Veranstaltungsprogramm

Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung.
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Sitzungsübersicht
Sitzung
Sek2: Sektion Alter(n) und Gesellschaft: "Transformationen des Alters: Alterskategorien, Altersgrenzen und Altersnormen im sozialen und kulturellen Wandel"
Zeit:
Dienstag, 23.09.2025:
14:15 - 17:00

Chair der Sitzung: Ludwig Amrhein, Universität Vechta
Chair der Sitzung: Julia Simonson, Deutsches Zentrum für Altersfragen (DZA)
Chair der Sitzung: Claudia Vogel, Hochschule Neubrandenburg
Sitzungsthemen:
Meine Vortragssprache ist Deutsch., Meine Vortragssprache ist Englisch.

Zusammenfassung der Sitzung

Der Vortrag "The effect of selecting old age dead lines - Redefining aged societies?" wird auf Englisch gehalten. Alle anderen Vorträge der Veranstaltung sind auf Deutsch.


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Präsentationen

"Man ist immer der Alte oder der Junge für irgend jemanden". Zur sozialen Funktion von Alterskategorien, Altersgrenzen und Altersnormen aus Sicht einer bourdieuschen Gerontologie.

Ludwig Amrhein

Universität Vechta, Deutschland

In seinem Beitrag "Jugend ist nur ein Wort", der im Interviewband "Soziologische Fragen" von 1993 abgedruckt ist, verweist Pierre Bourdieu darauf, dass Altersgrenzen und Altersnormen variable (und damit relativ willkürliche) soziale Konstruktionen sind, mit denen distinkte Altersgruppen und Generationen sozial konstituiert werden. In meinem Vortrag baue ich auf diesen Grundgedanken auf und präsentiere über Bourdieu hinausgehende Überlegungen zum sozialontologischen Status und zur sozialen Funktion der sozialen Kategorie Alter einschließlich der davon abgeleiteten Kategorien des Alterns und der Generationen. Hierbei verstehe ich „Alter“ als symbolisches Mittel zur feldspezifischen Inklusion und Exklusion von Menschen, „Altern“ als lebenslangen Prozess der Öffnung und Schließung von Lebenschancen und „Generationen“ als sozial konstruierte Gruppen benachbarter Alterskohorten, die um den Zugang zu Ressourcen und sozialen Positionen konkurrieren. In diesem Kontext soll auch exemplarisch danach gefragt werden, welche feldspezifischen Grenzziehungen und Normierungen über diese Alterskategorien verwirklicht werden und welche intersektionalen Wechselwirkungen dabei zu beobachten sind.



Die soziale Praxis der Altersgrenzen am Beispiel des Notarberufs

Harald Künemund1, Claudia Vogel2

1Universität Vechta, Deutschland; 2Hochschule Neubrandenburg, Deutschland

Altersgrenzen geraten immer häufiger in die Kritik – sie seien Altersdiskriminierung, exkludieren Personengruppen z.B. von wichtigen politischen Entscheidungen oder stehen individuellen Plänen etwa zu längerer Erwerbstätigkeit im Wege. Dennoch kommen auch immer wieder Rufe nach neuen Altersgrenzen – etwa nach Mindestaltersgrenzen für den Zugang zu Social Media oder nach Höchstaltersgrenzen für das Führen von Fahrzeugen. Und auch in der Wissenschaft scheinen Altersgrenzen je nach disziplinärer Perspektive überflüssig oder sinnvoll, wie sich gut am aktuellen Fall der notariellen Tätigkeit zeigen lässt, der derzeit vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt wird: Ein Notar hat bis zur letzten Instanz gegen eine Altersgrenze von 70 Jahren in diesem Tätigkeitsfeld geklagt. Aus der Psychologie des Alters war zu vernehmen, eine solche Altersgrenze lasse sich nicht rechtfertigen, während aus der Soziologie auch Argumente für die Beibehaltung von solchen Altersgrenzen formuliert wurden.

Der Beitrag diskutiert solche Argumente aus vorherigen empirischen und theoretischen Arbeiten und prüft diese anhand der Dokumente zur Diskussion dieses Falles. Dabei lassen sich die Argumente für und wider Altersgrenzen bzw. Funktionen von Altersgrenzen – z.B. Schutz von Individuen oder Personengruppen – und Konsequenzen von Altersgrenzen – etwa Gleichbehandlung im Lebenslauf – an diesem konkreten Fall durchdeklinieren, so dass daraus ein allgemeiner theoretischer Rahmen für die Beurteilung von Altersgrenzen entstehen kann.



Langlebigkeit. Zur Transformation von individueller Altersmessung und gesellschaftlichem Altersverständnis

Frederik Peper, Nico Wettmann, Nicole Zillien

Universität Koblenz, Deutschland

Unter dem Schlagwort „Longevity“ (dt. Langlebigkeit) werden sowohl biowissenschaftliche Möglichkeiten zur Lebenszeitverlängerung als auch gesellschaftliche Folgen einer steigenden Lebenserwartung diskutiert. Dabei stellen biowissenschaftliche Ansätze die biologische Notwendigkeit des Alterungsprozesses infrage und zielen auf dessen Verlangsamung. So zeigt sich in Tierversuchen zeigt etwa, dass sich sowohl Lebenserwartung als auch gesunde Lebenszeit durch gezielte Maßnahmen steigern lassen. Eng damit verknüpft ist die Unterscheidung zwischen chronologischem und biologischem Alter: Während ersteres die Lebenszeit kalendarisch misst, beschreibt letzteres den physiologischen Zustand des Körpers. Dieser lässt sich mithilfe biologischer Alterstests und Biomarker wie DNA-Methylierung oder Telomerlänge erfassen, was neue Handlungsräume zur Gestaltung des Alterungsprozesses eröffnet. Beim sogenannten „Longevity Hacking“ – der individuellen, auf wissenschaftlich-technischen Maßnahmen basierenden Praxis zur Steigerung der eigenen Langlebigkeit – werden die biologischen Alterstests dann als Anhaltspunkt für den Erfolg oder Misserfolg der laufenden Verjüngungsprogramme angesehen.

Unser Beitrag beleuchtet aus soziologischer Perspektive sowohl Alltagspraktiken der sogenannten „Longevitists“ als auch die öffentliche Debatte um eine langlebige Gesellschaft. Dabei zeigen wir, wie expertisierte Laien in selbstexperimenteller Manier ihren Alterungsprozess zu beeinflussen suchen – etwa durch Diäten, regenerative Medikamente, Stammzelltherapien oder Bluttransfusionen. Daneben diskutieren wir, inwiefern eine „longevity society“ (Scott 2021) neue Herausforderungen mit sich bringt. So wird in öffentlichen Debatten für die langlebige Gesellschaft beispielsweise hinsichtlich der Bildungs- oder Rentenpolitik, der Gesundheitsversorgung oder des intergenerationellen Miteinanders von weitreichenden Transformationen ausgegangen. Insofern findet mit der Verbreitung des „Longevity“-Konzepts, das immer stärker auch in der deutschen Öffentlichkeit diskutiert wird, eine Transformation von individueller Altersmessung und gesellschaftlichem Altersverständnis statt, was in unserem Beitrag anschaulich aufgezeigt und soziologisch gedeutet werden soll.



Challenging age. Paradoxien von ‚Demenz im jüngeren Lebensalter‘ und deren sozial- kulturelles Transformationspotenzial

Sonja Teupen1, Nora Berner2

1Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE), Standort Witten, Deutschland; 2Universität Witten/Herdecke

Demenz und hohes Lebensalter sind diskursiv und institutionell eng verknüpft, bis dahin, dass Demenz als symbolischer Verweis auf das sog. dritte und vierte Lebensalter fungiert (Marhánková 2022). Die Vorstellung des Alterns ist dabei vielfach mit der Angst vor einer Demenzerkrankung assoziiert; ageism und dementia worry verstärken sich gegenseitig. Während höheres Lebensalter der bedeutendste Risikofaktor für Demenz ist, erkrankt ein kleiner Teil bereits vor dem 65. Lebensjahr. Dieses Phänomen der ‚Demenz im jüngeren Lebensalter‘ oder auch ‚Frühdemenz‘ rückt Individuen in ein Spannungsfeld zwischen numerischem Lebensalter, subjektivem Alter(n)sempfinden sowie Alter(n)srollen, -normen und -bildern.

Menschen mit Demenz im jüngeren Lebensalter und ihre Interaktionspartner*innen erleben die Erkrankung als unzeitgemäß. In sozialen Interaktionen kommt es zur Irritation altersbezogener sozialer Normen und Erwartungen sowie von Alter(n)svorstellungen. Auch in institutionellen Kontexten kommt es zu einer Nicht-Passung, da diese entweder auf Menschen ihres Alters ohne Demenz oder auf hochaltrige Menschen mit Demenz ausgelegt sind. Gleichzeitig stellt Demenz im jüngeren Lebensalter etablierte Alter(n)sbilder infrage, etwa das Ideal des successful ageing. Dennoch sehen sich Menschen mit Demenz im jüngeren Lebensalter vor der Herausforderung, ihren ‚verfrühten Lebensabend‘ zu gestalten – jenseits etablierter Normen und institutioneller Rahmungen.

Die daraus resultierenden individuellen und gesellschaftlichen Paradoxien bergen ein spezifisches sozial-kulturelles Transformationspotenzial, den Nexus Demenz––Hochaltrigkeit zu lockern. Ausgehend von Ergebnissen einer qualitativen Studie zu Stigmatisierungserfahrungen von Menschen mit Demenz im jüngeren Lebensalter und ihren Angehörigen (STELDA) wird dieses Potenzial der Dekonstruktion sozialer Konstruktionen des Alter(n)s ausgelotet und aufgezeigt, wie durch Sichtbarmachung von Differenz und Vielfalt neue, inklusive Alter(n)sbilder und institutionelle Rahmen möglich werden.



The effect of selecting old age dead lines - Redefining aged societies ?

Zsolt A. Spéder1,2, Lajos Bálint1,2

1Hungarian Demographic Resarch Institute, Ungarn; 2University of Pécs, Ungarn

To answer the questions ‘how aged are societies’ we introduce an additional concept and threshold for the transition to old aged. Our study utilizes the concept of subjective assessments, a method commonly applied in various social domains such as subjective health, and subjective material status (making ends meet, subjective poverty line). The Subjective Old Age Threshold (SOAT) is based on respondents' perceptions. The European Social Survey (2018) is used for determining the SOAT. Consequently, findings are compared with well-established prevalent ageing indicators offering new insights into ageing societies.

A total of 45,304 respondents from 30 countries provided answers to the question "At what age, approximately, do women/men reach old age?" collected by the ESS2018. Linear mixed-effects models estimated the subjective old age threshold. The findings revealed that gender, age, education, partner status, subjective health, and life satisfaction significantly increase the perceived old age threshold.

For the sake of comparison, the widely used ageing thresholds the proportion of 65+ and the proportion of aged according to Prospective Age were calculated from the Eurostat database in the same year. The three approaches delineated populations of different sizes. The population proportions of the subjective (SOAT) and prospective definitions were closer to each other.

There are significant differences in the shares of elderly populations based on conventional, life table-based (prospective), and subjective old age thresholds. Comparing European countries striking differences are observable. Examples of neighbouring country differences: In Austria, the proportion of women aged 65 and older is 20.9%, while in Hungary it is 22.6%. Based on the subjective old age threshold, the proportion of elderly women is 12.9% in Austria and 21.2% in Hungary. In Croatia, the proportion of women aged 65 and older is 23.2%, slightly different from that of Italian women (24.9%). However, based on subjective perception, the proportion of elderly women in Croatia is 26.0%, while in Italy it is lower (17.7%).

Taking people’s view into identifying the old age threshold leads to now insight into population ageing and challenges conventional views on aged societies. Further research is needed on the relevance of drawing the old age thresholds.



Freiwilliges Engagement im hohen Alter. Ab wann ist man «zu alt» dafür? Einblicke in eine qualitative Interviewstudie zu den «Kipppunkten» im freiwilligen Engagement hochaltriger Menschen in der Schweiz.

Mario Störkle, Simone Gretler Heusser

Hochschule Luzern - Soziale Arbeit, Schweiz

Der Beitrag stellt die Ergebnisse einer laufenden Studie ins Zentrum, die sich dem freiwilligen Engagement hochaltriger Menschen (80+) in der Schweiz widmet. In der Studie untersuchen wir, wie sich das freiwillige Engagement hochaltriger Menschen in Vereinen und Organisationen in städtischen und ländlichen Gemeinden darstellt. Dabei stehen Zugangswege zur Freiwilligenarbeit, Motivationsfaktoren sowie notwendige Rahmenbedingungen im Fokus. Besondere Aufmerksamkeit gilt den kritischen «Kipppunkten», die über Fortführung, allmählichen Rückzug oder Beendigung des Engagements im hohen Alter entscheiden. Erste Einblicke in die Daten zeigen, dass sich viele dieser Entscheidungen im Spannungsfeld von pauschalen Vorannahmen und Zuschreibungen von Vulnerabilität und individueller (Selbst-)Einschätzung bewegen, und dies sowohl bei den Organisationen als auch bei den Freiwilligen selbst.

Viele Forschungen und Projekte fokussieren im Kontext von freiwilligem Engagement auf die fitten, gut vernetzten «jungen Alten»; über die Potenziale, Chancen und auch Grenzen der Hochaltrigen liegen bisher nur wenige Erkenntnisse vor. Hochaltrige Menschen rücken dabei nicht selten aus dem Blick, nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch bei Freiwilligenorganisationen und Vereinen. Sie spielen allenfalls noch als «Empfangende» eine Rolle, werden jedoch weniger als Akteur:innen wahrgenommen. Dabei spielen häufig pauschale Vorannahmen zur sinkenden körperlichen und geistigen Belastbarkeit und gesteigerten Vulnerabilität eine Rolle.

Unsere Studie setzt hier an. Wir untersuchen, welche Voraussetzungen, Zugänge und Rahmenbedingen es braucht, um Freiwilligenarbeit im hohen Alter möglich zu machen und nachhaltig zu gestalten. Wir tragen mit dieser Studie zusammen, welche Erfahrungen in Vereinen und Freiwilligenorganisationen mit dem spezifischen Engagement hochaltriger Menschen gemacht wurden, wir lassen aber auch die freiwillig Engagierten als Akteur:innen selbst zu Wort kommen. Unsere Studie möchte einen Beitrag dazu leisten, pauschale Zuschreibungen von Vulnerabilität aufzudecken und zugleich für hochaltrige Freiwillige passende Rahmenbedingungen entwickeln, die sich eher an den individuellen Fähigkeiten, Kompetenzen und Wünschen orientieren als an pauschalen Zuschreibungen.



 
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