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AdH20: Die Hybridisierung von Arbeitskonstellationen als Transition in der Arbeitswelt
Zeit:
Mittwoch, 24.09.2025:
9:00 - 11:45
Chair der Sitzung: Guido Becke, Universität Bremen Chair der Sitzung: Frank Kleemann, Universität Duisburg-Essen
Sitzungsthemen:
Meine Vortragssprache ist Deutsch.
Zusammenfassung der Sitzung
Alle Vorträge der Veranstaltung werden auf Deutsch gehalten.
Präsentationen
(Keine) Transition von Geschlechterarrangements durch orts- und zeitflexible Arbeitskonzepte
Tanja Carstensen
TU Chemnitz, Deutschland
Bereits die frühen Formen von Telearbeit waren mit Hoffnungen auf eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbunden. Mittlerweile haben zahlreiche empirische Studien zu ortflexibler Arbeit und Homeoffice immer wieder empirisch gezeigt, dass Beschäftigte, die einen Teil ihrer Erwerbsarbeit von zuhause erledigen (dürfen), die gewonnene Zeitsouveränität in der Tat positiv erleben und dass die Vereinbarkeit der unterschiedlichen Anforderungen aus Erwerbsarbeit und unbezahlter Care-Aufgaben besser gelingt. Zugleich war und ist das Arbeiten im Homeoffice aus Geschlechterperspektiven ambivalent: Autonomiegewinne gingen und gehen häufig mit (unsichtbarer) Mehrarbeit und Tendenzen zur Selbstgefährdung einher. Darüber hinaus zeigten qualitative wie quantitative Studien bereits vor der Corona-Pandemie, dass eine erlebte bessere Vereinbarkeit nicht unbedingt mit einem Abbau von Geschlechterungleichheiten einhergeht, sondern eher Ausdruck einer digital ermöglichten effizienten Alltagsoptimierung (von Frauen) ist. Während der Pandemie kam es, neben der vielfach untersuchten Mehrbelastung durch geschlossene Kinderbetreuungseinrichtungen und damit verbundenen Re-Traditionalisierungsprozessen, zu einer neuen digitalen Sichtbarkeit von Care-Arbeit; die Anforderungen des Privaten wurden stärker als vorher in betriebliche Kontexte hineingetragen. Das Verhältnis von Erwerbs- und Reproduktionsarbeit dynamisiert sich somit offensichtlich mit hybriden Arbeitskonzepten auf komplexe Weise. Aktuell beobachten wir deutlich veränderte Ansprüche an die Wahl des Arbeitsortes und unterschiedlich geführte Aushandlungsprozesse, wo in Zukunft gearbeitet werden soll, welches Verhältnis von Homeoffice und Präsenzzeit wünschenswert ist und wie digitale Zusammenarbeit gelingen kann. Der Vortrag widmet sich der Frage, inwiefern hybride Arbeitskonstellationen mit Verschiebungen oder Verfestigungen im Verhältnis von Erwerbs- und Reproduktionsarbeit und damit verbundenen Neuordnungen der Geschlechterarrangements verbunden sind. Empirische Grundlage sind qualitative Interviews, die zeigen, wie Beschäftigte zwischen Erwerbsarbeit und Sorgearbeit und räumlichen Wechseln zwischen Büro und Zuhause versuchen, den verschiedenen Anforderungen gerecht zu werden und inwiefern sich geschlechterungleiche Arbeitsteilungen dabei (nicht) verändern.
Regulierung und Aushandlung kontingenter Transitionsprozesse in hybriden Arbeitsformen
Thomas Haipeter
Universität Duisburg-Essen, Deutschland
Im Fokus des Beitrags stehen betriebliche Regulierungspraxen sowie damit verbundene Aushandlungsprozesse. Unterschiedliche Entwicklungsrichtungen sind möglich in der Bandbreite von Versuchen einer weitgehenden Re-Etablierung vorpandemischer Arbeitsverhältnisse bis hin zu einer gezielten Gestaltung hin zu einem ,New Normal‘ digital gerahmter hybrider Arbeit. Hierbei sollen insbesondere tarifpolitische und betriebliche Regulierungen fokussiert werden.
Transitionen der Arbeitskooperation in hybriden Team-Konstellationen
Timo Leontaris
Universität Duisburg-Essen, Deutschland
Seit der Corona-Pandemie hat sich das Arbeiten im Homeoffice als eine weitgehend gängige Arbeitsform etabliert. Hybride Arbeitsmodelle, bei denen Teams oder Abteilungen abwechselnd vor Ort im Unternehmen und remote tätig sind, entwickeln sich zunehmend zur neuen Normalität in der Organisation von Wissens- und Büroarbeit.
Eine besondere arbeitsbezogene Herausforderung hybriden Arbeitens stellt die Kooperation auf Teamebene dar. Obwohl sich das hybride Arbeiten seit der Pandemie zunehmend etabliert hat, sind sowohl die Aushandlungsprozesse auf dem Weg zu einer Gestaltung hybrider Teamarbeit als auch die Kooperation von Teams innerhalb dieser neuen hybriden Arbeitsweise noch wenig beforscht. Bisherige Untersuchungen beschränken sich entweder auf virtuelle Teams, die eher projektförmig und rein virtualisiert arbeiten oder adressieren individuelle Auswirkungen von Homeoffice und hybrider Arbeit bspw. mit Fokus auf Gesundheit oder Arbeitszufriedenheit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Der Beitrag thematisiert anhand von Teamfallstudien Aushandlungsprozesse in hybriden Arbeitskonstellationen, um anschließend die Frage zu adressieren, welche Folgen sich aus Rekonfigurationen der Zusammenarbeit für die Kooperationspraxis ergeben. Empirische Grundlage des Beitrags bilden Interviews und ethnografische Beobachtungen aus Teamfallstudien, die im Rahmen des von der Hans Böckler Stiftung geförderten Projekts „Kooperationspraxis in virtualisierten Arbeitszusammenhängen“ durchgeführt wurden. Im Fokus der Fallstudien steht jeweils die Zusammenarbeit von Teams, die in wechselnden Konstellationen hybrid und kopräsent stattfindet.
Transitionsprozesse betrieblicher Sozialität durch orts- und zeitflexible Arbeitskonzepte
Ilana Nussbaum Bitran, Guido Becke
iaw, Universität Bremen, Deutschland
Orts- und zeitflexible Arbeitskonzepte kombinieren in unterschiedlichen Anteilen Aufgaben, die vom Arbeitsplatz und von anderen geografischen Orten aus erledigt werden, und nutzen hierzu digitale Technologien. Die Möglichkeit, an verschiedenen Orten und mit zeitlicher Flexibilität zu arbeiten, beeinflusst die betrieblichen Sozialbeziehungen. Der persönliche Kontakt zwischen Kolleg:innen sowie zwischen Führungskräften und Arbeitnehmer:innen nimmt ab, während die virtuellen Kontakte zunehmen, neue virtuelle Formen der Kollegialität entstehen und die Grenze zwischen Privatleben und Arbeitszeit durchlässiger wird. Diese neuen Arbeitskonzepte markieren Transitionsprozesse betrieblicher Sozialität in Richtung hybrider und multilokaler Kooperationsnetzwerke. In diesem Vortrag konzentrieren wir uns auf die folgende Frage: Wie verändert sich betriebliche Sozialität durch digital gerahmte hybride Arbeitskonzepte?
Mit Hilfe von 7 Interviews und einer Gruppendiskussion mit Expert:innen aus den drei Branchen IT-Dienstleistung, Finanzen und Öffentliche Verwaltung untersuchen wir Transitionsprozesse betrieblicher Sozialität durch hybride Arbeitskonzepte. Wir zeigen Treiber und Entwicklungstendenzen von Digitalisierung und hybrider Arbeit in den jeweiligen Branchen auf und analysieren die Grundeinschätzungen der Expert:innen in Bezug auf die Veränderungen betrieblicher Sozialität sowie Gelingensbedingungen für sozial-integrative hybride Arbeitskonzepte. Wir beziehen uns primär auf das Konzept der betrieblichen Sozialordnung (BSO) im Anschluss an Kotthoff (2009) und Kotthoff/Reindl (1990). Wir argumentieren, dass orts- und zeitflexible Arbeitskonzepte auf der einen Seite zu einer Fragmentierung betrieblicher Sozialität und der Belegschaft insgesamt sowie einer Zunahme von Gerechtigkeitskonflikten beitragen können. Auf der anderen Seite scheinen in diesen Transitionsprozessen Potenziale für eine Neubestimmung betrieblicher Sozialität auf – insbesondere in Bezug auf multilokale Kooperationsnetzwerke. Diese neuen Arbeitskonzepte setzen auf betrieblicher Ebene – im Anschluss an die Coronapandemie – neue Verhandlungen des „impliziten psychologischen Vertrages“ zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften in Gang, der auch Kollegialitätsbeziehungen beeinflusst.