Veranstaltungsprogramm

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
Bitte wählen Sie einen Ort oder ein Datum aus, um nur die betreffenden Sitzungen anzuzeigen. Wählen Sie eine Sitzung aus, um zur Detailanzeige zu gelangen.

 
 
Sitzungsübersicht
Sitzung
Sek16: Sektion Jugendsoziologie: "Jugendtransformation/Jugendtransformationen"
Zeit:
Dienstag, 23.09.2025:
14:15 - 17:00

Chair der Sitzung: Anja Schierbaum, Universität Erfurt
Chair der Sitzung: Marcel Eulenbach
Chair der Sitzung: Carsten Heinze
Chair der Sitzung: Paul Eisewicht, Universität Münster
Sitzungsthemen:
Meine Vortragssprache ist Deutsch.

Zusammenfassung der Sitzung

Alle Vorträge der Veranstaltung werden auf Deutsch gehalten.


Zeige Hilfe zu 'Vergrößern oder verkleinern Sie den Text der Zusammenfassung' an
Präsentationen

Aneignung, Aushandlung und Bearbeitung von Differenzkategorien in marginalisierten Jugendgruppen

Johanna Egli1, Marlene Märker2

1Universität Zürich, Schweiz; 2Universität Wien, Österreich

In medialen, politischen und wissenschaftlichen Diskursen wird Jugend zumeist aus einer funktionalen Perspektive als Transitionsphase in einer noch-nicht-Position, d.h. im (erwachsen) Werden und nicht im (jugendlich) Sein betrachtet. Dieser Phase wird Vulnerabilität, Volatilität, ein Risiko sowie eine potenzielle Gefahr attestiert. Über die Differenzkategorie Alter wird Jugend folglich eine marginalisierte Position zugewiesen. Hierbei sind gewisse Jugendliche in der Öffentlichkeit besonders unsichtbar, werden dafür im öffentlichen Diskurs umso stärker als ,Problemgruppe’ der volatilen Transitionsphase Jugend verhandelt. Dabei spielen neben dem Alter, weitere soziale Differenzkategorien (wie Race, Class, Gender, Religion) eine zentrale Rolle. Im Beitrag möchten wir der Bedeutung dieser Ungleichheitsverhältnisse und damit verbundenen Differenzkategorien in marginalisierten Jugendgruppen nachgehen. Dabei basieren unsere Erkenntnisse und Überlegungen auf zwei ethnografischen Dissertationsprojekten. In diesen haben wir in je unterschiedlichen Feldern marginalisierter Jugendgruppen geforscht und dabei zum einen teilnehmende Beobachtungen und zum anderen biografisch-narrative Interviews mit einzelnen Teilnehmenden durchgeführt. Wir möchten nachvollziehen, wie die Jugendlichen Differenzkategorien aufnehmen, sie in Interaktionen mit ihren Peers und den Ethnografinnen hervorbringen, wie sie Selbst- und Fremdbezeichnungen aushandeln und wie sie versuchen, erfahrene Diskriminierungen zu benennen. Dabei wird ersichtlich, auf welche eigenwillige Weisen die Jugendlichen Fragen nach Essentialisierungen und der Rechtmässigkeit von Benennungen stellen, Zuschreibungen reproduzieren, diese selbst zu- wie auch zurückweisen. Die Artikulationen der Jugendlichen bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen Aufrufung und Entkräftigung von Differenz, worin eine gleichzeitige Suche nach Anerkennung und Distinktion erkannt werden kann. In diesen Prozessen der Aneignung, Aushandlung und Bearbeitung der sozialen Differenzkategorien werden Differenz und Dominanzverhältnisse transformiert und zugleich reproduziert. Dabei eröffnen sich für den Beitrag folgende Fragen: Welche (neuen) Formen der Selbstverortung und Vergemeinschaftung entstehen? Inwiefern stellen diese Jugendräume Transformationsräume dar und inwieweit lässt sich Marginalisierung überhaupt transformieren?



Classed Selves: Der Übergang in Klasse als Frage für die Jugendforschung

Maria Keil

Eberhard Karls Universität Tübingen, Deutschland

In Deutschland legt die ungleichheitsrelevante Übergangs- und Jugendforschung einen starken Fokus auf Interaktionen innerhalb von Familien und Schulen sowie auf soziale Mobilität und Arbeitsmarktintegration. Dabei zeigt die internationale Forschung, dass die soziale Herkunft auch für die Alltagswelt von jungen Menschen von Bedeutung ist und diese systematisch strukturiert (Threadgold 2018). Doch welche Rolle spielt Klasse in der Alltagswelt deutscher junger Menschen in der Großstadt, in welcher Form strukturiert sie Erfahrungen bereits vor dem Eintritt in den Arbeitsmarkt und wie nehmen diese ihre eigene soziale Position innerhalb der Gesellschaft wahr?

Diesen Fragen geht das Forschungsprojekt „Transitions into Social Class“ (2021-2025) nach. Im Rahmen einer ethnografischen und Interviewstudie mit 19 Jugendlichen im Alter von 16-29 Jahren, untersuche ich den Übergang in soziale Klasse als Übergang von der Schule in den Beruf und ins Erwachsenenalter im Spannungsfeld von Familie, Peers, Schule und Jugendhilfe. In Anlehnung an die relationale Soziologie von Pierre Bourdieu ist der Übergang in Klasse in Zeit und Raum eingebettet und wird entlang eines praktischen Sinns für die Welt, eines Gefühls der Zugehörigkeit, gesteuert (Bourdieu 1985, 1987). Classed selves formen sich demnach nicht erst beim Eintritt in den Arbeitsmarkt, und meine Studie gibt Aufschluss darüber, wie sich dieser Prozess in der Jugendphase konstituiert. Dabei zeigt sich, wie die soziale Herkunft sich mit anderen Ungleichheiten wie Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Religion und Gesundheit im Alltag junger Menschen überschneidet. Dies drückt sich in der Art und Weise aus, wie junge Menschen ihre Bildungsambitionen während des Übergangs aufrechterhalten oder adaptieren, wie sie Krisenmomente bewältigen und wie sie mit Diskriminierung und Gewalt umgehen. Eine relationale und intersektionale Forschungsperspektive eröffnet zudem den Blick auf affektive, räumliche und temporale Dimensionen sozialer Ungleichheit in der Lebenswelt junger Menschen, die im Vortrag ausgeführt werden sollen. Untersucht werden kann mit dieser Perspektive einerseits, wie soziale Ungleichheiten den Übergang von der Schule in den Beruf strukturieren und andererseits, wie der Übergang in Klasse und die eigene soziale Positionierung von jungen Menschen selbst hervorgebracht wird.



Permanente Transitionen? Geflüchtete und migrierte Jugendliche in Hilfen zur Erziehung zwischen biographischer Bearbeitung und pädagogischer Adressierung

Luisa Burgmer, Ulrike Deppe, Jost Eisenmenger, Susanne Siebholz

Technische Universität Chemnitz, Deutschland

Im Fokus des Beitrags stehen geflüchtete und migrierte Jugendliche in Hilfen zur Erziehung und damit Jugendliche, die in mehrfacher Hinsicht eine Vervielfältigung von Übergängen im Jugendalter erfahren: Sowohl insgesamt im Lebenslauf als auch speziell im deutschen Bildungs- und Hilfesystem erleben Jugendliche mit Migrations- und Fluchterfahrungen, aber auch Jugendliche, die durch eine Hilfe zur Erziehung (HzE) vom Jugendamt betreut werden, eine Vielzahl an Übergängen (für HzE Kliche/Täubig 2019, Siebholz 2023; für Migration u.a. Homuth et al. 2020, SVR 2025), nicht zuletzt auch in Vorbereitungs- oder Deutsch-als-Zweitsprache-Klassen (VK- bzw. DaZ-Klassen) (Reinhardt & Becker 2022). Mit Blick auf den standardisierten Übergang in das System segregierter Bildungsgänge in der Sekundarstufe zeigt sich gleichzeitig, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationserfahrung sowie Jugendliche, die HzE erhalten, stark bildungsbenachteiligt sind (SVR 2025; Harbusch et al. 2018). Im Beitrag wird daher der Blick auf die mit Migration und HzE einhergehenden Übergänge von Jugendlichen gerichtet und im Spiegel empirischer Befunde nach deren Bedeutung für die Jugendphase gefragt. Dafür werden ausgewählte empirische Ergebnisse aus dem vom BMBF und ESF+ geförderten Projekt „Integration durch Bildung für immigrierte und geflüchtete Jugendliche in den Hilfen zur Erziehung“ herangezogen. Im ersten Teil des Beitrags stehen die immigrierten und geflüchteten Jugendlichen in HzE mit ihren biografischen Selbstthematisierungen im Zentrum. Der zweite Teil fokussiert Angebote der Kinder- und Jugendhilfe und ihre Akteure, die u.a. dazu beitragen sollen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen (SGB VIII) und junge Menschen bei der Bewältigung von Übergängen zu unterstützen (Zeller & Köngeter 2013). Im Zusammenspiel dieser beiden Perspektiven geht es insgesamt um das Verstehen, in welcher Weise lebenslauf- und bildungsbezogene Übergänge von migrierten Jugendlichen selbst erlebt und thematisiert sowie, wie sie von pädagogischen Akteur*innen gerahmt und gestaltet werden. Die Befunde werden unter der Frage diskutiert, welche impliziten normativen Ansprüche und Erwartungen an mehrfach übergangserfahrene Jugendliche sowie an deren Jugendphase herausgearbeitet werden können.



Zwischen Zugehörigkeit und Aushandlung: Überlegungen zur Legitimierung von Geschlechterwissen bei religiösen Jugendlichen

Anike Krämer

TU Dortmund, Deutschland

Jugendliche sehen sich im Kontext gesellschaftlicher Transformationen zunehmend widersprüchlichen Anforderungen an ihre Lebensführung und Selbstverortung ausgesetzt. Jugend ist dabei geprägt von Zugehörigkeit und Aushandlung, von Ablösung und Individuation bezüglich Familie, Freundschaften, Liebe, Lebensentwürfen uvm. In diesen Spannungsfeldern entfalten Religion und Geschlecht eine ambivalente Wirksamkeit: Einerseits bieten sie normative Orientierung und kollektive Zugehörigkeit, andererseits können sie Übergänge verkomplizieren – insbesondere dann, wenn die alltagsweltlichen Deutungsmuster in Spannung zwischen säkularen und religiösen Wissensbezügen liegen.

Der Beitrag geht der Frage nach, wie die Legitimierung von Geschlechterwissen (Wetterer) bei religiösen Jugendlichen ausgestaltet sein kann. Ausgangspunkt sind erste theoretische Überlegungen im Rahmen eines Forschungsprojekts, das das Zusammenspiel von doing religion, doing gender und Jugend aus wissenssoziologischer Perspektive in den Blick nimmt. Im Zentrum steht die Frage, wie Geschlecht und Religion auf unterschiedliche Weise ambivalente Wirksamkeit entfaltet. Diese wird dann im Kontext von Legitimierung im Sinne Berger/Luckmanns (kritisch) diskutiert. Die Bezugnahme auf die wissenssoziologische Deutung sozialer Wirklichkeit ermöglicht es, Religion und Geschlecht nicht nur als soziale Kategorien, sondern als sinnstiftende Praktiken in spezifischen sozialen Feldern zu fassen.

Der Beitrag zielt auf eine konzeptionelle Öffnung eines bislang wenig beleuchteten Feldes. Er plädiert dafür, Jugend nicht nur als biografische Phase, sondern als sozialen Möglichkeitsraum der Sinnproduktion zu denken – in dem religiöse und geschlechtliche Wissensordnungen sowohl reproduziert als auch transformiert werden, aber eben auch legitimiert werden müssen. Der Beitrag leistet einen theoretisch reflektierten Impuls für eine jugendsoziologische Forschung, die Jugendliche als Akteure innerhalb gesellschaftlicher Verhältnisse sieht, die religiös und säkular geprägt sind.



 
Impressum · Kontaktadresse:
Datenschutzerklärung · Veranstaltung: DGS Kongress 2025
Conference Software: ConfTool Pro 2.8.106+TC+CC
© 2001–2025 by Dr. H. Weinreich, Hamburg, Germany