Veranstaltungsprogramm

Sitzung
Author Meets Critics: Anna Schwenck: "Flexible Authoritarianism. Cultivating Ambition and Loyalty in Russia"
Zeit:
Donnerstag, 25.09.2025:
12:00 - 13:00

Chair der Sitzung: Tetiana Havlin, Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg

Präsentationen

AmC4: Anna Schwenck: "Flexible Authoritarianism. Cultivating Ambition and Loyalty in Russia"

Mischa Gabowitsch1, Tetiana Havlin2, Piotr Kocyba3, Anna Schwenck4

1Johannes Gutenberg Universität Mainz; 2Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg; 3Universität Leipzig; 4Universität Siegen, Seminar für Sozialwissenschaften; Freie Universität Berlin, Osteuropainstitut, Abteilung für Soziologie

Am Beispiel Russlands zeigt sich besonders deutlich, dass flexibler Autoritarismus auf den Wettbewerb der Volkswirtschaften um die am lukrativsten vermarktbaren Innovationen und so genannten besten Köpfe – die als Funktionseliten, Erfinder („Creator“) und Unternehmer für das Funktionieren von Staat und Gesellschaft als zentral angesehen werden – antwortet. Flexibler Autoritarismus beschreibt eine Regierungsweise, die neoliberale Techniken und autoritäre Praktiken miteinander verbindet. Sie incentiviert unternehmerisches Könnensbewusstsein und unkonventionelles Denken, während sie politisch-gesellschaftliche Kritik am Status Quo systematisch unterdrückt und Obrigkeitshörigkeit belohnt.

Das Buch verbindet eine (wirtschafts-)soziologische Makroperspektive mit einer mikrosoziologischen, die die Subjektivierungen junger, aufstrebender Erwachsener in Russlands Osten – Zentral- und Ostsibirien – untersucht. Auf Grundlage unterschiedlichen Datenmaterials (teilnehmenden Beobachtungen, qualitativen Interviews, Archiv- und Internetrecherchen) behandelt es unter anderem folgende Fragen:

Welche kulturellen Deutungsmuster verleihen flexiblem Autoritarismus Legitimität? Welche als selbstverständlich wahrgenommenen Grundüberzeugungen formen die Erwartungen aufstrebender junger Erwachsener gegenüber dem Staat, anderen Bürgern und sich selbst? Wie festigen transnationale Narrative und lokal spezifische kulturelle Formen ihre Wahrnehmung, dass flexible autoritäre Politiken rechtmäßig/legitim sind?

Zentrale Themen der Kultur- sowie politischer und „globaler“ (Entwicklungs-) Soziologie verbindend und auf eine breite Datenbasis aufbauend, behandelt das Buch die Verknüpfung autoritären Wandels mit Versprechen und Ästhetiken des (digitalen) Start-Up Kapitalismus. Während die autoritären Aspekte einer Unterteilung von Menschen in potenzielle unternehmerische Genies und Routinearbeiter (bzw. in verdienstvolle und unwürdige Mitglieder der Gesellschaft) kritisiert werden, verweist das Konzept gleichzeitig auf die Verankerung neoliberalen Denkens in einem genuin modernen Streben nach Selbstverwirklichung.