Eine Übersicht aller Sessions/Sitzungen dieser Veranstaltung. Bitte wählen Sie einen Ort oder ein Datum aus, um nur die betreffenden Sitzungen anzuzeigen. Wählen Sie eine Sitzung aus, um zur Detailanzeige zu gelangen.
AdH88: Transitionen im Spannungsfeld von Arbeitsmarkt, Sozialpolitik und migrantischen Praktiken
Zeit:
Freitag, 26.09.2025:
9:00 - 11:45
Chair der Sitzung: Margit Fauser, Ruhr-Universität Bochm Chair der Sitzung: Karolina Barglowski, University of Luxembourg
Sitzungsthemen:
Meine Vortragssprache ist Deutsch., Meine Vortragssprache ist Englisch.
Zusammenfassung der Sitzung
Die Vorträge "EU free movement and minimum social protection: the problems and politics of (not) bridging gaps", "Multiple Precarity in Urban and Transnational Social Spaces: The Realities of Marginalized East European Migrant Workers" und “From the Margins to the Core? Migrant Organizations and Service User Engagement in the Provision of Welfare in Germany” werden auf Englisch gehalten. Alle anderen Vorträge der Veranstaltung sind auf Deutsch.
Präsentationen
"Multiple Precarity in Urban and Transnational Social Spaces: The Realities of Marginalized East European Migrant Workers"
Thorsten Schlee1,2, Polina Manolova1,2
1UDE, Deutschland; 2DIFIS, Deutsches Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung
This presentation brings together data from two research projects: “Discrimination Beyond Categories,” which examines the living and working conditions of East European migrants in urban social spaces, and “Paradoxes of Fixity and Motion: Precarious Migrant Workers and Social Rights Conflicts in the EU,” which explores the implementation of social security systems in the EU in the context of a highly mobile and precarious migrant workforce.We highlight how intersecting mechanisms across the spheres of labor, social security access, and housing create multiple layers of precarity in segregated urban districts in Duisburg. The interplay between integration policy frameworks and administrative controls results in the legal disenfranchisement of migrants and further reinforces their precarious socio-economic position. At the same time, structural barriers to permanent and secure settlement in Germany push many East European migrants into transnational forms of existence. State institutions and EU social security coordination systems frequently fail to provide effective protection for precarious mobile workers and their families, leaving them reliant on informal and community based reproduction strategies.
EU free movement and minimum social protection: the problems and politics of (not) bridging gaps
Cecilia Bruzelius
University of Tübingen, Germany
EU citizens have the right move freely between EU member states, but they largely lack access to minimum social protection.This contributes to mobile EU citizens ending up in precarious work and destitution. While the EU has not resolved this dilemma, other unions and federations have. Drawing on historical and comparative research, this input addresses when and why minimum rights have been extended and scrutinises the recent EU recommendation on minimum income.
From the Margins to the Core? Migrant Organizations and Service User Engagement in the Provision of Welfare in Germany
Karolina Barglowski
University of Luxembourg, Luxembourg
In debates on welfare provision, service user engagement is increasingly seen as central to creating responsive, inclusive, and democratic social policies. However, migrants are often positioned solely as passive recipients of welfare services, rather than as engaged actors or producers of welfare themselves. This paper focuses on migrant organisations as sites of service user engagement and participatory welfare. Drawing on empirical findings from different research projects in Germany, I show how migrant organisations represent the needs of their communities, develop bottom-up responses to social exclusion, and build partnerships with public institutions. These organisations challenge dominant provider–user dichotomies by acting simultaneously as service users, intermediaries, and co-producers of social protection. While public discourse in Germany often centres on declining civic engagement, migrant organisations are expanding and diversifying, offering new forms of participation within the civil society tradition. Situating this analysis within the German context—where charitable and faith-based actors have historically played a central role in welfare delivery—I ask whether migrant organizations have moved from being peripheral actors to legitimate contributors in a more inclusive and participatory welfare regime.
Management von Unsicherheit: Zur Rolle privatwirtschaftlicher Unternehmen und Intermediäre bei der (Ent-)prekarisierung migrantisch geprägter Arbeitsmärkte
Karen Jaehrling
Institut Arbeit und Qualifikation, Deutschland
Die Forschung zu Migrationsregimen und -infrastrukturen hat die komplexe Taxonomie an staatlichen Regelungen, Akteuren und Praktiken beleuchtet, die transnationale Arbeitsmobilität steuert und hierarchisiert. Der vorliegende Beitrag befasst sich demgegenüber mit der Rationalität und den Strategien privater – zum Teil selbst migrantisch geführter – Intermediäre (z.B. Werkvertragsfirmen) und Einsatzfirmen in diesem institutionellen Rahmen und dem Einfluss von Produktionsregimen. Im Rückgriff auf wirtschaftssoziologische Ansätze und Arbeitsprozess-Theorie werden die Strategien dieser Akteure als Versuch verstanden, die Unbestimmtheit des Arbeitsprozesses zu verringern und Koordinationsprobleme bei der Rekrutierung, Qualifizierung, Einsatzsteuerung und Entlohnung in migrantisch geprägten Teilarbeitsmärkten mittels Kontrolle und Konsens zu lösen. Anhand empirischer Beispiele aus Logistik und Schiffbauindustrie werden ihre Wechselwirkungen mit individuellen und kollektiven Strategien der migrantischen Arbeitskräfte und ihre Effekte auf die (Ent-)prekarisierung von Erwerbsformen und Erwerbsverläufen analysiert.
Politiken der Prekarität – empirische Befunde zweier Studien zum Zugang zu Arbeit und Ausbildung von Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus
Karin Scherschel
Katholische Universität Eichstätt Ingolstadt, Deutschland
Betrachtet man Prekarität aus der Perspektive von Fluchtmigrant:innen, die einen ungewissen Aufenthaltsstatus haben, dann treten verschiedene Politiken zum Vorschein, die verwundbar machen statt zu schützen. Es handelt sich u.a. um aufenthaltsrechtliche, sozialpolitische, sicherheits- und genderpolitische Regulationen. Der Beitrag diskutiert am Beispiel zweier empirisch qualitativer Studien, Politiken der Prekarität und ihre unterschiedlichen sozialen Konsequenzen. Die erste Studie analysierte die Arbeitsmarktintegration von hochqualifizierten geflüchteten Frauen. Ihr aufenthaltsrechtlicher Status erschwert den Zugang zu Bildung und Arbeit erheblich, wenn er ihn nicht verunmöglicht. In der Regel sind es prekäre Beschäftigungsverhältnisse, wie Minijobs, Helfer:innentätigkeiten, Tätigkeiten im Niedriglohnsektor oder Ein-Euro-Jobs, die ihnen offenstehen. Die zweite Studie untersuchte den Zugang zu Ausbildung von jungen Menschen in Duldung. Ihre prekäre Lage zeigt, welche Konsequenzen es hat, wenn die Integration in Erwerbsarbeit mit der Chance auf eine Verfestigung des Aufenthalts verknüpft wird.
Soziale Sicherung across borders? Individualisiere Zugänge in transnationalen Arbeitsmärkten in der EU
Ingrid Jungwirth, Marius Glassner
Hochschule Rhein-Waal, Deutschland
Transnationale Arbeitsmärkte sind in Sektoren wie der Fleischwirtschaft und der Landwirtschaft in der EU inzwischen etabliert. Kennzeichen dieser Beschäftigungsverhältnisse sind, neben physisch anstrengenden Tätigkeiten, Befristung und ein eingeschränkter Zugang zu Arbeitsrechten und sozialen Sicherungssystemen. In Grenzregionen wie der Euregio Rhein-Waal kommt es zudem zu einer weiteren Unterschichtung dieses Arbeitsmarkts durch die teilweise Unterminierung von Regulierungen auf nationalstaatlicher Ebene in Verbindung mit der supranationalen Ebene. U. a. die Reduktion von sozialen Versicherungsleistungen macht es für Betriebe in der Fleischwirtschaft und in der Landwirtschaft attraktiv, Arbeitsmigrant*innen zu beschäftigen.
Auf der individuellen Ebene zeigt unsere Untersuchung teilweise große Unterschiede. Manche Arbeitsmigrant*innen haben sich in der transnationalen Mobilität eingerichtet – häufig auch um den Preis, Ansprüche auf soziale Leistungen nicht umsetzen zu können. Andere nehmen die hochprekären Beschäftigungsverhältnisse zum Ausgangspunkt für eine längerfristige Migration verbunden mit Plänen für eine Weiterqualifizierung.
Ein weiteres Kennzeichen dieser Arbeitsmärkte sind demnach individualisierte Zugänge zu sozialen Sicherungssystemen für mobile Arbeiter*innen in der EU. Die nationalstaatlich organisierten sozialen Sicherungssysteme tragen häufig zu einem Ausschluss von transnationalen Arbeitsmigrant*innen von der Dekommodifizierung sozialer Leistungen bei.