Hier finden Sie eine Übersicht über unser Tagungsprogramm. Eingefärbt dargestellt sind englischsprachige Sessions (gelb) bzw. Sessions mit einzelnen englischsprachigen Beiträgen (hellgelb). Alle nicht farbig dargestellten Sessions sind deutschsprachig, auch bei englischsprachiger Übersetzung des Sessiontitels in der übersetzten Programmübersicht.
D3: Evaluationskompetenz in pädagogischen Kontexten
Zeit:
Freitag, 19.09.2025:
12:30 - 14:00
Leitung der Sitzung: Niobe Osius, Sucht.Hamburg gGmbH
Zusammenfassung der Sitzung
Evaluation gewinnt zunehmend an Bedeutung in pädagogischen Handlungsfeldern – sei es zur Qualitätssicherung in schulischen Veränderungsprozessen oder im Rahmen der Professionalisierung zukünftiger pädagogischer Fachkräfte. Die Beiträge dieser Session thematisieren unterschiedliche Perspektiven auf Evaluation in pädagogischen Settings: einerseits im Hinblick auf ihre Integration in die Lehre pädagogischer Studiengänge, andererseits im Kontext der begleitenden Evaluation innovativer Schulkonzepte.
Im ersten Beitrag wird ein Online-Seminar vorgestellt, das über theorie- und praxisorientierte Module den Einstieg in evaluative Praxis ermöglicht. Ziel ist es, Studierenden der Pädagogik zentrale Evaluationskompetenzen entlang der Standards der DeGEval zu vermitteln. Der zweite Beitrag beleuchtet die Herausforderungen und Chancen konzeptspezifischer Evaluation am Beispiel eines Schulentwicklungsprojekts. Es wird gezeigt, wie klassische und innovative Evaluationsmethoden kombiniert werden können, um Entwicklungsprozesse wissenschaftlich fundiert zu begleiten und mitzugestalten.
Die Session lädt dazu ein, über den didaktischen Transfer von Evaluationskompetenz sowie über forschungspraktische und strukturelle Anforderungen an gelingende Evaluation in pädagogischen Kontexten zu diskutieren.
Präsentationen
Programmevaluation als Lehrgegenstand pädagogischer Studiengänge
Anna Gieschen, Thomas Eckert
Ludwig-Maximilians-Universität München, Deutschland
Das Thema Evaluation findet in der pädagogischen Praxis immer weitere Verbreitung, z.B. im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Qualitätssicherung pädagogischer Programme. So sieht z.B. der §78b (1) des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) für die Erstellung von Leistungsangeboten vor, eine Qualitätsentwicklungsvereinbarung abzuschließen. Die Evaluation pädagogischer Maßnahmen gehört daher mehr und mehr zum Tätigkeits- und Aufgabenspektrum pädagogischer Führungskräfte. In pädagogischen Studiengängen werden zwar vermehrt Kenntnisse sozialwissenschaftlicher Forschungsmethoden vermittelt, allerdings deckt dies bezogen auf die Evaluationsstandards der DeGEval allenfalls die Standards der Fairness und der Genauigkeit ab. Kenntnisse bezogen auf Nützlichkeits- und Durchführbarkeitsstandards sind eher selten in den Modulhandbüchern dieser Studiengänge zu finden. Das gilt auch für Fertigkeiten, die sich auf eine organisatorische und finanzielle Planung von Projekten beziehen. Aus diesem Grund wurde das Online-Seminarangebot ‚Programmevaluation in Erziehung und Bildung‘ für die virtuelle Hochschule Bayern (vhb) konzipiert. Ziel des Seminars ist es, den Studierenden zu ermöglichen, forschungsmethodische Kenntnisse in einem praxisnahen Evaluationssetting anzuwenden und sie auf diese Weise mit dem Berufsfeld Evaluation vertraut zu machen. Das Angebot besteht aus drei Bausteinen: Theorie, Beispiele und Anwendungen. So gliedert sich der Kurs in einen Teil, in dem die theoretischen Grundlagen von Evaluationsvorhaben erläutert werden, einen Teil, in dem sich die Teilnehmenden mit Ausschreibungen von Evaluationsprojekten auseinandersetzen und einen, in dem sie Evaluationsberichte bearbeiten und verfassen. Zudem beinhaltet die Kursumgebung das Kennenlernen und Einnehmen verschiedener Rollen im Evaluationsprozess, wie z.B. die Rollen des Auftraggebers und des Auftragnehmers. Seit Oktober 2024 wird das Online-Seminar nun bayernweit über die vhb angeboten. So soll das Berufsfeld Evaluation mehr Aufmerksamkeit unter den Studierenden erlangen, dafür benötigte Kompetenzen vermittelt und Bestrebungen zur Professionalisierung des Feldes unterstützt werden. Im Rahmen des Beitrags wird zunächst eine Systematisierung von pädagogischen Studiengängen dahingehend vorgenommen, inwiefern dort bereits Kompetenzen im Bereich Evaluation vermittelt werden. Dann werden die Konzeption des Kurses, dessen zugrundeliegendes Professionalisierungsverständnis sowie erste Erfahrungswerte vorgestellt.
Herausforderungen und Chancen begleitender Evaluation von Schulkonzepten
Manuela Pötschke
Universität Kassel, Deutschland
Schulen in Deutschland haben sich auf den Weg gemacht, Lernen und Schulleben neu zu gestalten. Die Ideen dazu sind bereits älter, aber viele Überlegungen konnten sich lange nicht durchsetzen.
Neue Konzepte brauchen eine spezifische begleitende Evaluation. Warum?
- Angesichts knapper Mittel sollen die Ressourcen zielgerichtet eingesetzt werden. Schnelle und flexible Anpassungen sind notwendig, damit Schulträger, Gemeinden und Eltern neue Schulkonzepte unterstützen und mitgestalten.
- Konzepte bestimmen die Chancen von Kindern und Jugendlichen mit und müssen deshalb kontinuierlich und in engen zeitlichen Abständen auf ihren Nutzen geprüft werden.
- Allgemeine Evaluationsinstrumente (wie z.B. https://onlinebefragung-schulevaluation.hessen.de/Vorschau.aspx ) bilden die Anliegen spezifischer Konzepte nicht adäquat ab.
Im Vortrag werden die Erfahrungen aus der Evaluation des Lernleuchtenkonzeptes an der Dr. Georg-August-Zinn Gesamtschule in Gudensberg berichtet. Die Basis für das Lernleuchtenkonzept besteht im Anspruch, Schüler:innen einen individuellen und selbstverantwortlichen Lernprozess zu ermöglichen, der auf engen sozialen Beziehungen basiert. (vgl. zum Konzept ausführlich https://www.gaz-gudensberg.de/).
Das Evaluationskonzept wird durch wissenschaftliche Begleitung realisiert. Es umfasst klassische Onlinebefragungen von Schüler:innen und Eltern. Darüber hinaus werden Lehrpersonen zu bestimmten Themen wie Arbeitsbelastung durch das neue Konzept, veränderte Kommunikation durch digitale Wege, Selbstbild als Lehrperson durch Digitalisierung befragt. Ein neues Element des Evaluationskonzeptes besteht in einer teilnehmenden Beobachtung von Coachings und dem Ansatz „Coach den Coach“. Im Zentrum stehen die Themen Rollenwechsel zwischen Lehrperson und Coach, Bestärken ohne Bewerten, soziale Beziehung und Verbindlichkeit.
Im Vortrag geht es um die fachlichen Herausforderungen einer konzeptspezifischen, kontinuierlichen Evaluation am Beispiel des Lernleuchtenkonzeptes und die Schwierigkeiten bei der Professionalisierung der Lehrpersonen mit Blick auf die Interpretation der Ergebnisse und das Potential von Evaluationen.