaktische Lehr-Lernmethode, die u. a. durch kollaboratives Lernen gekennzeichnet ist. Ausgehend von einer vom Lehrenden vorformulierten fachpraktischen Aufgabenstellung sollen die Studierenden ihre Informationen und Meinungen austauschen. Ziel ist es, Wissenslücken in Bezug auf die zugrunde liegende Problemstellung zu identifizieren, neue Inhalte zu erarbeiten, diese zusammenzuführen und Lösungen zu finden, um so kollaborativ zu lernen. Mit der Forschungsfrage: „Wie kommunizieren Studierende der Ingenieurwissenschaften leibkörperlich in kollaborativen Lerngruppen und lernen dabei?“ wurden videografische Daten erhoben und aus der Sicht der Wissenssoziologie und der Theorie des „Kommunikativen Konstruktivismus“ (Knoblauch, 2017) mithilfe der „fokussierten Ethnographie“ (Knoblauch & Vollmer, 2022) analysiert.

In den Lerngruppen ist die Kommunikation der Akteur*innen teilweise von einem „Noch-nicht-Wissen“ gekennzeichnet, das in multimodalen, nicht-sprachlichen, leibkörperlichen Handlungen zum Ausdruck kommt. Dazu gehören als-ob-Handlungen, bei denen sie ihre Körper zu Objekten formen, als ob ihre Hände z. B. Zahnräder wären, um zur Ermittlung der Drehrichtung eines Getriebes verschiedene Drehbewegungen mit den Händen zu erproben. Der Gegenstand der Kommunikation wird in Gesten übersetzt, die ein leibkörperliches Provisorium formen (z. B. die zu Zahnrädern geformten Hände) und den Körper des Handelnden für die Gruppe intersubjektiv erfahrbar machen. Gleichzeitig ermöglicht eine reflexive Selbstwahrnehmung des Handelnden durch die sinnlichen Gesten der Drehbewegung, dem Problem subjektiv nachzuspüren.

Gestützt auf die Gattungsanalyse (Luckmann, 1986) wurden kommunikative Formen identifiziert, die neben der sprachlichen insbesondere die leibkörperlichen Interaktionen in den Mittelpunkt stellen. Das Poster gibt einen Einblick in die Analyse des leibkörperlichen Handlungsgeflechts aus drei kommunikativen Handlungsperspektiven: A) Initiator*in, B) subjektive Reaktion auf den bzw. die Initiator*in und C) partizipative und kollektive Interaktion in der Gruppe. Am Beispiel einer Videosequenz wird gezeigt, wie Studierende in kollaborativen Lerngruppen leibkörperliche, kommunikative Formen nutzen, um den Übergang vom „Noch-nicht-Wissen“ zu neuem Wissen zu vollziehen, indem sie einen gemeinsamen Konsens finden.



Konstruktion, Reproduktion und Transformation von Männlichkeit in Fußball-Ultragruppierungen

Areti-Kristin Bouras

Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland

Fußball-Ultras sind Zusammenschlüsse von Fans, die einen möglichst kreativen, lautstarken und konstanten Support ihres Teams anstreben. Während die sozial- und geisteswissenschaftliche Debatte den Zusammenhang von Männlichkeit und Fußballfans anerkennt, fehlt häufig eine analytische Nachzeichnung der Genese von Männlichkeit in Ultragruppierungen – meist bleibt es bei einer Zustandsbeschreibung. Das vorgestellte Dissertationsprojekt untersucht die Konstruktion, Reproduktion und Transformation von Männlichkeit in Fußball-Ultragruppierungen. Dabei sind drei Aspekte zentral: Erstens die biografischen Selbstkonstruktionen und Deutungsmuster der Mitglieder, zweitens die Männlichkeitsdiskurse in Publikationen der Ultragruppen und drittens die Verhandlung des Verhältnisses von Fußball und Männlichkeit auf Ebene der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und der Vereine. Mittels wissenssoziologischer Diskursanalyse (vgl. Keller 2007; 2011) werden der Spezial-, Inter- und Elementardiskurs rekonstruiert. Dazu wurden unter anderem biografisch-narrative Interviews mit Mitgliedern von Fußball-Ultragruppierungen geführt. Erste Ergebnisse zeigen, dass der Zugang zum Feld über private Kontakte erfolgreich war. Die Distanz zur aktiven Fanszene erwies sich als Vorteil, da keine Verbindung zu einer spezifischen Fanszene oder zur Polizei bestand, was das Vertrauen der Interviewpartner förderte. Eine erste Fallanalyse legt nahe, dass die Mitgliedschaft in einer Ultragruppierung einerseits dazu dienen kann, familiale Erwartungen an junge Männer zu erfüllen, insbesondere wenn diese an traditionelle Männlichkeitsvorstellungen anknüpfen. Andererseits bietet sie die Möglichkeit, eine Gruppe zu finden, für die und mit der man(n) kämpfen kann. Weitere Analysen werden zeigen, ob sich diese Motive in anderen Fällen wiederfinden und inwiefern offizielle Statements und Publikationen – sowohl von den Gruppen selbst als auch von der DFL und den Vereinen – ähnliche Diskursstrukturen aufweisen.



Mapping the Gap: Visualizing and Understanding Discrepancies Between Climate Extremes, Environmental Attitudes, and Political Action

Torvid Kreisler1, Daniel Meyer2, Elisabeth Stürmer2

1Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; 2Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung

The relationship between climate extremes, environmental attitudes, and political action is an increasingly studied, albeit contested, topic in the social and environmental sciences. Its complexity stems from variations in the operationalization of those concepts, the data sources used, and the interplay of objective and subjective perspectives, which together have contributed to inconclusive findings in the literature.

With our study, we advance the debate by focusing on discrepancies between objective exposure to extreme weather events, subjective concerns about climate change, and pro-environmental action and how those discrepancies might be explained by media attention, sociodemographic characteristics, and regional context. To explore those interconnections, we combine geocoded survey data from the German Socio-Economic Panel, weather data from the German Meteorological Service, protest data from Fridays for Future, climate-related media coverage data from German broadcasters ARD and ZDF, and regional indicators from official statistics. With the data linked at the individual level, we calculate deviations between objective and subjective indicators and aggregate them to the district level.

From a methodological perspective, our poster addresses two additional aspects: first, the challenges and opportunities of linking objective indicators (e.g., heatwaves, droughts, and floods) with subjective measures (e.g., concerns about climate change) and behavioral outcomes (e.g., voting for Green parties and climate protests); and second, the strengths and limitations of various approaches for visualizing those discrepancies, ranging from conventional plots and tables to innovative formats including opinion maps and gap maps.

Our work contributes to a broader monitoring system of subjective and objective indicators being developed at the German Federal Institute for Research on Building, Urban Affairs and Spatial Development. The system aims to monitor the socioecological transformation of Germany’s lignite mining regions and provide a hub of information and data for researchers, policymakers, and the broader public.



Mentoring-Programme, Erste Generation Promotion und Transitionen? Eine praxistheoretische Untersuchung

Aline Fuß1,2

1Eberhard Kalrs Universität Tübingen; 2IU Internationale Hochschule, Deutschland

Informelle Mentoring-Beziehungen sind zentral für wissenschaftliche Karrieren. Rekrutierungen und Mentor-Mentee-Beziehungen erfolgen aber nach dem Prinzip der homosozialen Kooptationen (Möller/Böning 2018, S. 243). Strukturierte Mentoring Programme entstanden aus dem Umstand, dass nicht alle Menschen mit Förderbedarf gleichermaßen, determiniert von Geschlecht, Schichtzugehörigkeit oder ethnische Zugehörigkeit, Zugang zu informellen Mentorinnen und Mentoren haben (Carl/Feldhaus 2012). Mentoring-Programme sind heute ein etabliertes Personal- und Nachwuchsförderinstrument an deutschen Hochschulen mit multiplen Zielgruppen. Mentoring-Programme werden zentral im Diskurs um die Förderung von Personen aus nicht-akademischen Elternhäusern an Hochschulen diskutiert: Kleinau fordert Mentoring-Programme für Nichtakademikerkinder (Hartmann 2020), das Forum Mentoring konstatiert, dass durch Mentoring informelle Verhaltensregeln an Hochschulen erlernt werden können und Mentor*innen ihren Mentees einen akademischen Habitus vorleben und El-Mafalaani sieht Mentoren-Programme als Weg, damit Bildungsaufsteigende soziale Paten gezielt finden (Hans-Böckler-Stiftung 2014). In meiner Doktorarbeit erforsche ich die Erfahrungen von Doktorand*innen aus nicht-akademischen Elternhäusern in und mit Mentoring-Programmen. Für die Beantwortung der Fragestellung fungieren die Konzepte Habitus und Feld (Bourdieu 2022) als Denkwerkzeuge und es wurden dreizehn Gruppendiskussionen mit Doktorand*innen aus nicht akademischen Elternhäusern mit und ohne den Erfahrungsraum Mentoring-Programm mit der Dokumentarischen Methode (Bohnsack 2021) ausgewertet. Im Anschluss an das Tagungsthema wird auf dem Poster diskutiert, auf welche Bedarfe Mentoring-Programme wie regieren können und die Art des Promovierens ändern. Auf dem Poster wird gezeigt, dass die Teilnahme an einem Mentoring-Programm keinen konjunktiven Erfahrungsraum (nach Mannheim) darstellt. Zudem werden die drei rekonstruierten Erfahrungstypen: 1) Kompensation von bewussten Bedarfen 2) Vergemeinschaftung und Solidarisierung 3) Imkompatibilität mit bewussten Bedarfen, vorgestellt. Mit der Soziogenese kann gezeigt werden, dass Mentoring-Programme nicht per se die Art des Promovierens ändern, sondern insbesondere die Kapitalausstattung vor Aufnahme der Mentoring-Programme relevant für das Erleben der Teilnahme ist.



Mütter machen. Die Konstruktion von Mutterschaft in der beruflichen Praxis von Hebammen

Eva-Maria Holzgreve1, Ute Lange1, Mirjam Peters1, Rainhild Schäfers2

1Hochschule Bochum, Deutschland; 2Universität Münster

Das Dissertationsvorhaben untersucht die soziale Konstruktion von Mutterschaft in der beruflichen Praxis von Hebammen. Es geht der Frage nach, welche Ideale, Narrative und Vorstellungen von Mutterschaft Hebammen vertreten und in der Interaktion mit Klientinnen vermittelt werden. Mutterschaft wird dabei nicht nur als biologischer Prozess verstanden, sondern als kulturell geprägte und durch soziale Praktiken hergestellte Kategorie, die in einem Spannungsfeld aus gesellschaftlichen Normen, medizinischem Wissen, sowie bio- und geschlechterpolitischen Diskursen verhandelt wird.

Hebammen spielen in der „sozialen Statuspassage“ (Mozygemba, 2011) der ‚Mutterwerdung‘ eine wesentliche Rolle. In ihrer Berufspraxis prägen sie die gesamtgesellschaftlich häufig an tradierte Geschlechterbilder, Heteronormativität und neoliberale Anforderungen gekoppelten Vorstellungen von ‚guter Mutterschaft‘ mit. Die Forschung greift hier ein aktuelles Desiderat auf: die systematische Analyse dessen, wie Hebammen Vorstellungen von Mutterschaft (re-)produzieren und welche Konsequenzen dies für Gebärende hat – insbesondere vor dem Hintergrund von gesellschaftlichen Forderungen nach Diversität, Intersektionalität und einer gerechten gesundheitlichen Versorgung.

Methodisch wird ein qualitatives Design mit teilstrukturierten Interviews und teilnehmender Beobachtung gewählt, ausgewertet mit der dokumentarischen Methode (Bohnsack, 2014). Theoretisch basiert das Projekt auf Sozialkonstruktivismus, symbolischen Interaktionismus und Ethnomethodologie. So wird ermöglicht, sowohl subjektive Bedeutungskonstruktionen als auch die Reproduktion sozialer Normen analytisch zu erfassen. Zur Integration vielfältiger Perspektiven auf Mutterschaft wird ein möglichst heterogenes Sample von Hebammen angestrebt.

Ziel des Vorhabens ist es aus kritisch-feministischer Perspektive aufzuzeigen, wie Hebammen Mutterschaft in ihren beruflichen Praktiken konstruieren und damit soziale Wirklichkeit mitgestalten. Die erwarteten Ergebnisse sollen einen Beitrag zur Theorieentwicklung in der Hebammenwissenschaft leisten und praxisrelevante Impulse für eine diversitätssensible und gerechte Gesundheitsversorgung bieten. Das Projekt leistet damit einen Beitrag zur soziologischen Auseinandersetzung mit Geschlecht, Körper, Macht und Care im Kontext reproduktiver Gesundheit und Versorgung.



Negotiating Difference through Sensory and Affective Methodologies in Transitional Urban Spaces

Minou Bouchehri, Lina Sauer

Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland

Germany’s migration discourse is undergoing a profound shift, marked by the increasing dominance of conservative and far-right narratives around asylum, belonging, and urban space. These political realignments have tangible effects not only on policy but also on how people relate emotionally and bodily to places constructed as ‘other’. This contribution explores affective and sensory methods as tools to investigate micro-dynamics of such (re)orientations in urban environments, focusing on two contested sites in Berlin’s Kreuzberg district: Kottbusser Tor and Görlitzer Park.

At Kottbusser Tor, we conducted sensory walks with local residents and visitors to explore their relationships to the space. Following Sarah Ahmed, we develop an object-in-place methodology for studying relationships to place. Through a sensory and material engagement with their surroundings, participants were challenged to confront their embodied relationships to Kottbusser Tor beyond their conceptions of it.

In Görlitzer Park, we carried out one-on-one sensewalks focused on smell and sound to explore how individuals navigate their sense of security. These accounts highlight how perceptions of safety are structured by sensory hierarchies that intersect with race, class, and gender. Drawing on the frameworks of sensory orders and disorders, the analysis shows how sensory experiences are part of broader processes of place-making and control.

By integrating urban and critical race studies with embodied fieldwork methods, this research contributes a novel methodological approach to understanding how people navigate urban difference during times of transition. It argues for the significance of affective and sensory dimensions in sociological inquiry, particularly amidst the shifting political landscapes of contemporary Germany.



Partizipative Grundlagenforschung zu praxisrelevanten Konzepten von intersektionalem Empowerment und Powersharing

Yvonne Albrecht1, Mervete Bobaj2, Seyma Yilmaz3

1Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM), Deutschland; 2Mpower e.V. - Empowerment für Frauen und Mädchen; 3Dachverband der Migrantinnenorganisationen (DaMigra)

Migrantisch positionierte Frauen und Mädchen erfahren im Bildungssystem Mehrfach-Benachteiligungen, die sich wechselseitig verstärken (Westphal 2011). Um den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln und Frauen und Mädchen mit Migrationsgeschichte gezielt zu stärken, sind daher dezidierte Maßnahmen notwendig (SVR 2023). Migrationsgeschichten und damit verbundene Diskriminierungserfahrungen im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt differieren jedoch erheblich: Sie sind u.a. abhängig von sozialen Kategorien wie Gender, sozioökonomischem und rechtlichem Status, Herkunft, Religion, Sprachkenntnissen, Migrationsform sowie Bildungsniveau der Eltern (z.B. Boos-Nünning/ Karakaşoğlu 2005). Um dieser Heterogenität gerecht zuwerden, ist daher ein intersektionales Verständnis notwendig. Nur so wird sowohl den Bedarfen der Praxis als auch theoretischen Erfordernissen Rechnung getragen. Empowerment gilt sowohl im theoretischen Diskurs als auch in der pädagogischen Praxis als wichtiger Faktor für die Erhöhung von Bildungschancen und zentrale Voraussetzung für strukturelles Powersharing. Praktiker*innen kritisieren den Ansatz jedoch als „schwammig“ und „ungenau“, obwohl er genutzt wird (Weiberg et al. 2021, S. 70). Es fehlt an praxistauglichen Konzepten; oft ist unklar, ob Empowerment als Methode, Haltung, Theorie oder politische Handlungsstrategie (Farrokhzad 2019, S. 57, auch Bröckling 2013) zu verstehen ist. Empowerment und Intersektionalität (Crenshaw 1989) werden zudem zu wenig verbunden: Fokussiert wird oft nur eine Diversitätskategorie. Dies wird Gruppen mit multidimensionalen Zugangs- und Teilhabe-Barrieren wie migrantisch positionierten Frauen und Mädchen nicht gerecht. Passgenaue Konzepte in Theorie und Praxis sind daher unabdingbar. Anerkannt ist zudem, dass Empowerment Powersharing benötigt, um wirksam zu sein – also die Sensibilisierung für das Teilen von Macht aufgrund von Privilegien. Das Poster stellt den theoretischen Background und die methodisch-partizipative Umsetzung im BMBF-Projekt „Intersektional stärken. Partizipative Grundlagenforschung zur Dimensionalisierung praxisrelevanter Konzepte von intersektionalem Empowerment und Powersharing“ (InterEmP) vor, welche im Wissenschafts-Praxis-Verbund mit „Mpower“ (Empowerment für Frauen und Mädchen) und „DaMigra“ (Dachverband der Migrantinnenorganisationen) realisiert werden.



Quartiersentwicklung im Kontext der sozial-ökologischen Transformation als Transition

Miriam Schmitt

Hochschule RheinMain, Deutschland

In der Betrachtung klimatischer Veränderungen sind neben ökologischen auch ökonomische, kulturelle und soziale Modi gesellschaftlichen Zusammenlebens angesprochen. Städtische Quartiere stellen einen Bezugsrahmen zur Untersuchung dieses multiparadigmatischen Phänomens dar. Dadurch werden zwei transformative Entwicklungen verschiedener Reichweite verknüpft: Einerseits, die sozial-ökologische Transformation; Anderseits der Wandel städtischer Räume. Eine Übertragung globaler Entwicklungen auf das Lokale greift jedoch zu kurz (Massey 2006). Das Justieren von lokalem Eigensinn stellt daher eine Zwischenphase dar, in der sich insbesondere zivilgesellschaftliche Gruppen in einem (multiprofessionellen) Ringen um Gestaltungsmöglichkeiten aufstellen.

Bei der ethnographischen Begleitung engagierter Gruppen, die ihr Quartier mit unterschiedlichen Projekten und Aktionen gestalten, hat sich gezeigt, dass diese auf die Unterstützung von (kommunalen) Institutionen angewiesen sind und sich gleichzeitig mit eigenen Impulsen über diese hinwegsetzen. Durch eine Bündelung von spezifischen Wissensbeständen sowie dem Regulieren von Affekten, so die These, zeichnet sich darin eine Professionalisierung ab. Eine Professionalisierung von bottom up-Beteiligungsprozessen hat – neben ohnehin als kritisch zu wertenden Aktivierungstendenzen und Entwicklungen hin zu Gouvernance (vgl. Lessenich 2015) – Konsequenzen für die Zusammensetzung dieser Gruppen. Sie produziert neuerliche Ausschlüsse marginalisierter ‚Anderer‘ und festigt damit Ungleichheitsverhältnisse in der Bearbeitung klimabezogener Themen im städtischen Kontext und städtischer Entwicklung insgesamt. Es wird daher der Versuch unternommen, diese Gruppen und ihr Zusammenspiel mit den Institutionen, einerseits, und mit denjenigen, die sich nicht im Quartier engagieren, andererseits, als Figuration (Elias 2014) zu begreifen, die spezifische Ein- und Ausschlüsse produziert.

Literatur

Elias, N. (2014/1970): Was ist Soziologie? Weinheim, München: Beltz Juventa.

Lessenich, S. (2015/2008): Die Neuerfindung des Sozialen. Der Sozialstaat im flexiblen Kapitalismus. Bielefeld, Berlin: Transcript.

Massey, D. (2006): Keine Entlastung für das Lokale. In: Berking, H. (Hrsg.), Die Macht des Lokalen in einer Welt ohne Grenzen. Frankfurt/Main: Campus. S. 25–31.



Sharing is Caring? Fürsorgeverhältnisse im Homesharing.

Henrike Katzer

Friedrich-Schiller Universität Jena, Deutschland

Ob Urlaub, Wohnen, Mobilität oder auch Filme schauen und Musik hören, die Praktiken in den Sharing Economies nehmen in den vergangenen Jahren immer mehr Raum im Alltagsleben ein und beeinflussen damit auch, wie wir anderen Menschen und den Dingen in unserer Umgebung begegnen: Die Couch im Wohnzimmer für eine Nacht an Fremde vergeben, wenn man mal einsam ist, oder auf eines der stets verfügbaren free-floating Autos eines Car-Sharing Unternehmens zugreifen, wenn man mal spät dran ist, sind Szenen, die mittlerweile vielen Menschen bekannt sind. ‚Dinge nutzen statt besitzen‘ könnte hierbei der Slogan sein, der die Sharing Praxen diskursiv vereint. Darin steckt auch ein Moment an praktischer Kritik an vorherrschenden Eigentumsverhältnissen, die am besten durch das Konzept der Idle Capacities, also der ungenutzten Kapazitäten von Dingen sowie dem individualistisch verkürzten Nutzungsverhalten, beschrieben werden kann: Ein Ding hat einen gewissen Nutzen, aber dieser wird keineswegs dauerhaft gebraucht, sondern befindet sich quasi im Leerlauf. Nicht umsonst ist ‚Sharing is Caring‘ hier eine geflügelte Phrase, die nicht nur Wortgeberin war für zahllose Nachbarschaftstauschringe via facebook oder telegram. Auch in Interviews taucht dieser Spruch immer wieder auf, ob in Bezug auf das Abendessen, das man eigentlich für sich alleine geplant hatte oder das Wohnzimmer, das spontan zum Schlafzimmer der Gäste wird. Diese Narrative der 2010er Debatte um die Sharing Economy fasst Juliet Schor unter dem Begriff der ‚häuslichen Imagination‘ des Teilens. In meiner Dissertation schließe ich nun an den Forschungsstand um die Hoffnungen und Narrative der Praxis des Homesharings an, ordne diese aber auch gleichzeitig in spätmoderne gesellschaftliche Verhältnisse ein.

Um der für mein Projekt zentralen Frage nach dem Verhältnis von Fürsorge und dem Teilen des privaten Wohnraums nachzugehen, arbeitete ich mit Hilfe der dokumentarischen Methode handlungsorientierende Gehalte typischer Praktiken des Wohnens heraus: Dem Essen, dem Putzen und dem Sichern von Grenzen. Hieran konnte ich Handlungsorientierungen der Praktiken des Wohnens im geteilten Zuhause rekonstruieren, die sich zwischen Professionalität und Familialität bewegen.



Sprachformen durch soziale Transition – Transitionen durch Sprachwandel

Sarah Boysen

Uni Duisburg-Essen, Deutschland

Sprache und ihr Wandel sind mit kulturellen Paradigmen und sozialen Verhandlungen verwoben, denen Sprecher:innen bewusst wie unbewusst folgen. Sprache formt individuelle wie kollektive Identitäten, etwa durch dialektale Variationen (Kresić 2016). Bourdieus Konzept des sprachlichen Habitus (1991) verbindet die Form von Sprachvarietäten mit kulturellem Kapital und der Handlungspraxis der Sprechenden, woraus Fragen zu Identität und Sprachmacht entstehen. Wie werden gesellschaftliche Transitionen in nicht-standardsprachlichen Varietäten erkennbar?

Bildung, Herkunft und soziale Identität überschneiden sich bei der Bewertung von Sprache und ihrer Varietät, durch die Soziolinguistik können kulturelle und politische Dimensionen unterstrichen werden (Knoblauch & Steets 2021).

Hier setzt mein Forschungsinteresse an. Sprachvarietäten, die sich außerhalb der normierten, vermeintlichen Standardsprache bewegen, werden von der Dominanzgesellschaft (Rommelspacher1998) abgewertet und stehen in einer Außenseiterposition.

In meiner Promotion beleuchte ich die (post-)migrantische und die ostdeutsche Perspektive als zwei Dimensionen gesellschaftlicher Transitionserfahrungen in Deutschland. So unterschiedlich diese Dimensionen auch sind, so analog werden Ausschlussmechanismen der Dominanzgesellschaft gegenüber diesen Perspektiven deutlich (Foroutan & Kubiak 2018).

In qualitativen Interviews mit Menschen, die im Ruhrgebiet und in Sachsen leben, wird nach ihrer Wahrnehmung von Sprache und ihrem persönlichen Sprachverhalten gefragt. Mithilfe der Dokumentarischen Methode (nach Bohnsack) werden die impliziten Erfahrungswelten der Sprecher:innen mit einer wissenssoziologischen Perspektive (Mannheim 1964) rekonstruiert. Beide Regionen sind geprägt von verschiedenen und permanenten Formen von Transition.

Erste Analysen zeigen, dass sich Sprecher:innen der sozialen Markierung ihrer Sprache bewusst sind und je nach Kontext verschiedene Strategien nutzen, um sprachliche Marginalisierung zu umgehen oder umzudeuten. Dabei werden eigene Verhaltensweisen und Denkmuster häufig mit Erfahrungen des Wandels verbunden; der Habitus passt sich, wenn es das Kapital erlaubt, seinem Umfeld an (Bourdieu 1991). Die Transition von (Sprach-)Kapital hat eine ausschlaggebende Rolle in der Konstruktion „alternativer Märkte“ (Auer 2013), welche sowohl Bewertung wie auch Sprachverhalten beeinflussen.



Studienabbruch, Habitus und Gesellschaftsbild in der Informatik. Eine qualitative Untersuchung in universitären Bachelorstudiengängen der Informatik

Heidrun Schneider1,2

1Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW); 2Universität Duisburg-Essen

Seit langem gibt es hohe Studienabbruchquoten in der Informatik an deutschen Universitäten (zuletzt: 42 % vs. 35 % insgesamt; Heublein et al., 2022, S. 1 Anhang). Aus ungleichheitstheoretischer Perspektive ist relevant, ob bestimmte soziale Gruppen überdurchschnittlich häufig von einem Studienabbruch betroffen sind. Einiges deutet darauf hin, dass nicht nur der Zugang zur Hochschule von der sozialen Herkunft abhängt (Kracke et al., 2024), sondern darüber hinaus der (Nicht-)Verbleib im Studium (Isleib, 2019). Zumeist bleibt unklar, wie es dazu kommt, dass soziale Ungleichheiten bei Studienabbrüchen eine Rolle spielen und wie diese Studienabbrüche biografisch verarbeitet werden (Ausnahmen: Engels, 2004; Pape et al., 2021), weshalb der Beantwortung dieser Fragen im Promotionsprojekt nachgegangen wird. Zudem wird untersucht, wie Studienstrategien und -erfahrungen mit Vorstellungen sozialer Ordnung („Gesellschaftsbildern“) zusammenhängen. Theoretisch verankert in Bourdieus (1982) Habitus-Feld-Konzept und dessen Erweiterung im Milieuansatz (Vester et al., 2001) ist die zentrale Annahme, dass Studienabbrüche auf „Passungsverhältnisse“ zurückzuführen sind. Nicht allen Studierenden gelingt es gleich gut, ihre Studienstrategien zu optimieren und mit den Anforderungen und Konventionen der Universitäts- und Fachkultur in Einklang zu bringen. Das Poster präsentiert das Untersuchungsdesign des Promotionsprojektes und stellt die Ergebnisse zur Diskussion, die aus 15 themenzentrierten, lebensgeschichtlich orientierten Leitfadeninterviews (einschließlich Collagen zur Erhebung des Gesellschaftsbildes) mit Studienabbrecher:innen der Informatik gewonnen wurden. Die Auswertungen erfolgten mittels der Methode der Habitushermeneutik (Bremer & Teiwes-Kügler, 2013). Die herausgearbeiteten Muster kultureller Passung unterscheiden sich nach Milieuschwerpunkten und zeigen, dass die Passungsherstellung nicht allen Studierenden gleichermaßen gelingt und spezifische Spannungsverhältnisse zwischen Habitus und Feld entstehen, die zu einem Studienabbruch führen. Ermöglicht wird damit ein tiefergehendes Verstehen der sozialen Mechanismen und Logiken, die hinter Studienabbrüchen stehen.



Sufficiency as Relations of Enoughness

Eric Hartmann

Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland

Sufficiency is gaining attention as a fundamental sustainability strategy, yet its conceptual vagueness limits its practical application. As Jungell-Michelsson and Heikkurinen put it, “[sufficiency] is conceptualized as an idea, programme, doctrine, vision, worldview, paradigm, way of living, and strategy—among others” (Jungell-Michelsson & Heikkurinen, 2022, p. 3). Without a clear understanding, the operationalization of sufficiency for sustainable development remains elusive. This conceptual vagueness of sufficiency and the underlying notion of ‘enough’ motivates the research questions: How can the general notion of ‘enough’ prevalent in sufficiency literature be adequately conceptualized? How can different uses of sufficiency be systematically structured and united?

Based on a discussion of sufficiency literature, Hartmann (2024) introduces a conceptual framework that systematically organizes diverse uses under a unified structure, based on the formula: "too little/too much/enough of X regarding Y." The resulting “relations of enoughness” allow researchers to analyze and apply sufficiency across different contexts. Exemplarily, a common use of sufficiency states that currently for many persons in the Global North, there is too much individual consumption regarding limited carbon budgets. The concept is further expanded into "chains of enoughness," which link consumption and production to broader sustainability targets, such as carbon budgets, planetary boundaries, human needs, and the inter and intragenerational dimension of sustainability (Hartmann, 2024, 2025).

Literature:

Hartmann, E. (2024). Sufficiency as relations of enoughness. Sustainable Development 32(6), 7201-7214. https://doi.org/10.1002/sd.3090

Hartmann, E. (2025). Sustainability Strategies: What's in a Name? A Conceptual Restatement of Fundamental Mechanisms Toward Sustainability. Sustainable Development, article sd.3443. https://doi.org/10.1002/sd.3443

Jungell-Michelsson, J., & Heikkurinen, P. (2022). Sufficiency: A systematic literature review. Ecological Economics, 195, Article 107380. https://doi.org/10.1016/j.ecolecon.2022.107380



Transnational Political Practices of Turkish Immigrant Descendants in Germany and the Netherlands: A Mixed Methods Analysis

Adriana Cassis

Max Planck Insitute for the Study of Societies and University of Duisburg-Essen

The descendants of immigrants were expected to become increasingly detached from their parents' countries of origin. However, recent research shows that many maintain ties across borders, raising pressing questions about how these transnational connections shape political behaviour. This dissertation addresses these questions by examining the political engagement of Turkish immigrants and their descendants in Germany and the Netherlands. Theoretically, this project bridges the literature on transnationalism and political behaviour to develop a framework that explains how transnational ties create a dual embeddedness that determines transnational political practices. Using a mixed methods approach, the dissertation first draws on survey data to identify patterns in electoral and non-electoral participation. Patterns include, for example, that second generation women are more likely to engage in electoral practices, while men are more likely to engage in non-electoral forms. The second qualitative section uses semi-structured interviews to explain these patterns. Findings in this section include participants' descriptions of how residents in Turkey often ascribe to them a position of privilege that contrasts sharply with their own experiences of discrimination and marginalization in Germany and the Netherlands. This dissonance creates a sense of disillusionment that can influence political engagement. In all, the dissertation contributes to discussions about the role of transnational ties in shaping political behavior in Europe's increasingly diverse societies.



Urban Energy Commons: Gemeinschaft und Gemeingüter in der Energiewende

Hannah Charlotte Müller

Fernuniversität in Hagen, Deutschland

Angesichts der dringenden Dekarbonisierung gewinnen dezentrale und vielschichtige Strategien zur Transformation des Energiesektors zunehmend an Bedeutung. Mit der deutschen Energiewende wird Klimaneutralität bis 2045 angestrebt. Die Umstellung von fossilen Energieträgern auf die nachhaltige Produktion, Speicherung und Verteilung von Energie wird primär als wirtschaftlich-technisches Vorhaben betrachtet. Dieser enge Fokus vernachlässigt relationale, soziale und kulturelle Ansätze für die Gestaltung einer inklusiven und gerechten Energiewende. Energiegemeingüter (Energy Commons) (Bauwens et al., 2024) stellen ein aufkommendes Forschungsfeld dar. Sie lenken die Aufmerksamkeit weg von technologie- und kapitalintensiven Maßnahmen und betonen Gemeinwohl und Gemeinschaft als treibende Kräfte des Wandels. Commons und Commoning-Praktiken sind eng mit dem Konzept der Energiegemeinschaften verbunden, die häufig alternative Ansätze bei der Energieproduktion, -einsparung und -verteilung verfolgen. Mit starken lokalen Bezügen entwickeln sie Pionieransätze für die Produktion, Verteilung und den Konsum von nachhaltiger Energie.

Meine Forschung untersucht Energiegemeingüter als Teil urbaner Commons und beantwortet die Frage: Wie nutzen Energiegemeinschaften Commoning-Praktiken, um gerechtere und nachhaltigere Energiezukünfte in städtischen Räumen zu gestalten? Mit Bezügen zu relationaler Soziologie (Crossley, 2015; 2022) und dem Konzept des relationalen Raums (Löw, 2001) erforsche ich die relationalen und sozialen Aspekte lokaler Transformationen sowie ihrer räumlichen und strukturellen Wechselwirkungen am Beispiel von Energiegemeinschaften. Partizipative Aktionsforschung (Participatory Action-Based Research) dient hierbei als methodische Basis für die empirische Feldforschung. Performative mapping Sessions und Photo-Elicitation Workshops wird Raum für gelebte Erfahrungen, geteiltes Wissen und die Verortung von Energie-Commons-Praktiken im Alltag und urbanen Raum geschaffen. Dies trägt zu einem fundierteren Verständnis der Schnittstelle zwischen Energie und urbanem Raum im Kontext der Energiewende bei. Die vorgestellte Forschung erkundet das Potenzial von Energiegemeingütern und -gemeinschaften für die lokale Gestaltung einer gerechten und gleichberechtigten Energiewende und bietet wertvolle Einsichten für Politik und Praxis.



Vaterleitbilder von LSBTIQA* im Spiegel heteronormativer Ordnungsmuster

Julia Kuhn

Universität Rostock, Deutschland

Die systematische Erforschung von Familie erfolgt noch immer überwiegend entlang binärer Geschlechterkategorien und heteronormativer Vorstellungen. Diese methodische und theoretische Verkürzung trägt dazu bei, normative Vorstellungen zu reproduzieren, die Zweigeschlechtlichkeit, Heterosexualität und die zugrundeliegenden Geschlechterrollen als unhinterfragte Grundlage familiärer Strukturen festschreiben. Perspektiven von LSBTIQA* sowie plurale Vorstellungen von Familie bleiben – v. a. in der quantitativen Familienforschung – bislang weitgehend unberücksichtigt. Dies zeigt sich insbesondere im Diskurs um den sogenannten ‚neuen Vater‘: Zwar erfährt das Engagement von Vätern in Sorge- und Erziehungsarbeit seit Jahrzehnten erhöhte Aufmerksamkeit (u. a. Sabla 2015), dennoch wird Vaterschaft nach wie vor in Abgrenzung zur Mutterschaft – im Sinne des Gleichheitstabus (vgl. Rubin 2006) – verhandelt. Die Zuschreibung ‚traditioneller‘ Rollen, etwa als Familienernährer oder sekundäre Bezugsperson, bleibt weitgehend bestehen und verknüpft Vaterschaft weiterhin mit heteronormativen Konzepten.

Diese Kritik aufnehmend, werden auf dem Poster empirische Ergebnisse aus dem laufenden Promotionsprojekt „(Re-)Thinking Family – Eine quantitative Untersuchung zu Familienleitbildern von LSBTIQA*“ präsentiert. Im Rahmen einer quantitativen, querschnittlichen Fragebogenerhebung wurden 2024 die familienbezogenen Normalitätsvorstellungen queerer Personen (n=652) untersucht. Unter Rückgriff auf das Konzept der Familienleitbilder (vgl. Diabaté/Lück 2014) werden diese Vorstellungen als normative Bezugspunkte analysiert, die definieren, was im Kontext Familie als ‚normal‘, selbstverständlich oder wünschenswert gilt. Im Zentrum stehen die Fragen, ob und welche spezifischen Familienleitbilder sich unter queeren Personen identifizieren lassen, welche strukturellen Muster daraus hervorgehen und welche soziostrukturellen Merkmale ebendiese bedingen.

Als eine Dimension von Familienleitbildern werden Ergebnisse, basierend auf bi- und multivariaten statistischen Analysemethoden, zur Verteilung und Charakterisierung von Vaterleitbildern, fokussiert. Die Befunde deuten darauf hin, dass LSBTIQA* vielfältige Leitbilder von Vaterschaft entwickeln, die zumeist herkömmliche Konzepte herausfordern. Zugleich bleiben dominante, heteronormative Vorstellungen – wie das Ernährermodell – weiterhin präsent.



Verletzbarkeitswahrnehmungen im Kontext der Klimakrise – empirische Einblicke

Theresa Adenstedt

Technische Universität Berlin, Deutschland

Betrachtet man die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die Folgen der Klimakrise, ist ein Teil des sorgenvollen Blicks auf körperliche (Un-)Versehrtheiten gerichtet. In ihren unterschiedlichen Ausprägungen sind sie sowohl räumlich als auch sozial ungleich verteilt. Die hier präsentierte Arbeit befasst sich mit der Sorge um zukünftiges Leben im Angesicht der Klimakrise und thematisiert die Frage, welche räumlichen und zeitlichen Bezüge für das leibliche Erfahren von antizipierten, klimabedingten Verletzungen in der Gegenwart relevant gemacht werden. Denn selbst wenn Menschen ihre individuelle Lebensführung und die körperliche Unversehrtheit durch die Folgen des Klimawandels noch nicht unmittelbar betroffen sehen, lässt sich eine Affizierung der eigenen Verletzbarkeit im Jetzt beobachten.

Die Sorge wird dabei über das Konzept der Verletzbarkeit operationalisiert und als ein grundlegender Bestandteil sozialen Lebens betrachtet (Butler 2006; Hentschel und Krasmann 2020; Liebsch 2014). Verletzbarkeit wird leibphänomenologisch als eine grundlegende Erfahrung verstanden, die sich vor allem durch die Antizipation potenzieller Verletzungen konstituiert. Entlang des gesellschaftspolitischen Diskurses lässt sich nachvollziehen, dass im Kontext von Klimaveränderungen auch verhandelt wird, in welchem Verhältnis die körperlichen Versehrtheiten zu Gewaltsamkeiten und gewaltvollen Ereignissen stehen. Insofern schließt die Arbeit auch an die theoretische Debatte um die Phänomenologie des Gewalterleidens (Liebsch 2014; Staudigl 2014) an.

Anhand von biografisch-narrativen Interviews mit klimapolitisch engagierten Personen aus dem deutschsprachigen Raum zeigt dieser Beitrag, wie räumliche und zeitliche Bezüge die klimabedingten Verletzbarkeitswahrnehmungen und das subjektive Erleben von Gewalt strukturieren. Mithilfe der Grounded Theory Methodology wurde aus dem Material eine Typologie analysiert, deren Typen auf unterschiedliche Weise das Verhältnis von Verletzbarkeit und Gewalt verhandeln und unterschiedliche räumliche und zeitliche Strukturierungen aufweisen.

Die Arbeit schließt aus gesellschaftstheoretischer Perspektive an aktuelle sozialwissenschaftliche Debatten an, in denen die Verbindung von Klimawandel und Gewalt in den letzten Jahren von verschiedenen Seiten her problematisiert wurde (Krasmann 2022; Lindemann 2022; Silver 2019).



Wandel der Produktionsmodelle im Handwerk - Entwicklungen aus dem Tischler- und Bäckerhandwerk

Lianara Patricia Dreyer

Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), Deutschland

Das Handwerk ist mit über einer Million Betrieben und rund 5,6 Millionen Beschäftigten (ZDH 2024) eine wirtschafts- und arbeitspolitische Größe. Zudem ist die Gesellschaft auf handwerkliche Dienstleistungen angewiesen, um Ziele wie den Ausbau erneuerbarer Energien zu erreichen (Malin & Köppen 2023). Doch das Handwerk steht vor Herausforderungen: Steigende Kosten, fehlende Arbeitskräfte und der demografische Wandel sind nur einige Beispiele. Zur Lösung wird unter dem Begriff „Handwerk 4.0“ die Nutzung digitaler Technologien diskutiert, doch welche Folgen sich aus der verstärkten Nutzung digitaler Technologien für die Beschäftigten ergeben, bleibt weitgehend unbeachtet.

Hier setzt mein Forschungsprojekt zur Digitalisierung im Handwerk an. Ich untersuche die Auswirkungen der Nutzung digitaler Technologien auf die Beschäftigte. In der Postersession präsentiere ich vorläufige Ergebnisse aus dem Tischler- und Bäckerhandwerk. Grundlage ist die Auswertung von zwanzig Betriebsfallstudien, die Interviews mit Betriebsführung, Beschäftigten sowie eine Betriebsbegehung umfassen. Die transkribierten Interviews wurden zusammen mit den Feldnotizen inhaltsanalytisch ausgewertet. Zur Analyse wurden das Konzept der Produktionsmodelle sowie Nies’ (2021) Typologie zu betrieblichen Strategien der Technologienutzung herangezogen.

Die Analyse ermittelt drei Digitalisierungstypen, die sich gewerkespezifisch unterscheiden. Im Tischlerhandwerk setzen Betriebe mit standardisierten Produkten auf verstärkten Maschineneinsatz, während individualistisch arbeitende Betriebe vor allem Verwaltungs- und Kommunikationsprozesse digitalisieren. Trotz zunehmender Digitalisierung bleibt das Fachwissen der Handwerker:innen unentbehrlich – insbesondere bei der Fertigung von Sonderbauteilen. Im Bäckerhandwerk zeigen sich vergleichbare Typen, jedoch mit abweichenden Strategien. Großbäckereien nutzen Maßnahmen zur Kostenreduzierung, wohingegen eine zweite Gruppe konsequent auf die manuelle Herstellung als Markenkern setzt. Die Studie zeigt, dass Digitalisierung im Handwerk vielfältige Formen annimmt. Während im Tischlerhandwerk produktbezogene Faktoren maßgeblich sind, ist es im Bäckerhandwerk die Produktionsorganisation. Ausgehend von den Digitalisierungsstrategien lassen sich die Auswirkungen der Technologienutzung auf die Beschäftigten einordnen.