Veranstaltungsprogramm

Sitzung
Sek54: Sektion Soziologische Netzwerkforschung: "Aktuelle Beiträge zur Erhebung und Analyse sozialer Netzwerke"
Zeit:
Freitag, 26.09.2025:
9:00 - 11:45

Chair der Sitzung: Philip Adebahr-Maskow, Martin Luther University Halle-Wittenberg
Chair der Sitzung: Heike Krüger, Universität zu Köln & RWTH Aachen Universität
Chair der Sitzung: Lydia Repke, GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften
Sitzungsthemen:
Meine Vortragssprache ist Deutsch., Meine Vortragssprache ist Englisch.

Zusammenfassung der Sitzung

Der Vortrag “The political homogeneity of social networks“ wird auf Englisch gehalten. Alle anderen Vorträge der Veranstaltung sind auf Deutsch.


Präsentationen

Die agentielle Netzwerkanalyse – die Soziomaterialität in der Netzwerkforschung

Tabea Bongert

RWTH Aachen Universität, Deutschland

In Zeiten des verstärkt voranschreitenden Klimawandels ist die Thematik Nachhaltigkeit in fast jedem Bereich des Lebens angekommen. Vor allem in einem Sektor findet gerade eine große Transition statt. Die Baubranche, verantwortlich für 50-70% des Abfallaufkommens und über 50% der Rohstoffentnahmen, bedarf einer Neuausrichtung hin zu einer zirkulären Kreislaufwirtschaft (Schanda 2021: 49). Dabei häufig im Mittelpunkt: (innovative) Materialien, Rohstoffe und Produkte, die sich aufgrund des Transitionsdrucks verändern und weiterentwickelt wer-den und folglich einen großen Einfluss auf Unternehmen und gesellschaftspolitische Prozesse haben. Vor allem an Verbundwerkstoffen oder bereits bekannten, aber wenig benutzten Baustoffen in neuen Gewändern (Beispiel Lehm) wird zunehmend geforscht. Diese Transitionsprozesse kann vor allem die Netzwerkanalyse am geeignetsten einfangen. Die Theorieperspektive der Relationalen Soziologie, in der es anstatt um einzelne Akteure, Entscheidungskalküle, Strukturen oder Erwartungen eher um relationale Muster, Beziehungsgefüge und Netzwerkstrukturen und -dynamiken geht, ist ein geeigneter Ansatz, diese Transitionsprozesse abzubilden (Häußling 2010: 63). Denn diese sind für die Erforschung von Veränderungsprozessen unabdingbar. Doch in der qualitativen Netzwerkforschung stehen bei der Erfassung und Analyse von Netzwerken stets menschliche Akteure im Fokus. Bei der Erforschung des Materiellen wird somit immer noch auf andere Methoden als die Netzwerkforschung zurückgegriffen, da es in netzwerkanalytischen Forschungsdesignen immer noch Zurückhaltungen gibt, Aspekte des Materiellen einzubeziehen (Häußling 2020: 49). Der New Materialism mit seinem material turn und vor allem die Soziomaterialität von Barad mit dem agentiellen Realismus, der Intraaktivität, dem agentiellen Schnitt sowie dem Apparatus bieten einen geeigneten Ansatz, Materialitäten in ontologischer und epistemischer Weise einzubeziehen und mitzudenken. Die Netzwerktheorie von White mit seiner Theorie Identity and Control bietet darüber hinaus durch seine skalenfreien Begrifflichkeiten wie das der Kontrolle oder der Identität die Möglichkeit, diese um materielle Identitäten zu erweitern.



Differenzielle Vaterschaft und Geschwisterbeziehungen. Eine Analyse kleiner Netzwerke in der Familienforschung.

Thomas Eichhorn

Deutsches Jugendinstitut, Deutschland

Exponential Random Graph Modelle (ERGM) werden in der Netzwerkforschung angewandt, um theoretische Annahmen der Netzwerkbildung anhand eines probabilistischen Modells zu prüfen (Heidler, 2015; Hunter et al., 2008). Um die Komplexität großer Netzwerke mit einer hohen Anzahl an Knoten zu bewältigen, werden statt exakten Maximum Likelihood Schätzungen (MLE) zufallsbasierte Verfahren wie Monte Carlo Markov Chains (MCMC) verwendet, um die Gültigkeit der Modellannahmen zu prüfen. Für kleine Netzwerke mit einer geringen Anzahl an Knoten ergibt sich die Schwierigkeit, dass diese häufig keine (leere Netzwerke) oder ausschließlich Kanten (volle Netzwerke) zwischen ihren Knoten aufweisen, und deshalb seltener durch dieses Verfahren unterstützt werden. Das R-Paket Ergmito (Vega Yon et al., 2021) ermöglicht die Schätzung von ERGM auch für kleine Netzwerke über eine exakte MLE und umgeht damit einige dieser Probleme. Dabei können Netzwerkpopulationen mit jeweils bis zu 6 (bei gerichteten) bzw. 8 (bei ungerichteten Beziehungen) Knoten in einem Modell untersucht werden. Bisher existiert jedoch erst eine wissenschaftliche Studie, welche diesen Analyseansatz anwendet, um die Entstehung politischer Diskussionsgruppen zu untersuchen (Hâncean et al., 2022). Der vorliegende Beitrag befasst sich daher mit einem zweiten Anwendungsbeispiel, welches im Rahmen der Familienforschung auf Geschwisternetzwerke blickt und Möglichkeiten sowie Anwendungsprobleme diskutiert.

Das Ziel der Analyse ist es zu zeigen, wie ein unterschiedliches Maß an Engagement von Vätern (Lamb et al., 1985; Palkovitz, 2019; Pleck, 2010) gegenüber ihren Kindern mit der Beziehungszufriedenheit der Geschwisterkinder untereinander korrespondiert. Während die Familiensystemtheorie (Barnett, 2008; Cowan & Cowan, 1987; Voorpostel & Blieszner, 2008; White, 1999) Spillover Effekte zwischen Vater-Kind- und Geschwisterbeziehungen vermutet, lassen sich anhand bisheriger Forschungsergebnisse zum Parental Differential Treatment (Feinberg & Hetherington, 2001) Hypothesen aufstellen, welche einen direkten Zusammenhang zwischen Ungleichbehandlung und Geschwisterbeziehungen herstellen. Anhand des deutschen Familiensurveys AID:A – Aufwachsen in Deutschland (Kuger et al., 2020) wird eine Querschnittsanalyse zu 551 Geschwisternetzwerken mit einer Netzwerkgröße von je zwei bis fünf Geschwisterkindern zwischen 9 und 17 Jahren...



Sprachgebrauch und Spracheinstellungen in sozialen Netzwerken: Eine Mixed-Methods-Studie im ripuarischen Sprachraum

Lisa Felden

Universität Münster, Deutschland

Die soziale Netzwerkforschung bietet bisher kaum beachtete, aber nicht weniger wertvolle methodische Ansätze zur Untersuchung sprachlicher Variation – insbesondere im Spannungsfeld zwischen individueller Sprachpraxis und sozialer Einbettung. Im Rahmen des Promotionsprojekts wird untersucht, wie die Struktur sozialer Netzwerke mit dem Sprachgebrauch und den Spracheinstellungen zusammenhängt. Die qualitative Studie nutzt egozentrierte Netzwerkanalysen, um zu erfassen, inwiefern engmaschige und lose Netzwerkstrukturen mit sprachlicher Konvergenz bzw. Divergenz korrelieren.

Der Studie liegt ein Mixed-Methods-Ansatz zugrunde: Die Datenerhebung kombiniert strukturierte Netzwerkkarten mit sprachbiografischen Interviews und Daten zum tatsächlichen Sprachgebrauch. Neben der Analyse klassischer Netzwerkmaße werden qualitative Muster sozialer Einflussnahme auf sprachliche Entscheidungen untersucht. Ein besonderer Fokus liegt auf methodologischen Herausforderungen der Netzwerkerhebung im sprachwissenschaftlichen Kontext, etwa der Erfassung latenter sozialer Einflussfaktoren sowie der Interpretation netzwerkbasierter Sprachwandelprozesse.

Der Beitrag liefert einen interdisziplinären Impuls für die soziologische Netzwerkforschung, indem er die Übertragbarkeit netzwerkanalytischer Methoden auf sprachwissenschaftliche Fragestellungen reflektiert und die Grenzen klassischer Netzwerkparadigmen für die Analyse sprachlicher Dynamiken diskutiert.



The political homogeneity of social networks

Anton Bochert

Forschungsdatenzentrum des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt Universität Bremen

The connection between individual socio-economic characteristics and political attitudes is well established, as is the fact that social networks tend towards homogeneity regarding socio-economic status (SES). At the same time, network members influence each other’s attitudes. This complex interplay raises questions about the role of social networks in processes of societal cohesion, polarisation and cleavage formation. To what degree do social networks show signs of homogeneity based on attitudes and political orientations? And how much of that homogeneity is associated with socio-economic segregation?

To date, the empirical study of social networks is often confined to narrow subsets of the population or qualitative approaches, making it difficult to generalize to patterns in the overall population. In other cases, information on network members and their attitudes is only given by ego, which is very likely to lead to distortions and ethical problems, especially regarding sensitive information such as political views.

In an innovative design, we requested respondents of a nationally representative German survey to invite up to three network members to the survey using Respondent Driven Sampling (RDS). Both the primary participants (seeds) and their invited network members (recruits) completed a questionnaire on social cohesion, institutional trust, political orientation and political interest (n = 550 dyads clustered in 345 seeds). The survey was conducted in 2023 as a pilot study for subsequent implementation in the fifth wave of the German Social Cohesion Panel.

In this paper, I explore different analytical strategies to assess the extent of homo- or heterogeneity in seed-recruit (i.e. ego-alter) dyads, both in terms of SES and political attitudes. These two dimensions are then related to analyse to what extent differences in attitudes are independent of socio-economic homogeneity and whether the level of political similarity differs across socio-economic groups. The contribution of this approach is twofold: Firstly, it provides new insights into the extent of socio-economic and political homogeneity in social networks and their correlation, a perspective that is still understudied in the literature on cleavage formation. Secondly, it adds to the methods of gathering and analysing social network data collected with RDS.



Unsichtbare Unterstützung: Die Bedeutung fehlender Beziehungen in der sozialen Netzwerkanalyse am Beispiel Bildungsaufstieg

Markus Gamper, Sarah Adjei Otuo

Universität zu Köln, Deutschland

Die Analyse sozialer Netzwerke ist ein zentrales Instrument zur Erforschung von Bildungsprozessen. Während förderliche und hinderliche Beziehungen z.T. untersucht wurden, sind absente Relationen – also fehlende, aber potenziell relevante Verbindungen – bislang wenig berücksichtigt. Diese Forschungslücke ist besonders relevant, da das Fehlen unterstützender Akteure, wie beratender Lehrkräfte oder ermutigender Peers, Bildungsaufstiege erheblich erschweren kann. Die subjektive Wahrnehmung dieser fehlenden Beziehungen zeigt sich in Netzwerkkarten und qualitativen Interviews als bedeutender Einflussfaktor auf Bildungsverläufe.

Aufbauend auf unserer Studie gehen wir in unserem Vortrag der Frage nach, wie fehlende Relationen methodisch erfasst und interpretiert werden können. Dabei präsentieren wir qualitative Netzwerkinterviews von Jugendlichen, die trotz struktureller Nachteile Bildungsaufstiege realisieren. Die Ergebnisse zeigen, dass nicht nur bestehende soziale Beziehungen, sondern auch die Reflexion über abwesender Beziehung zur Analyse von Netzwerkstrategie beitragen kann. Unsere Vortrag gibt einen systematischen Überblick über die Bedeutung negativer, positiver als auch absenter Relationen und bietet eine theoretische Fundierung dieses Phänomens. Wir argumentieren, dass die Berücksichtigung fehlender Beziehungen in der sozialen Netzwerkanalyse von entscheidender Bedeutung ist, um die Komplexität von Bildungsprozessen besser zu verstehen.



Visualisierung des Ernährungsnetzwerks auf Instagram – Themen, Akteur:innen und ihre Veränderung

Eva-Maria Endres

Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Deutschland

Soziale Medien könnten als ein Ort beschrieben werden, in dem Soziales digital abgebildet wird (Marres 2017). In den food studies wurden Soziale Medien mit Lupton und Feldman (2020), Leer und Krogager (2021) oder Schneider und Eli (2021) als reichhaltiges Forschungsfeld erschlossen. Insbesondere auf Instagram werden Ernährungsthemen aus unterschiedlichen Perspektiven verhandelt. Soziale Medien sind nicht nur Reflexe, sie produzieren auch Realität und üben Einfluss auf Ernährungsverhalten aus (Endres 2021, 2018). Insofern stellen sich die Fragen: Wer bestimmt den Ernährungsdiskurs auf Instagram? Welche Themen werden diskutiert und sind Veränderungen in einem zeitlichen Verlauf zu erkennen?

Im Forschungsprozess mit Sozialen Medien ergeben sich spezifische Herausforderungen wie riesige Datenvolumina, ständige Dynamik oder Datenzugang. In Anlehnung an die Digital Methods Initiative (Rogers 2013, 2019) erfolgte daher eine an Soziale Medien angepasste Soziale Netzwerkanalyse ausgehend von den deutschen Top Food-Influencern. Hierfür wurden die von den Influencern gefolgten Accounts zu drei Messzeitpunkten erhoben und die Daten mittels Gephi visualisiert. Thematische Teilgruppen konnten mit dem Modularity-Algorithmus sichtbar gemacht werden und im zeitlichen Verlauf analysiert werden. Deskriptive Maßzahlen wurden für eine genauere Betrachtung herangezogen.

Die Ergebnisse (Abb. 1-3) zeigen anfangs ein breites thematisches Spektrum an Ernährungsthemen und Akteur:innen verschiedener Größe. Im zeitlichen Verlauf wuchs der Anteil der BBQ- und Fleisch-Community (rot), um zum letzten Erhebungszeitraum den

zweitgrößten Anteil nach ihren Antagonisten, der Vegan-Community (grün) auszumachen. Themen wie Backen (pink), Foodstyling (blau) oder Kulinarik (violett) verschwanden nahezu. Zudem war ein Erstarken professioneller Accounts (gelb) zu erkennen und eine generelle Professionalisierung der Influencer. Als Teil der digital food studies stellt die Soziale Netzwerkanalyse ein wirkmächtiges Tool dar, um Kommunikationsstrukturen relevanter Ernährungsakteur:innen und deren Themen in Sozialen Medien zu visualisieren. Sie kann somit als eine wichtige Grundlage für Maßnahmen der Ernährungskommunikation oder weitere inhaltsanalytische Untersuchungen dienen.



Von Nachrichten zu Netzwerken. Textbasierte Methoden zur Messung interorganisationaler Beziehungen

Jonas Stark

Zeppelin Universität, Deutschland

Die Erhebung interorganisationaler Netzwerkdaten ist komplex und zeitintensiv. Bisher beziehen sich automatisierte Erhebungen vornehmlich auf rechtliche oder finanzielle Beziehungen (beispielsweise Eigentum). Darüber hinaus sind auch strategische Beziehungen von hoher Relevanz, die aber selten unter eine Berichtspflicht fallen. Obwohl deren Aufnahme und Beendigung häufig öffentlich in den Medien kommuniziert werden, bleiben diese Daten bei der Konstruktion interorganisationaler Netzwerke meist unberücksichtigt. Basierend auf Schwenkler und Zheng (2020) geht dieser Beitrag der Frage nach, inwiefern Zeitungsartikel für die Datenerhebung im Kontext interorganisationaler Netzwerke genutzt wer-den können. Dabei präsentiert er eine beispielhafte Erhebung über die API-Schnittstelle der London Stock Exchange Group (LSEG), die die Beziehungen zwischen Unternehmen anhand der Häufigkeit einer entsprechenden Berichterstattung im jeweiligen Jahr erfasst. Der aktuelle Stand des Projekts deutet bereits auf methodische Herausforderungen hin. Diese bestehen vor allem in der Messung der Stärke von Beziehungen, der zeitlichen Bestimmung von Beziehungen sowie ihrer thematischen Klassifikation. Der vorliegende Beitrag soll unter anderem diskutieren, inwiefern Large Language Models (LLM) eine mögliche Lösung für diese Herausforderungen darstellen. Damit fokussiert er sich vor allem darauf, skalierbare Erhebungstechniken für die Netzwerkforschung zu testen, um bestehende Ansätze in diesem Feld weiterzuentwickeln.



Zwischen Heilversprechen, Esoterik und Verschwörungsdenken: Digitale soziale Netzwerke und ihre diskursiven Dynamiken im Feld der Konspiritualität

Nora Feline Pösl

Ruhr-Universität Bochum, Deutschland

Die Verbindung von esoterischen Weltanschauungen und sogenannten alternativen Heilmethoden mit rechten Verschwörungsideologien ist kein neues Phänomen. Historisch und strukturell existieren enge ideologische Verzahnungen und Parallelen. Die COVID-19-Pandemie hat als diskursives Ereignis jedoch diese Verflechtungen verstärkt und zu einer intensiveren Vernetzung verschiedener Gruppen auf Social-Media-Plattformen sowie im Offline-Raum, etwa bei „Querdenken“-Demonstrationen, beigetragen. Dieser Beitrag untersucht diese Verbindungen durch einen Mixed-Methods-Ansatz, der soziale Netzwerkanalysen im Online-Raum auf den Plattformen Twitter und Telegram mit qualitativen Inhaltsanalysen nach Mayring kombiniert. Zudem wird als methodologische Forschungsperspektive ein kritisch-diskursanalytischer Blick, angelehnt an Margarete Jäger, eingenommen.

Zwischen 2020 und 2022 wurden auf Twitter Topic-Netzwerke auf Basis von Hashtags erhoben und ausgewertet, mit einem Fokus auf verschwörungsideologische Diskurse zur Coronapandemie. Ergänzend wurden auf der Plattform Telegram im Zeitrahmen von 2020-2025 egozentrierte Netzwerke über Kanäle aus dem Diskursfeld der Zusammenhänge von Esoterik, alternativen Heilmethoden und Verschwörungsideologien untersucht. Durch die Analyse eingehender und ausgehender Verlinkungen wurden Beziehungsnetzwerke extrahiert und zu einem Gesamtnetzwerk zusammengeführt. Besonders zentrale Knoten und Kanäle wurden anschließend netzwerkanalytisch ausgewertet und anschließend mittels BERTopic vorstrukturiert, um sie inhaltsanalytisch detaillierter zu untersuchen. Die Datenauswertung erfolgte primär mit Python. Die Analyse zeigt, dass auf Telegram bestimmte Kanäle (beispielsweise „Alles außer Mainstream“, „Simone Voss- Eine Lehrerin steht auf“, Oliver Janich und weitere Akteure) als zentrale Knoten fungieren, die Esoterik und alternative Heilmethoden mit verschwörungsideologischen Narrativen verbinden. Einerseits können Esoterik und alternative Heilmethoden einen Zugangspunkt zu Verschwörungsideologien darstellen. Andererseits haben die Diskurse um Impfungen und Lockdowns eine Wissenschaftsfeindlichkeit verstärkt, die durch Verschwörungsideologien genährt wird und zugleich Esoterik und sogenannte alternative Heilmethoden befördert.



„Empfinden Sie den Kontakt als schwierig?“ – Eine Analyse der Messgüte negativer Bindungen in egozentrierten Netzwerken

Philip Adebahr-Maskow1, Theresia Ell2, Lydia Repke2

1Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland; 2GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften, Deutschland

In Quer- und Längsschnittstudien werden negative Bindungen (negative ties) häufig durch die Frage erfasst, ob der Kontakt mit bestimmten Personen gelegentlich als belastend oder schwierig empfunden wird. Neben diesem Ein-Item-Indikator existieren auch spezifischere Erhebungsmethoden, die verschiedene Facetten negativer Bindungen erfassen, wie etwa die Häufigkeit, mit der Ego sich Sorgen um eine Person macht, diese als nervig empfindet oder Konflikte mit ihr erlebt.

Ziel dieses Vortrags ist es, zu ermitteln, inwiefern diese verschiedenen Items zur Messung von negativen Beziehungen dasselbe latente Konstrukt messen. Um dies zu untersuchen, evaluieren wir die Validität des Generators für das Netzwerk schwieriger Personen, indem wir ihn mit drei Items vergleichen, die sich auf „sich sorgen“, „jemanden als nervig empfinden“, und Konflikte konzentrieren. Zudem gilt es zu untersuchen, welche möglichen Verzerrungen auftreten. Beispielsweise könnte dieser Generator bestimmte Arten negativer Beziehungen überbewerten oder die Wahrnehmung negativer Beziehungen verzerren.

Hierzu werden Daten aus dem LoneCovid-Projekt verwendet, das die Veränderungen sozialer Kontakte während der COVID-19-Pandemie untersucht. Die Daten stammen aus einer Teilstichprobe des GESIS-Panels, einem Mixed-Mode-Panel mit ca. 5.200 Personen der deutschen Bevölkerung. Unsere Analyse umfasst deskriptive Vergleiche zur Identifizierung von Verzerrungen zwischen dem Ein-Item-Maß für schwierige Personen und den drei alternativen Maßen, wobei Variationen nach Teilnehmer- und Beziehungsmerkmalen (z.B. Alter, Geschlecht, Bildung, Beziehungstyp, Bindungsstärke) untersucht werden. Darüber hinaus führen eine explorative Faktorenanalyse (EFA) auf Basis tetrachorischer Korrelationen durch, um die Konvergenzvalidität zu bewerten. Um die Diskriminanzvalidität zu ermitteln werden Strukturgleichungsmodell berechnet, die das Konstrukt „negative Bindungen“ mit Messungen zu Einsamkeit und sozialer Unterstützung vergleichen.

Die Ergebnisse weisen auf Verzerrungen im Generator für schwierige Personen hin und geben Aufschluss über dessen interne Validität. Damit wird zum besseren Verständnis und zur Steigerung der Datenqualität bei der Erforschung negativer Bindungen beigetragen.