Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
AdH103: Wandel, Verläufe, Übergänge: Transitionen in filmischen Gesellschaften und Narrationen
Zeit:
Freitag, 26.09.2025:
9:00 - 11:45

Chair der Sitzung: Oliver Dimbath, Universität Koblenz
Chair der Sitzung: Carsten Heinze
Chair der Sitzung: Jan Weckwerth, Universität Göttingen
Sitzungsthemen:
Meine Vortragssprache ist Deutsch.

Zusammenfassung der Sitzung

Alle Vorträge der Veranstaltung werden auf Deutsch gehalten.


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Präsentationen

Transitionen in filmischen Gesellschaften und Narrationen

Oliver Dimbath1, Carsten Heinze2, Jan Weckwerth3

1Universität Koblenz; 2Universität Hamburg; 3Universität Göttingen

Als Quelle der empirischen Sozialforschung sowie als performatives Zeugnis aktueller wie akuter gesellschaftlicher Verfasstheiten erlangt der Film besondere Virulenz in Zeiten (abrupten) Wandels, in Zeiten zunehmender Krisen und Polarisierung, in denen etablierte Gewissheiten in Frage gestellt werden, aber noch nicht abgelöst wurden. In diesem einleitenden Vortrag stehen insbesondere zwei Perspektiven im Vordergrund, die eine Näherung an filmisch vermittelte Konzeptionen von Transition bieten: 1) Transitionen in filmischen Gesellschaften verhandeln Momente, Elemente und Ausprägungen gesellschaftlicher Übergänge und ihrer Auslöser. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob, inwiefern und in welcher Vehemenz aktuelle Transitionen von großer Reichweite filmisch aufgegriffen werden. Fungieren Filme mitunter gar als Vorboten von erst beginnendem Wandel oder schleichenden Veränderungsprozessen? 2) Transitive Narrationen fokussieren Wandlungen und Übergänge von Figuren innerhalb einer Narration – mit der hierfür vorgenommenen Eingrenzung, dass diese nicht nur auf die individuelle Entwicklung der Figur selbst abstellen, sondern zumindest metaphorisch auf eine Soziogenese verweisen.



Leben in den Ruinen der Industrialisierung. Das Anthropozän im Film

Markus Schroer

Philipps Universität Marburg, Deutschland

Der Film ist in mehrfacher Weise mit dem Begriff der Transition verbunden. Erstens lässt sich die Geschichte des Films anhand seiner T.en erzählen (vom Stumm- zum Tonfilm etwa). Zweitens nehmen sich Filme thematisch der Darstellung von T.en in den verschiedensten Ausprägungen explizit an (gesellschaftliche Umbrüche, Übergänge in Lebensverläufen usw.). In einem der ersten Filme überhaupt zeigen die Brüder Lumière wie Arbeiter die Fabrik verlassen - den Übergang von der Arbeit zur Freizeit. Drittens gibt es auch einen eher technischen Vorgang der T., da ein Film den Übergang von einem Bild zum anderen Bild bzw. von einer Szene zur anderen auf unterschiedliche Weise organisieren kann. So können fließende oder abrupte Übergänge zwischen den einzelnen Bildern bzw. Szenen geschaffen werden, aus denen zusammengenommen sich erst der Film ergibt. Spätestens im Schneideraum entsteht die Aufgabe zu entscheiden, welche Szene auf welche vorhergehende Szene folgen soll. Ganz konkret stellt sich dabei die Frage: Wie weiter? Was kommt als Nächstes? Eine Frage, die sich in einer Gegenwart, in der von Zeitenwenden, gravierenden Umbrüchen und sogar einem neuen Erdzeitalter (Anthropozän) gesprochen wird, gleichsam in größerem Maßstab ebenso stellt. Hier wie dort, mag es dabei auf die Kraft der Imagination ankommen, um über den Stillstand bzw. über bloße Stills (Standbilder) hinauszugelangen, indem Bewegung – als zentrale Kategorie des Films wie des Lebens – nicht verhindert, sondern zugelassen bzw. in Gang gesetzt wird. Der Film verfügt über die Möglichkeit, den Prozess des Werdens darzustellen. Dabei wird erkennbar, dass sich Übergänge nicht ohne Rückstände und Verzögerungen ereignen, es ebenso ersehnte wie verweigerte, vorgezeichnete wie überraschende Übergänge geben kann. Sind sie nicht vollzogen, erleben wir ein Verharren auf der Schwelle, in einem Zwischenzustand bzw. -raum, in dem sich das Neue noch nicht durchgesetzt hat und das Alte noch präsent ist. Dann ist etwa von Übergangsgesellschaften die Rede, die auch filmisch eingeholt werden. Die tiefe Verbundenheit des Films mit T.en verschiedenster Art soll anhand einiger filmischer Beispiele weiter erläutert werden. Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit Filmen, die die Umwandlung der Erde in Industrielandschaften zum Thema haben, was aktuell als Startschuss für den Beginn eines neuen Zeitalters, des Anthropozäns, angesehen wird.



Notizen vom Nachbarn: Transitionen im dokumentarischen Fernsehen Ende der 1960er Jahre

Sigrun Lehnert

Leuphana Universität Lüneburg, Deutschland

Die Fernsehreihe Notizen vom Nachbarn, konzipiert von Elmar Hügler und Dieter Ertel für den Süddeutschen Rundfunk, stellt ein experimentelles Format der 1960er Jahre dar, das durch den Verzicht auf Off-Kommentare und die Konzentration auf Alltagsbeobachtungen neue Wege dokumentarischen Erzählens ging. Die Filme Ein Tanzkurs (1969) und Eine Hochzeit (1969) bilden innerhalb der Reihe interessante Beispiele für gesellschaftliche Transitionen, wie sie im Medium Fernsehen verhandelt wurden.

Für den Film Ein Tanzkurs (1969) begleitete Elmar Hügler mit einem Kamerateam über 14 Wochen eine Gruppe von Oberschüler:innen während ihres Tanzkurses. In dokumentarischer Form zeigt der Film originale Szenen und Dialoge aus dem Kurs, dem familiären Umfeld, der Schule und der Freizeit. Ergänzt wird das Filmmaterial über z.B. Vorbereitungen auf den Abschlussball durch Unterrichtsausschnitte und Gespräche mit Eltern und Lehrkräften, in denen sich ein Widerspruch zeigt: Während die Jugendlichen im Tanzkurs traditionelle Umgangsformen praktizieren, artikulieren sie in anderen Kontexten Kritik an überholten gesellschaftlichen Konventionen.

Die TV-Dokumentation Eine Hochzeit (1969) schildert mit distanzierter Beobachtung den Verlauf der Vorbereitungen und die Prozesshaftigkeit einer Hochzeit des gehoben situierten Mittelstands. Der Film lenkt den Blick auf die Konventionen, Rituale und materielle Attribute, die ein solches Ereignis prägen. Dabei wird insbesondere der Wandel und die Anpassung der Braut an die bestehenden Konventionen beobachtet, die in ihrer Detailliertheit an Sozialsatire grenzt.

Im Zentrum des Vortrags steht somit die Analyse zweier Übergangsprozesse: Zum einen das Coming-of-Age einer Schulklasse im Rahmen eines Tanzkurses. Zum anderen der Transformationsprozess einer jungen Frau im Zuge ihrer Hochzeit, die exemplarisch Anpassungsleistungen an bürgerliche Repräsentationsmuster und materielle Symboliken sichtbar macht. Beide Filme verweisen auf den sich abzeichnenden Wertewandel der westdeutschen Gesellschaft in den 1960er Jahren.

Der Vortrag diskutiert, wie das dokumentarische Fernsehen als Seismograph sozialer Umbrüche fungieren kann – insbesondere durch seine spezifische Erzählweise, die auf Nähe, Alltäglichkeit und Unmittelbarkeit setzt.



intelligent exposition – Das Auftauchen von KI und Transitionserzählungen in modernen Filmen.

Robert Brumme

Universität Rostock, Deutschland

Nicht-menschliche, „intelligente“ Entitäten sind seit jeher Bestandteil filmischen Schaffens (Metropolis 1929, 2001: A Space Odyssey 1968). Dabei scheint sich die These vom Film als Reflektor gesellschaftlicher Relevanzen zu bestätigen. So treten seit der Jahrtausendwende Erzählungen, die Künstliche-Intelligenz-Systeme thematisieren, gehäuft auf (Matrix 1999, A.I. 2001, Minority Report 2002, I, Robot 2004). Dieser Trend hält an (Her (2013), Ex Machina (2014), The Creator (2023)) und führt – insbesondere seit der Veröffentlichung von ChatGPT – sowohl im Filmischen als auch im Realen zu einer Diskursintensivierung um die Fragen nach den Arten und Folgen des In-die-Welt-Tretens von als intelligent angenommenen Systemen.

Es sind diese Übergänge – von einer Welt vor und nach dem Auftreten von KI –, die filmisch gerne verhandelt werden, die aber zugleich auch soziologischer Betrachtung bedürfen. Filme fungieren dabei weniger als Frühwarnsysteme anstehender sozialer und technischer Entwicklungen, sondern eher als Seismographen gegenwärtiger gesellschaftlicher Sorgen, Ängste, Hoffnungen und Problemlagen, die sich aus den stattfindenden oder sich abzeichnenden Veränderungen ergeben. Transitionen als Ausbreitung von KI-Technologien werden in Filmen jedoch auf sehr unterschiedliche Art und Weise verhandelt.

Dieser Vortrag zielt darauf ab, filmischen Darstellungspraktiken der Transition von einer Welt ohne zu einer mit KI exemplarisch zu systematisieren. Filme werden dabei als Angebote von Transitionserzählungen von einem gesellschaftlichen Zustand in einen anderen verstanden. Die Ausgestaltung dieser Erzählungen ist dabei sehr unterschiedlich. Allen gemein ist jedoch – so verlangt es das filmische Handwerk –, dem Publikum die Unterschiedlichkeit der filmischen Welt zur gegenwärtigen Realität auf die eine oder andere Weise zu erklären: teilweise explizit mit genauen Beschreibungen des Wandels, stellenweise implizit durch latente Verweise, aber auch durch die bewusste Negation einer Verbindung vom Hier und Jetzt zur filmischen Realität. Doch Gesellschaft im Jetzt und Filme über alternative Zukünfte lassen immer auch Leerstellen im Dazwischen offen – Leerstellen, die imaginiert und gedeutet werden müssen. Das filmsoziologische Anliegen ist es, erste Ergebnisse der Analyse des Verhältnisses von Filmen zu diesen Leerstellen vorzustellen und zu diskutieren.



 
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