Die international vergleichenden Schulleistungsstudien (TIMSS, PISA, IGLU-PIRLS u. a.) sowie die innerdeutschen Vergleichsstudien (IQB) kommen zu robusten Ergebnismustern. International liegen Länder in Ostasien vorn, gefolgt von westlichen Ländern, deutlich schwächere Resultate finden sich in Lateinamerika, im arabisch-muslimischen Raum und Südasien sowie in Subsaharaafrika. Innerhalb Deutschlands liegen in West wie Ost die südlichen Länder vorne, schwächer sind Bremen und Berlin. Bis auf einzelne Staaten und Regionalerhebungen finden sich zuverlässige Ergebnisse, die auf ein allgemeines Fähigkeitsniveau hindeuten.
Eine andere Frage ist, was man aus diesen Studien über die Qualität von Unterricht und Bildungssystemen lernen kann und was sich verbessern lässt. Hier variieren die Positionen zwischen „nichts“, man kann aufgrund der nichtexperimentellen Anlage der Studien nichts über Ursachen und Verbesserungsmöglichkeiten lernen, „etwas“, einzelne Fragestellungen wie die Wirkungen von Zentralprüfungen lassen sich bei Kontrolle von anderen Merkmalen untersuchen, bis zu „viel“, die gegebene nichtexperimentelle Variation lässt sich mittels statistischer Verfahren analysieren und Kausalfaktoren lassen sich so bestimmen.
An letzteren Ansätzen zeigt sich aber geringes Interesse, sowohl in der Wissenschaft als auch in der Rezeption durch Medien und Bildungspolitik. Dies trifft insbesondere auf Analysen der Ursachen der innerdeutschen Unterschiede zu. Meines Erachtens können hierfür vier Gründe herangezogen werden:
(1) Methodische Fremdheit. In relevanten Disziplinen gibt es das Ideal der kleinen sauberen gut kontrollierten Studie mit Individualdaten.
(2) Politische Abhängigkeit. Institutionen aber auch einzelne Forscherinnen und Forscher sind in ihrer Forschung von politischen Entscheidungsträgern abhängig.
(3) Politisch-weltanschauliche Verzerrung. Die Sozialwissenschaften sind politisch stark in eine Richtung geneigt. Es ist schwierig, in einem solchen Milieu bestimmte Resultate zu artikulieren.
(4) Disziplinäre Fraktionierung, Wissensdefizite und Anpassung: Das Ideal der kleinen Studie, der Zwang zum Einwerben von Drittmitteln und der Publikationsdruck verengen den Horizont. Man ist in Forschung und Werdegang vom Urteil anderer im eigenen Feld abhängig.
Dies alles führt dazu, dass Schulleistungsstudien für eine rationale und wissensbasierte politische Steuerung der Politik (insbesondere Bildungspolitik) nicht angemessen genutzt werden.