Veranstaltungsprogramm

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Sitzungsübersicht
Sitzung
AdH68: Quo vadis Befristung in der Wissenschaft? Historische Kontingenzen, strukturelle Faktoren, organisationale Interessen und professionelle Perspektiven
Zeit:
Freitag, 26.09.2025:
9:00 - 11:45

Chair der Sitzung: Roland Bloch, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Chair der Sitzung: Anne K. Krüger, Weizenbaum-Institut
Sitzungsthemen:
Meine Vortragssprache ist Deutsch.

Zusammenfassung der Sitzung

Alle Vorträge der Veranstaltung werden auf Deutsch gehalten.


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Präsentationen

Department ante portas? Ein Werkstattbericht

Julian Hamann

Humboldt-Universität zu Berlin, Deutschland

Der Beitrag berichtet aus der hochschulpolitischen Praxis, wie Diskussionen über die Einführung von Departmentstrukturen an Instituten angestoßen werden (können), wie sie ablaufen und geführt werden (können), welche konfligierenden Interessen auftauchen und wie sie moderiert werden (können). Diese Fragen sind sehr standortspezifisch. Dennoch soll der vorsichtige Versuch unternommen werden, verschiedene Aspekte herauszuarbeiten, die auch für die hochschulpolitische Praxis an anderen Standorten gelten könnten: Welche ganz unterschiedlichen Interessen haben verschiedene hochschulpolitische Akteure an der Einführung von Departmentstrukturen? Was sind die vielfältigen Gegenargumente und auch Sorgen, die von verschiedenen Seiten gegen Departmentstrukturen geäußert werden? Was sind Formate, mit denen man diese Gruppen an einen Tisch bringen kann? Und erst in der Praxis stellt sich ganz konkret die Frage: Was genau ist eigentlich ein "Department"?



Die historische Entwicklung von befristeter Beschäftigung zum Normalarbeitsverhältnis in der Wissenschaft

Roland Bloch

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland

Die Personalstruktur im deutschen Wissenschaftssystem ist zweigeteilt: Auf der einen Seite gibt es unbefristete Professor:innen, auf der anderen Seite befristete Qualifikant:innen, zumeist in der Kategorie der wissenschaftlichen Mitarbeiter:in. Erst wenn die Qualifizierung abgeschlossen ist, kann, so die Vorstellung, eine unbefristete Beschäftigung erfolgen. So lange sich mit der erfolgreichen Qualifizierung die realistische Aussicht auf eine Dauerstelle – also innerhalb der vorherrschenden Personalstruktur auf eine Professur – verband, erschien diese Personalstruktur und die in ihr zum Ausdruck kommende Vorstellung einer akademischen Karriere, die allein auf das Erreichen einer Professur bezogen ist, als legitim. Seit einigen Jahrzehnten hat sich das Verhältnis zwischen Professuren und Qualifikant:innen aber immer mehr verschlechtert: Es gibt wesentlich mehr Qualifizierte als zur Verfügung stehende Professuren. Es werden also viel mehr Qualifikant:innen befristet beschäftigt als tatsächlich für die Besetzung unbefristeter Positionen benötigt werden. Zwar gibt es auch unbefristete Positionen neben der Professur, doch ist unklar, wie man auf diese gelangt. In der Konsequenz wird der Verbleib im Wissenschaftssystem weitgehend vom erfolgreichen Abschluss der Qualifizierung entkoppelt. Gerade weil es keine legitime Alternative zur Professur gibt, ist die befristete Beschäftigung nicht nur quantitativ, sondern auch kulturell zum Normalarbeitsverhältnis in der Wissenschaft geworden. Der Beitrag zeichnet historisch anhand von Personaldaten und Diskussionsbeiträgen hochschulpolitischer Akteure (z.B. Westdeutsche Rektorenkonferenz, Wissenschaftsrat) nach, wie dieses Normalarbeitsverhältnis seit den 1950er Jahren erst im westdeutschen und später dann im gesamtdeutschen Wissenschaftssystem strukturell verankert und diskursiv legitimiert wurde. Jenseits bekannter Legitimationsfiguren wird danach gefragt, unter welchen Voraussetzungen ein aktuell auch hochschulpolitisch erwünschter Kulturwandel hin zu unbefristeter Beschäftigung als Normalarbeitsverhältnis in der Wissenschaft – wie es in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes ebenso wie der Wirtschaft längst Normalität ist – gelingen kann.



Modelle für nachhaltige Personalstrukturen an Soziologieinstituten

Mathias Kuhnt

Technische Universität Dresden, Deutschland

Die Diskussion über eine Begrenzung des Anteils befristeter wissenschaftlicher Mitarbeiter:innen in der deutschen Wissenschaft reicht bereits Jahrzehnte zurück. Doch sowohl Bundes- und Landesgesetzgeber als auch die Hochschulen tun sich schwer, substanzielle Reformen umzusetzen. Ministerien räumen einerseits Probleme hoher Befristungszahlen ein, teilen andererseits aber auch einige Argumente, die die Reformen bisher behindert haben. Einige dieser Argumente haben ihre Anziehungskraft verloren, wie z.B. die Notwendigkeit eines hohen Durchsatzes neuen Personals, um ständig neue Ideen zu entwickeln. Andere sind weiterhin verbreitet. Auch wenn es nicht mehr en vogue ist, von einer „Verstopfung“ des akademischen Systems zu sprechen, ist dieses Argument - unter dem neuen Deckmantel der Sicherung von Chancen für den Nachwuchs - in den Diskussionen noch immer allgegenwärtig. Zu viele unbefristete Verträge sollen es jungen Akademiker:innen unmöglich machen, nach der Promotion eine Anstellung im Wissenschaftsbetrieb zu finden. Interessanterweise teilen die Promovierenden selbst diese Bedenken nicht und befürworten eher die Schaffung von Dauerstellen für Promovierte. Ein ähnliches Argument gegen die Schaffung verlässlicherer Perspektiven und Arbeitsplatzsicherheit ist, dass ein solches System zu teuer wäre und folglich zu viele Menschen von einer Tätigkeit in der Wissenschaft ausschließen würde. Diese Argumente gegen die Schaffung einer nachhaltigeren Beschäftigungsstruktur an deutschen Hochschulen sind nie bewiesen worden. Schon gar nicht wurden sie gegen die Schattenseiten einer solchen Politik abgewogen: Eingriff in die Rechte der Beschäftigten, Abwanderung von Fachkräften, Effizienzverluste, Qualitätsprobleme, Anreize für Betrug oder Machtmissbrauch, um nur einige zu nennen.

Unsere Modellrechnungen zeigen auch für ein repräsentatives Soziologieinstitut, dass Karriereentscheidungen frühzeitig ermöglicht werden können, ohne dass Budgets oder Lehrverpflichtungen verändert werden müssen und dass das Argument einer „Verstopfung“ von Stellen nicht stichhaltig ist. Junge Wissenschaftler:innen haben auch in unserem reformierten System die Möglichkeit, eine Karriere zu beginnen, während die Gesamtzahl der Beschäftigten nahezu konstant gehalten werden kann.



Unbefristete Beschäftigung und die soziologische Profession

Tilman Reitz

Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland

Soziologie zählt zu den Fächern, in denen man akademische Befristung oft mit einem Überangebot qualifizierter Arbeitskräfte und einer Knappheit sonstiger Beschäftigungschancen motiviert. Die Lage mag nicht so dramatisch sein wie in der Philosophie oder in Philologien, aber wo, wenn nicht an Hochschulen sollten Soziolog*innen ihre Kompetenzen voll einsetzen können - und bieten alternative Berufsfelder wie Marktforschung oder Politikberatung wirklich hinreichend alternative Möglichkeiten? Zudem scheint die Logik des Projekts, die befristete Beschäftigung vielerorts trägt, von der Disziplin bereitwillig aufgenommen worden zu sein. Vor diesem Hintergrund umreißt mein Beitrag zwei Überlegungen zum Normalarbeitsverhältnis in der soziologischen Profession: Zum einen scheint es angesichts neuer informationstechnischer Organisationsmöglichkeiten und bedrohter politischer Vernunft dringend geboten, soziologische Kompetenzen für die nichtakademische Welt auszubilden; zum anderen haben die Logiken von Projekt und Befristung die professionellen Standards des Fachs entschieden beeinträchtigt. Der Beitrag entwirft vor diesem Hintergrund Leitlinien für Soziologie als Beruf - wobei auch kritische Beobachtungen und normative Positionierungen eine Rolle spielen werden.



Zum Zusammenhang von Qualifizierung und Befristung an Universitäten

Freya Gassmann1, Roland Bloch2

1RPTU Rheinland-Pfälzische Technische Universität, Deutschland; 2Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen haben durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) die Möglichkeit, wissenschaftliches Personal befristet über die allgemeinen Regelungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes hinaus zu beschäftigen. Dies ist zulässig, wenn „die befristete Beschäftigung zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung erfolgt“ (WissZeitVG §2, Abs. 1) oder wenn „Beschäftigung überwiegend aus Mitteln Dritter finanziert wird“ (WissZeitVG §2, Abs. 2). In der öffentlichen und politischen Diskussion steht dabei häufig die Möglichkeit zur Promotion im Mittelpunkt. Allerdings gilt rein rechtlich „auch da, wo üblicherweise im ersten Teil der Qualifizierungsphase eine Promotion angestrebt wird, war es weder bislang so, noch ist dies für die Zukunft gewollt, dass das Anstreben einer Promotion als obligatorisches Element der wissenschaftlichen Qualifizierung festgeschrieben wird“ (Deutscher Bundestag 2015: 10).

Deskriptive Analysen zeigen eine zunehmende Entkopplung zwischen der Zahl abgeschlossener Promotionen und der Anzahl wissenschaftlicher Mitarbeitender an Universitäten. Zwar findet sich in beiden Fällen eine Steigerung, allerdings fällt diese bei der Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeitenden deutlich höher aus als bei den erfolgten Promotionen. Auf der anderen Seite belegen Analysen, dass an Universitäten mit einem höheren Anteil befristeter Beschäftigungsverhältnisse mehr Promotionen abgeschlossen werden.

Bislang fehlten detaillierte Beschäftigtenzahlen wissenschaftlicher Einrichtungen, um den Zusammenhang zwischen Befristung und Art der Beschäftigung vertiefend zu untersuchen. Die Grundlage der vorliegenden Analyse bildet eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts, die Daten über den höchsten akademischen Grad sowie die Art der Beschäftigung an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen für den Zeitraum von 2000 bis 2022 enthält. Ziel der Analyse ist es, die Befristung wissenschaftlicher Beschäftigungsverhältnisse differenziert nach Geschlecht und höchstem akademischem Grad darzustellen sowie zu untersuchen, ob es Unterschiede zwischen den Fachrichtungen gibt. Auf dieser empirischen Grundlage wird danach gefragt, ob es einen systematischen Zusammenhang zwischen Qualifizierung und Befristung gibt.

Deutscher Bundestag 2015: Drucksache 18/6489 vom 28. Oktober 2015



 
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